KLAUS F. MESSERSCHMIDT

Das sprechende Auge

Lebenslauf deutsch

Literarische Autobiografie

352 S., geb.

ISBN 978-3-89812-730-1

24,90 €

Wie beginnt ein „Lebenslauf deutsch“? Mit den Vorfahren natürlich, den Familiengesetzen, den Kindheitsmustern – mit Einfältigen und Erpichten, Aufmerksamen und Begierigen. Sanft verbogene Töchter, hart verzogene Söhne. Einer von denen ist K. F. M., der später Künstler wird. Seine Geschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück und endet vorerst in den 1950ern, als er geschult, belehrt und beflüstert wird.

Die ungewöhnliche Künstlerautobiografie, originell wie spannend, erzählt vom Leben und Sterben einer Familie und lässt dabei knapp 100 Jahre deutsche Geschichte Revue passieren.

Titel

mitteldeutscher verlag

2012

© mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale)

www.mitteldeutscherverlag.de

Nachdruck, auch auszugsweise verboten. – Alle Rechte vorbehalten.

Recht zur fotomechanischen und digitalen Wiedergabe nur mit
Genehmigung des Verlages.

Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale)

ISBN 9783954620401

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013

Kurze Vorrede samt bündiger Rückschau

An der Alten Promenade tobt ein schweres Gewitter. Meine linke Seite wird vom Blitz getroffen, ich bin gelähmt, voller Verzweiflung und kann nicht mehr sprechen. Der Blitz hat auch in ein Wandfach geschlagen, darin liegt mein Vater. Er richtet sich im Fach auf, und ich bin hocherfreut, dass mein Vater wieder da ist – aber der wehrt ab: Er will gar nicht aufgeweckt werden, dort, wo er war, ist es sehr schön. Ich bin begeistert, gerührt, unter Tränen höre ich ihm zu und begreife­ endlich die Wahrheit alles Gesagten über die andere Welt, über das Jenseits: „Es ist sehr schön dort!“

Wir steigen über Gänge und Treppen nach oben und kommen in einen Saal – es wird ein Stück aufgeführt mit heftiger Musik, mit alten Kostümen und Masken, etwas wie ein Drachenkampf. Etwas Gotisches.

In noch höherer Halle. Mit meinem Vater nagele ich Zäune. Aus dem Zaun, den er gemacht hat, habe ich plötzlich eine Latte in der Hand. Habe ich sie abgerissen? Ich denke, dieses quietschende Geräusch, wenn man eine Zaunlatte abreißt, muss er doch gehört haben? Ich bin besorgt.

Neben mir liegt ein Stapel weißer Latten. Ich wähle eine aus, bin immer noch in Sorge, weil der Vater sich die Latten hergerichtet hat und nehme trotzdem eine. Merke, dass sie nicht halbiert ist und noch Zweige daran sind. Die kann ich leicht runterreißen. Das Stämmchen trage ich zu einer dunklen Frau, einer Ausländerin, denn die Latte muss am oberen Ende glatt geschnitten werden. Die sanfte Frau hält das Holz und ich schneide. Das Holz ist weich, das Messer gleitet leicht durch den Stock. Ich höre, wie hart schnurpsend ein Stück Finger der Frau abgeschnitten wird. Die Frau schreit nicht, und ich nehme den blutenden Finger in den Mund, das Blut strömt und ich schlucke es zögernd hinunter.

Es blitzt und donnert.

Als ich erwache, ist es Samstag, der 13. März 2010. Im halbwachen Köpfchen schwärmen die aufgescheuchten Bilder der Nacht, knäueln sich zu Erinnerungen, wollen aufgelöst werden und aufgeschrieben. Fortlaufende Erinnerungen, wie sie schon DAS SPRECHENDE AUGE so eindringlich, so bunt zu sehen wusste.

Denn und doch: Es gab Tatbestände und Sachverhalte, die sind unvergesslich. Vor allem, wenn sie einstmals nur flüsternd zu nennen waren und manchmal das große Kotzen hochkam, wenn Zuchtknechte züchtigten und zwischen Lust und Unlust nur schwer zu unterscheiden war.

Dabei haben wir nicht einmal alles gesehen! Keine Panzerreiter, keine Helden, keine Posaunen, keine amerikanischen Finanzhyänen und Quislinge Adenauers.

Allerdings Zeugen und Empfangen. Den Tod. Feige und Erbärmliche. Gebärende und Geborene. Wir haben Gustav, den Vater der sieben Söhne, den sauren Mann zweier Frauen mit den eigenwilligen Verhütungsmethoden, kennengelernt. Richard, den Patriarchen, Sargtischler, umsichtigen Oberfeuermann und dessen Frau Martha, die stille Meisterin. Ringsumher die liebe Zeit, die immer wieder mal zur großen Zeit wurde: der Matrosenmützen, des sprengfreudigen Anarchisten Max Hölz, des Ratten- und Sonntagsschießens und der Ahlsdorfer Feuerwehr.

Und große Zeit war plötzlich Dienstzeit des Stabskochs in Rouen mit anschließender Endzeit des strammen Soldaten. War endlich Ende aller Zeiten und mühsames Heraufdämmern einer neuen Zeit. Die sich schnell und ohne Zauderei zu NEUEZEIT mauserte.

Aber wie noch jedes Mal bei Zeitwechsel entstand das Problem mit dem Personal, und so musste auch die NEUEZEIT mit fast denselben Leuten auskommen, mit der schon die liebe, gute, alte Zeit ihre Probleme gehabt hatte.

Wegen der Rückkehr des Lüstlings Karl und der anderen Krieger, der Würger und Schächer und Feiglinge; auch wegen der Pflaumenmus- und Rübensaftkocherinnen.

Und alle, alle waren sie irgendwie dem Schreiber verwandt und bekannt, bis in die Tiefen ihrer allzumenschlichen Seelen.

Stand ganz zu Anfang die Geburt eines selbsternannten Optimisten – eine glaubhafte Aussage übrigens –, wird nun vom beweglichen, vom wandelbaren Optimisten zu berichten sein.

Denn das sprechende Auge, das dritte Auge, wird mehr und mehr zum Fressauge. Beäugen, verschlingen, verdauen. Verschreiben. Wie eine Medizin zur Selbstheilung. Eine Selbstheilung, die einen Spieler hervorbringt und die unvermeidlich dazugehörenden Spielverderber. Weil diese sich oft genug als Weltverbesserer verstehen, als Wunderheiler – selten als Optimisten – sind Streitereien vorhersagbar, und diese werden eintreten. Der Optimist wird seines Lächelns wegen verdächtigt – ein unvernünftiger Verdacht –, aber manches Lächeln wird schwer zu erklären sein. Und viel zu oft wird das Lachen vergehen – man muss nur einmal die Angst der Spaßmacher betrachten! Oder sich von den Meistern die Instrumente zeigen lassen! Das ist das kalte Grausen! Aber es gehört dazu und sollte auch im Lebensbericht seine Rolle spielen.

Schöner ist da ein Blick in Heinrichs hochfeines Poesiealbum. Da spricht ein Liebender von den Geheimnissen der Liebe. Allerdings ein enttäuschter Liebender, und da tut sich Vergleichbares auf.

Dass Heinrich, der Dichter und Sänger, der Minnesänger, als Optimist begonnen hätte, wissen wir nicht, aber es ist anzunehmen. Für jedes Kind ist die Welt seine Welt, und sie ist voller Verheißungen. Voller Erwartung, angefüllt mit Warten auf das Glück, das einmal kommen wird. Liebesglück. Erfolg. Ruhm. Und alles Gute.

Dass die Welt alles Gute, jedes Gute, nicht so ohne Weiteres hergibt, wird beizeiten gelehrt und oft genug wiederholt. Nur für einen selber gilt das doch nicht! Für Unsereinen müssen die Verheißungen doch wahr werden!

Uns, wenn wir mit Bocksbeinen, Schwanenfüßen und Reptilienaugen durchs Leben drängen.

Keine Satyrn, keine Pane, keine Engel, keine Teufel, nur Halbstarke, Halbschwache, Neugierige. Die ganz Auge und Ohr sein wollen.

Riskieren wir ein Auge, wenn wir ein Auge zudrücken! Es wird alles möglich sein! Wir sagen bloß Karlszug und Sonnenwendfeier!

Doch lesen Sie selbst, wie es weitergeht nach dem ersten Buch, wie es weitergeht mit der Liebsten, mit der Ersten und sogar bis nach Hongkong. Wir werden das schildern – mit Augenmaß? Nach Augenmaß.

Am ersten Montag im September bin ich gezwungen, in der Möbelfabrik eine Tischlerlehre zu beginnen und habe nur den Trost, dass Karl Valentin (dürrer, hypochondrischer Spaßmacher und Possenreißer mit ausgeprägter messerschmidtscher Familienähnlichkeit) als Valentin Fey genauso angefangen hat – und mit welchem Ergebnis!

Wir zwei haben mürrische Miene zum finsteren Spiel gemacht.

Titel

Die Meister und die Instrumente

Es war einmal, damals, vor mehreren Hundert Jahren, da haben sie einem gelehrten Meister die Instrumente gezeigt und schon war der sich nicht mehr sicher, ob die Erde wirklich um die Sonne läuft oder ob es vielleicht auch andersherum gehen kann.

Es wurde beschönigend und verfeinernd genannt: Die Instrumente zeigen; dabei ging es um schlichte Folterwerkzeuge und deren Anblick hält mancher nicht aus. Reine Nervensache. Die Welt ist nichts für Leute mit schwachen Nerven.

In der Zeit unserer Erzählung, dem 20. Jahrhundert, war sogar extra ein Vorhang gehängt worden, dass man nicht alles mit eigenen Augen ansehen musste. Ein Eiserner Vorhang, wie im Theater. Wegen möglicher Feuerbrünste, wenn vielleicht einer der Schauspieler unvorsichtig eine Zigarette rauchte oder seine Witze zündeten. Glühende Revolutionäre in Hauptrollen auf brennbare Stoffe trafen. Ein Spiel mit dem Feuer, mit brennenden Herzen und flammender Friedensliebe. Ein feuriges Spiel mit ganz besonderen Instrumenten – Atombomben, Wasserstoffbomben. (Neutronenbombe war erst Jahrzehnte später.) Andauernd ließ man diese Dinger platzen – das kann man sich heute gar nicht mehr so richtig vorstellen, schon wegen der anfallenden Entsorgungsprobleme.

Aber damals ging das, weil sie es den Kalten Krieg nannten und diesen Vorhang gehängt hatten.

Das war schon eine Welt!

Im Herbst 1952 bot sich zum ersten Mal eine fabelhafte Gelegenheit, uns Schülern der zweiten Klasse die Welt umfassend zu erklären. Mehr noch: die Mehrzahl von Welt, nämlich die eine Welt der Guten und die andere Welt der Bösen. Ich weiß noch bis in heutige Tage, mit welch ernster Miene unser Fräulein Wurzfeld diese weitreichende Erklärung vorgetragen hatte, und ohne lange zu überlegen waren wir bereit, flammenden Protest zu entfachen gegen das Schand­urteil der amerikanischen Terrorjustiz, ohne Rücksicht auf das Wutgeheul im Lager der Feinde wollten wir hier in unserem Friedenslager den Kampf kühn entfalten und Unterschriften sammeln gegen die Verurteilung von Ethel und Julius Rosenberg. Die Rosenbergs, das waren trotz des deutsch klingenden Namens zwei miteinander verheiratete Staatsbürger der USA, sie hatten zwei Kinder, zwei Jungen, Robby und Michael, und waren im fernen Amerika als Atomspione beschuldigt und zum Tode verurteilt worden.

Ich kannte den Vorgang schon aus meiner täglichen mühsamen Zeitungslektüre.

Also die Rosenbergs, die waren vom New Yorker Bundesgericht zum Tode verurteilt im April 1952 – da waren wir noch in der ersten Klasse! – wegen Atomspionage für die Sowjetunion. Am 20. Juni 1953 – da waren wir schon in der zweiten Klasse – wurden sie elektrisch hingerichtet – trotzdem wir so viele Unterschriften gesammelt hatten! Ich war damals noch nicht so gut im Rechnen und wurde es auch niemals, aber es war schon klar: Wenn jemand von April 52 bis Juni 53 in einer kleinen, ausbruchsicheren Zelle wartet, dass das ein hartes Warten ist und eine lange, unendlich lange Zeit. Immerhin mehr als ein ganzes Schuljahr! Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen, so lange zu warten, und dass sie dann kommen und einen elektrifizieren. Einfach so. Egal wofür. Weglaufen nicht möglich oder wenn, dann nur in ganz, ganz seltenen Fällen und beinahe nur in Büchern. Meistens wird irgendwann doch hingerichtet. Da denkt man: je schneller, desto besser. Sogar wenn einer unschuldig ist, aber das mit der Unschuld keiner glauben will. Aber wenn man schuldig ist, dann war das Warten auch nicht besser. Oder doch? Die große Hoffnung, dass doch noch der reitende Bote kommt und dass der man bloß nicht zu spät kommt!

Nein, also bloß kein Mord! Noch dazu an unschuldigen Friedenskämpfern! Keinen Justizmord! Niemals!

Fräulein Wurzfeld hatte uns erklärt, was das ist, ein Justizmord und auch wenn es schwer zu verstehen war, begriffen wir grundsätzlich, dass besonders die Kriegstreiber daran interessiert waren, einen Justizmord nach dem anderen zu vollbringen, damit sie leichter ihre Kriege durchführen konnten. Aber wir würden die heuchlerische Larve von ihren kriegstreiberischen Fratzen herunterreißen, bei uns würden die Kriegsbrandstifter auf Granit beißen! Entschlossen schwärmten wir durch Straßen und Gassen, hielten mit eisernem Willen Passanten auf und eilten in Läden und Werkstätten, immer die Liste und einen Stift für die Unterschrift bereit. Für die Unterschrift gegen dieses neuerliche und abscheuliche Verbrechen der menschheitsfeindlichen Barbaren in Washington, die schon so viele Friedenskämpfer gemeuchelt hatten. Das musste endlich ein Ende haben! Außerdem wollten wir Fräulein Wurzfeld eine Freude machen, weil sie gar so traurig mit uns gesprochen hatte. Also los und Unterschriften sammeln, noch und noch.

Rein in die Fleischerei Bock und der fleißige Fleischermeister verblüffte uns, er verwirrte unsere heißen Köpfe, als er in seinem kalten Laden sich kühl erkundigte, wie viele Unterschriften wir denn noch brauchen, damit wir nicht so viel herumlaufen müssen und lernen können. Dann hatte er sein langes Fleischermesser aus der Hand gelegt und eine lange Reihe von Namen auf unsere Liste geschrieben. Sicher hatte er dabei versucht, seine Handschrift zu verstellen, damit jede einzelne Unterschrift aussieht, als ob sie von ganz anderen Fleischern geschrieben wäre. Oder hat er nicht mal das? Ein bisschen gleich sahen die Namen schon aus. Und hatte die Vielzahl seiner Namen den Wert der Listen erhöht oder geschmälert? Konnten die Einpeitscher der amerikanischen Kriegspolitik bei Einsicht in unsere Listen erkennen, dass wir gemogelt hatten? Würde es internationale Verwicklungen geben? War die Liste nun ungültig, obwohl gerade sie besonders voll war? Andere Erwachsene hatten überhaupt nicht unterschrieben, sondern gemault mit uns, ob wir nicht lieber lernen wollten. Da war uns der fleißige Friedenskämpfer, unser guter Fleischermeister, aber sehr viel lieber, weil er uns helfen wollte, uns, aber vor allem den Rosenbergs. Je mehr Unterschriften, desto besser! Der Fleischer zeigte eine Entfaltung der Masseninitiative! So war es doch!

Mal abgesehen von den mürrischen Passanten und manchem ungeduldigen Händler oder nervösen Handwerksmeister, nahmen die Erwachsenen außerhalb der Schule und auch unsere Erziehungsberechtigten das ungeheuerliche Drama nicht so ernst wie wir jungen Kampfgenossen. Vielleicht, weil sie gleichzeitig damit zurechtkommen mussten, dass im nicht gar so weit entfernten Leipzig ein abscheuliches sächsisches Element aus dem Lager der Dollar-Imperialisten, ein Saboteur an der Versorgung der Bevölkerung, zum gerechten Tode verurteilt worden war. Oder dass sie ganz besonders schockiert waren über das Wüten der Gangster, Gauner und Ganoven von der evangelischen Jungen Gemeinde. Kann sein.

Wir tatendurstigen Pioniere allerdings waren wie elektrisiert, als in die Spalten der „Freiheit“ durchgesickert war – und uns Fräulein Wurzfeld sehr, sehr ernst darüber berichtete – dass Eisenhower, der Führungsimperialist, den beiden unglücklichen Burschen Michael und Robby ihre Eltern nehmen will und – jetzt waren wir richtig böse! Nun mussten auch die Lauen aufgerüttelt werden, jetzt war flammender Protest angesagt, jetzt galt es, tatsächlich kühn und endgültig den Kampf zu entfalten.

Wirklich hatten wir eine Verschiebung des Mords an Rosenbergs erreicht; das stand sogar in der Zeitung.

Aber aufgeschoben war nicht aufgehoben, das war klar, und das Ende hatten wir ja auch schon benannt.

Trotz aller progressiven Kräfte, die in den Jungen Pionieren geweckt wurden: Elektrischer Stuhl und Sing-Sing, das waren Begriffe, mit denen wir wenig anfangen konnten, uns schon gar kein Bild davon machen. Sing-Sing, das klang recht munter, wie eine Aufforderung in der Musikstunde, aber das andere Wortpaar, das verwirrte uns: Elektrischer Stuhl! Was konnte Opa Richard, der Tischler, davon wissen? Elektrischer Stuhl, welcher Handwerker konnte so etwas bauen? Richard, obwohl erfahrener Tischlermeister, auf keinen Fall, der konnte nicht mal eine einfache Steckdose reparieren, da musste immer einer von Elektro-Glatter ran. Wie funktionierte der elektrische Stuhl? Und wie gefährlich war es, den elektrischen Stuhl zu bedienen? Das musste doch auch gefährlich sein. Der Stuhl war ja der Tod selbst!

Zusammen klangen die beiden Wörter schaurig. Viel schlimmer noch als nur Tod und sie reichten für gewaltige, leider unscharfe Bilder im Kopf, bis uns endlich unsere „Freiheit“ half und das Geheimnis lüftete, indem sie nämlich auf der ersten Seite ein Foto des furchtbaren Möbelstücks gebracht hatte.

Natürlich wollten und konnten wir Unterschriften sammeln – vor allem, nachdem wir das Mordinstrument gesehen hatten –, um einen sogenannten Justizmord zu verhindern, aber wir konnten auch mal probieren, einen solchen Stuhl zu bauen – wir trauten uns das zu!

Nicht gleich ein richtiges großes Möbel, dafür hätten wir niemals ausreichend Material besorgen können, weder beim Stellmacher noch beim Tischler. Wozu auch, wir waren doch keine Kannibalen aus den USA und Dollar-Imperialisten sowieso nicht. Nein, der Stuhl sollte mehr wie ein Modell gearbeitet werden, in der Größe vielleicht gerade so für kleine Zwerge. Und da wir uns nicht in der Nähe einer Steckdose, also in Innenräumen mit unserem Todesinstrument sehen lassen durften – das vermuteten wir doch sehr stark –, blieb nur der Weg über Batterien.

Da hatten wir sofort ein Problem. Batterien waren Mangelware, die gehörten zu den Versorgungsengpässen! Wir hatten das leidvoll erfahren, wenn wir nach Licht für unsere Taschenlampen rennen mussten.

Trotzdem wollten wir nicht gleich zu Anfang aufgeben, und so begannen wir die Suche nach unserer Stromquelle – wir wussten schließlich, wie und wo.

Es gab einige Elektrogeschäfte in der Stadt und mit äußerster Mühe bekamen wir dort, selten genug, irgendwann doch zwei oder drei der raren Energiespeicher, aber man musste­ durchaus Einsatz zeigen, denn die Dinger waren wirklich knapp. Wie eben überhaupt Elektroenergie. Wattfraß und Spitzenzeiten. Wäschebügeln in den Spitzenzeiten soll nicht sein. In den Betrieben um Gotteswillen nicht alle Maschinen zur gleichen Zeit anschalten. Das hielten die Spitzenzeiten nicht aus. Die Zeitungen berichteten regelmäßig über die Spitzenzeiten, denn Missachtung der Spitzenzeiten führte geradewegs zu den gefürchteten Stromsperren. Damit zu erhöhtem Verbrauch an Batterien, und wir waren die Leidtragenden!

Der hinterlistige Geselle Wattfraß ließ sich ja noch austricksen mit Kerzen oder Petroleumlampen, da konnte er seinen Schwanz mal eben ins Brennöl hängen lassen. Aber Petroleumlampen gestatteten sie uns nicht, wegen: Gehört nicht in Kinderhände. Außerdem wäre es lächerlich gewesen, wenn wir an dunklen Herbstabenden Erwachsene mit einer Spitzbubenlaterne angefunzelt hätten. Das lohnte sich nur mit starken Taschenlampen. Genau: Da stehen wir wieder am Anfang, nämlich bei den Batterien. Haben wir nicht, schrien uns die Händler entgegen, wenn wir in der dunklen Jahreszeit drei, vier Mann hoch, die Läden betreten wollten. Wir kamen wirklich kaum bis vor die Verkaufstische! Am schlimmsten war es bei Jeschke in der Kylischen Straße. Dem Laden sah jeder sofort an, dass elektrischer Strom Mangelware war. So etwas Finsteres wie diese Verkaufshöhle sah man sonst kaum. Nicht bei Glatters, nicht unten am Ende der Göpenstraße, schon gar nicht im Haus der Technik, einer Einrichtung der Handelsorganisation, oder im Technischen Konsum, gleichfalls unteres Ende Göpenstraße, aber andere Straßenseite. Hell oder dunkel: Taschenlampen oder gar Batterien gab es hier wie dort nur selten.

Wir brauchten aber nun für unser lehrreiches Modell unbedingt solch kleine Kraftquellen, sonst war alles sinnlos! Stühle ohne Elektrik gab es schon genügend. Sogar beim Zahnarzt Sowieso, der Name spielt hier keine Rolle, gab es einen stromlosen Stuhl, weil dieser Dentist seinen Bohrer über einen Fußantrieb – wie bei einer frühen Nähmaschine – und kleine Seilrollen betrieb. Ein gewisser Vorteil in jenen harten Jahren. Wattfraß konnte bei dem nichts holen und der Bohrer brauchte auf keine Spitzenzeiten zu achten!

Wir aber brauchten Energie, elektrische, weil der Stuhl nun mal so hieß.

Also schritten wir die einschlägig bekannten Geschäfte ab, hörten überall dasselbe, und mit hereinbrechender Dunkelheit – es war Ende Februar und die Tage noch kurz – schauten wir zu Jeschke rein. Im Laden vertrieb sich die kleine Frau Jeschke ein wenig die Zeit, indem sie an der Kasse herumspielte. Aber weil die Frau Jeschke trotz der Spielerei an der Kasse – nach unserer Vermutung sowieso leer – keine Finanzhyäne war, hatten wir ein Vertrauen und fragten nach Batterien. Wir waren, die Betreiber dieses Ladens eingeschlossen, eine eingefuchste Gruppe. Die Jeschke schritt sofort zu ihrem Solo und beschimpfte uns als leseunkundig, was so nicht stimmte, weil wir natürlich das Schild gelesen hatten und zwar so oft, dass wir es wirklich schon lange auswendig wussten. Jeschkes hatten, übrigens wie alle anderen infrage kommenden Geschäfte, an der Tür eine Pappe angebracht, mit dem knappen Hinweis: „Keine Batterien“. Es gab immer dasselbe Programm: Wir fragten einzeln nach der begehrten Ware, und mit jeder dieser unschuldigen Fragen verlor die Frau hinter dem Tresen mehr von ihrer geschäftsmäßigen Ruhe, verlor ganz und gar die Nerven, kreischte schließlich nach ihrem Gatten und der dicke Herr Jeschke ereiferte sich jedes Mal so, dass er uns laut krakeelend bis auf die dunkle Straße verfolgte, dort schnell aus den Augen verlor, nicht ohne unselige und überhaupt nicht in die moderne Zeit passende Verwünschungen gegen uns auszustoßen. Die Flüche verhallten ohne Wirkung in der dunklen Straße.

Wir hatten unserer Verdrossenheit im Geschäft Jeschke Luft gemacht, weil diese Einzelhändler und Kleinkapitalisten doch sowieso alle weg mussten und wahrscheinlich für gute Kunden, andere, zahlkräftigere als ein paar Junge Pioniere, haufenweise Taschenlampen samt Zubehör aller Größe und Formen unter den schäbigen Ladentischen gehortet hatten. Bloß uns gaben sie das nicht, die kapitalistischen Blutsauger mit ihrem ausbeutungslüsternem Unternehmertum!

Somit hatten unsere Forschungen zu elektrischen Stühlen in einer dunklen Sackgasse geendet. Der Stuhl wurde von uns niemals gebaut!

Interessant wäre das Experiment allemal gewesen. Waren wir doch von der ersten Klasse an gehalten worden, ins zu erforschende Dunkel einzudringen und uns anschließend die erhellte Natur untertan zu machen. Es gab sogar ein Lied über diese Thematik des Dunkels und des Eindringens da hinein, welches von zarteren Gemütern gern gesungen wurde. Vielleicht in Erinnerung an die zahlreichen Stromsperren.

Die im September erscheinende hochinteressante Meldung, dass eine von der britischen Regierung eingesetzte Kommission sich für das Erhängen ausspricht, als das am besten geeignete Mittel zur Vollstreckung der Todesstrafe, und dass die in den USA üblichen Verfahren wie der elektrische Stuhl und die Gaskammer keinerlei Vorteile in humanitärer Hinsicht böten, war uns damals bei aller Lesewilligkeit nicht zugänglich, und auch Willy, mein Vater und Erziehungsberechtigter, hatte nichts verlauten lassen über eine diesbezügliche Nachricht vom NWDR.

Erstaunlich war das schon, dass eine uralte Methode sich als allerbeste und menschlichste herausgestellt hatte, während wir aus allen Ecken und von allen Enden hörten und lasen, dass alles nun ganz anders und viel neuer ist, fortschrittlicher, auf dem neusten Stand der Wissenschaften und dass überall vermehrt das Instrumentarium der Zukunft, also die Gesamtheit der für eine Arbeit notwendigen Unterlagen, Hilfsmittel, Geräte, Werkzeuge, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eingesetzt würde – natürlich unter Anleitung des allergrößten Wissenschaftlers aller Zeiten.

Es war uns bei all den Redereien über den Fortschritt noch nicht klar geworden, dass an vielen Stellen und bei vielen Vorgängen Altbewährtes bevorzugt wurde.

Wie am Ende dieses Jahres, als im Bruderland, in Prag, elf Juden, elf Kommunisten, hingerichtet, die Leichen verbrannt wurden und man die Asche auf eisglatte Straßen gestreut hat. Ein altbewährter Brauch, den man nicht in Vergessenheit geraden lassen wollte.

Bei sämtlichen Spekulationen über die Zeit und ihre Sitten und Gebräuche muss hier festgestellt werden, dass es letzten Endes eine Vermessenheit von uns war, ein heikles, weltweit umstrittenes Instrument nachzubauen und sei es nur als Modell. Mit sieben oder acht Jahren konnte das nichts werden, da muss ich gar keine Versorgungsschwierigkeiten vorschieben. Es war ein schnell entflammtes und genauso schnell wieder erloschenes Feuerchen, ein Strohfeuer, wie man so sagt.

Die Zeit eilte mit Riesenschritten voran, in der Zeitung tauchten neue Probleme auf, immer wieder galt es, Friedenskämpfer im verkommenen, elenden Teil der Welt zu retten, und auch im privaten Bereich musste auf Ordnung gesehen werden, zum Beispiel auf meinem Kopf.

Meine Erziehungsberechtigten hatten mir wieder einmal sechzig Pfennige in die Hand gedrückt und mir eingeredet, dass ich zum Friseur müsste, weil mir die Haare auf den Ohren stünden. Zum Friseur konnte ich gut allein gehen, das war nicht mal halb so weit wie zur Schule, war wirklich bloß um die Kirchenecke und dann drei Treppenstufen hoch. Oder vier. Oberhalb der drei oder vier Stufen führte der Friseur­meister Fritz Scheffler im Erdgeschoss des BaWoWa-Hauses (ein Bauwerk der Badeanstalts-, Wohnungsbau und Wasserwerksverwaltung) gleichzeitig sowohl Herren- wie Damensalon. Bei aller räumlichen Enge des Geschäfts, aber das mit den Damen musste er machen, weil er allein von den Männern nicht hätte leben können. Außerdem war es gut, dass das Wort Damen hier verwendet wurde und doch noch nicht ausgestorben war.

Der Frisiersalon war damals das einzige Geschäft in dem großen Haus, in dessen himmelnahester Wohnung Eva, der sanft singende Engel lebte und träumte! Es war noch nicht so lange her, dass ich von Gegenüber, vom weißen Brettchen aus, Evchens Gesang gelauscht hatte, aber mir erschien das wie eine Ewigkeit. Vier Jahre! Das war mehr als die Hälfte meiner bisherigen Lebenszeit! Ach ja, und Hippi Mond; wie albern man früher gewesen war. Und wie schnell man die Liebe zu einer Frau vergessen konnte! Ach, Eva, ach, Veronika.

Was mir diesmal beim Betreten des Salons sofort auffiel, das waren die zwei Behandlungsstühle. Noch nie hatte ich bemerkt, was diese Stühle so merkwürdig machte. Das kleine Lädchen, also den Herrensalon, hatten sie schon immer beinahe gänzlich ausgefüllt, das ist wahr. Sie waren nicht zu übersehen.

Aber jetzt, vor meinem geübten und geschulten Blick, wurden sie zu Instrumenten des Bösen.

Dieses Behandlungsmobiliar war ja mit einer Fülle von glänzenden Metallteilen ausgerüstet: gezähnt, gewellt, gewendelt oder teuflisch glatt und beim Anpassen auf Sitz-, Schulter- und Scheitelhöhe des Behandlungswilligen machte der Stahl klirrende und klackende Geräusche – ganz so, wie man sich den Krach bei den mörderischen Aktionen in Sing-Sing vorstellen konnte!

Ab dem heutigen Tag boten die Stühle einen bedenkenswerten, unvergesslichen Anblick, weil sie mich jedes Mal an den grausigen elektrischen Stuhl erinnerten.

Und wenige Jahre später war meine Abneigung gegen diesen Salon mit den grauenvollen Stühlen, aber auch von einem befohlenen Haarschnitt zum nächsten und wegen der dabei regelmäßig entstehenden unsäglichen Haartracht so gewachsen, dass ich zum Friseur Assmann wechselte. Im Moment war es noch so, dass ich mich am Rande des schmalen Ganges herumdrücken musste und nicht einmal auf einen der drei Wartestühle sitzen konnte – durchschnittliche Stuhlware, ­schmal und unbequem –, weil der Meister volles Haus hatte.

Meister Scheffler war für meine und Willys Haartracht zuständig und der Einfachheit halber wendete er dieselben Frisierkünste auf Vater wie Sohn an. In beiden Fällen ein Haarschnitt, auch bekannt als Topfschnitt, nämlich so, als hätte der Delinquent einen flachen Topf auf dem gestutzten Haupthaar und alles, was darunter hervorsieht, wird abgeschnitten. Eine effektive Form des Haarschnitts mit dem von Willy lebenslang geschätzten Vorteil, dass kein Härchen auf den Ohren aufsitzt. Männer bekamen so eine von mancherlei Militär geschätzte Frisur verpasst. Zuletzt wurde der Nacken geschoren, wobei eine handbetriebene Haarschneidemaschine zum Einsatz kam.

Dieser Haarschnitt lief unter der Bezeichnung Fassonschnitt und schlug mit sechzig Pfennigen, das war der Tarif für Kinder, zu Buche und fing schon zu meinen Kindertagen an, aus der Mode zu kommen. Fritz Scheffler aber ging nicht mit der Mode. Oder er hatte von meinen Erziehungsberechtigten Anweisung bekommen, mir nur ja kein Härchen auf die Ohren stehen zu lassen. Spätestens ab der achten Klasse scheuten sich meine Mitschüler nicht, den Schefflerschen Haarschnitt als Glatze zu bezeichnen, zu nicht geringem Verdruss meinerseits. Es wird zum geeigneten Zeitpunkt, mit einem schwachen Anflug von Ärger und Schwermut, darüber, wie eben schon angedeutet, zu berichten sein.

Das Geschäft brummte, tatsächlich, weil die Männer alle durcheinanderredeten – ich hatte einen ungünstigen Tag erwischt.

Der Laden war ganz sicher nicht besonders effektiv ausgerüstet, wir schrieben sieben Jahre nach Kriegsende, massenweise war Volksgut zerstört oder verloren gegangen, neue Ausrüstung war schlecht oder gar nicht zu bekommen.

Denn so, wie wir den zahnärztlichen Fußantrieb bei Zahnarzt Sowieso erwähnten und zuzeiten auch erleiden mussten, genauso klapperten, blitzten und klirrten die noch nicht elektrifizierten Instrumente der Vorkriegszeit an vielen Stellen und Werkstätten – und so auch bei Friseurmeister Fritz Scheffler am Kirchberg. Die besonders gefürchtete Effilierschere, der man schon von Weitem ansah, dass sie ziepen würde. Die sanft stumpfe Haarschneidemaschine mit Handantrieb. Obwohl ohne Bedenken der Meister als Meister bezeichnet werden kann, sträuben sich alle Haare bei der Erinnerung an sein Geschäft und dessen Instrumente. Dabei war ich wirklich froh, dass keine Rasur – noch nicht in meinem Alter – nötig war, denn wenn ich den Meister das Messer zwecks feinster Schärfe an seinem Lederriemen streichen, dann mit dem Daumen die Schneide des blinkenden Stahls prüfen sah, bekam ich auch ohne die Effilierschere jedes Mal eine Gänsehaut.

Ach, die Meister und die Vorkriegsinstrumente! Es wird noch über Meister zu sprechen sein und darüber, dass deren Gerät Werkzeug genannt wird, obwohl es auch sehr fein sein kann und blitzen und glänzen, denn von den mir bekannten anderen Handwerksmeistern wurde Handwerkszeug benutzt, handfestes Werkzeug, und eben keine Instrumente.

Hier aber fummelte der Coiffeur in Männerhaaren umher und schwatzte, hielt das Publikum länger fest als nötig, putzte hier, wedelte da, stäubte Wässer auf Männerköpfe und bürstete Haare von Jackenkragen. Es dauerte und dauerte.

Er hatte schon einige Male unwillig zu mir rüber gesehen, und – klar, ich hatte es längst geahnt und obwohl ich ihn gewinnend anlächelte: Er schickte mich noch mal weg, halbe Stunde, sagte er. Konnte ich gar nichts dagegen machen, Kinder hatten zu gehorchen. Ging ich eben noch mal um die Ecke zum Tischlermeister Ahlsdorf, zu Opa, mir Laubsägeblätter holen.

Opa Richard saß in der engen Küche und rauchte Zigarre, dunkle Brasil – widerlich, wie Willy immer sagte. Zum Glück war der schwarze Bolzen schon weit runtergebrannt und er schlurfte mit mir raus auf den Flur.

Da stand sein Werkzeugschrank mit den Resten seines langjährigen und vielgestaltigen Tischlerlebens und auch voll mit hochinteressantem anderen Kram, aber da ließ er mich nicht ran. Noch nicht, hoffte ich.

Heute fand Opa Richard die Sägeblätter nicht an der Stelle, wo sie immer gelegen hatten, und er musste alle Zeit brabbeln und murren. Ich durfte nicht murren und konnte doch nicht wissen, wo die kleinen Dinger neuerdings lagen. Wieso hatte er sie denn eigentlich verlegt? Ein Laubsägeblatt ist ja nicht viel größer als ein langes und dickes Haar, und wenn man ein Dutzend davon hat, und so viel mochten es noch gewesen sein, konnten die schon leicht verlegt sein, beinahe unauffindbar! Im Flur war es dunkel und der alte Schrank riesengroß, staubig, mit unheimlich vielen Laubsägeblattversteckmöglichkeiten. In mir keimte ein Verdacht: Sollte Richard die Sägeblätter vor mir versteckt haben? Sein letztes Dutzend? Das wäre schrecklich, denn ich musste berechtigt Sorgen haben, dass sie nun unerreichbar waren. Richard war achtundsiebzig, musste eine lupenartige Brille tragen und wurde hin und wieder ausgescholten wegen seiner Vergesslichkeit! Auch wegen der Fettflecken auf seinem schwarzen Anzug (er aß unten an der Gonnabrücke, am neu errichteten Imbissstand immer zwei Bratwürste)! Aber vor allen Dingen war er so vergesslich geworden! Wir konnten die Sägeblätter nie mehr finden! So sah es für eine knappe Stunde aus. Ich konnte meinen Zoo vergessen. Den halleschen Bergzoo. Elefant, Tiger, Löwe, Zebra und Seehund hatte ich schon. Und die anderen? Den Wolf, die Bären, das Wildschwein und so? Der alte Mann hatte mein Werkzeug versiebt! Mein Zoo konnte nicht fertig werden!

Richard war die einzige Quelle für Sägeblätter! Ich bekam keine bei Kühne am Kornmarkt. Nirgendwo auch nur ein einziges. Weder bei Weinrich in der Kylischen Straße noch bei Wiebach unten am Wassertor. Nur Opa Richard besaß welche und das war noch Friedensware, wie er jedes Mal sagte und damit meinte, dass ich sie besonders pfleglich behandeln müsse. Aber dazu musste ich sie erst mal haben! Wir hatten schon mehrmals sämtliche Schubkästen durch und durch gewühlt und im Gegensatz zu mir war Richard nicht aus der Ruhe zu bringen. Ich schon. Laubsägeblätter waren eben in den einschlägigen Läden nicht zu bekommen, scheinbar galten sie als verzichtbar im Produktionsprozess, möglicherweise als Überbleibsel einer untergegangenen Epoche, Überbleibsel, die uns von anderen wichtigen Prozessen abhalten konnten. Laubsägearbeiten waren etwas für Einzelgänger, für Stubenhocker, für Autisten. Wenn man unaufmerksam war, wenn man sich ablenken ließ, schwatzte, oder gar lachte, weil jemand einen Witz gerissen hatte, dann rissen auch die dünnen Blätter mit kurzem Peng. Dann musste ich zu Richard und um Friedensware betteln.

Ich war nur in Maßen ein Stubenhocker, trotzdem: Für mich waren die dünnen Stahldinger die unverzichtbaren Instr­umente meines kindlichen Schaffens!

Ich klapperte unwillig mit den sechs Groschen für den Fassonschnitt in der Hosentasche, aber Richard hörte auch nicht mehr so gut.

Da stand ich nun dumm rum, konnte ihm nicht helfen und sollte eigentlich schon wieder beim Friseur sein! Bevor noch mehr Erwachsene kamen, jetzt nämlich die richtig arbeitende Bevölkerung.

Richard hatte aus Versehen einen Kasten mit verschieden kleinen Nägeln und Schrauben in den dunklen Flur geschmissen und ich machte mich eifrig an das Aufsammeln und Einsortieren, während er unverständliche Wörter vor sich hin brabbelte – es konnten eigentlich nur Schimpfwörter sein und ich fühlte mich schuldig, aber ich konnte nichts für die vertrackte Wirtschaftslage im Staat – und auch nichts für Richards seltsame Wirtschaft und Vergesslichkeit, verdammt noch mal!

Als er den Kasten wieder in den Schrank zurücklegte, fiel mir auf, dass er den in ein Schubfach packte, das meiner Meinung nach noch gar nicht durchsucht worden war. Hatten wir das beide übersehen, mehrere Male? Ich quengelte, dass er doch noch mal drin nachsehen solle – noch mal, obwohl er das, da war ich jetzt ganz sicher, noch gar nicht gemacht hatte, aber ich musste ihn sanft unterstützen.

Er zog das Fach tatsächlich raus, stellte es weiter unten auf einen großen Schubkasten und ich konnte reinsehen!

Im großen Kasten kleine Kästen. In einem ein kleiner Säbel und eine kleine Soldatenmütze! Ein wundervoller Säbel in ebensolcher Scheide! Daneben die Sägeblätter! Den Säbel durfte ich nicht anfassen. Die Mütze interessierte mich nicht. Aber der Säbel! Ein echter Spielzeugsäbel! Wieso hatte er mein Werkzeug neben das Spielzeug gelegt? Das konnte doch nur bedeuten, dass er mir die Waffe geben wollte! Mann, das wäre ja ein Ding!

Er gab mir wie immer ein Sägeblatt, legte und schob alles wieder an seinen Platz, murrte dumpf und ich war entlassen. Ich war enttäuscht! Ein Spielzeugsäbel in einer wundervollen Scheide, Mann!

Jetzt hatte ich mit meiner Enttäuschung zu rennen, noch mal hinter die Kirche, denn mit meinem zerbrechlichen Schatz konnte ich nicht zum Friseur, hätte gar nicht gewusst, wohin damit.

Und da war ich nun weit nach fünf wieder im Salon, unwillig beäugt vom Meister und der arbeitenden, nun nach Feierabend vermehrt auftretenden männlichen Bevölkerung. Jetzt hieß es, noch mal warten.

Es war nicht meine Schuld gewesen, kein bisschen. Scheffler hätte mich ja nicht wegzuschicken brauchen. Und der Opa! Ein richtiger Umstandskrämer. Was der da für einen Spielsäbel hatte? Aus seiner frühkaiserlichen Kindheit. Die mussten ja sowieso tolles Spielzeug gehabt haben, damals, beim Kaiser.

Wahrscheinlich mussten auch die Kinder nicht so lange warten und waren besser behandelt worden – wie die Alten immer sagten: Früher war alles besser!

Heute mussten Kinder lange warten. Es war im Laden so wie überall: Kinder hatten länger zu warten, als die immer eiligen Onkel. Oder die meistens noch eiligeren Tanten. In der Schule redeten sie da ganz anders. Dass uns die Zukunft gehört und so Sachen, dass wir immer bereit sein sollten. Von Warten war da keine Rede!

Im Laden duftete es angenehm nach Seifen, Kölnisch Wasser und Damenhaar, das war nicht ohne Reiz, schon gar nicht langweilig. Ich verwandelte mich zum willig wartenden Optimisten. Beim Friseur, das ist allgemein bekannt und es ist eine wichtige Geschäftsgrundlage, wurden und werden bis heute Neuigkeiten ausgetauscht.

Der kleine, weißgewandete Meister klapperte unaufhörlich mit seinen Instrumenten, als hätte er einen Tourenzähler an sämtlichen Scheren, aber nebenbei erfuhr man Dinge, die mir niemand von Angesicht zu Angesicht erzählt haben würde.

Gut, was hinter dem Vorhang zur Damenabteilung – der Chef hatte dort eine Angestellte in Lohn und Brot, es waren dort also Frauen unter sich – geredet wurde, war mir aus der Waschküche, von Pflaumen- und Rübenkochen bekannt, weitgehend auf jeden Fall. Der Meister selbst war eine muntere Plaudertasche, auch in diesen harten Jahren, und gab sich alle erdenkliche Mühe, der Kundschaft die Zeit und ihre Gesetzmäßigkeiten erträglich zu reden. Ein bisschen, ja, wie Willy mit den dicken Wänden im Kloster.

Ein Einstieg in die Unterhaltung war bei den Männern immer das Spiel der „Einheit“ oben auf dem Brühl, und da ich mit Willy häufig diese sportlichen Veranstaltungen zu besuchen hatte, konnte ich ganz gut erkennen, wann und wie sie flunkerten, wie sie die Ereignisse hin- und herbogen. Feinde der „Einheit“ gab es im Salon meines Wissens nicht, oder sie trauten sich nicht laut zu sprechen. Die Leute aus den umliegenden Dörfern und Städtchen kamen nicht zu Fritz Scheffler, man war also unter sich, hatte aber trotzdem unterschiedliche Sichtweisen auf das Sportereignis des vergangenen Sonntags.

Die Erregung der Männer konnte ich nicht nachvollziehen, für mich sah ein Spiel wie das andere aus – langweilig. Vielleicht lag das an der Bezirksklasse, in der unser Verein spielte, mag sein.

Heute war anderes im Gange! Da ich so spät wie heute eigentlich nicht zum Haareschneiden ging, traf ich ein anderes Publikum an als sonst.

Was ich nicht gleich erkannt hatte: Der Direktor unserer Schule hatte den Salon zwecks Haarschnitts, aufgesucht. Bei meinem Eintritt war er gerade voll am Reden und mittlerweile hatte eine eigentümliche Stimmung den Salon erfasst.

Der Direktor saß im Behandlungsstuhl, hatte das weiße Tuch um die Schultern und eine Serviette um den Hals und der Meister stand leicht vorgebeugt neben ihm. Bis auf die Halskrause war alles beinahe wie sonst und bei jedem beliebigen Kunden. Aber im Spiegel erkannte ich ihn nun doch.

Es war beinahe wie sonst, aber eben nur beinahe. Der Meister äußerte sich wenig, das war verblüffend. Auch die Schere klapperte nicht wie sonst unermüdlich, nein, sie gab dem Direktor Gelegenheit zu langen Sätzen über Kartoffelkäfer!

Auf den Wartestühlen saßen noch drei Männer, zwei davon kannte ich. Ich hatte also eine gehörige Wartezeit vor mir und das hatte ich Richard zu verdanken. Der Kindersäbel vom Kaiser! Mann o Mann!

Der Direktor sprach davon, dass wieder Kartoffelkäfer abgeworfen würden! Kartoffelkäfer abgeworfen? Immer wieder. Immer noch. Ja, klar, wir Schüler mussten diese Tierchen, vor allem die eingeschissenen Larven, regelmäßig vom Kartoffelkraut absammeln und trabten deshalb klassenweise über Kartoffelfelder, ein offenes Marmeladenglas am Bindfaden um den Hals. Da kam das Ungeziefer rein und wenn voll, ein Deckel drauf.

Einer der Wartenden, der Herr Ingenieur Engelmann vom Kirchberg, sprach leise in den Salon hinein, dass es Kartoffelkäfer doch schon vor dem Krieg gegeben hatte und unser Direktor sagte zum Friseur, nicht zum Herrn Engelmann, dass die Kartoffelkäfer auch Coloradokäfer hießen und Colorado wäre in Amerika. Der Friseur versuchte einen Kleinscherz, kam aber nicht gut an und verstummte. Im Spiegel hatte unser Direktor gesehen, dass ein Schuljunge eingetreten war, und obwohl ich nicht denke, dass er mich unter seinen Hunderten von Schülern im Gedächtnis hatte, setzte er seine Schulstimme auf und erklärte, dass er einen Beweis mitgebracht hätte und er wedelte mit einem Stück Zeitung, mit einem Stück „Freiheit“. Das konnte man nicht sehen, aber das erklärte er. Und die Zuhörer schreckten vor diesem Zeitungsblatt zurück, so sah es aus. Das ziemlich einseitig geführte Gespräch handelte in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart und sollte Zweifel an Gegenwart und Zukunft ausräumen, so hörte sich das an.

Die Erinnerung ist undeutlich, aber noch klar genug, den wahrscheinlichen Gegenstand der damaligen Belehrung zu rekonstruieren.

Der Direktor hatte, mit einiger Mühe, den betreffenden Artikel besorgt und war nun drauf und dran, im Frisiersalon Scheffler zu agitieren.

Er war dabei, mit dem Instrumentarium der Dialektik zu klappern, rang mit direktorischen Worten darum, amerikanische Kriegstreiber bloßzustellen, zu entlarven, ihnen die heuchlerische Maske vom Gesicht zu reißen.

Auch wir haben mit Mühe den Artikel gefunden, eingesehen, und wir vermuten stark, dass es hauptsächlich um den ging und stellen den mal hier rein, damit sich der geneigte Leser sein Bild machen kann. Im Allgemeinen von der Kraft der Beweise, speziell von den frühen fünfziger Jahren in Sangerhausen und ganz besonders von der Beweisführung der Redakteure in der Lokalredaktion der „Freiheit“, Ecke Magdeburger Straße – Kirchgässchen.

Wir wollen hier jener Meister gedenken – denn es waren neue Meister geworden – die mit einem ganz besonderen Instrumentarium umgingen.

Es waren Meister geworden, Meister des Wortes, Meister der Feder; Meister mit furchtbaren Instrumenten und Direktiven, mit den epochalen Erkenntnissen der wissenschaftlichen Weltanschauung.

Nun also zu dem Artikel, der als Beweis für amerikanische Versklavungspläne von unserem Direktor in Fritz Schefflers Frisiersalon neben dem weißen Frisiertuch umhergewedelt wurde:

Freitag, 26. Mai 1950

Berlin (ADN). Das Amt für Information teilt mit: Die Behörden der Republik sind einem ungeheuerlichen verbrecherischen Anschlag auf die Spur gekommen. In der vergangenen Nacht wurden von amerikanischen Flugzeugen in Zwickau, Werdau und Lichtentanne, Kartoffelkäfer in großen Mengen abgeworfen. In Werdau, Zwickau, Eibenstock und Bernsdorf wurden nach dem Ueberfliegen durch ein amerikanisches Flugzeug im Stadtgebiet Kartoffelkäfer in Mengen bis zu 100 Stück gefunden. Beim Ueberfliegen des Talsperrengebiets Sosa konnte festgestellt werden, dass das Attentat durch ein zweimotoriges Flugzeug durchgeführt wurde, das sich Richtung auf die amerikanische Zone entfernte. Eine große Suchaktion zur Vernichtung der Kartoffelkäfer wurde durch Aufgebot aller Organisationen eingeleitet. Unter der Bevölkerung herrscht helle Empörung über den verbrecherischen Anschlag.

Weitere Kartoffelkäferabwürfe wurden in Aue, Schwarzenberg, Schneeberg, Oberschlema, Lößnitz und Buckau festgestellt. Der Abwurf der Kartoffelkäfer auf Stadtgebiet ist dadurch zu erklären, dass das amerikanische Flugzeug durch Einwirkung von Wind die beabsichtigte Begrenzung auf die Landgebiete offenbar nicht erreichen konnte.

Die Gangster können uns nicht einschüchtern

H.R. Diese Nachricht muß wie ein Fanal zu erhöhter Kampfbereitschaft gegen die verbrecherischen Anschläge der anglo-amerikanischen Menschenfeinde wirken. Nachdem die Feinde feststellten, dass die von ihnen abgesandten Agenten, Saboteure und Diversanten in der Deutschen Demokratischen Republik nicht voll zum Zuge kommen können, nachdem sie registrieren müssen, dass ihre Sabotageakte den Aufbau unserer Friedenswirtschaft nicht ernstlich behindern können, weil die Werktätigen schon ein hohes Maß an Wachsamkeit entwickelt haben, greifen sie zu neuen, noch heimtückischeren und noch gemeingefährlicheren Mitteln, um ihr Ziel zu erreichen.

Eins muß hier eindeutig festgestellt werden: Nur eingefleischte Feinde des Volkes, nur gewissenlose Verbrecher, können dazu übergehen, bei Nacht und Nebel Kartoffelkäfer auf unsere Felder abzuwerfen! Welch ein Ausmaß von Verworfenheit und tödlichem Haß gegenüber unserer werktätigen Bevölkerung muß sie beherrschen, um sie zu diesen ungeheuerlichen Anschlägen zu treiben! Nur blutgierige Imperialisten, jene kleine Clique, der es sowieso nicht darauf ankommt, mit Massenmord ihre Geldsäcke zu füllen, kann zu solchen Verbrechen fähig sein! Was interessiert es sie, dass unsere Bauern oft unter Hintansetzung ihrer eigenen persönlichen Wünsche an die Frühjahrsbestellung gegangen sind! Es interessiert sie nur, die Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes auf dem Gebiet der Landwirtschaft zu verhindern, um das Vertrauen zu unserer Regierung zu erschüttern und dabei einen Schritt auf dem Weg zu ihrem Ziel, dem neuen Krieg, vorwärts zu kommen. Wenn es noch Menschen gibt, die an der Bösartigkeit und an der Menschenverachtung dieser Gangsterbanden zweifelten, so sind ihnen jetzt die Augen geöffnet. Die Tatsachen in Sachsen lassen sich nicht wegschwindeln.

So! Das kalte Jahr 1953 wird viel mehr zu bieten haben als ungeheuerliche Stühle in Sing-Sing oder bei Fritz Scheffler. Oder Kartoffelkäfer. Im kommenden Jahr werden einige Spaßmacher, ja, auch obiger Kriegsberichterstatter, Angst bekommen, nur für kurze Zeit, aber immerhin.

Die Angst der Spaßmacher

Der größte Narr des Jahrhunderts war leider schon, wir wissen es, am 9. Februar 1948 gestorben, er starb an einem Rosenmontag, er wurde begraben an Aschermittwoch. Ein Gauklerleben war punktgenau beendet worden.

Er starb – und das passt uns so nicht in den Kram, passt uns sowieso nicht in den Kram, weil es zu wenig mit Spaßmacherei zu tun hat –, er starb an Unterernährung; an einem Katarr, einer einfachen Erkältung, aber hauptsächlich starb er an übergroßer Enttäuschung, dass seine Zeit vorüber war. Es war das die Zeit eines Possenreißers, eines dürren und hypochondrischen Spaßmachers mit ausgeprägter messerschmidtscher Familienähnlichkeit, es war die Zeit des Onkels Valentin gewesen.

Hitlers Gunst hatte er in der ganz großen Zeit nicht genutzt. Wenn er aufgefordert worden wäre, etwas Negatives zu Churchill zu sagen, hätte er gesagt, davon versteh ich nix.

Gefragt, ob er in der NSDAP gewesen sei, antwortete er: „Nein, aber mich haben sie ja auch nicht gefragt.“

Auf die schnell gebaute goldene Brücke, dass er doch wohl nie und nimmer eingetreten wäre, wenn sie ihn gefragt hätten: „Doch, dann schon. Weil ich Angst gehabt hab. Wissens, Angst.“

Am 2. Februar 1953 trifft Stalin ein Gehirnschlag.

Am 5. März 1953 stirbt Stalin an eben diesem Gehirnschlag.

Im Mittelalter trieben bei Totenfeiern Lustigmacher ihre Scherze, und Weiber tanzten.

Ein Rosenlachender auftritt, der lachet, dass es voll Rosen wurde / Berg und Tal, Laub und Gras.

Eine Mauer umgibt das Paradies. Hat man diese erstiegen, so siehet man das Paradies vor sich und hebt zu lachen an. Dem Lachenden eröffnet sich das Paradies. Wenn man sich ordentlich müde gelacht hat, tut man einen lustigen Satz und ist drunten im Paradies.

Da hat sich schon mancher zu Tode gelacht.

Ich denke heute, dass sich am 7. März kein brüllendes Gelächter erhob, dass kaum ein Spaßmacher laut und unbeherrscht lachte. Dass in der Rosenstadt Sangerhausen kein Rosenlachender auftrat. Schon gar nicht sich zu Tode lachte, als die „Freiheit“ auf der Titelseite, im dicken schwarzen Rahmen, vermeldete: