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Management Know-how für die Praxis

Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h. c. Helmut Kohlert

Andreas Werner/Christine Arlt-Palmer

Leadership

Bewährte und aktuelle Aspekte der Führung

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-031548-8

E-Book-Formate:

pdf:     ISBN 978-3-17-031549-5

epub:  ISBN 978-3-17-031550-1

mobi:  ISBN 978-3-17-031551-8

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Inhaltsverzeichnis

 

 

 

  1. 1   Spezielle Anforderungen an eine Führungskraft im technisch geprägten Umfeld
  2. 1.1   Allgemeine Situation und Einführung
  3. 1.2   Fach- und Führungskräftemangel
  4. 1.2.1   Lösungsansätze
  5. 1.2.2   Managementwissen allein reicht nicht mehr aus
  6. 1.3   Warum soll ein Absolvent eines »MINT«-Faches Führungskraft werden?
  7. 1.4   Heute Kollege – morgen Chef
  8. 1.5   Kommunikation als wesentliche Führungsaufgabe
  9. 1.6   Führung als erlernbares Handwerk
  10. 1.7   Grundanforderungen an eine Führungskraft
  11. 1.7.1   Metakompetenzen und Selbstmanagement
  12. 1.7.2   Umgang mit Mitarbeitern
  13. 1.7.3   Umgang mit Teams
  14. 1.7.4   Kommunikation nach innen und außen
  15. 1.7.5   Konfliktmanagement
  16. 1.7.6   Lösungskompetenzen
  17. 1.7.7   Interkulturelle Führung und Diversity Management
  18. 1.7.8   Change Management
  19. 1.8   Life-Balance – Arbeit und Privatleben im Einklang
  20. 1.8.1   Work-Life-Balance versus Life-Balance
  21. 1.8.2   Was bedeutet Life-Balance?
  22. 1.8.3   Zeit sparen ist eine Illusion
  23. 2   Führung im Kontext der jeweiligen Unternehmenskultur
  24. 2.1   Definitionen
  25. 2.1.1   Unternehmensphilosophie
  26. 2.1.2   Unternehmenskultur
  27. 2.1.3   Unternehmensleitbild
  28. 2.2   Unternehmensphilosophie, Leitbild, Vision, Mission, Strategie und Werte
  29. 2.2.1   Unternehmenskultur ist realisierte Unternehmensphilosophie
  30. 2.2.2   Eine Führungskraft hat Vorbildfunktion
  31. 2.2.3   Die Macht der Unternehmensphilosophie
  32. 2.2.4   Vision und Mission
  33. 2.2.5   Strategie
  34. 2.2.5.1   Strategie nach Drucker
  35. 2.2.5.2   Strategie nach Mintzberg
  36. 2.2.5.3   Typische Inhalte einer Unternehmensstrategie
  37. 2.2.6   Werte
  38. 2.3   Darstellung unterschiedlicher Unternehmenskulturen
  39. 2.3.1   Hierarchie, Markt, Clan und Adhocratie
  40. 2.3.2   Kleine Übersicht der Unternehmenskulturen
  41. 2.3.2.1   Ermöglichungskultur
  42. 2.3.2.2   Innovationskultur
  43. 2.3.2.3   Verkäuferkultur
  44. 2.3.2.4   Kundenzentrierte Kultur
  45. 2.3.2.5   Kultur der Führungsexzellenz
  46. 2.3.2.6   Sicherheitskultur
  47. 2.3.2.7   Unternehmenskulturen nach Deal/Kennedy
  48. 2.3.3   Unternehmenskultur und Führungskraft
  49. 2.4   Das St. Galler Management-Modell als Basis moderner Führung
  50. 2.4.1   Die Entstehung des St. Galler Management-Modells
  51. 2.4.2   Das SGMM im Überblick
  52. 2.4.3   Abgrenzung zu anderen Managementkonzepten
  53. 3   Was ist Führung?
  54. 3.1   Definition und Grundsätzliches
  55. 3.1.1   Die Verantwortungsebenen
  56. 3.1.2   Die Rollen der Führungskraft
  57. 3.1.3   Worauf wirkt die Führungskraft konkret ein?
  58. 3.1.4   Wie verteilen und ergänzen sich die Rollen von Führungskraft und Mitarbeiter?
  59. 3.1.5   Führung und Menschenbild – die X-Y-Theorie
  60. 3.2   Management und Leadership
  61. 3.3   Führung: von hierarchisch bis virtuell
  62. 3.3.1   Hierarchische (auch autoritäre) Führung
  63. 3.3.2   Laterale Führung
  64. 3.3.3   Virtuelle Führung
  65. 3.3.4   Fachliche und disziplinarische Führung in der Matrixorganisation
  66. 3.3.5   Projektbezogene Führung
  67. 3.3.6   Internationale und interkulturelle Führung
  68. 3.3.7   Direkte und indirekte Führung
  69. 3.4   Führung zu Diversität und Inklusion
  70. 3.4.1   Gleichbehandlung versus Fairness bzw. Gerechtigkeit
  71. 3.4.2   Jung und Alt
  72. 3.4.3   Internationale Mitarbeiter
  73. 3.4.4   Männlich und weiblich
  74. 3.4.5   Menschen mit Behinderungen
  75. 3.4.6   Diversity in der Führung
  76. 4   Führungsinstrumente und -methoden
  77. 4.1   Direkte Methoden
  78. 4.1.1   Feedback, Kritik und Anerkennung
  79. 4.1.1.1   Feedback im Überblick
  80. 4.1.1.2   Feedback als Erweiterung der Selbstwahrnehmung
  81. 4.1.1.3   Gestaltung von Feedback
  82. 4.1.1.4   Feedback empfangen
  83. 4.1.1.5   Kritik und Anerkennung
  84. 4.1.2   Zielvereinbarungen
  85. 4.1.2.1   Begriffsbestimmung und Bedeutung von Zielen
  86. 4.1.2.2   Führung mit Zielen
  87. 4.1.2.3   Ziele und Führungsverhalten
  88. 4.1.2.4   Zielformulierung nach den SMART-Kriterien
  89. 4.1.2.5   Kontrolle der Zielerreichung und Feedback
  90. 4.1.2.6   Führen durch Zielvereinbarungen
  91. 4.1.3   Delegieren
  92. 4.1.4   Rollenverteilung und Verantwortung
  93. 4.1.5   Förderung und Entwicklung (Karriereplanung)
  94. 4.1.6   Mitarbeitergespräch
  95. 4.1.6.1   Anerkennung und Kritik im Mitarbeitergespräch
  96. 4.1.6.2   Fehlerquellen als Konfliktfelder in Beurteilungsgesprächen
  97. 4.1.6.3   Vermeidung von Beurteilungsfehlern
  98. 4.1.6.4   Weitere Arten von Mitarbeitergesprächen
  99. 4.2   Indirekte Methoden
  100. 4.2.1   Personalauswahl
  101. 4.2.2   Kontroll- und Anreizsysteme
  102. 4.2.3   Regeln und Normen
  103. 4.2.4   Gestaltung der Arbeitsumgebung
  104. 5   Führungsstile und Führungsverhalten
  105. 5.1   Motivationstheoretische Grundlagen
  106. 5.2   Motivationsmodelle im Überblick
  107. 5.2.1   Die Bedürfnishierarchie von Maslow
  108. 5.2.2   Der ERG-Ansatz von Alderfer
  109. 5.2.3   Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg
  110. 5.2.4   Die Leistungsmotivationstheorie von McClelland
  111. 5.2.5   Das Risikowahl-Modell von John Atkinson
  112. 5.2.6   Die Erwartungs-Valenz-Theorie von Vroom
  113. 5.2.7   Reaktanztheorie von Brehm
  114. 5.3   Intrinsische und extrinsische Motivation
  115. 5.3.1   Intrinsische Motivation
  116. 5.3.2   Extrinsische Motivation
  117. 5.4   Mitarbeitermotivation ist Führungssache
  118. 5.5   Führungsverhalten
  119. 5.5.1   Mitarbeiterorientierung
  120. 5.5.2   Aufgabenorientierung
  121. 5.5.3   Partizipationsorientierung
  122. 5.5.4   Kundenorientierung
  123. 5.6   Führungsstile im Überblick
  124. 5.6.1   Das Führungskontinuum nach Tannenbaum und Schmidt
  125. 5.6.2   Verhaltensgitter nach Blake und Mouton
  126. 5.6.3   Situativ Führen nach Hersey und Blanchard
  127. 5.6.4   Die 3-D-Theorie von Reddin
  128. 5.6.5   Praktische Führungsrollen und ihre Interpretation
  129. 5.6.6   Transaktionale und transformationale Führung
  130. 5.6.7   Vorbildverhalten
  131. 5.6.8   Symbolische Führung
  132. 5.6.9   Full Range of Leadership-Modell
  133. 5.7   Erfolgreich führen
  134. 5.7.1   Tipps für erfolgreiches Führen
  135. 5.7.2   Mitarbeiter motivieren
  136. 6   Kommunikation als zentrales Instrument erfolgreicher Führung
  137. 6.1   Grundlagen der Kommunikation
  138. 6.1.1   Das Organon-Modell nach Bühler (1934)
  139. 6.1.2   Sender-Empfänger-Modell nach Weaver und Shannon (1940)
  140. 6.1.3   Das zirkuläre Axiom-Modell von Watzlawick (1969)
  141. 6.1.4   Das Vier-Seiten-Modell nach Schulz von Thun (2000)
  142. 6.1.4.1   Das innere Team
  143. 6.1.4.2   Situationsgerecht und stimmig kommunizieren
  144. 6.1.5   Zusammenfassung
  145. 6.2   Kommunikationskristall
  146. 6.3   Körpersprache in der Kommunikation
  147. 6.3.1   Die Bedeutung der Körpersprache
  148. 6.3.2   Durch Körpersprache sich und andere verstehen
  149. 6.3.3   Körpersprache: ausgewählte Deutungsbeispiele
  150. 6.4   Gespräch und Verhandlung
  151. 6.4.1   Sich auf ein Gespräch vorbereiten
  152. 6.4.2   Einstellung zum Anderen
  153. 6.5   Konfliktmanagement
  154. 6.5.1   Umgang mit Unstimmigkeiten und Konflikten
  155. 6.5.2   Fehler bei der Konfliktbearbeitung
  156. 6.5.3   Methoden zur Konfliktbearbeitung
  157. 6.5.4   Interventionstechniken zur Problem- und Konfliktbearbeitung
  158. 6.5.5   Interventionstechniken in Gespräch und Verhandlung
  159. 6.5.6   Beispiele für Interventionstechniken
  160. 6.5.7   Lenkungstechniken
  161. 6.6   Motivbezogene Nutzenargumentation
  162. 6.7   Fazit: Führung ist Kommunikation
  163. 7   Aktuelle Aspekte in Management und Führung
  164. 7.1   Babyboomer, Generationen X, Y und Z – und was folgt
  165. 7.1.1   Babyboomer
  166. 7.1.2   Generation X
  167. 7.1.3   Generation Y
  168. 7.1.4   Generation Z
  169. 7.1.5   Die Post-Z-Generation: Alpha
  170. 7.2   Neue Formen der Zusammenarbeit
  171. 7.2.1   Digitalisierung und Digitale Transformation
  172. 7.2.2   Open Space
  173. 7.2.3   Barcamp
  174. 7.2.4   World- oder Knowledge-Café
  175. 7.2.5   Design Thinking
  176. 7.3   New Work
  177. 7.3.1   Analyse eines Begriffskomplexes
  178. 7.3.2   Arbeitszeitmodelle und Auszeiten
  179. 7.3.3   Holokratie (Holacracy)
  180. 7.3.4   Coworking
  181. 7.3.5   Open Office
  182. 7.3.6   Von Old Work zu New Work
  183. 7.4   Digital Leadership – Konsequenzen für die Führung
  184. 7.4.1   Die VUCA-Welt
  185. 7.4.2   Das VOPA+-Modell oder Leadership 4.0
  186. 7.4.3   Digital Leadership zwischen Wunsch und Wirklichkeit – ein Fazit
  187. 8   Blick in die Führungspraxis
  188. 8.1   Ralf W. Dieter
  189. 8.2   Klaus Eberhardt
  190. 8.3   Peter Gerstmann
  191. 8.4   Dr. Stefan Ricardo Girschik
  192. 8.5   Dr. Cornelius Grupp
  193. 8.6   Stefan Kölbl
  194. 8.7   Dr. Axel Nawrath
  195. 8.8   Dr. Roland Reber
  196. 8.9   Prof. Dr. Peter Speck
  197. Literaturhinweise

1          Spezielle Anforderungen an eine Führungskraft im technisch geprägten Umfeld

 

1.1       Allgemeine Situation und Einführung

In den seltensten Fällen wird man als Führungskraft geboren – aber man kann »Führen« lernen, optimieren und sich zu einer angesehenen Führungspersönlichkeit entwickeln. Unser Buch »Leadership« richtet sich speziell an all jene, die im MINT-Bereich bereits Führungsaufgaben haben oder sich auf das schwierige Terrain einer Führungskraft vorbereiten möchten. Unsere Praxiserfahrung, gepaart mit wissenschaftlich fundiertem, theoretisch-konzeptionellem Wissen, unterstützt Sie dabei, eine »Umsetzungskompetenz« aufzubauen, mit der Sie die gelesenen Informationen in Ihrer betrieblichen Praxis abrufen und anwenden können. Darüber hinaus ist das vorliegende Buch ein Nachschlagewerk zu immer wieder im betrieblichen Alltag vorkommenden Führungsproblemen und unterstützt natürlich auch Führungskräfte aus dem nicht-technischen Umfeld mit zahlreichen Toolboxen und Checklisten dabei, Ihre Mitarbeiter noch besser und erfolgreicher zu führen.

Aber warum ist Führung gerade oder besonders im MINT-Bereich so wichtig? Erledigen Mitarbeiter nicht alle Aufgaben automatisch oder tun, was man ihnen sagt? Nein, diese Zeiten sind, sofern es sie überhaupt einmal gegeben hat, längst vorbei. Führungskräfte sehen sich heute ganz anderen, neuen Herausforderungen gegenüber: Der Fachkräftemangel bedingt, dass es nicht nur wichtig ist, neue Fachkräfte zu finden und zu entwickeln, sondern auch bestehende Fachkräfte an das Unternehmen zu binden. Denn es ist eine Binsenweisheit, dass Menschen einen Job des Jobs wegen beginnen und des Chefs wegen kündigen. Mehr als zwei Drittel der Mitarbeiter haben laut einer Studie längst innerlich gekündigt und machen Dienst nach Vorschrift. Schuld sei vor allem die Demotivation durch Führungskräfte und, so die Studie weiter, ein Drittel der Arbeitszeit werde aufgrund von Führungsmängeln verschwendet. Dadurch entsteht ein Schaden von rund 100 Milliarden Euro jährlich. Eine Lösung des Problems ist schwierig, aber nur mit Firmenwagen oder Gehaltserhöhungen lassen sich unzufriedene Mitarbeiter nicht halten – und wer bleibt, aber innerlich längst gekündigt hat, richtet im Zweifelsfall mehr Schaden an als er dem Unternehmen nützt. Daher sind kompetente Führungskräfte gefragt, die sowohl die Ergebnisse als auch die Mitarbeiter im Blick haben.

Eine weitere Herausforderung unserer Zeit ist der digitale Wandel. Die Führungsebene besitzt kein Monopol mehr auf bestimmte Informationen und jedes Unternehmen wird ungewollt und manchmal auch unwissentlich weitaus transparenter als es sein möchte. Über Onlineplattformen werden Unternehmen und ihre Kultur längst nicht nur von Mitarbeitern und Auszubildenden bewertet – auch Bewerberinnen und Bewerber geben »Noten« für die Art, wie sie behandelt werden.

So wird heute jeder Mitarbeiter zum Botschafter seiner Firma und nur Werte, die gelebt werden, verfestigen sich auch zu gewünschtem Verhalten. Hier ist die Führungspersönlichkeit als Vorbild gefragt, denn Regeln, die man selbst nicht einhält, überzeugen niemanden, sich integer zu verhalten.

Letztlich wirkt sich die Digitalisierung auch auf die Kommunikation im Unternehmen aus. Grenzen zwischen Abteilungen verschwimmen, Hierarchien werden nicht nur kommunikativ durchlässiger, sie werden gezielt verflacht und erfordern einen anderen Umgang mit Feedback von oben nach unten, unten nach oben und »von der Seite«.

Für all diese Herausforderungen erhalten Sie in diesem Buch zahlreiche Informationen und praxisrelevante Anregungen, wissenschaftlich fundiert und erprobt.

Ein weiterer Aspekt des Führens darf aber nicht vernachlässigt werden und wird daher ebenfalls kompetent und ausführlich beschrieben: Die persönliche Entwicklung des »Quereinsteigers« ins Management. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass plötzlich ein Entwicklungsingenieur zur Führungskraft wird oder werden muss. Das bedeutet: Gestern noch war er fachlich in jedes Projekt involviert, heute ist sein Job ein ganz anderer. Er muss »loslassen«, das Fachliche den Kollegen überlassen und ist dafür als Vorgesetzter verantwortlich für Strategie, Ziele, Motivation, Konfliktlösung. Wirklich vorbereitet ist er dafür nicht. Man wirft ihn ins kalte Wasser und schaut, ob er schwimmt.

Die gute Nachricht ist: Wie eingangs erwähnt, kann man Führen lernen, denn dies ist eine Wissenschaft, die es erlaubt, für jede Herausforderung Optionen zu sichten, Entscheidungsmöglichkeiten auf einer abstrakten Ebene zu reflektieren und gut abgewogen eine Linie festzulegen.

Auf den folgenden Seiten werden wir Ihnen daher nicht nur das Kaleidoskop der Möglichkeiten ausbreiten, erläutern und bewerten, wir werden auch die Theorie des Führens an die Praxis zurückbinden und damit vom Kopf auf die Füße stellen.

Vor allem für Verantwortliche in technisch orientierten Zusammenhängen bietet also dieses Buch Hilfestellung und Orientierung in ihrem neuen Aufgabenfeld. Es eignet sich sowohl als durchgängige Lektüre wie auch als kompetentes Nachschlagewerk, wenn beispielsweise Konflikte, Zielvereinbarungsgespräche oder andere konkrete Führungsaufgaben zu bewältigen sind.

Zur Vertiefung wird das einmal Gelesene im Verlauf des Textes immer wieder durch Übersichten, Checklisten und Zusammenfassungen praktisch »im Vorbeiflug« aktiviert, damit für Sie die vielfältigen Informationen schnell und aktiv auf neue Situationen anwendbar sind. Die verschiedenen Toolboxen im Text zeigen Ihnen praktisch anwendbare Instrumente.

Wir werden uns im Folgenden vor allem auf das Profit-Center Deutschland konzentrieren: auf die innovative Industrie und ihre Mitarbeiter, die vor allem aus MINT-Studiengängen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) kommen. Die Grundkonzepte der Führung sind aber überall vergleichbar und der Mechanismus, dass Fachkräfte zu Führungskräften berufen werden, ist ebenfalls in allen Branchen zu beobachten. Insofern sind die hier angesprochenen Herausforderungen und Lösungsansätze branchenübergreifend anwendbar.

An dieser Stelle eine Bemerkung zum Sprachgebrauch: Auch wenn wir nur punktuell weibliche und männliche Bezeichnungen für Personengruppen in Doppelung verwenden, sind natürlich immer alle Teilgruppen gemeint, wenn von Mitarbeitern etc. die Rede ist. Zudem: Um das Lesen des Textes angenehmer zu gestalten, verwenden wir im Folgenden die Begriffe »Führungskraft«, »Leader«, »Chef« und »Vorgesetzter« gleichbedeutend. Nicht synonym benutzen wir allerdings den Ausdruck »Manager« (außer, wenn wir es gesondert anmerken, beispielsweise im Kontext des St. Galler-Management Modells). Die Führungskraft spricht den Menschen ganzheitlich – Kopf, Herz und Hand, Verstand, Emotionen und Arbeitskraft – an, während der Manager eher kurzfristiger, ergebnisorientiert denkt, also mehr Kopf und Hand, Bilanzen und Ergebnisse im Blick hat. Der Manager ist mehr Ausführender als kreativer und visionärer Kopf – dies ist eher die Führungskraft. Wir werden uns aber mit diesem Unterschied an späterer Stelle noch eingehend beschäftigen.

1.2       Fach- und Führungskräftemangel

Von allen Seiten wird seit Jahren ein Fachkräftemangel beklagt – vor allem in den MINT-Berufen. Nach Angaben des MINT-Frühjahrsreports 2018 des Instituts der deutschen Wirtschaft nahm die Anzahl der offenen Stellen in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen im Vergleich zum April 2017 um 56.200 (13,1 Prozent) zu. Damit waren in den MINT-Berufen im April 2018 insgesamt 486.600 Stellen zu besetzen. Ein neuer Allzeit-Höchststand.

Berücksichtigt man die qualifikatorischen Mismatches über alle 36 MINT-Berufskategorien hinweg, sieht es nicht viel besser aus: Die Arbeitskräftelücke stieg in den MINT-Fächern im Vergleich zum April 2017 um 77.300 oder 32,5 Prozent auf 314.800. Ebenfalls ein neuer Allzeit-Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2011. Die Ursachen für diese dramatische Entwicklung sind sowohl demografische Faktoren, aber auch eine Phase, in der die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger in den MINT-Fächern relativ niedrig war. Zwischen 1997 und 2011 hat sich zwar die Zahl der Erstsemester in den MINT-Fächern verdoppelt – seitdem stagnieren aber die Gesamtzahlen bei knapp unter 200.000 MINT-Erstsemestern pro Jahr. Die häufig bessere schulische Qualifikation junger Frauen spiegelt sich in den MINT-Studienfächern ebenfalls nicht wider. Allerdings ist beim Blick auf die Studienanfänger in Deutschland ein kleiner Aufwärtstrend zu erkennen: Der Frauenanteil in MINT-Fächern stieg von 29,9 Prozent im Jahr 2010/11 auf 32 Prozent in 2016/17.

Trotz dieser relativ hohen Zahl der MINT-Erstsemester ist es insgesamt dennoch zweifelhaft, dass jedes Unternehmen seinen Bedarf an Fachkräften mit kompetentem Personal decken kann – dem steht vor allem der generelle demographische Wandel gegenüber: Der Verdoppelung der MINT-Studierenden seit 1997 steht eine Halbierung der Geburtenzahlen seit 1964 gegenüber, dem letzten geburtenstarken Jahrgang vor dem »Pillenknick«.

Verschärfend kommt hinzu, dass nur 13 Prozent der »Millenials« (geboren zwischen 1982 und 1996) angeben, Führungsverantwortung anzustreben, sei es als Unternehmer selbst, als Mitglied eines Führungsteams oder in der Rolle der Teamleitung. Und das, obwohl die im Rahmen eines MINT-Studiums erworbenen Kompetenzen zumindest die Grundlagen für eine Führungsfunktion bilden. Tatsächlich sind MINT-Akademiker häufiger als andere Akademiker in Führungspositionen tätig. Im Jahr 2015 hatten knapp 40 Prozent der MINT-Akademiker eine leitende Position inne. Dies zeigt deutlich, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema Führung auseinanderzusetzen.

1.2.1     Lösungsansätze

•  Erhöhung der Lebensarbeitszeit
Derzeit wird in der Erhöhung der Lebensarbeitszeit ein Mittel gegen den Fachkräftemangel gesehen. Dies würde aber implizieren, dass sich Arbeitskräfte 50+oder gar 60+bei Unternehmen willkommen fühlen – und keine Angst haben müssten, bei der nächsten Krise aussortiert zu werden. Die Realität sieht aber anders aus (Führungsansätze, die diese Gruppen zum Ziel haben, diskutieren wir in Kapitel 7).

•  Mehr ausländische Arbeitnehmer
Die Engpässe in den MINT-Berufen wären noch um einiges größer, wenn die Zahl der ausländischen MINT-Kräfte in den vergangenen Jahren nicht bereits überproportional zugenommen hätte:
Seit 2013 haben rund 42.000 ausländische Arbeitnehmer einen akademischen MINT-Job wie Ingenieur oder Informatiker in Deutschland angenommen.
Auch die Zahl der ausländischen MINT-Spezialisten und MINT-Fachkräfte hat sich dynamischer entwickelt als die der deutschen Beschäftigten: Insgesamt waren im April 2018 in Deutschland knapp 600.000 Ausländer in MINT-Berufen beschäftigt.
Damit ausländische Arbeitnehmer auch in Zukunft dazu beitragen, die MINT-Lücke zu verkleinern oder zumindest stabil zu halten, ist es wichtig, dass qualifizierte Zuwanderer aus Drittstaaten problemlos nach Deutschland kommen können. Aus strategischer Sicht bieten sich dafür vor allem demografiestarke Länder wie Indien an: Seit Anfang 2013 sind fast 5.000 Inder in die Bundesrepublik gekommen und arbeiten als Ingenieure oder Informatiker. Insgesamt sind hierzulande derzeit etwa 8.700 Zugewanderte aus Indien in akademischen MINT-Berufen beschäftigt – außerdem 7.250 Italiener, 6.800 Spanier, 6.400 Franzosen und 6.100 Chinesen (Institut der deutschen Wirtschaft 2018).

•  Eine Chance für Flüchtlinge
Erste Impulse für die MINT-Berufe sind auch aus der Flüchtlingsmigration zu verzeichnen. Hier ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Menschen aus Eritrea, Irak, Afghanistan und Syrien – den Hauptherkunftsländern der Flüchtlinge – deutlich gestiegen: Im Jahr 2012 kamen aus diesen vier Ländern rund 2.700 MINT-Beschäftigte, im Herbst 2016 waren es bereits gut 8.000. Ein Jahr später zählten die Statistiker 16.400 Beschäftigte. Eine genaue Prognose, wie viele Flüchtlinge in den kommenden Jahren den MINT-Sektor verstärken werden, ist allerdings schwierig. Forscher gehen anhand verschiedener Szenarien von 30-50.000 MINT-Beschäftigten gegen Ende des Jahres 2020 aus.

Die genannten Lösungsansätze sind allerdings nur unterstützende Möglichkeiten, um die MINT-Lücke zu verkleinern – die Lösungen aller Probleme sind sie nicht. Entscheidender ist vielmehr, dass es den Unternehmen, den Schulen und der Politik gelingt, mehr junge Menschen für MINT-Berufe zu begeistern. Es kommt daher in Zukunft verstärkt darauf an, für MINT-Berufe zu werben, und zwar in allen gesellschaftlichen Gruppen: besonders bei Mädchen und Frauen, bei Zuwanderern und bei Menschen aus aller Welt, die bereit sind, MINT-Fächer zu studieren.

Beachten Sie bitte:

Reine Employer-Branding-Ansätze fördern zwar auch den Fachkräftezustrom zu einzelnen Unternehmen, haben aber nur einen marginalen oder indirekten Einfluss auf die Angebotssituation am Arbeitsmarkt.

1.2.2     Managementwissen allein reicht nicht mehr aus

Der Mangel an Fachkräften führt dazu, dass es für Unternehmen immer schwieriger wird, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren. Sie erwarten zudem einen Rückgang an Produktivität. Schwerer wiegt, dass ein Fachkräftemangel das Gut »Arbeitskraft« verteuert und sich damit auf die Wettbewerbsfähigkeit eines ganzen Wirtschaftsraums auswirkt. Als zentralen und hauptsächlichen Nachteil sehen Unternehmen aber, dass Innovationsprozesse ins Stocken geraten. Denn das wesentliche Kapital Mitteleuropas liegt nicht in Bodenschätzen, sondern in industrieller Innovation, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit sichert. Diese Innovation ist in hohem Maße bedingt durch eine kompetente, strategisch steuernde Schicht von Führungskräften. Hierfür reicht aber gerade im MINT-Bereich reines Managementwissen allein nicht mehr aus. Neben allgemeinen Führungsqualitäten ist deshalb heute eine hohe fachlich-technische Kompetenz unabdingbar.

Der Führungskräftemangel steht also in direktem Bezug zum Fachkräftemangel. Den Fachkräftemangel könnte man natürlich durch kürzere Ausbildungszyklen mittelfristig beheben. Für eine Führungsposition ist jedoch zusätzlich eine mehrjährige Berufspraxis erforderlich, die im Idealfall verschiedene Bereiche und Funktionen umfasst haben sollte. Hierzu sind aber mittel- bis langfristige Denkweisen und Strategien notwendig.

Es sind also nicht erst die MINT-Berufsanfänger von heute, die sofort die benötigten Führungskräfte zu stellen haben, sondern diese dringend erforderlichen Führungskräfte sind aus der Reihe der bereits vorhandenen Mitarbeiter von erfahrenen Fachkräften zu rekrutieren.

Ein solcher Rollenwechsel – vom Mitarbeiter zur Führungskraft – kann natürlich, wie oben schon angedeutet, nicht unvorbereitet und von heute auf morgen erfolgen. Führungskräfte müssen langfristig entwickelt und fortgebildet werden, damit Personen mit passendem Potenzial diese Rollen kompetent ausfüllen können.

Gerade in MINT-Berufen geht aber die Schere zwischen den fachlich förderlichen Talenten und Charaktereigenschaften eines Ingenieurs und den eher auf Kommunikation und Beziehung gerichteten Anforderungen an die Managementrolle weit auseinander.

Mit der DISG-Typologie lässt sich dies einfach und gut nachvollziehbar darstellen. Dabei steht DISG für die vier Grundverhaltenstendenzen » Dominant – Initiativ – Stetig – Gewissenhaft«. Gut zum Ausdruck kommt dies nach unserer praktischen Erfahrung über das Insights MDI der Scheelen AG:

•  Der MINT-Typ ist, bezogen auf die Typologie von Insights MDI, eher vom »blauen« Persönlichkeitstyp (logisch-analytisch, nachdenklich, faktenorientiert)

•  die Führungskraft eher vom Persönlichkeitstyp »gelb« (begeistert, innovationsorientiert, lebhaft, kommunikativ)

Hierdurch wird es umso wichtiger, dass sich die Mitarbeiter, die künftig Führungsaufgaben übernehmen sollen, die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse aneignen.

TOOLBOX 1: Fachkräftemangel

Bewerten Sie, welche positiven und negativen aktuellen Entwicklungen die genannten Aspekte der Fachkräfteversorgung für Ihr Unternehmen beeinflussen und skizzieren Sie mögliche Handlungsoptionen. Vier, für viele Unternehmen gültige Aspekte, sind schon eingetragen.

 

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FaktorpositivnegativHandlungsoptionen

1.3       Warum soll ein Absolvent eines »MINT«-Faches Führungskraft werden?

Für den Absolventen eines »MINT«-Faches ist dieser Rollentausch meist eine wertvolle Komponente in der persönlichen Weiterentwicklung. Wer bisher die Herausforderung im technischen Gebiet suchte, findet nun eine ganz andere, neue Aufgabe vor: Er kann seine klassisch-naturwissenschaftliche Denkweise um die Komponente des Organisatorischen, Systemischen, Sozialen und Psychologischen erweitern und damit nicht nur in beruflicher, sondern ebenfalls in persönlicher Hinsicht reifen und wachsen.

Wir werden in der Folge sehen, dass, um Menschen zu führen, nicht nur Fachkenntnisse erforderlich sind, sondern darüber hinaus eine ganze Reihe von psychologischen und methodischen Kenntnissen und Fähigkeiten. Meist ist aber die Fach- und Sachkenntnis unabdingbar, um zu erkennen,

•  was eine sinnvolle Richtung für eine strategische Entwicklung sein kann,

•  was ein angemessenes Ziel in Menge und Qualität für eine Person oder ein Team sein sollte,

•  ob der Misserfolg eines Projekts in der Person oder in der Sache zu begründen ist.

Bereits im Studium bieten Hochschulen und Universitäten inzwischen Soft-Skill-Seminare an, beispielsweise zu Verhandlungsführung, Rhetorik oder Konfliktmanagement, die den »Nachwuchs« früh auf künftige Anforderungen vorbereiten.

Vor allem in den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass nach Grundsätzen der Diversität zusammengesetzte (»diverse«) Teams produktiver, kreativer und innovativer arbeiten als Teams, die im Hinblick auf Geschlecht, Kultur, Herkunft u. a. homogen sind. Führungsteams nur homogen aus Betriebswirtschaftlern, Management-Fachleuten, Juristen oder Bankern zusammenzustellen, ohne darauf zu achten, dass Wissen und Können, Erfahrung und »Intuition« für das zu managende technische Sachgebiet vorhanden sind, hat sich nicht bewährt.

Inzwischen nimmt sich eine breite Palette von Förderprogrammen des Themas »Diversität« an: Von staatlicher Seite, aus Gesellschaft und Wirtschaft erhält dieses Thema vielfältige Impulse und bringt entsprechende Initiativen hervor.

Wertvoll sind vor allem geschlechtergemischte Abteilungen, Projekt-, Führungs- und Vorstandsteams. Das bedingt eine durchgehende Frauenförderung in MINT, beginnend in Schule, Studium, Zusammensetzung von Werkstudierenden, Trainees, Einstellungen und natürlich eine Förderung des Frauenanteils in Führungsrollen. Nur unter Nutzung dieser Quelle lassen sich negative Aspekte der oben skizzierten demografischen Situation kompensieren.

Sie sehen MINT-Absolventen essenziell im Mix von erfolgreichen Führungsteams – daher sind nicht nur zur Führung motivierte Mitarbeiter zu identifizieren und zu fördern, sondern es gilt darüber hinaus, einer Generation von tendenziell wenig zu Führungsaufgaben strebenden Mitarbeitern aus den Jahrgängen nach 1982 aufzuzeigen, welchen wertvollen Beitrag sie in einer solchen Rolle leisten könnten und wie befriedigend und erfüllend das sein kann.

TOOLBOX 2: Selbstbeurteilungsbogen für die Eignung von MINT-Absolventen/ -Fachkräften als Führungskraft

Mit dem folgenden Fragebogen haben Sie die Möglichkeit, Ihre (zukünftige) Rolle als Führungskraft näher zu betrachten. Er soll Sie dabei unterstützen, zu erkennen, ob Sie Führungskraft werden wollen.

 

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Ich als Führungskraft

1.4       Heute Kollege – morgen Chef

Die oben skizzierten Umstände bedingen, dass nicht selten ein Mitarbeiter, der mit seinen Kolleginnen und Kollegen den gleichen Rang teilte, ins Management aufsteigt und damit zum Vorgesetzten einer Gruppe wird, der er vorher angehörte.

Die Probleme hierbei sind weniger disziplinarisch (»Von dem lasse ich mir nichts sagen!«) als emotional-interpersonell (»Wieso der und nicht ich?«). Die Konsequenzen eines solchen, in der Regel nicht offen zutage tretenden Konflikts sind erheblich, denn die Leistung einer Führungskraft hängt von dem Team ab, von dem sie unterstützt wird. Neid führt allerdings oft dazu, dass die neue Führungskraft von Informationsflüssen ausgeschlossen wird oder der Mitarbeiter plötzlich für etwas »keine Lösung weiß«. Im Kopf des ehemaligen Kollegen setzt sich dabei beispielsweise der Gedanke fest: »Der kriegt mehr Gehalt und Verantwortung, also soll er auch mehr/meine Arbeit machen, ich werde ja wohl nicht gebraucht, sonst hätte ich den Job.«

Einerseits gilt es für diese Konstellation die Wahrnehmung zu schulen, andererseits ist es möglich, vorbeugend einzugreifen: Dem Konkurrenten um die Stelle könnte man beispielsweise ein besonders anspruchsvolles Projekt delegieren und signalisieren, dass man auf seine Expertise hohen Wert legt. Alternativ könnte man ihm auch eine attraktiv gestaltete Versetzung innerhalb der Firma anbieten oder sonst etwas, das den Mitarbeiter zufrieden stellt und an das Unternehmen bindet. Gelingt das nicht, ist damit zu rechnen, die Person an den Wettbewerb zu verlieren und dann schadet der Mitarbeiterverlust natürlich dem Ansehen des neuen Chefs.

Persönliche und private Beziehungen zu früheren Kollegen können durch den Aufstieg zur Führungskraft ebenfalls leiden. Intern ist es ratsam, eine klare Aussage zu treffen: »Natürlich duze ich hier einige, denn ich habe zu vielen auch persönliche und private Beziehungen. Aber ich trenne das vom Geschäftlichen und treffe meine Entscheidungen nach klaren Kriterien.« Diese Kriterien sind dann aber auch zu kommunizieren, müssen transparent sein und – ganz wichtig – eingehalten werden.

Zu warnen ist vor einer explizit rigiden Haltung, die bei den ehemaligen Kollegen zu großen Irritationen und Ablehnung führen könnte. Genauso ungünstig ist es, den »kumpelhaften Chef« zu geben, mit dem jede und jeder denkt verfahren zu können, wie es ihm oder ihr gerade passt. Sinnvoll und hilfreich ist vielmehr, gleich zu Beginn in einer Besprechung zu klären, welche neuen Aufgaben und Zuständigkeiten jetzt »beim neuen Chef« liegen und wie sie gehandhabt werden. Klären Sie dabei natürlich gleich mit, was bleibt wie es war. Mit dieser Besprechung sorgen Sie für klare, eindeutige Verhältnisse, schaffen durch Offenheit Vertrauen und nehmen den Mitarbeitern eventuell Ängste, die es immer bei Veränderungen geben kann.

Apropos Anfang: Gerade das Verhalten des neuen Chefs in den ersten Tagen gibt häufig Anlass zu Interpretationen oder Überinterpretationen. Steht »Dr.« auf dem Türschild? Ist das Wichtigste das Bestellen des Dienstwagens? Signalisiert eine geschlossene Zimmertür, dass man am liebsten gerade seine Ruhe will? Hier ist es wichtig, Prioritäten zu setzen, nichts vorschnell zu entscheiden und Übertreibungen jeglicher Art zu vermeiden. Kommunizieren Sie offen und klar. Sagen Sie, was Sie erwarten und was man von Ihnen erwarten darf und kann.

Was man keinesfalls tun sollte: Duz- in Siez-Beziehungen zurückverwandeln. Ein »Du« sollte nichts an einem gegenseitigen respektvollen Umgang im Beruf ändern – dies ist ein Faktum, das auch in eine Erstbesprechung gehört. Bedenken Sie bitte: In vielen Firmen ist ein »flächendeckendes« Du üblich. Da duzt auch der Praktikant den CEO. Dies löst beim Rollenwechsel zum Chef das Problem präventiv und führt nicht zu Fehlannahmen über Vergünstigungen aufgrund naher Beziehungen.

Die neue Rolle als Führungskraft bedingt noch weitere Stressfaktoren: viele neue Aufgaben und Herausforderungen, weniger Zeit für Familie und Freunde. Vor allem privat gilt: Verständnis auf allen Seiten hilft, aber es sollte auch sichergestellt sein, dass sich die zeitintensive Stress-Situation wieder normalisiert. Ohne Life-Balance bleibt niemand lange leistungsfähig.

TOOLBOX 3: Analysebogen für die Aufstiegssituation vom Kollegen zum Chef

Der folgende Fragebogen soll Ihnen helfen, die Situation »heute Kollege, morgen Chef« näher zu analysieren und mögliche Handlungsfelder abzuleiten.

 

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1.5       Kommunikation als wesentliche Führungsaufgabe

Was macht eigentlich eine Führungskraft, wenn sie schon nicht direkt an Projekten arbeitet? Ganz einfach: Sie kommuniziert.

Von Paul Watzlawick stammt die scheinbar widersinnige Erkenntnis: »Man kann nicht nicht kommunizieren.« Viele kennen das aus Ehe oder Partnerschaft: »Ja, aber ich habe doch gar nichts gesagt.« »Ja, eben, du hättest aber sollen.« Das bedeutet, es spielt keine Rolle, ob eine Führungskraft ein Verhalten, einen Erfolg oder einen Misserfolg anerkennt, kritisiert oder einfach ignoriert und damit eben »nicht kommuniziert«: Der (Nicht-)Angesprochene wird es als Reaktion werten und entsprechend handeln.

»Führung« ist nicht ohne Grund definiert als diejenigen Aspekte des Managements, die auf Menschen, Verhalten, Motivation und Interaktion in Organisationen im Sinne der Zielerreichung Einfluss nehmen. Also Planung, Koordination und Kontrolle. Unter Kommunikation, im nicht-technischen Sinne, versteht man die Verständigung zwischen Menschen mittels Sprache (direkte Kommunikation durch zusammengesetzte sprachliche Laute) oder Zeichen (»medial« vermittelt mit Symbolen, Bildern, Worten, aufgezeichneten Tönen oder Musik etc., die auch funktionieren, wenn der »Sprecher« selbst abwesend ist).

Es versteht sich also von selbst, dass die wesentliche Art, wie Führung stattfinden kann, darin besteht, sich mit den Personen zu verständigen, die Aufgaben wahrnehmen, Projekte umsetzen sowie Informationen beschaffen und strukturieren.

Deshalb werden wir im Folgenden vor allem die Strukturierung solcher Kommunikationsprozesse untersuchen und erläutern, welche Fehler Sie hierbei vermeiden und welchen Handlungsempfehlungen Sie folgen sollten. Wir werden dabei auch sehen, dass sich diese Kommunikationsfähigkeit nicht auf Offensichtlichkeiten wie »sagen, was zu tun ist« oder »fragen, was das Ergebnis der Arbeit war« beschränken darf.

Es zeigt sich nämlich, dass sich die meisten Klagen von Mitarbeitern über »den Chef« vor allem auf dessen Kommunikationsverhalten beziehen, das bei Mitarbeitern immer wieder zu Irritationen führt, beispielsweise durch:

•  unklare Anweisungen (»Ich verstehe nicht, was das Ziel sein soll.«),

•  mangelndes Verständnis für Empfehlungen oder Einwände (»Ich habe nicht das Gefühl, dass mein Input ankommt.«),

•  fehlende Anerkennung bzw. fehlendes Feedback (»Ich weiß nicht, ob es so richtig war, wie ich es gemacht habe.«).

Wir werden Ihnen daher auch erläutern, wie Sie Zielvorgaben sinnvoll gestalten, wie man Mitarbeitergespräche strukturiert und welche sprachliche Form bei den Mitarbeitern Wertschätzung und Gehör findet (image Kap. 4.1).

Die Grundanforderungen an eine Führungskraft erläutern wir ausführlich im Kapitel 1.7, doch eine sehr wichtige sei schon hier erwähnt, nämlich der Ausbau der eigenen Kommunikationsfähigkeit. Hierzu gehört vor allem die Fähigkeit, das eigene Kommunikationsverhalten zu reflektieren und von außen zu betrachten:

•  Was habe ich wie gesagt?

•  Wie ist es (miss-)verstanden worden?

•  Habe ich bemerkt/verstanden, was die andere Person sagen wollte?

•  (Wie) Höre ich zu?

Zu diesen und vielen weiteren Aspekten geben wir Ihnen weiter unten zahlreiche Hinweise und stellen Ihnen unterschiedliche Kommunikations-Modelle vor.

TOOLBOX 4: Zur Beurteilung der eigenen Fähigkeiten im Bereich Kommunikation

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1.6       Führung als erlernbares Handwerk

Ist Führung reine Talentsache? Nein, ganz und gar nicht. Mit Führung ist es wie mit der Kreativität, von der es heißt, sie sei zu einem Prozent Inspiration und zu 99 Prozent Transpiration.

Die Tatsache, dass Sie in eine Führungsposition berufen wurden oder sich auf einen solchen Schritt vorbereiten, zeigt, dass Sie in dem, was Sie tun, erfolgreich sind. Wie sind Sie dort hingekommen? Natürlich spielt immer auch das Glück eine Rolle, beispielsweise zur richtigen Zeit die offene Tür zu nutzen, die gerade vor einem auftaucht. Das Glück jedoch, so lautet eine alte Weisheit, kommt zu den Fleißigen. Oder wie es der bekannte Management Trainer Horst Rückle aus Böblingen in seinen Vorträgen und Seminaren ausdrückt: »Glück ist, wenn Können auf eine Chance trifft«. Denn in der Regel haben Sie sich Grundlagenwissen erworben, es erfolgreich angewandt und in der Praxis weitere Erfahrungen gesammelt. Sie haben gelernt, sich weiterentwickelt und Ihr Verhalten, Ihre Einstellungen und Annahmen angepasst.

Genauso ist es auch in der Führungsrolle. Es gibt ein großes Spektrum an Führungsmodellen, psychologischen Modellen für Motivation, Erkenntnisse zur Psychologie von Mitarbeitern sowie Modelle, die zeigen wie Kommunikation funktioniert. Sie alle zu kennen ist von Vorteil, aber sie entfalten ihre Kraft erst, wenn man sie dazu benutzt, Herausforderungen zu analysieren und Lösungswege zu entwickeln. Und dann gilt es zu prüfen, ob das, was man konzipiert hat, auch den Praxistest besteht. So wie ein Meister eines Handwerks sich dadurch auszeichnet, dass er nie aufhört zu lernen, wird auch der Prozess, sich immer neue Methoden und Modelle anzueignen, sie an veränderte Bedingungen anzupassen und am Alltag zu prüfen, nicht enden.

Optimales Führen ist also, vereinfacht gesagt, ein Lernprozess, der zu einer persönlichen Weiterentwicklung führt, weil man an den neuen Herausforderungen wächst und sich neue Fähigkeiten und Kenntnisse aneignet. Und da Lernen ein interaktiver Prozess ist, stellen wir Ihnen in diesem Buch zahlreiche Toolboxen bereit, mit denen Sie einerseits bestimmte Situationen wie in einer Trockenübung durchspielen und üben können, andererseits auch im Arbeitsalltag verwenden können, um sich schnell zu strukturieren. Die Toolboxen sind also gleichermaßen Self-Coaching-Werkzeuge und Arbeitsmittel. Nutzen Sie daher die Toolboxen bereits jetzt während der Lektüre des Buches, denn dadurch lassen sich Inhalte und Konzeptionen besser merken und bei Bedarf schneller abrufen.

1.7       Grundanforderungen an eine Führungskraft

Die Anforderungen an Führungskräfte sind in den vergangenen Jahren deutlich komplexer geworden, weil sich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen stark verändert haben und weiter dramatisch verändern werden. Für einen erfolgreichen Leader reicht es daher heute nicht mehr, nur die einschlägigen Managementtechniken zu beherrschen. Er muss vielmehr ebenso über fachliche, organisatorische und persönliche Qualifikationen verfügen wie über ein umfassendes Wissen über seinen Fachbereich. Darüber hinaus benötigt er einen guten Draht zu seinen Mitarbeitern, daher ist die soziale Kompetenz eine ganz wichtige Führungskomponente, die vor allem erforderlich ist, um die Fähigkeiten, Stärken und Schwächen der Mitarbeiter richtig einzuschätzen. Nur dann gelingt es einer Führungskraft, ihre Mitarbeiter oder jedes Teammitglied optimal einzusetzen.

Eine Führungskraft muss heute Respektsperson, Vorbild, Motivator und Mentor sein, mit einem hohen Maß an Sozialkompetenz.

Anders ausgedrückt: Eine Führungskraft muss in der Lage sein, ihr eigenes Handeln, Wissen, Können und Empfinden zu reflektieren und – als Konsequenz aus den Erkenntnissen dieser Reflektion – ihr Verhalten und ihre Einstellungen dann gegebenenfalls auch zu ändern oder anzupassen.

Dieses hohe Maß an Selbsterkenntnis befähigt einen Leader dazu, mit anderen Menschen sinnvoller, persönlicher und effektiver umzugehen. Letztlich ermöglicht er dadurch, dass Mitarbeiter und Teams die geplanten Ziele erreichen und sichert damit langfristig den Erfolg eines Unternehmens.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten Grundanforderungen einer Führungskraft vor. Später erläutern wir Ihnen dann im Detail die dazu erforderlichen bzw. vorhandenen Werkzeuge und Verfahren.

1.7.1     Metakompetenzen und Selbstmanagement

Die Führungskraft ermittelt ihre eigenen Ansprüche und Ziele für die Führung, erarbeitet sich Führungsmodelle, setzt sie um und entwickelt sie, immer angemessen zum Unternehmensumfeld, weiter. Gleichzeitig analysiert die Führungskraft ihre eigenen Stärken und Schwächen.

•  Schwächen sind dabei möglichst so weit zu reduzieren, dass sie den möglichen Gesamterfolg nicht begrenzen/einschränken oder gar gefährden.

•  Stärken sind auszubauen und optimal einzusetzen, um sowohl die eigenen als auch die Unternehmensziele zu erreichen. Dazu nutzt ein Leader alle wichtigen internen und externen Ressourcen wie Mentoren, Coaches, Trainer, Fachliteratur, Kurse u. Ä.

Die Führungskraft übernimmt und trägt die Verantwortung für ihre Handlungen und Entscheidungen. Sie kann mit Emotionen und Stress umgehen und ist sich ihrer persönlichen Motive, Ziele, Einstellungen und Werte bewusst. Sie kann Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden, kann Prioritäten setzen und sich auf die Prioritäten konzentrieren. Außerdem ist sie fähig, zu delegieren und strebt eine »Life-Balance« an (image Kap. 1.8).

Die Führungskraft akzeptiert Mitarbeiter, wie sie sind. Sie geht an Beziehungen und Probleme gegenwarts- und nicht vergangenheitsbezogen heran.

Höflichkeit und Aufmerksamkeit widmet sie Menschen der engeren Umgebung genauso wie Fremden. Sie vertraut anderen und ist sich dieses Risikos bewusst – denn zu versuchen, alles zu kontrollieren, ist kontraproduktiv. Sie ist in der Lage, ohne ständiges Lob und Anerkennung von außen zu agieren.

Beachten Sie bitte:

Als Führungskraft sollten Sie sich immer wieder bewusst machen, dass Sie es niemals allen recht machen können und dass Sie nicht perfekt sind. Daher kommt es umso mehr darauf an, dass Sie als Verbindungsstelle zwischen Ihren Mitarbeitern und der Unternehmensführung immer authentisch bleiben und klar positioniert sind. Nur dann werden Ihnen beide Seiten vertrauen.

1.7.2     Umgang mit Mitarbeitern

Die Führungskraft gestaltet ihren Führungsstil flexibel und passt ihn der Situation und dem Mitarbeiter an. Dies ist ein sehr komplexer und schwieriger Punkt. Damit ist gemeint, dass Sie als Führungskraft in der Lage sein sollten, situations- und mitarbeiterbedingt unterschiedlich und flexibel zu reagieren – ohne aber Ihren Stil, Ihre Glaubwürdigkeit oder gar das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter aufs Spiel zu setzen. Denn ganz entscheidend für einen guten Führungsstil sind Authentizität und Glaubwürdigkeit. Diese beiden Werte sind die Basis des Vertrauens. Ihre Mitarbeiter wollen und müssen sich auf Sie verlassen können. Das bedeutet, bei aller Flexibilität ist es wichtig, »berechenbar« und »verlässlich« zu bleiben. Und denken Sie immer daran: »Wie man in einen Wald hineinruft, so schallt es heraus.«

Empathie ermöglicht es einer Führungskraft, für Mitarbeiter sensibel zu sein und deren Perspektive einnehmen zu können. Daher ist es wichtig, dass Sie das persönliche Umfeld Ihrer Mitarbeiter, deren Träume und Hoffnungen, aber auch deren Ängste kennen und ernst nehmen. Dazu gehört auch, dass man einem Mitarbeiter zum Geburtstag gratuliert oder Freude zeigt, wenn er, beispielsweise nach einem Urlaub oder Krankheit, wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrt.

Als Führungskraft antizipieren Sie zudem sowohl Anliegen, Vorstellungen und Fragen Ihrer Mitarbeiter als auch deren beruflichen Ziele und greifen fördernd und unterstützend-fordernd ein. So entsteht auf beiden Seiten ein gutes und gefestigtes Vertrauensverhältnis.

Beachten Sie bitte:

Natürlich hängt vieles auch von der Unternehmensgröße und/oder der Zahl Ihrer Mitarbeiter ab. Es ist in einem großen Konzern oder in einer sehr großen Abteilung mitunter nicht möglich, jeden einzelnen Mitarbeiter persönlich zu kennen. Aber Sie sollten es zumindest versuchen. Denn es sind oft gerade die Kleinigkeiten, die über ein gutes Betriebsklima, die Mitarbeitermotivation und letztlich über einen Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Deshalb: Wenn Sie beispielsweise einem Mitarbeiter begegnen, der Sie mit Namen grüßt, grüßen Sie ihn möglichst mit seinem Namen zurück. Damit steigern Sie sein Selbstwertgefühl (»Der Chef kennt mich …«) und Ihr eigenes Ansehen enorm – und Sie werden sehen, solche Mitarbeiter stehen verlässlich auf Ihrer Seite.

Die Führungskraft trifft Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern (Management by Objective, MbO) und führt regelmäßig Gespräche, um die Mitarbeiter bei der Erreichung dieser Ziele und der persönlichen Weiterentwicklung zu unterstützen.

Das Delegieren von Kompetenz und Verantwortung, entsprechend den Fertigkeiten, Fähigkeiten und Bedürfnissen der Mitarbeiter, geht Hand in Hand mit deren Kenntnissen und Entwicklungszielen.

Beachten Sie bitte:

Bringen Sie Kritik grundsätzlich nur unter vier Augen vor. Das »öffentliche Abkanzeln« eines Mitarbeiters ist ein Kardinalfehler, der jegliche Vertrauensbasis zerstört.

1.7.3     Umgang mit Teams

Die Führungskraft kennt die Teamstruktur und sorgt als Teamleiter für die Motivation der Gruppe. Darüber hinaus setzt sich der Teamleiter dafür ein, dass eine dem Unternehmen, aber auch dem einzelnen Mitarbeiter angemessene Teamkultur entsteht. Der Leader ist sich der Stärken, Schwächen und Belastungsgrenzen der einzelnen Teammitglieder bewusst. Das führt dazu, dass jedes Teammitglied entsprechend den eigenen Fähigkeiten und den Teamzielen optimal eingesetzt wird.

Förderung, Forderung und Motivation werden jedem einzelnen Teammitglied durch persönliches Feedback und Zielvereinbarungen zuteil.

Beachten Sie bitte:

Als Führungskraft schützen Sie Ihr Team nach außen (beispielsweise bei einem Fehler oder bei Umstrukturierungen), darauf müssen sich alle Teammitglieder verlassen können. Lassen Sie hier Ihr Team einmal im Stich oder enttäuschen Sie es, haben Sie für lange Zeit das so wichtige Vertrauen verloren. Im schlimmsten Fall werden Sie von Ihrem Team nicht mehr als Führungspersönlichkeit ernst genommen.

1.7.4     Kommunikation nach innen und außen

Die Führungskraft ist informationskompetent: Sie informiert vollständig, transparent und proaktiv. Dies erfolgt direkt an den Adressaten, zeitnah und in passendem Umfang.

Dabei hat die Führungskraft die jeweilige Zielgruppe im Blick, passt ihren Präsentationsstil an und stellt sicher, dass sie auch von allen korrekt verstanden wurde.

Informationsmittel wie z. B. Schrift, Bild, Ton, Video, Präsentation etc. setzt die Führungskraft zielgerecht ein. Sie bereitet Präsentationen und Sitzungen vor und nach – und sie ist in der Lage, Versammlungen so zu moderieren, damit die Zuhörer innerlich nicht abschalten. Dass sensible Informationen dabei generell vertraulich behandelt werden, versteht sich von selbst.

Die Führungskraft ist gesprächskompetent, was bedeutet, dass sie Gespräche strukturieren und führen kann. Sie ist sich unterschiedlicher Kommunikationsdimensionen wie

•  Appell

•  Beziehung

•  Selbstoffenbarung

•  Sache

bewusst und kann Gespräche in die passende Dimension führen. Im Gespräch hört sie empathisch zu, spiegelt, fragt nach und sendet Ich-Botschaften. Sie fasst zusammen oder formuliert neu und fragt zurück, wenn etwas unklar ist. Dabei nutzt sie unterschiedliche Fragetechniken, beispielsweise offene oder W-Fragen und weniger geschlossene Fragen. Auf die unterschiedlichen Kommunikationstechniken und -formen, die für eine Führungskraft wichtig sind, gehen wir in einem späteren Kapitel noch vertiefend ein.

Beachten Sie bitte:

Lassen Sie als Führungskraft Ihrem Gesprächspartner immer ausreichend Raum, um seine Sichtweise darzustellen und hören Sie aufmerksam zu. Zuhören ist eine Form der Wertschätzung und des Respekts Ihrem Gesprächspartner gegenüber.