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Impressum

 

www.beck.de

 

ISBN 978-3-406-67189-0

 

© 2014 Verlag C. H. Beck oHG
Wilhelmstraße 9, 80801 München

Satz: Fotosatz Buck, Kumhausen
Umschlaggestaltung: Ralph Zimmermann – Bureau Parapluie
Bildnachweis: © Lorenzo Pastore – istockphoto.com
eBook-Produktion: Datagroup int. SRL, www.datagroup.ro

Dieser Titel ist auch als Printausgabe beim
Verlag und im Buchhandel erhältlich.

5Vorwort

Wie so viele meiner damaligen Kollegen habe ich nach meiner juristischen Ausbildung die nahezu einzige Chance, Berufserfahrung zu sammeln, genutzt und als Praktikantin bei einem großen Fachverlag angefangen. Als sich das Praktikum dem Ende zuneigte, fragte mich eine nette Kollegin „Hast du dir schon mal überlegt, die Arbeit freiberuflich zu machen? Auch ich habe damals so angefangen. Ich würde dir auch den ersten Auftrag geben.“ Zugegeben, etwas mulmig war mir damals schon. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie über eine Selbstständigkeit nachgedacht. Aber es hat funktioniert, sehr gut sogar. Der finanzielle Aufwand am Anfang war gering: Ein Schreibtisch, ein Computer, die notwendige Software und Visitenkarten – das war schon alles, was ich brauchte. Etwas schwieriger waren die bürokratischen Hürden zu meistern: die Beantragung der Steuernummer, die erste Vorsteuer-Anmeldung, die Steuererklärung. Aus Gesprächen mit anderen Freiberuflern aller Berufsgruppen weiß ich, dass es vielen so ging wie mir. „Soll ich auf die Kleinunternehmerregelung verzichten? Brauche ich sofort eine Webseite? Wie berechnest du denn deine Honorare?“ Das sind nur einige Fragen, die immer wieder gestellt werden. Und so entstand die Idee für dieses Buch.

Auf meiner Webseite www.rechtundsprache.de habe ich eine kleine Umfrage über die größten Anfangsprobleme durchgeführt. Die Resonanz war überwältigend: Viele der 700 Teilnehmer hinterließen sogar einen Kommentar mit weiteren Anregungen, die ich in diesem Buch gerne aufgreifen will.

6Mit der zweiten Auflage kommt noch ein neuer Blickwinkel hinzu. Vor einiger Zeit habe ich mich nämlich entschieden, auch mal die andere Seite kennenzulernen – die des Auftraggebers in einem Verlagshaus. Viele Erfahrungen, die ich als Produktmanagerin in der Zusammenarbeit mit freien Autoren, Journalisten und anderen externen Dienstleistern gemacht habe, können das Bild vervollständigen.

Vielleicht noch ein Hinweis: Die Vielfalt der freiberuflichen Tätigkeiten ist groß – dieses Buch wird daher nicht allen Anforderungen jedes einzelnen Berufsbildes gerecht werden können. Ich hoffe dennoch, dass Sie Antworten auf möglichst viele Ihrer Fragen erhalten werden.

Viel Erfolg und einen guten Start in die Freiberuflichkeit wünscht Ihnen

 

Claudia Kilian

7Aller Anfang ist schwer – oder?

Sie überlegen, künftig selbstständig tätig zu sein? Ein guter Weg, sich diesem Thema zu nähern, ist das Gespräch mit Menschen, die mit freiberuflicher Tätigkeit ihr Geld verdienen. Welche Schwierigkeiten hatten sie am Anfang?

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Umfrage: Freiberufler sind gefragt

8Wahrscheinlich werden die Antworten oder Erfahrungen so unterschiedlich ausfallen, wie die Menschen nun einmal sind, aber erste Anhaltspunkte, worauf Sie bei Ihrer bevorstehenden Existenzgründung achten müssen, werden Sie auf jeden Fall erhalten.

Die freien Berufe: Zählt mein Job dazu?

Doch wann ist man überhaupt Freiberufler? Bei den klassischen Freien Berufen (zum Beispiel Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte) ist die Abgrenzung selten ein Problem. Viel schwieriger wird es jedoch, wenn man die vielen „Neuen Berufe“ unter die Lupe nimmt, die vor allem auch im Zusammenhang mit den neuen Medien entstanden sind. Die Definition des Gesetzgebers bietet erste Anhaltspunkte:

§ 1 Abs. 2 S. 1 PartGG

Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.

In der Praxis wird darüber hinaus häufig auf § 18 EStG abgestellt. Dieser unterscheidet zwischen sogenannten Katalogberufen (die im Gesetz aufgezählt werden), den Berufen, die den Katalogberufen ähnlich sind, sowie den Tätigkeitsberufen. Ein Tätigkeitsberuf liegt vor, wenn eine wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische oder erzieherische Tätigkeit selbstständig ausgeübt wird.

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9Achtung

Die Frage, ob die selbstständig ausgeübte Tätigkeit ein freier Beruf oder ein Gewerbe ist, ist letztendlich steuerrechtlicher Natur und wird vom Finanzamt entschieden. Grauzonen gibt es mittlerweile viele. Zum Beispiel verneinen viele Finanzämter bei Webdesignern oder EDV-Beratern den Freiberuflerstatus. Sollten Sie sich unsicher sein, fragen Sie besser vorher beim Finanzamt an.

Der Freiberuflerstatus kann durchaus von Vorteil sein, schließlich

Wenn Sie zu Beginn Ihrer Tätigkeit als Freiberufler eingestuft werden, gilt dies nicht unbedingt für die gesamte Zeit Ihrer Selbstständigkeit. Wenn Sie Ihr Leistungsportfolio ändern oder erweitern, kann sich auch Ihr Status ändern.

Sie können auch gleichzeitig freiberuflich und gewerblich tätig sein und beide Tätigkeiten nach den entsprechenden Vorschriften ausüben. Voraussetzung: Beide Jobs müssen voneinander unabhängig sein und die Einnahmen und Ausgaben müssen eindeutig voneinander getrennt werden, 10zum Beispiel durch verschiedene Rechnungsläufe und eine getrennte Gewinnermittlung. Sind die Tätigkeiten nicht voneinander trennbar, so gilt die gesamte Tätigkeit als gewerblich.

Bin ich der richtige Typ?

In vielen Unternehmen ist es heute an der Tagesordnung, Projekte oder einzelne Aufträge an externe Firmen zu vergeben. Vor allem im IT-Bereich läuft hier auch viel über Personaldienstleister, die teilweise mit externen Mitarbeitern zusammenarbeiten. Für die Auftraggeber bedeutet das vor allen Dingen eins: Flexibilität und kurzfristiges Know-how von außen. Für die Freelancer interessante Projekte, die durchaus ihre finanziellen Reize haben können …

In den Unternehmen selbst ist der Leistungsdruck heute so groß wie nie, immer mehr Arbeit wird auf immer weniger Mitarbeiter verteilt – die Folge: Die Motivation der Mitarbeiter sinkt. Ach, könnte man doch sein eigener Chef sein! Wie anders würde man so einiges machen. Ist Selbstständigkeit eine Alternative?

Auch Absolventen weht ein rauer Wind entgegen. Stellen ohne Berufserfahrung? Fehlanzeige! Notlösung: ein Praktikum nach dem anderen. Immer noch keine Chance? Dann probiere ich es eben mal als Freelancer.

Sie sehen, die Ausgangssituationen können unterschiedlicher nicht sein. Die zentrale Frage ist jedoch immer: Notlösung oder Berufung?

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Umfrage: Freiberufler sind gefragt

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Achtung

Häufig liest man, dass eine Existenzgründung nur funktionieren kann, wenn man mit Herzblut an die Sache herangeht. Fakt ist, dass auch solche Gründungen floppen können. Im Gegenzug kann auch eine Freiberuflichkeit aus der Not heraus sehr erfolgreich sein. Wichtig ist, dass Sie sich darüber im Klaren sind, was es heißt, sein eigener Chef zu sein.

Keine Frage, der Leistungsdruck ist auch in den Unternehmen hoch und sogenannte Low Performer werden heutzutage kritischer denn je beäugt. Dennoch ist die Verantwortung, die Sie als Selbstständiger tragen, um einiges höher. Der Kampf um jeden einzelnen Kunden, die Organisation der eigenen Arbeit, die bürokratischen Verpflichtungen usw. – als Freelancer wird Ihnen einiges abverlangt. Überlegen Sie daher vorab genau, ob Sie der richtige Typ dafür sind.

12Checkliste: Selbstständigkeit ist mein Ding!

Sich Ziele setzen und diese selbstständig und motiviert verfolgen – für mich kein Problem.

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Ich kann damit leben, häufig kein regelmäßiges und stabiles Einkommen zu erzielen.

Ich bin bereit, in den ersten Jahren 50 Wochenstunden und mehr zu arbeiten, wenn es sein muss, auch am Abend und an den Wochenenden.

Neue Ideen verfolge ich mit Eifer und Überzeugung.

Ich behalte jedoch immer das Wesentliche im Auge.

Unangenehme Arbeiten schiebe ich nicht auf.

Wenn es mal kritisch wird, stecke ich nicht den Kopf in den Sand, sondern bemühe mich um eine Lösung.

Auch Rückschläge kann ich wegstecken.

Ich bin selbstbewusst und stehe hinter meiner Arbeit.

Ich gehe offen und sicher auf andere Menschen zu.

Auch bei schwierigen Menschen behalte ich die Beherrschung.

Ich bin aber auch bereit, meinen Standpunkt zu vertreten und meine Rechte zu wahren.

Weiterbildung in Eigeninitiative ist notwendig. Kein Thema!

Können Sie viele Aussagen für sich mit Ja beantworten oder gibt es noch ein paar Punkte, wo Sie sagen: „Na ja, hier müsste ich vielleicht noch mal schauen, wie ich das hinkriege“?

Grundsätzlich dürfen Sie auch Ihr Umfeld nicht außer Acht lassen. Vielleicht haben Sie kleine Kinder, die Sie betreuen 13müssen, oder pflegebedürftige Eltern oder Verwandte? Überlegen Sie genau, ob Sie das zeitlich unter einen Hut bekommen. Genauso wichtig ist der Rückhalt in der Familie: Wie reagiert Ihr(e) Partner(in)? Würde er oder sie es verstehen, wenn Sie sich in der ersten Zeit überdurchschnittlich beruflich engagieren oder wenn das große Einkommen erst einmal auf sich warten lässt?

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Achtung

Besprechen Sie mit Ihrem Partner genau, was auf Sie zukommen wird und welche Risiken, ob nun zeitlicher oder finanzieller Art, bestehen. Sicher ist es auch sinnvoll, die oben genannten Aussagen zusammen durchzugehen, um zu überprüfen, ob Sie mit Ihrer Selbsteinschätzung richtig liegen.

Welche Erfahrungen bringe ich mit?

Nachdem es bisher eher um Ihre innere Einstellung, Ihre Motivation und Ihre Unternehmereigenschaften ging, sollen nun Ihre Erfahrungen im Vordergrund stehen – und damit ist nicht Ihre fachliche Qualifikation gemeint. Es ist davon auszugehen, dass Sie darüber verfügen, wenn Sie sich für diese Tätigkeit entschieden haben. Interessant ist vielmehr: Wie gut kennen Sie die Branche? Haben Sie bereits als Festangestellter Erfahrungen gesammelt? Oder ein Praktikum absolviert? Kennen Sie die Unternehmen, die Sie als Kunden gewinnen wollen? Wie gehen Ihre Konkurrenten vor?

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Umfrage: Freiberufler sind gefragt

Sicherlich gibt es Tätigkeitsfelder, bei denen man üblicherweise gleich nach der Ausbildung die freiberufliche Schiene wählt, etwa im künstlerischen Bereich.

Generell gilt jedoch: Wenn Sie eine freiberufliche Tätigkeit aufnehmen wollen, dann ist eine gewisse Erfahrungsbasis unbedingt von Vorteil. Ob Sie diese Erfahrung im Rahmen einer Festanstellung gesammelt oder vielleicht auch nur ein Praktikum in einer Firma absolviert haben, sei dahingestellt. Wichtig ist, dass Sie ein gewisses Verständnis dafür haben, wie Projekte in Ihrer Branche abgewickelt werden, wie Auftragsverhältnisse funktionieren, wie bestimmte Entscheidungen vor Ort getroffen werden und welche Preise realistisch sind.

Wollen Sie eher im Privatkundenbereich tätig werden, ist es vielleicht sinnvoll zu erfahren, wie andere Dienstleister ihre Aufgaben wahrnehmen. Planen Sie beispielsweise, sich als Coach zu etablieren, könnten Sie das eine oder andere Coaching buchen, um zu sehen, was Sie für Ihre eigene Arbeit übernehmen wollen und was nicht.

15Erfahrungen aus der Praxis

Osterwold + Schmidt, Architekten: „Rückblickend war unser Schritt in die Selbstständigkeit so kurz nach dem abgeschlossenen Studium viel mutiger und lebensbestimmender, als uns damals bewusst war. Wir waren überzeugt von unserem unerschöpflichen Ideenpotenzial und unerschrocken vor sämtlichen Aufgaben, die uns wie selbstverständlich lösbar schienen. So barg dieser Beginn die große Chance in der unvoreingenommenen, teils auch unkonventionellen Arbeitsaufnahme mit dem Willen zur Realisierung unserer Projekte unter eigenem Namen. Zweifellos war das wirtschaftliche Risiko, den Start ohne gewachsene Struktur, längerfristig auskömmliche Projekte oder auch führungstechnische Erfahrungen zu wagen, mindestens genauso hoch. In diesem Sinne empfehlen wir jedem zum Bonus des ‚jugendlichen Elans’ und energischem Durchhaltevermögen ein ebenso solides Existenzgründerseminar, das mehr als den Ansatz einer ökonomischen Realität vermitteln sollte. Ebenso wichtig: Freunde oder Verwandte, die durchgehend an einen glauben und einem zur Seite stehen.“

Seien Sie gewiss: Sie werden im Laufe der Zeit noch viele Erfahrungen sammeln – ganz bestimmt auch nicht immer gute. Nach und nach wird sich jedoch eine gewisse Sicherheit einstellen.

Welche Leistungen will ich anbieten?

Die Entscheidung steht also: Von nun an wollen Sie als Freiberufler Ihr Geld verdienen. Sicherlich haben Sie auch schon gute Ideen, welche Leistungen Sie anbieten wollen.

16Die heißt es nun zu konkretisieren. Nur dann können Sie Ihre Leistungen auch Kunden verkaufen. Nehmen wir zum Beispiel den Satz: „Ich bin Coach mit Schwerpunkt Karriereberatung.“ Hier hat der Kunde vielleicht eine gewisse Vorstellung von Ihrer Tätigkeit, aber er weiß nicht genau, ob Sie wirklich das anbieten, was er gerade braucht.

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Praxistipp

Machen Sie zu Beginn ein Brainstorming: Nehmen Sie sich ein Blatt Papier zur Hand und notieren Sie alles, was Ihnen zu Ihrem Thema einfällt. Lassen Sie dabei die Wünsche und Vorstellungen Ihrer potenziellen Kunden nicht außer Acht. In welcher Situation braucht der Kunde Ihre Leistung? Womit können Sie ihm konkret helfen? Das Kapitel „Kennen Sie Ihre Kunden?“ ab Seite 26 gibt Ihnen hierzu weitere Anhaltspunkte. Überlegen Sie auch, ob eine bestimmte Spezialisierung für Sie sinnvoll ist.

Mit der Zeit wird Ihr Leistungsportfolio unter Umständen wachsen – sei es, weil Sie ein Kunde fragt, ob Sie auch eine zusätzliche Leistung erbringen können, oder weil sich neue Trends in Ihrem Bereich abzeichnen. Oftmals entsteht aber auch eine vielversprechende Idee zusammen mit anderen Freelancern. Gerade zu Beginn ist man oft geneigt, jede sich bietende Möglichkeit, Einkommen zu erzielen, wahrzunehmen, um seine Existenz zu sichern. Doch ein größeres Leistungsportfolio bringt auch Probleme mit sich, derer Sie sich bewusst sein sollten:

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Achtung

Wollen Sie verschiedene Leistungen anbieten, dann sollten Sie grundsätzlich darauf achten, dass der Kunde einen gewissen „Zusammenhang“ erkennen kann. Bestimmte Leistungskombinationen können schließlich 18auch einen Mehrwert für ihn bedeuten. Bevor man zwei Dienstleister beauftragt, nimmt man doch lieber einen, der beides anbietet. Lassen sich die Leistungen jedoch nicht geschickt kombinieren, dann ist eine getrennte Darstellung (zum Beispiel auf verschiedenen Webseiten) ratsam.

Mit der Steuernummer fängt alles an