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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck in jeder Form sowie die Wiedergabe durch Fernsehen, Rundfunk, Film, Bild- und Tonträger oder Benutzung für Vorträge, auch auszugsweise, nur mit meiner Genehmigung

Wolfgang -Rüdiger Kaufmann

Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-8423-1376-7

Hans, ein Mitvierziger, führte ein Leben, ohne besondere Vorkommnisse. Behütete Kindheit. Schulzeit – mit Abschluß der mittleren Reife - mit einem regelmäßigen Wechsel der Schulen, weil er auf der Grenze zwischen zwei Schulbereichen wohnte. Damit zählte er jedesmal, wenn dort zahlenmäßig Neuaufteilungen erforderlich wurden, zu einem kleinen Kreis von Schülern, die die Schule wechseln mußten. Dieser Wechsel sollte sein späteres Leben mit bestimmen.

Er hatte bei diesen Wechseln jedesmal schnell wieder Kontakt zu den Lehrern und Schülern bekommen.

Er war freundlich, aufgeschlossen und kontaktfähig aber auch bereit und in der Lage als Einzelkämpfer zu bestehen.

Er hatte damit schon früh die Bausteine für seine Teamfähigkeit aber auch für ein zeitlich begrenztes Einzelschicksal bestimmt.

Viele Menschen lernten ihn als ehrlichen, loyalen Partner kennen.

Er liebte die Menschen so sehr, das er ihnen fast alle Schwächen verzieh.

Nur an sich selbst stellte er hohe Ansprüche.

So hohe Ansprüche, das er sie nur schwer erreichen konnte. Er suchte lieber bei sich Selbst die Fehler, als zu erkennen, das die anderen Menschen keine Skrupel besaßen, anderen Menschen zum eigenen Vorteil Schäden zu zufügen.

Er suchte Wege sich positiv darzustellen ohne anderen Menschen zu Schaden. Es reichte ihm selbst Kenntnis darüber zu haben, welche positiven Veränderungen er für andere herbeigeführt hatte. Nicht immer allein aber immer mit der Kenntnis der Beteiligten, zumindest der Kenntnis der Verantwortlichen kämpfte er für mehr Gerechtigkeit und mehr Ehrlichkeit.

Oft erfuhr er hierbei gerade durch die Menschen, denen er geholfen hatte, Ungerechtigkeit und Undankbarkeit. Ihm war klar, das diese Menschen nur so handeln konnten, weil sie für die Wahrheit zu schwach waren.

Sie konnten ihre eigenen Schwächen nicht zugeben. Er mußte nicht im Rampenlicht stehen.

Aber auch er mußte Geld für das Leben verdienen. Also machte er sich auf und suchte immer neue Möglichkeiten sich persönlich weiter zu entwickeln. Weiter zu entwickeln und auf seine Erfahrungen der Vergangenheit aufzubauen.

Er machte seine Erfahrungen als Angestellter, als Selbständiger, als Arbeitsloser, als Sozialhilfeempfänger und als Besucher im Gefängnis.

Bei dieser Aufstellung stimmt allerdings nicht alles.

Hans hatte gelernt seine Fantasie mit der Realität zu verbinden.

Welche Teile der Realität entsprachen und welche seiner Fantasie entsprangen, weiß nur er und wenige Eingeweihte. Im Zusammenhang mit dem Schreiben von Büchern und Geschichten, erlaubte sich Hans die Freiheit seiner Gedanken.

Die Freiheit einmal zu übertreiben und auch einmal zu untertreiben.

Im realen Leben, bei der Darstellung von Sachverhalten gab es für ihn diese Freiheit nicht.

Weder für ihn noch für andere ließ er es zu, durch unwahre Darstellungen langfristig die Kunden zu beschummeln.

Werden wir je seine wahre Identität erfahren?

Werden wir jemals mitbekommen, was von seinen Geschichten zum Bereich Wahrheit und was zu seiner Fantasie gehört?

Wollen wir die Wahrheit überhaupt erkennen oder lassen wir uns einfach von seiner interessanten Erzählung begeistern?

Entscheiden Sie selbst.

Sieben Jahre war es jetzt her, seitdem für Hans die Demütigungen durch seinen ehemaligen Vorgesetzten begannen. Eine schwere Zeit für Hans. Aber auch für seine Familie. Hans hat sich in diesen Jahren stark verändert. Er hat gelernt in kleinen Dingen des Lebens etwas positives zu sehen. Er selbst hätte sich mit der Situation abfinden können.

Aber er hatte eine Verantwortung übernommen.

Für seine Frau, seine Tochter, seinen Sohn und sein Enkelkind.

Diese Verantwortung konnte und wollte Hans nicht einfach hinschmeißen und sich aus dem Staub machen.

Also begann Hans zu kämpfen.

Zu kämpfen für mehr Wahrheit.

Für eine Wahrheit, die nicht immer bequem ist, die aber Menschen weiterbringt – in die richtige Richtung – zu mehr Vertrauen und Verantwortung – für sich und andere.

Seit über zehn Jahren war Hans damals in dem Unternehmen beschäftigt.

Hans hatte sich vom Sachbearbeiter zum Mitarbeiter mit Sonderaufgaben „hochgearbeitet“. Er hatte es geschafft, eine Gehaltsgruppe zu bekommen, die vorher nicht für diesen Bereich vorgesehen war. Immer wieder hat er sich für das Unternehmen und für seine Kollegen eingesetzt.

Mehr wollte er auch nicht. Er war nicht der Mensch, der um jeden Preis Karriere machen wollte. Er war bescheiden. Wenn überhaupt, gab er das Geld lieber für seine Familie aus. Für seine Familie, der er gerne mehr Zeit gewidmet hätte.

Jetzt war er nicht nur seine so geliebte Arbeit los, er hatte inzwischen seine eidesstattliche Erklärung abgegeben und er war –

Ja, er war zum Mörder geworden.

Er hatte nach Jahren, in denen er immer wieder versucht hatte Fuß in der Branche zu fassen, in der er sich ehemals so wohl gefühlt hatte, seinen ehemaligen Vorgesetzten getötet.

Er hatte ihn hinterrücks erschossen.

Er, der eigentlich keiner Fliege etwas antun konnte, war zu einem Mörder geworden. Keiner seiner Bekannten, seiner inzwischen wenigen Freunde und auch keiner seiner Familienangehörigen konnte es fassen.

Immer wieder hatte Hans zwar davon gesprochen, was ihm damals passiert war.

Damals, als der Führungswechsel bei dem großen Versicherungsunternehmen stattfand. Als aus dem ehemaligen Gewerkschaftsunternehmen eine Kapitalgesellschaft wurde, wie sie schlimmer nicht in der Wirtschaft existieren konnte. Hans wußte, das man in der Wirtschaft nicht mit Samthandschuhen angefaßt wird. Aber die in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen übertrafen seine Fantasie bei weitem.

Und nun saß er im Gefängnis.

12 Jahre hat er für seine Tat bekommen. Zeit um über all das nachzudenken, was in seinem sonst so ruhigen und bescheidenen aber glücklichen Leben passiert war. Bevor diese Geschichte mit dem Mobbing geschah.

12 Jahre - genau der gleiche Zeitraum, wie er für seine erste Firma, seine Lehrfirma und auch für das zweite Unternehmen, die Versicherung jeweils tätig gewesen war. Auch seine Schulzeit betrug fast einen ebenso langen Zeitraum. Sein Leben schien aus Takten von 12 Jahren zu bestehen. Diese Phasen waren allerdings immer wieder in kürzere Zeiten von ungefähr zwei bis zweieinhalb Jahren unterteilt, so daß Hans sich Hoffnung machte auch seine Strafzeit vielleicht in eine kürzere Phase verringern zu können.

Das aber ehemalige Gewerkschafter, Betriebsräte, Betriebsratsvorsitzende das aufgeben konnten, was sie zuvor für Ihre Kollegen und sich getan hatten, das war für Hans damals nicht vorstellbar. Sie wurden Vorgesetzte, wie er sie sich nicht schlimmer vorstellen konnte. Aus Angst vor ihrer eigenen ungewissen Zukunft, waren sie bereit die Zukunft ihrer ehemaligen Wähler aufs Spiel zu setzten – ihrer Wähler und gleichzeitig Kollegen. Sie waren angesichts ihrer eigenen wirtschaftlichen Ängste bereit Leben zu riskieren. Allerdings nicht ihre eigenen Leben.

Einer aus ihrer Mitte hatte sich jedoch bereits das Leben genommen. Er war mit seinem Auto auf einem unbeschrankten Bahnübergang von einem Zug erfaßt worden. Er, der den Kollegen als ruhiger und besonnener Mensch bekannt war. Dieser Kollege hatte anscheinend bei dem korrupten und menschenfeindlichen Plan nicht mitmachen wollen. Er hinterließ Frau und Kinder.

Die wirklichen Gründe, die zu seinem Tod führten kamen nie an die Öffentlichkeit.

Es blieben nur die Spekulationen.

Auch Hans war als ruhiger Mensch bekannt. Als ruhiger und besonnener Zeitgenosse der keinem etwas böses tun konnte. Auch er hatte Kinder. Zwei, eine Tochter und einen Sohn. Seine Tochter hatte, nachdem die Geschichte mit den Verleumdungen gegen Hans geschehen waren, ein Kind bekommen. Sie sehnte sich nach Liebe und Geborgenheit, die ihr Hans in seinen eigenen Problemen gefangen, damals nicht geben konnte. So war das Geschehen, was sonst auch in der heutigen Zeit angeblich niemandem geschieht.

Neben der Arbeitslosigkeit auch noch eine minderjährige Tochter mit Kind. Aber die Familie hielt zusammen. Sie standen zu ihrem Schicksal. Sie waren überzeugt, dass es ihnen bald wieder besser gehen würde.

Hans saß in seiner Zelle. Einer Zelle, die eigentlich für zwei Gefangene ausgelegt war. Ein Stockbett, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein Waschbecken sowie das WC-Becken. Von dem Hans schon früher, wenn er Filme über Gefängnisse gesehen hatte, gedacht hatte, das dieses in einem separaten Raum oder wenigstens mit einem Sichtschutz versehen sein sollte.

Aber die Wirklichkeit zeigte, das er es ertragen mußte.

Diese Wirklichkeit und diesen Zustand.

Das was er immer noch nicht ertragen konnte, war die Ungerechtigkeit, die ihm geschehen war. Er hatte nach Jahren der Betriebszugehörigkeit sich immer wieder um ein positives Betriebsklima bemüht. Er war nicht derjenige, der bei Feiern immer vorn an Stand und weder Alkohol noch Tanzen zu seinen bevorzugten Dingen zählte. Zwar hatte er in seiner Jugend mehrere Tanzkurse besucht und galt auch als guter Tänzer. Da seine Frau jedoch kein Fan von Tanzveranstaltungen war, hatte er auch gut darauf verzichten können. Er hatte nicht das Gefühl, das ihm etwas fehlte. Er war glücklich mit dem Leben, so wie es war.

Er hatte sich ja entschieden.

Entschieden hat sich Hans auch zu seiner Tat.

Dem Mord an seinem ehemaligen Vorgesetzten und Betriebsratsvorsitzenden. Ihm, dem Hans so viele boshafte Unterstellungen zu verdanken hatte. So viel Leid, was geschehen war, weil durch die Verleumdungen sich nicht nur sein, sondern auch das Leben seiner geliebten Familie verändert hat.

Böse war er allerdings nicht auf alle seine ehemaligen Kollegen.

Einem Architekten, der bis zu der Ernennung zum Abteilungsleiter ein angenehmer Kollege war, mit dem man in sachlicher Atmosphäre schwierige Sachverhalte klären konnte und zu sinnvollen Lösungen kam.

Auch der ehemalige Mitarbeiter aus dem Bereich Controlling, der durch ein Spiel während eines Teamtrainings zum stellvertretenden Abteilungsleiter gekürt wurde, hatte er keine Haßgefühle.

Er hatte lediglich Mitleid mit diesen Personen.

Diesen Handpuppen, die zum Dank für ihre Berufung zu den Führungsmitarbeitern alles getan hätten um ihrem Chef die Dankbarkeit zu zeigen. Aussagen, wie: „wessen Brot ich Ess, dessen Lied ich sing” zeigten Hans, welchen Geistes Kinder sie waren.