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Claudia Ritter

Schlafmohn, Engelwurz und Aphrodites Quitten

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Umschlaggestaltung: DSR – Werbeagentur Rypka, A-8143-Dobl/Graz

Titelbild: Mag. Gertrude Tritthart, Graz; kleines Foto: www.istock.com/Ls9907

Bildnachweis: Archiv Leopold Stocker Verlag: S. 7 o, 8 re, 11 re, 14 re, 17 re, 23 re, 26 re, 32 re, 35 re, 41 re, 44 re, 47 re, 50 re, 53 re, 59 re, 62 re, 65 re, 68 re, 71 re, 74, re, 77 re, 80 re, 83 re, 86 re, 92 re, 95 re, 98 re, 101 re, 104 re, 107 re, 110 re, 113 re, 119 re, 122 re, 125 re, 128 re, 131 re, 133, 134 re, 137 re, 140 re, 143 re, 146 re, 149 re, S. 155 Mi u re; Fotolia/katiekk2: S. 152 li; Norbert Griebl: S. 17 li, 18 f., 62 li, 63, 113 li, 114 f., 131 li, 132; Ulrich Heidtke: S. 92 li; Janmad, wikimedia commons, CC-BY-3.0: S. 89 re; Walter Kussegg: S. 93; Nheyob, wikimedia commons, CC-BY-3.0: S. 29 re; Nina-no, wikimedia commons, CC-BY-2.5: S. 152 re; Sandstein, wikimedia commons, CC-BY-3.0: S. 20 re; Joachim Schäfer, www.heiligenlexikon.de“, Ökumenisches Heiligenlexikon: S. 38 re, 116 re; Willi Senft/© austria-forum.org: S. 56 re; Alle anderen Abbildungen stammen dankenswerterweise von der Autorin.

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Claudia Ritter

Schlafmohn, Engelwurz und Aphrodites Quitten

DIE PFLANZEN DER HEILIGEN UND GOTTHEITEN

LEOPOLD STOCKER VERLAG GRAZ – STUTTGART

Inhalt

Vorwort

Alant (Inula helenium)

ODINS Dämonenschreck

Apfel (Malus domestica)

IDUNA und die goldenen Äpfel

Baldrian (Valeriana officinalis)

Dem Lichtgott BALDUR geweiht

Barbarakraut (Barbarea vulgaris)

Lichtvolle Wildpflanze DER SCHUTZHEILIGEN DER BERGLEUTE

Bärlauch (Allium ursinum)

Der Bärengöttin ARTIO liebstes Kraut

Beifuß (Artemisia vulgaris)

ARTEMIS’ Schutzkraut der Gebärenden

Benediktenkraut (Centaurea benedicta/Cnicus benedictus)

Von BENEDIKT als Allheilmittel gepriesen

Birke (Betula pendula)

Frühlingsbaum der BRIGID

Buchsbaum (Buxus sempervirens)

Grenzwall und Götterbaum des HADES

Eberesche (Sorbus aucuparia)

Lebensretter des Donnergottes THOR

Ehrenpreis (Veronica officinalis)

Wund- und Heilkraut der VERONIKA

Eiche (Quercus robur)

Mächtiger Baum der MÄCHTIGSTEN GOTTHEITEN

Engelwurz (Angelica archangelica)

ERZENGEL MICHAEL im Traum erschienen

Feige (Ficus carica)

Süße Frucht für den GOTT DER FRUCHTBARKEIT

Fenchel (Foeniculum vulgare)

PROMETHEUS stahl den Göttern das Feuer

Gänseblümchen (Bellis perennis)

Lieblingsblümchen der OSTARA

Getreide (Triticum spec.)

ERDGÖTTINNEN, die uns den Ackerbau lehrten

Giersch (Aegopodium podagraria)

PAN und der unverwüstliche Geißfuß

Granatapfel (Punica granatum)

PERSEPHONES Biss in den Granatapfel

Hafer (Avena sativa)

STEPHANUS segnet den Hafer

Himbeere (Rubus idaeus)

NYMPHE IDA als Namenspatronin

Holunder (Sambucus nigra)

Verkörperung der Göttin HEL

Johanniskraut (Hypericum perforatum)

Aus dem Blut JOHANNES gewachsen

Keuschlamm (Vitex agnus castus)

Großes Heilkraut für den GOTT DER HEILKUNST

Linde (Tilia cordata, Tilia grandifolia)

Die guten Geister der „FREYA-LINDEN“

Lorbeer (Laurus nobilis)

Seit jeher APOLLON heilig

Majoran (Coriganum Majorana),

Dost (Origanum Vulgare)

Majorankränze für den HOCHZEITSGOTT

Malve (Malva silvestris)

Erweichendes Heilkraut des blinden SIMEON

Mandel (Amygdalus dulcis)

PHYLLIS’ Wiedergeburt als Mandelbaum

Melisse (Melissa officinalis)

MELISSAS Bienenweide

Minze (Mentha piperita)

MINTHES Verwandlung in Minze

Mistel (Viscum album)

Goldener Zweig der DRUIDEN

Mutterkorn (Secale cornutum/Claviceps purpurea)

Als das ANTONIUSFEUER umging

Mutterkraut (Crysanthemum parthenium)

Symbol der MUTTERGÖTTINNEN

Myrrhe (Commiphora molmol)

SMYRNAS Tränen wurden zu Harz

Passionsblume (Passiflora incarnata)

Sinnbild der PASSION CHRISTI

Pilze (Fungi)

Pilzpatron SANKT VEIT

Pomeranze (Citrus aurantium)

Goldene Äpfel der HESPERIDEN

Quitte (Cydonia oblonga)

Heilige Frucht der APHRODITE

Rose (Rosa spec.)

Vollkommen wie MUTTER MARIA

Rosmarin (Rosmarinus officinalis)

Am Grab der LEUKOTHEA erblüht

Safran (Crocus sativus)

Für die Göttin der MORGENRÖTE

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Wundkraut des ACHILLES

Schlafmohn (Papaver somniferum)

MORPHEUS’ „Kraut des Vergessens“

Schlüsselblume (Primula veris)

Blume des Himmelswächters PETRUS

Sellerie (Apium graveolens)

HERAKLES bekränzte sich mit Sellerie

Taubnessel (Lamium album)

Verführerischer PFLANZENGEIST

Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea)

Enziangewächs der PFERDEMÄNNER

Weihrauch (Boswellia spec.)

Gabe der HEILIGEN DREI KÖNIGE

Weinrebe (Vitis vinifera)

Ausgelassenes Treiben am OLYMP

Literaturverzeichnis

Vorwort

„DAS SCHÖNSTE GLÜCK DES DENKENDEN MENSCHEN IST, DAS ERFORSCHLICHE ERFORSCHT ZU HABEN UND DAS UNERFORSCHLICHE RUHIG ZU VEREHREN.“

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE (1749–1832)

Von Beginn an streiften die Menschen durch Steppen, Wiesen und Wälder – vorrangig um ihren Hunger zu stillen. Dabei stießen sie auch auf Pflanzen oder Pflanzenteile, welche physische wie psychische Krankheiten lindern oder heilen können. In der Natur finden wir also heilige Aspekte; die Heilpflanzen sind Heilmittel, die uns wieder in die Mitte bringen und heil sein lassen. Wir sind es heute gewohnt, den Fokus auf Inhaltsstoffe und deren Wirkspektrum zu legen. Dieser Aspekt war den Altvorderen völlig fremd und so entstand wohl der Glaube an eine höhere Macht oder eine himmlische Welt. Gleichzeitig haben die Menschen schon sehr früh ihren Sinn und Platz in der Schöpfung gesucht.

Pflanzen rufen verschiedene Assoziationen hervor. Sie schlängeln und winden sich, graben sich flach oder tief in die Erde, leben alleine oder in Gemeinschaft, speichern Energiereserven und eine fast unüberschaubare Zahl von Heil- und Wirkstoffen. Vor allem aber streben sie gegen den Himmel. Heilige, Götter und Göttinnen in den Kontext mit Pflanzen zu stellen, mag auf den ersten Blick ein wenig exotisch anmuten. Doch die Bezeichnung „Heil-Pflanze“ weist schon auf einen heiligen Ursprung hin. Seit dem Altertum stehen an allen Orten der Welt Pflanzen in Zusammenhang mit der Verehrung von Göttern und Heiligen. Besonders veranlagte Menschen, einfache Kräuterweiber, Heiler, Seher, Druiden und Schamanen hatten einen Zugang zu den innewohnenden Kräften. Die Götter zeigten sich in Träumen, Trancezuständen oder intuitiven Momenten. Spiritualität und rituelle herapie und Medizin waren eng miteinander verknüpft. Rudimente davon haben sich bis heute erhalten. Viele Rezepte beinhalten noch heute die Anweisung „3-mal täglich ...“. Die Zahl Drei beinhaltet Anfang, Mitte und Ende. Sie gilt in vielen Religionen als Inbegriff der Ganzheit und Vollkommenheit und ist damit eine heilige Zahl. Das Christentum kennt bis heute beispielsweise die Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes.

Heilkundige nutzten Wurzeln, Blätter, Blüten, Rinde oder Früchte für eine Vielzahl von Aufgaben und Anwendungen. Beispielsweise waren sie religiöse Mittel beim Opfer- und Orakelkult, öffneten den Geist für Spiritualität, beseitigten negative Energien und brachten Linderung oder Gesundheit. Es ranken sich unzählige Mythen um die Helfer aus der Pflanzenwelt. Die in ihnen gesehenen Heiligen und Gottheiten waren aber nicht nur für die Linderung und Heilung von Gebrechen zuständig. In einigen Kulturen herrschte auch der Glaube, dass Götter wie auch Hexen, Dämonen und andere chaotische Kräfte als Strafe für begangenes Unrecht Krankheiten schicken können. Glaube und Aberglaube sind nur scheinbare Gegensätze, die immer wieder miteinander verschmelzen.

Älteste Aufzeichnungen von der Mythologie der Pflanzenwelt und von Götterverehrungen stammen aus dem alten Ägypten. Antike europäische Volksgruppen wie die Kelten und auch germanische Stämme verehrten ihre Götter in heiligen Hainen. Weitaus umfangreicher sind die Aufzeichnungen aus dem klassischen Griechenland und Rom. Noch heute geltende botanische Art- und Gattungsnamen wie Artemisia, Melissa, Centaurium, Lamium oder Myrrha sind den Mythen der Griechen und Römer entlehnt.

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Gottheiten, wie Apollon aus dem alten Griechenland, wurden als Heilbringer angerufen, Jupiter in Rom, Baldur, Lichtgott bei den Germanen, die keltische Göttin Brigid, aber auch Engel und Heilige im Christentum, wie Erzengel Michael. Vieles von dem jahrtausendealten Wissen ist schon verloren gegangen. Vor allem im Rahmen der Christianisierung wurden Pflanzen mit „heidnischer Bedeutung“ oft umbenannt und Maria, Engeln oder Heiligen der christlichen Kirche geweiht.

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Noch heute weiß der Volksmund: „Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen.“ Mein Anliegen ist es, Teile des alten Heilwissens zu bewahren und mit den heutigen Erkenntnissen zu verknüpfen. Die praktischen Anwendungen im Rezeptteil haben sich seit Generationen bewährt oder entsprechen dem heutigen Wissensstandard. Ich wünsche Ihnen, in diesem Buch neue Anregungen zu entdecken, einiges zu überdenken und vor allem Heilerfolge beim Anwenden der Heilkräfte unserer Pflanzenwelt.

Claudia Ritter
Weiden, Mai 2016

Alant

(INULA HELENIUM)

ODINS DÄMONENSCHRECK

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Odin als Wanderer, aus einer schwedischen Ausgabe der Edda von 1886 (1896) von Georg von Rosen

„Gehe am Donnerstagabend, wenn die Sonne untergegangen ist, dahin, wo du Alant stehen weißt; singe das Benedicite und Paternoster und die Liternei, und stecke dein Messer an das Kraut ... Lass es liegen, bis die Sonne auf ist... sing ein Paternoster und Credo und Gloria in excelsis Deo darüber ... und trinke den Trank, dann wird ihm bald wieder besser sein.“ Dieser Auszug stammt aus dem angelsächsischen Neunkräutersegen, aufgeschrieben im 11. Jahrhundert. Neun Kräuter, darunter Alant, wurden gebraucht, um den kranken Menschen zu helfen oder sie vor dämonischen Einflüssen zu schützen. Auch Odin beziehungsweise Wotan wird im Segensspruch namentlich angeführt: „Da nahm Wodan neun Wunderzweige, erschlug da die Schlange, dass sie in neun Stücke zerfloh.“

Als die Römer in Germanien einzogen, fanden sie auf den zwischen Germanien und Britannien liegenden Inseln große Mengen des Alants. Es lag nahe, das mächtige Heilkraut mit einer mächtigen Gottheit in Verbindung zu bringen. Odin, wichtigste Gestalt des germanischen Götterhimmels, wandelte oft unerkannt als Wanderer zwischen den Menschen und Göttern umher, um Wissen, Wahrheit und Erkenntnis zu erlangen.

Aus Liebe zur Weisheit opferte er sogar die Hälfte seiner Sehkraft, weshalb er auch als „der Einäugige“ auf vielen Darstellungen gezeigt wird. Hier ergibt sich ein weiterer Bezug zum Alant. Die stolze Pflanze wird auch wegen der Form ihrer Einzelblüten Odinsauge, Odinskopf oder Wodanshaupt genannt; griechische Sagen konstruieren zudem einen Zusammenhang mit der schönen Helena. Eine christliche Inanspruchnahme des Odinkultes drückt sich heute noch in der katholischen Kirche aus. Zur Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt (15. August) ragt je nach Region als überragende Blume der „Olantskopp“ aus dem Kräuterbuschen.

Der bis zu 2 m hohe Echte Alant ist eine mehrjährige Staudenpflanze, die wahrscheinlich in Kleinasien und Südosteuropa heimisch ist und bei uns als Kulturpflanze überwiegend in den Bauerngärten wächst. Vereinzelt trifft man Alant auch an Wegrändern, Hecken und auf nährstoffreichen Krautfluren. Er liebt die sonnigen Plätze und braucht tiefgründige Böden, die jedoch nicht frisch gedüngt sein sollten. An den aufrechten und behaarten Stängeln treiben große, stumpf gezähnte Blätter, die unterseits dicht und filzig-grau behaart sind. Den Blütenstand bilden 6–7 cm große Blüten mit sattgelben schmalen Zungenblüten und vielen kleinen Röhrenblüten. Die Scheibenblüten haben einen unterständigen Fruchtknoten mit einem aus zahlreichen Haaren bestehenden Kelch, der auch an der Frucht als Flugorgan (Pappus) erhalten bleibt. Der Wurzelstock ist braun und knollig verdickt. Getrocknet schmecken die Wurzeln leicht bitter und würzig.

HEILANZEIGEN

Das mächtige Heilkraut der mächtigen germanischen Gottheit gehört zu den ältesten Arzneipflanzen überhaupt. Die Hippokratiker erkannten seine menstruationsfördernde Wirkung und gaben ihn in die so genannte „Muttertränke“. Auch die Frauen des Mittelalters verwendeten Alant, um die Menstruation einzuleiten. Im Mittelalter galt Alant vor allem in Form des Alantweins als Universalheilmittel bei teils noch heute gültigen Indikationen, wie Atemwegserkrankungen. Die Herstellung des Alantweins wurde damals im großen Stil betrieben.

Heute werden therapeutische Zubereitungen des Alants in der westlichen Medizin nur noch volksheilkundlich verwendet. Die traditionelle Anwendung sind Zubereitungen der bitteren Wurzel zur Unterstützung der Verdauungsfunktion, wie Appetitlosigkeit, Magenschwäche, Völlegefühl, und bei Leberstauungen, wie Gelbsucht. Wie der Name „Brustalant“ vermuten lässt, ist er auch ein Hustenmittel. Die Wissenschaftler der Neuzeit konnten für die Stoffgruppe der bitteren Sesquiterpenlactone entzündungshemmende wie auch antimikrobielle (beispielsweise gegen den Tuberkuloserreger) sowie pilzhemmende Eigenschaften nachweisen. Mit seinen krampflösenden und keimwidrigen Eigenschaften ist er ein Heilmittel bei Reiz- und Kitzelhusten, chronischem Husten, Bronchitis und Asthma. Seine harntreibenden, antibakteriellen und pilztötenden Eigenschaften sind auch hilfreich bei Hauterkrankungen. Mit der Teezubereitung der Wurzel kann auch eine Kompresse getränkt und bei Akne, unreiner Haut oder Hautjucken aufgelegt werden.

Seine imposante Größe und seine majestätische Gestalt zeugen von Stärke, Kraft und Mut. Das sonnenstrahlende Blumengesicht ist ein Sinnbild der wärmenden Sonne. Alant hebt die Stimmung bei Melancholie, Mutlosigkeit und bei seelischen Tieflagen und lässt uns im wahrsten Sinne des Wortes wieder durchatmen. Alantwein wurde im Mittelalter nicht nur bei körperlichen Beschwerden, sonden auch bei Zorn und Traurigkeit gebraucht. Volksnamen wie „Edelharzwurz“ weisen zudem auf die Bedeutung der Wurzel als Räucherware hin. Als Heilmittel der Sonne passt die kraftvolle Alantwurz vor allem in die dunkle Jahreszeit. Ihr holziger und weihrauchartiger Duft gibt ein Gefühl des Beschütztseins und der Geborgenheit. Die Sonnenkraft hilft, um „moderne Dämonen“, wie Stress, Traurigkeit, Melancholie und leichte Depressionen, zu vertreiben.

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Die frischen, unterirdischen Teile sind Ausgangssubstanz für die homöopathische Auftereitung von Inula helenium. Das Anwendungsspektrum entspricht in etwa der phytotherapeutischen Verwendung. Als Arznei für die Schleimhäute ist Inula bei trockenem Husten, chronischer Bronchitis, quälendem Husten mit viel und reichlichem Auswurf und als Palliativmittel bei tuberkulöser Entzündung des Kehlkopfes indiziert. Weiter auch als gynäkologisches Mittel bei Ausfluss und abnorm schmerzhafter Menstruation. Um es von anderen homöopathischen Mitteln abzugrenzen, ist es hilfreich zu wissen, dass Inula eher ein rechtsseitiges Mittel ist und der Urin oft einen Veilchengeruch hat.

KOMPAKTWISSEN

Botanische Namen: Inula Helenium L., Aster helenium, Aster oicinalis, Helenium grandiflorum

Volksnamen: Alantwurz, Brustalant, Darmwurz, Edelharzwurz, Gottesauge, Helenenkraut, Odinsauge, Odinskopf, Schlangenwurz, Sonnenwurz, Weihrauchwurz, Wodanshaupt

Pflanzenfamilie: Korbblütengewächse

Verwendete Pflanzenteile: Alantwurzeln (Helenii rhizoma)

Wirkstoffe: Wurzel mit 1–5 % ätherischem Öl mit Alantkampfer, das als Helenin bezeichnet wird; bis zu 44 % Inulin in den Herbstmonaten, bittere Sesquiterpenlactone, Pektine, Sterole, Kieselsäure, Triterpene, Azulen

Wirkspektrum: verdauungsanregend, blähungstreibend, auswurffördernd, schleimlösend, hustendämpfend, harntreibend, antibiotisch, galleflussfördernd, krampflösend, menstruationsfördernd, entzündungshemmend

Sammelhinweise: Sammelgut ist der Alantwurzelstock zwei- oder dreijähriger Pflanzen. Am besten im Frühjahr oder Herbst ausgraben, ihn waschen, zerkleinern und bei etwa 40 °C trocknen. Die Wurzel in Leinen- oder Holzkästchen aufbewahren; in Blechgefäßen scheidet die Wurzel Alantkampfer aus und wird unansehnlich.

Bitte beachten: Zulassungsbehörden für pflanzliche Arzneimittel sehen die Wirksamkeit der Alantwurzel nicht zuletzt wegen des Risikos einer allergischen Reaktion als nicht ausreichend belegt. Die in den Alantwurzeln enthaltenen Sesquiterpenlactone – eine Stoffgruppe, die bitter schmeckt – wirken toxisch auf Bakterien, Pilze und Parasiten und reizen die Schleimhäute. Überdosierungen führen zu Erbrechen, Schleimhautreizungen und Magen-Darm-Beschwerden oder Krämpfen bis hin zu Lähmungserscheinungen. Gegenanzeigen bestehen deshalb bei bekannter Allergie gegen Alant oder andere Korbblütler und generell in der Schwan-

REZEPTE

Teezubereitung bei Reizhusten, chronischem Husten, zur Verdauungsregulierung und um die Nieren zu spülen

1 gehäuften TL zerkleinerte Alantwurzel mit 250 ml kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. Nicht mehr als 2–3 Tassen täglich trinken. Zur Steigerung der Verdauung den Tee eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten einnehmen, bei Husten den Tee mit einem halben TL kaltgeschleuderten Honigs süßen.

Alantwein zur allgemeinen Stärkung und bei melancholischem Gemüt

50 g getrocknete und zerkleinerte Alantwurzel in einem Liter trockenem Rotwein ansetzen. Den Ansatz zehn Tage an einem lichten Ort ausziehen lassen, dann die Wurzel absieben. Davon kurmäßig ein Likörgläschen vor der Mittagsmahlzeit trinken.

Inula helenium in der Homöopathie bei Atemwegserkrankungen und gynäkologischen Beschwerden

Von den niedrigen Potenzen (D1-D6) je nach Beschwerdebild ein- bis mehrmals täglich 3–10 Globuli oder Tropfen einnehmen.

Behandlungsraum Küche

„Auf dass es beim Würzen an nichts fehle.“ Mit diesen Worten soll der römische Koch Apicus im ersten nachchristlichen Jahrhundert über Alant als unentbehrliches Gewürz in der römischen Küche geschwärmt haben. Heute wird die Wurzel eher selten als Küchengewürz verwendet. Mit ihrem würzigen und leicht-bitter scharfen Geschmack kann sie wie Ingwer zu Gemüse- und Fleischgerichten, Kartoffeln und Suppen gereicht werden. Kleingeschnitten und in Butter gedünstet geben die jungen zarten Blätter eine leicht bittere Note als Würzkraut oder Einlage in Suppen und Gemüsegerichten. Generell empfiehlt es sich jedoch, die Zubereitungen zuerst in kleinen Mengen zu probieren. Bei empfindlichen Menschen können sie allergische Reaktionen hervorrufen.

Apfel

(MALUS DOMESTICA)

IDUNA UND DIE GOLDENEN ÄPFEL

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Iduna, Gemälde von Carl Larsson (1853–1919)

Bei allen Völkern und zu allen Zeiten war der Apfel ein Symbol der Liebe und eine Frucht des Lebens und daher Attribut jener Göttinnen, die für Liebe und Fruchtbarkeit zuständig sind. Aphrodite, Venus, Freya, Iduna, im christlichen Kontext auch Eva und Maria werden mit dem Apfel in Verbindung gebracht. Bei den keltischen Völkern hieß der Paradiesgarten sogar Apfelland oder Avalon. Er lag ganz im Westen und erinnerte an den griechischen Mythos und den Garten der Hesperiden, in dem gleichfalls goldene Äpfel wuchsen.

Im nordischen Mythos ist Idun oder auch Iduna die lieblichste unter den Asinnen – ihr isländischer Name bedeutet „die Erneuernde“ oder „die Verjüngende“. Es hieß, überall, wo Iduna ihre Füße hinsetzt, sprießen zarte Pflänzchen aus dem Boden. Ihr Baum ist der Apfelbaum und sie ist im Besitz jener goldenen Äpfel, die den Göttern ewige Jugend und Unsterblichkeit verleihen, sofern sie täglich davon aßen. Eines Tages hatte der Riese hjazi Iduna entführt. Ohne ihre tägliche Äpfelration begannen die Götter nun, wie gewöhnliche Sterbende zu altern. Sie versammelten sich und hielten Rat, bis endlich Loki aubrach und in Gestalt eines Falken die Entführte befreite. Bei dem Rückflug stürzte er in ein Feuer und wurde schließlich von den Asen getötet. Iduna aber überlebte und beglückte die frohen Götter wieder mit ihren Früchten, worauf sie bald von Neuem in Jugend und Schönheit erstrahlten.

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An den so beliebten Apfel knüpft sich allerlei Aberglaube. In einigen Gegenden ist man der Ansicht, dass man am Oster- und Pfingstmorgen, an Karfreitag oder Weihnachten vor Sonnenaufgang stillschweigend einen Apfel essen muss, um das Jahr über gegen Fieber und Zahnschmerzen gesichert zu sein. Wie viele andere Baumarten auch, nimmt der Apfelbaum einige Krankheiten auf. So lassen sich neben Fieber und Zahnschmerzen auch die Gicht und die Schwindsucht mit „Zaubersprüchen“ übertragen wie auch Warzen vertreiben, indem man sie mit einem durchgeschnittenen Apfel einreibt, ihn wieder zusammensetzt und anschließend vergräbt.

Der Name Apfel ist aus dem altgermanischen „apitz“ entstanden, das seine Wurzeln im indogermanischen „abh“ = feucht, saftig hat. Weltweit wachsen mehrere Tausend Kulturformen des Rosengewächses. Sie stammen vom Wild- oder Holzapfel ab und unterscheiden sich in Form, Farbe und Geschmack. Die bei uns kultivierten Formen sind wahrscheinlich Kreuzungen, die aus zentralasiatischen Arten hervorgingen. Die Römer brachten den Kulturapfel schließlich nach Mitteleuropa. Apfelbäume gedeihen am besten an lichten Standorten, ihre Wuchsform ist eher gedrungen, die maximale Stammhöhe beträgt 8 m, das Alter bis zu 100 Jahre und sie bilden eine dicht belaubte breite Krone. Blütezeit ist von April bis Mai mit weißen bis rosa gefärbten Blüten. Die Früchte reifen im Herbst. Sie können unreif gepflückt werden, da sie nachreifen und sich sortenabhängig gut lagern lassen.

HEILANZEIGEN

Der Apfel ist einfach eine runde Sache. Er ging als Frucht des Lebens und der Fruchtbarkeit in die Geschichte ein und auch die englische Redensart „An apple a day keeps the doctor away“ zeigt, dass Äpfel ein Baustein der gesunden Ernährung sind. Vorrangig ist er zum Reinbeißen da, sprich zum Frischverzehr. Nach Möglichkeit sollten Sie die Schale und das Kernhaus mitessen, denn hier sind viele wertvolle Inhaltsstoffe, wie Fruchtsäuren und Mineralsalze, versteckt.

Je nach Zubereitung hilft das regelmäßige Essen von Äpfeln gegen Durchfall und Verstopfung gleichermaßen. Bei Durchfall wird der Apfel inklusive Schale und Kernhaus gerieben. Die Pektine können im Darm Giftstoffe binden, wirken reizlindernd und entzündungshemmend, einige Stoffe hemmen das Wachstum krankmachender Keime. So helfen geriebene Äpfel auch bei entzündeter Magenschleimhaut. Wer morgens ein bis zwei Äpfel auf nüchternen Magen isst, kann die Verdauung anregen und so einer Stuhlträgheit entgegenwirken. Vorausgesetzt, er wird gründlich gekaut. Wer einen sehr empfindlichen Magen hat und Rohkost schlecht verträgt, kann es auch mal mit einem Bratapfel versuchen.

Äpfel reinigen und entgiften nicht nur, sie stärken auch das Immunsystem und unterstützen bei verschiedenen Stoffwechselerkrankungen. Über 30 verschiedene Mineralstoffe und Spurenelemente sind wichtig für die Blutzellen, Knochen- und Zahngesundheit, die Aktivierung von Enzymen, die Reizübertragung, die Gewebespannung und den Stoffwechsel – beispielsweise reguliert Kalium den Wasserhaushalt. Über den Urin werden vermehrt harnpflichtige Substanzen ausgeschieden, was vor allem gichtischen und rheumatischen Patienten zu Gute kommt. Vitamine (von lateinisch vita = Leben), wie B1, B2, B6, C und E, sowie Provitamin A und Folsäure werden im Körper vor allem für ein reibungsloses Funktionieren des Stoffwechsels benötigt. Die Pektine binden nicht nur Schadstoffe, sondern senken auch den Cholesterinspiegel und antioxidative Stoffe, wie Flavonoide und Carotinode, können einen Beitrag zur Krebsprävention und zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen bilden. Kühlend und beruhigend wirkt ein Tee aus Apfelschalen oder Apfelblüten. Nicht zuletzt kann ein geriebener Apfel, mit etwas Honig vermischt, auch für eine reine und zarte Haut sorgen. Nach 20 Minuten Einwirkzeit sollte die Apfel-Gesichtsmaske wieder abgewaschen werden.

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KOMPAKTWISSEN

Botanische Namen: Malus domestica, Malus communis, M. pomilla, M. sylvestris, Pyrus malus

Volksnamen: Appel, Buschapfel, Eppel, Surappel

Pflanzenfamilie: Rosengewächse

Verwendete Pflanzenteile: Apfelfrucht (Mali fructus), Fruchtschalen (Mali silvestris pericarpium), Apfelblüten (Mali flos)

Wirkstoffe: Zucker in Form von Glucose, Fructose, Sacharose, Stärke, Pektin, Sorbit, Apfelsäure, Zitronensäure, Vitamine, Carotinoide, Mineralstoffe und Spurenelemente, Phenolcarbonsäuren, ätherische Öle, Flavonoide und Anthocyanine in der roten Schale

Wirkspektrum: erfrischend, fiebersenkend, entzündungshemmend, entgiftend, harntreibend, stopfend wie auch abführend, krebshemmend, vitaminspendend

Sammelhinweise: Die Frucht wird zwischen September und Oktober reif. Am besten lagert man Äpfel in Holzkisten bei 2–3 °C und hoher Luftfeuchtigkeit. Sortieren Sie vor dem Einlagern und während der Lagerzeit beschädigte und kranke Früchte aus. Apfelschalen und Apfelscheiben in der Sonne oder bei 50 °C im Backofen trocknen und gut verschlossen lagern.

Bitte beachten: Apfelallergien nehmen in den letzten Jahren zu. Da die allergieauslösenden Eiweiße durch dreiminütige Kochzeit weitgehend zerstört werden, wird jedoch ein Apfelmus oder der beliebte Apfelkuchen oft vertragen. Lediglich hochsensible Menschen reagieren dann noch mit Sofortreaktionen im Mund- und Rachenraum. Häufig unverträgliche Sorten sind Elstar, Cox Orange, Jonagold, Gala, Golden Delicious und Granny Smith, hingegen Boskop, Gloster, Goldparmäne, Santana, Gravensteiner und Altländer werden meist gut vertragen werden.

REZEPTE

Geriebener Apfel gegen Durchfall

Den ungeschälten Apfel samt Kernhaus auf einer Glasreibe fein reiben. Zur Normalisierung der Verdauung 1 kg über den Tag verteilt als einzige Nahrung ein bis zu drei Tage essen. Zur besseren Wirkung den Brei noch mit etwas Ceylon-Zimt bestreuen.

Bei Verstopfung

Auf nüchternen Magen 1–2 Äpfel sehr gründlich durchkauen und genießen. Wer die Wirkung verstärken möchte, kann auch noch ein Gläschen Wasser mit 3 TL Apfelessig dazu trinken. Falls die Verstopfung drei Tage anhält, den Arzt aufsuchen.

Hausmittel bei trägem Darm, Heiserkeit und Halsschmerzen

Einen Bratapfel zubereiten und genießen. Bei Heiserkeit und Halsschmerzen den Apfel mit etwas Honig süßen.

Apfelschalentee zur Erfrischung bei Fieber sowie gegen Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen

Die Schale eines ungespritzten Apfels mit 1 Liter kochendem Wasser übergießen. Den Ansatz 2 Stunden durchziehen lassen, dann abseihen. Als Einschlafhilfe 1–2 Tassen vor dem Schlafengehen trinken.

Tee aus Apfelblüten für einen erholsamen Schlaf und bei leichtem Husten

1 gehäuften EL getrocknete Apfelblüten mit einer Tasse siedendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen, dann durch ein Teesieb seihen.

Baldrian

(VALERIANA OFFICINALIS)

DEM LICHTGOTT BALDUR GEWEIHT

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Illustration von Balder von Jacques Reich mit dem ursprünglichen Titel „Balder der Gute“

Baldrian, auch valeriana genannt, trage seinen Namen nach Balder (Baldur), heißt es. Der Sohn des Odin und der Frigg gilt als der Beherrscher des strahlenden Glanzes und des Lichts. Sein heller, weißer Glanz, der von ihm ausgeht, wurde wohl deshalb mit den Blüten des Baldrians verglichen, die hell und fast weiß selbst noch aus dem Schatten leuchten. Auch werden Attribute, wie Reinheit, Güte und Hilfsbereitschaft, mit ihm in Verbindung gebracht. Wie Balder hilft Baldrian bei zahlreichen Gebrechen. Die germanische Mythologie verknüpft Baldrian auch mit der Göttin Hertha (später Frigga genannt), die mit den beruhigenden Kräften einer Baldriangerte ihre Hirschen auf dem Ritt durch den Wald trieb.

Der schützende und lichte Geist der Baldrianpflanze gewährleistet einen ruhigen, erholsamen Schlaf. Schon im Mittelalter räucherte man mit der Wurzel dämonische Mächte aus, die uns keine Ruhe finden lassen. Wegen des starken Geruchs des Wurzelstockes war Baldrian geradezu prädestiniert als hexenwidrige Pflanze. Wer die Wurzel bei sich trug, galt als geschützt vor dem Teufel und allem bösen Zauber. Nicht selten bindet man Baldrian heute noch in den Kräuterbuschen zu Mariä Himmelfahrt. Dieser gilt als Rudiment vorchristlicher Kräuteropfer als Dank für den Schutz und die Heilkraft verschiedener Kräuter. Den christlichen Missionaren gelang es offensichtlich nicht, die heidnische Kräuterweihe zu verbieten, und weihten sie deshalb Maria und ihrem Aufstieg in den Himmel. Die ausdauernde Staudenpflanze Baldrian begegnet uns vorzugsweise auf feuchten, humusreichen Wiesen oder den Uferzonen von Bachläufen. Sein natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nord- und Mitteleuropa bis Asien. Die bis zu 1,5 m hohen Stängel wachsen aufrecht, sind gefurcht, unten kurzhaarig und oben kahl. Seine Blätter sind gefiedert oder lappig gefiedert und unregelmäßig gezähnt. Die weißen oder rosafarbenen Blüten duften süß. Sie sitzen in runden Ährenständen und zeigen sich in den Sommermonaten Juni und Juli. Nach der Befruchtung entwickeln sich eiförmige Schließfrüchte, die mit einem Pappus (Haarkranz) gekrönt sind. Die Heilkundigen verwenden jedoch nicht die Blüten, sondern den kurzen, walzenförmigen Wurzelstock, der viele fingerlange und nestförmig zusammengedrängte Wurzelfasern ausbildet.

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HEILANZEIGEN

Baldrian ist ein Heilmittel für nervöse Menschen, denen es an Erdung fehlt. Seine spezifischen Wirkstoffe sind fast alle in den Wurzeln gespeichert. Sein kurzer Wurzelstock ist gut im Boden verankert, während die Blüten leicht wirken und sich ins Luftelement erheben. Die Wissenschaft von heute begründet seine Wirkung durch verschiedene Bestandteile, die sedierend, angstlösend, einschläfernd, blutgefäßentspannend wie auch entzündungshemmend und schmerzstillend wirken. Doch scheint keiner der bisher identifizierten Stoffe alleine eine durchgreifende Wirkung zu erzielen. Erst das Zusammenspiel der einzelnen Bestandteile aus der Wurzel kann auf das Zentralnervensystem wirken.

Möglicherweise durch die Gunst des Lichtgottes sind Baldrianzubereitungen besonders wirksam bei Unruhezuständen und nervös bedingten Einschlafstörungen. Sie verkürzen die Einschlafzeit und verbessern die Schlafqualität. Stress und Spannung bauen sich ab und Ängste lösen sich. Das kann sich beispielsweise positiv bei geistiger Überanstrengung und bei Prüfungsstress auswirken, denn hier entspannt Baldrian, ohne zu ermüden. Einige Patienten berichten sogar von Gedankenklarheit und neuer Konzentration, was auf eine vegetativ ausgleichende Wirkung schließen lässt. Vor einer Meditation eingenommen, kann Baldriantee zur tiefen Entspannung mit außerkörperlichen Erfahrungen führen.

Die ganzheitliche Frauenheilkunde nutzt sein Wirkspektrum, wenn es zu prämenstruellen Störungen mit Reizbarkeit und Überempfindlichkeit oder zu nervösen Störungen in der Menopause kommt. Zudem wirkt Baldrian auf das Nervensystem des Magen-Darm-Trakts (enterisches Nervensystem oder auch „Bauchhirn“ genannt), dessen Aufgabe es ist, beispielsweise die Verdauung zu steuern, sodass sich nervöse Magen-Darm-Störungen bessern. Traditionell wird er deshalb bei spastischer Kolitis und unterstützend bei krampfartigen Beschwerden verwendet. Weil Baldrian jedoch auf alle vegetativen Beschwerden einwirkt, gehören auch nervöse Herzbeschwerden bzw. Herz-Kreislauf-Störungen nach nervlicher Belastung zu den Heilanzeigen.

Auch in homöopathischen Dosierungen sind Zubereitungen von Valeriana officinaiis wirksam. Sie werden bei Erkrankungen des Zentralnervensystems, des Herzens, des Magen-Darm-Trakts sowie des Stütz- und Bewegungsapparates wie Kreuz- und Ischiasschmerzen verwendet. Eine wechselnde Stimmung, Überempfindlichkeit, Reizbarkeit, körperliche Unruhe sowie hysterische Ängstlichkeit gehören zu den Leitsymptomen.

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KOMPAKTWISSEN

Botanischer Name: Valeriana oicinalis L.

Volksnamen: Arzneibaldrian, Balderbusch, Hexenkraut, Katzenkraut, Katzenwurzel, Mondwurz, Stinkwurz

Pflanzenfamilie: Baldriangewächse

Verwendete Pflanzenteile: Baldrianwurzel (Valerianae radix)

Wirkstoffe: ätherisches Öl mit Mono- und Sesquiterpenen (Valerensäuren), Valepotriate, Aminosäuren, Flavonoide, Lignane, Iridoide, Spuren von Alkaloiden

Wirkspektrum: beruhigend, angstlösend, krampflösend, muskel- und gefäßentspannend, konzentrations- und leistungsfördernd, entzündungshemmend, schmerzstillend

Sammelhinweise: Wurzelstücke von 2–3-jährigen Pflanzen im Herbst ernten, waschen und mehrere Tage unter 40 °C trocknen. Während die frische Wurzel geruchlos ist, entwickelt sich durch die Trocknung der typische Baldriangeruch.

Bitte beachten: Baldrianzubereitungen sind in der Regel gut verträglich. In sehr seltenen Fällen können leichte Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Für Schwangere, Stillende und bei Kindern unter 12 Jahren liegen noch keine ausreichenden Ergebnisse zur Unbedenklichkeit vor. Hohe Dosierungen können die Verkehrstüchtigkeit oder das Bedienen von Maschinen beeinträchtigen.

REZEPTE

Teezubereitung aus der Wurzel bei Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen

1 gehäuften TL Baldrianwurzelstücke mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 10–15 Minuten ziehen lassen. 2–3 Tassen täglich und vor dem Schlafengehen eine Tasse des bereiteten Tees trinken.

Schnell wirkende Baldriantinktur als Alternative zum Tee

Die Wurzelteile gut säubern, kleinschneiden und in ein ausgekochtes Schraubglas geben. Mit der fünffachen Menge an Korn übergießen und zwei Wochen ausziehen lassen. Danach absieben und in Braunglasflaschen umfüllen. Davon 1/2 TL 1–3-mal täglich einnehmen.

Baldrianvollbad als mildes Beruhigungsmittel

100 g zerkleinerte Baldrianwurzel mit 2 Litern siedendem Wasser übergießen und 15 Minuten ausziehen lassen. Anschließend die Wurzelteile absieben und den Sud dem Vollbad zugeben. Die Badetemperatur sollte 34–37 °C bei etwa 15–20 Minuten Badezeit betragen.

Valeriana oicinalis in der Homöopathie

Mehrmals täglich niedrige Potenzen (D3–6) als Dilution oder Globuli einnehmen. Bewährte Dosierungen reichen von 5–10 Topfen bzw. 5–10 Streukügelchen.

Barbarakraut

(BARBAREA VULGARIS)

LICHTVOLLE WILDPFLANZE DER SCHUTZHEILIGEN DER BERGLEUTE

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Heilige Barbara, Waldburg-Gebetbuch, 1476

Wegen ihrer augenfälligen Schönheit wird Barbara von Nikomedien (3. Jhd.) von ihrem Vater in einem Turm eingeriegelt, damit sich ihr niemand nähern kann. Als der Vater erfährt, dass sie ausbrechen wollte, will er sie enthaupten. Sie kann jedoch wie durch ein Wunder durch einen Felsspalt entfliehen. Dies lässt sie zur Schutzheiligen der Bergleute werden. Sie gehört auch zu den vierzehn Nothelfern, die bei Todesgefahr, wie in Zeiten der Pestepidemien, angerufen worden sind.

Das Barbarakraut ist eine lichtvolle gelb blühende Wildpflanze, die man häufig bei uns findet. Es trägt sein Blattgrün bis mindestens zum 4. Dezember, dem Barbaratag. Der Lichtkeimer mit den gelb leuchtenden Blüten war in der kalten und kargen Jahreszeit eine zuverlässige Vitamin- und Grünkostpflanze, die die Menschen in früheren Zeiten vor dem gefürchteten Skorbut schützte. Durch die Vitamin-C-Mangelerkrankung entstehen Schleimhautblutungen, Infektanfälligkeit, verzögerte Wundheilung und Schmerzen am Bewegungsapparat. Es war üblich, Anfang August Barbarakraut zu säen, um eine Ernte über den Winter hinein sicherzustellen. Bei uns ist seine Bedeutung wohl auch deshalb zurückgegangen, weil wir uns ganzjährig mit frischem Grün versorgen können. Doch die Hobbygärtner entdecken das Barbarakraut gerade neu, denn es ist robust, braucht wenig Pflege und bringt auch unter ungünstigen Bedingungen in milden Wintern noch eine gute Ernte.

Das Kraut braucht halbschattige bis sonnige Plätze und feucht-lehmige und nährstoffreiche Böden. Wir finden es an Wegrändern, Uferböschungen, Wiesen, Bahndämmen oder Grundstücken, die sich die Natur zurückholt. Es trotzt den kalten Temperaturen und schon bei einigen Plusgraden wachsen frische Blätter, die eine willkommene Bereicherung im Winter sind. Der Geschmack ist wegen der Senföle (Glucosinolate) rettichartig scharf mit einer Prise Bitternis. Die bis zu 60 cm hohe Pflanze hat wechselständig am Stängel angeordnete Blätter, die überwiegend fiederteilig wachsen. Bodennah finden wir eine Blattrosette. Das heimische Wildkraut ist eng verwandt mit der Kresse. Als Kreuzblütengewächs treibt es vierzählige Blüten in einer sattgelben Farbe. Die Hauptblütezeit ist von Mai bis Juni, gelegentlich finden wir im Spätherbst noch Blütenstände. Ab Juli bis in den Herbst hinein reifen die Schotenfrüchte.

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