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Band 18

 

Der erste Thort

 

von Michelle Stern

 

 

Im September 2036 startet die Menschheit in eine neue Ära ihrer Geschichte: Nachdem der erste Kontakt zu Außerirdischen hergestellt ist, soll die Erde geeint werden. Perry Rhodan möchte, dass die Menschen geeint zu den Wundern des Alls vorstoßen.

Gleichzeitig geht Rhodan ein gewagtes Unternehmen ein. Zusammen mit seinen Gefährten begibt er sich auf die Spur des Außerirdischen Crest. Mit einem Transmitter verschlägt es Perry Rhodan auf den Planeten Rofus, wo er zwischen die Fronten einer alles entscheidenden Schlacht gerät.

Dabei erfährt er mehr über ein uraltes Rätsel, das nicht nur für die Welten des Wega-Systems von großer Bedeutung ist: Der erste Thort, eine mythologische Gestalt, scheint unsterblich zu sein. Das ewige Leben ist also nicht nur ein Traum, sondern es kann für manche Lebewesen zu einer Tatsache werden ...

»Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen.«

(Isaac Asimov)

 

 

1.

Die Suche

Zardik, 15. September 2036

 

Die NESBITT-BRECK tauchte in die dünne Atmosphäre des Mondes ein.

Perry Rhodan lenkte den topsidischen Aufklärer sicher den fernen Bergen und Flüssen entgegen, die mit der hellen Oberfläche verschmolzen. Seine Bewegungen waren ruhig und routiniert. Inzwischen beherrschte er das überlichtschnelle Schiff ebenso gut wie Bull.

Hinter ihm lag Groll, der dreizehnte Planet des Wega-Systems, wie ein funkelnder Edelstein in der Schwärze des Alls. Auch den inneren Mond des Planeten konnte Rhodan auf einem der Holos sehen. Tholus trieb als blau schimmernde Scheibe im Licht der Wega auf seiner Bahn. Er wirkte wie ein fernes Spiegelbild Zardiks. Wie Geschwister kreisten die Monde Seite an Seite, wobei Zardik viel weiter außen lag und gut sechs Monate brauchte, um seinen Weg um Groll zu beenden.

Der zweite Mond des dreizehnten Planeten, zelebrierte Rhodan den Gedanken. Der dreizehnte Planet von über vierzig. Wie klein ist dagegen unser Sonnensystem! Es ist, als käme ich aus einem Spielzeugland.

Der Aufklärer raste der Mondoberfläche entgegen und durchbrach einen blaugrünen Himmel. Rhodan drosselte die Geschwindigkeit. Das Impulstriebwerk im Zylinderrumpf war wie das raumgreifende Transitionstriebwerk kaum in der inneren Kugel zu hören. Nur ein leises Summen an den Wänden der Zentrale zeigte das Wunderwerk des Schiffes an, das Perry Rhodan und Reginald Bull von der Oberfläche des Planeten Gol hatten bergen können.

»Ich übernehme, Rhodan.« Thora sah angespannt auf die Anzeigen der Ortungsgeräte. Die Haltung der Arkonidin war starr, wie festgefroren. Um ihren Mundwinkel grub sich eine Linie, die Rhodan dort zum ersten Mal bemerkte. »Suchen Sie nach Spuren. Es wäre gut, wenn sich die ganze Gruppe beteiligen würde, damit wir schneller Resultate erzielen.« Bei diesen Worten warf Thora einen Blick durch die Zentrale mit den verschiedenen Terminals.

Rhodan sah die wortlose Zustimmung von Bull, Sue und Chaktor an ihren Blicken. Der Teleporter Ras Tschubai wandte sich direkt dem Monitor an seinem Platz zu, um mit der Auswertung und manuellen Ergänzung der Positronik-Datensätze zu beginnen.

Einzig Lossoshér kauerte vornübergebeugt in unbequemer Sitzhaltung auf dem für Topsider ausgelegten Pneumositz, ohne auf Thoras Aufforderung zu reagieren. Der Transmitter-Wächter hielt den Kopf tief über eine holografische Aufzeichnung gebeugt, die aus einem würfelförmigen Gerät in seinen Händen abstrahlte. Ferronische Schriftzeichen standen in der Luft und forderten Lossoshérs gesamte Aufmerksamkeit. Vermutlich studierte er einmal mehr die für ihn heiligen Aufzeichnungen über die Standorte der Transmitter und die Vergangenheit seines Volkes. Soweit Rhodan wusste, befanden sich auf dem Würfel verschiedene Bücher, darunter das Buch des Großen Kampfes und das des Großen Lichtes. Ob Lossoshér noch einmal überprüfte, bei der Auswertung seiner Forschung nach dem Transmitter die richtigen Schlüsse gezogen zu haben? Sie waren auf ihn und seine Erkenntnisse angewiesen.

Kurz überlegte Rhodan, Lossoshér noch einmal auf das Transmittersystem anzusprechen, doch dann ließ er es bleiben und startete seinerseits das Programm, mit dem die Suche nach Bauwerken initiiert wurde.

Neben ihm hielt Thora den Blick auf die Steuerelemente gesenkt. Ihr Gesicht wirkte maskenhaft, die Augen fiebrig.

Rhodan schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Wir finden ihn.«

Thora hob den Kopf und lächelte flüchtig zurück. Es erschien einstudiert. »Ja, das müssen wir. Und zwar schnell. Uns läuft die Zeit davon.« Sie sah zu Lossoshér hinüber und senkte ihre Stimme. »Sind Sie wirklich sicher, dass Lossoshér uns helfen kann? Ja, ich weiß, dass er der führende Wissenschaftler Ferrols ist und beim Thort hoch gehandelt wird, aber ich weiß nicht, ob seine sogenannten heiligen Schriften uns wirklich weiterbringen. Ich habe mir Auszüge davon übersetzen lassen und kann Lossoshérs Interpretationen nur bedingt nachvollziehen.«

»Wir müssen seinen Fähigkeiten vertrauen«, sagte Rhodan ebenso leise. »Ich bin sicher, er gibt sein Bestes. Er schuldet uns etwas, und ich glaube nicht, dass er das vergessen hat.«

Rhodan sah in Gedanken den Berg aus Schutt und Trümmern vor sich, aus dem er Lossoshér befreit hatte. Im Grunde hatte Rhodan dem Ferronen das Leben gerettet, als das Gewölbe unter dem Roten Palast des Thort beim Angriff der Topsider eingestürzt war. Hätte er Lossoshér nicht ausgegraben, wäre der Transmitter-Wächter den feindlichen Invasoren in die Hände gefallen oder durch den Beschuss an Ort und Stelle gestorben.

Thora verzog die Mundwinkel. »Sie sind zu naiv, Rhodan. Ihr Glaube an das Gute widerspricht meinen Erfahrungen. Nicht jedes Intelligenzwesen überschlägt sich gleich vor Dankbarkeit, nur weil man ihm hilft.«

Die spitze Bemerkung zielte auf Chaktor ab, den zweiten Ferronen ihrer kleinen Gruppe. Der Raumfahrer stand Rhodan wesentlich näher als Lossoshér und vertraute ihm nahezu bedingungslos. Chaktor hatte auf seinem Mitkommen bestanden, da er die Lichtbringer begleiten wollte. Nachdem durch Rhodans Mithilfe eine friedliche Einigung zwischen Topsidern und Ferronen gelungen war, wich er kaum mehr von Rhodans Seite. Rhodan freute sich ehrlich über das gute Verhältnis.

In Terrania hatte er eine Botschaft für die Ferronen einrichten lassen. Aus galaktischer Sicht betrachtet, lag die Wega quasi um die Ecke. Die blauhäutigen Ferronen waren das erste Volk, mit dem sich die Menschheit nach den beiden Arkoniden Thora und Crest austauschen konnte. Dabei zeichnete sich bereits ab, dass es viele Unterschiede, aber noch mehr Gemeinsamkeiten gab.

Nebenbei überprüfte Rhodan die ersten Ergebnisse der Positronik. Thora lenkte den Aufklärer tief über ein Gebirge, damit die Sensoren die Oberfläche effektiv scannen konnten. Blauweißer Schnee glitzerte auf schroffen Aufwerfungen, die dem Himalaja ähnelten. Die Luft erschien anders als auf der Erde. Obwohl die Atmosphäre dünner war, wirkte das Gasgemisch auf ihn dicker, als besäße es mehr Substanz.

Rhodans Gedanken kehrten zu Crest zurück. »Es ist der sinnvollste Ansatzpunkt«, sagte er leise.

Thoras Gesicht verschloss sich. »Es ist meine Schuld. Durch mich wurde der Transmitter auf den Azoren vernichtet, den Crest benutzte. Nur wegen meiner Unvorsichtigkeit ist der Weg versperrt.«

»Sie wissen, dass das nicht stimmt, Thora. Sie können nichts dafür. Der Schirmgenerator im Transmitterraum wäre auch ohne Ihr Eingreifen explodiert.«

Durch die Vernichtung des Transmitters in der Unterwasserkuppel waren sie gezwungen worden, andere Wege zu nehmen. Es war Rhodan gewesen, der auf die Idee gekommen war, Lossoshér um Hilfe zu bitten. Der Transmitter-Wächter hatte aufgrund der Überlieferungen einen Anhaltspunkt, welche anderen beiden Transmitter mit dem auf der Erde verbunden sein könnten. Bedauerlicherweise war es nicht möglich, irgendeinen beliebigen Transmitter zu benutzen. Die Vernetzung untereinander gestaltete sich weitaus komplizierter, als Rhodan zunächst gehofft hatte. Auch war nach eingehender Prüfung kein Transmitter bekannt, der zur Erde führte. Doch Lossoshér vermutete auf Zardik einen verschollenen Transmitter, der mit einem weit entfernten blauen Planeten mit nur einem Mond vernetzt sein sollte.

Lossoshérs Wissen stellte vielleicht die letzte Chance für Crest dar, denn der Arkonide litt an einer tödlichen Krebserkrankung. Nur deshalb hatte Crest sich zu der Wahnsinnstat hinreißen lassen, zusammen mit Tatjana Michalowna und dem Topsider Trker-Hon durch den Transmitter ins Unbekannte zu gehen. Crest suchte die Welt des ewigen Lebens für seine Heilung. Dabei saß eine Hoffnung zu Crests Gesundung nur wenige Meter von Rhodan entfernt.

Nachdenklich musterte Rhodan aus den Augenwinkeln Sue Mirafiore. Die Jugendliche wirkte wie ein junges Mädchen. Ihr wesentlich reiferer Geist blieb im Körper einer Zehnjährigen gefangen. Sues innere Kräfte standen in keinem Verhältnis zu ihrem Äußeren. Sie konnte heilen und Leben nehmen. Durch ihre besondere Parabegabung eröffnete sie Rhodan die Möglichkeit, Crest zu helfen. Deshalb würde Rhodan nicht aufgeben. Er würde Crest finden und den Mentor der Menschheit retten.

Der stille Alarmmodus flammte auf, die Ortung schlug an. Rhodan wandte sich von den Scan-Ergebnissen ab. »Thora! Ortungsreflexe!« Er griff auf die Programme zu. Mehrere Impulse stiegen vom Planeten auf und gewannen rasch an Höhe. Sie näherten sich zielstrebig dem Schiff. Rhodan erfasste mindestens vierzig von ihnen, die wie Geschosse auf sie zujagten.

Thora fuhr erschrocken zu ihm herum. »Ein Angriff?«

»Unwahrscheinlich. Eher ...«

»Was ist da los?«, warf Bull von seinem Platz aus ein. »Da fliegt irgendwas auf unserer Höhe! Ich dachte, der Mond wäre unbewohnt.«

»Thora, weichen Sie aus!«

Thoras Reaktion kam deutlich verlangsamt. Rhodan stand kurz davor, die Arkonidin zur Seite zu schieben und die Steuerung an sich zu reißen. Durch ihre Sorge um Crest handelte sie nicht so souverän wie gewohnt.

Endlich schien die neue Situation auch bei Thora anzukommen. Ihre Finger flogen über die Felder. »Positronik, neuen Kurs berechnen!«

Thora hatte kaum zu Ende gesprochen, als Rhodan auf der Darstellung ein dunkler Fleck auffiel. »Da klatscht was gegen die Außenoptiken und macht sie blind.«

Unruhe entstand in der Zentrale. Chaktor und Bull sahen von ihren Plätzen aus ebenfalls nach, während Sue sich an ihrem Sitz festklammerte, als fürchte sie einen Absturz.

»Probleme im Lüftungssystem«, meldete Chaktor fast zeitgleich mit der Meldung der Positronik.

Parallel drehte das Holo, zoomte auf eine von zwei rot markierten Stellen und zeigte eine weitere Warnung.

»Die Andruckneutralisatoren ...« Hastig verlangte Rhodan ergänzende Daten.

»Was ...«, setzte Ras Tschubai an.

Der Aufklärer schwankte und sackte unvermittelt um mehrere Meter ab, als würde er in ein Luftloch fallen.

Lossoshér, Thora und Chaktor schrien am lautesten auf. Sue stöhnte gequält.

Rhodan hatte das Gefühl, in einer Achterbahn zu sitzen. Er presste die Zähne zusammen. Warum fielen die Absorber aus?

»Was treibt ihr denn da drüben?« Bull warf ihnen Blicke zu, die deutlich zeigten, dass er das Schiff lieber selbst geflogen hätte. »Gott, Perry, die NES ist kein Free-Fall-Tower.«

»Das muss ein Schwarm großer Flugtiere sein«, stellte Rhodan nüchtern fest, ohne auf den Sarkasmus seines Freundes einzugehen. »Durch die Vorbeschädigung der NESBITT-BRECK haben wir ein fehlendes energetisches Schutzgitter am Heck in Sektor C. Irgendwas von der Größe eines Adlers ist in den Aufklärer gesaugt worden und beeinträchtigt vorübergehend den Impulsantrieb und die Andruckabsorber.«

»Galanés«, sagte Lossoshér trocken. »Die größten auf dem Mond lebenden Säugetiere. Sie fliegen im Rudel und steigen in beachtliche Höhen auf, was durchaus zu Problemen mit dem Flugverkehr führen kann. Ich habe eine Abhandlung über die Gattung gelesen.«

Thoras Kopf fuhr herum, ihre roten Augen funkelten im künstlichen Licht. »Danke für die frühzeitige Warnung.«

Der Aufklärer gewann an Höhe, sackte jedoch unvermittelt ein zweites Mal ab.

Erneut kam sich Rhodan vor wie in einer Achterbahn, ein Eindruck, den die Aufschreie der anderen noch verstärkten. Er ignorierte das unangenehme Gefühl, mit dem sein Magen hinaufgepresst wurde. Konzentriert glich er ein Schlingern aus, das leicht zu einer Drehung hätte werden können.

Chaktor stürzte aus dem Sessel. Etwas fiel aus der Tasche seines Oberteils.

Rhodan sah aus den Augenwinkeln, wie Ras aufstand und Chaktor die Hand reichte.

Geistesgegenwärtig änderte er als Kopilot Thoras den Kurs leicht ab, um den letzten Tieren des Rudels auszuweichen. »Keine Sorge«, sagte er beruhigend. »Wir haben in wenigen Sekunden Abstand gewonnen. Die Galanés können uns nicht ernsthaft gefährden.«

Ras Tschubai half Chaktor auf, der sich hektisch an die Brusttasche fasste. »Mein Album ...«

Lossoshérs Stimme klang gehässig in Rhodans Rücken. »Sie sollten lieber Lesewürfel mitnehmen statt bunte Bildchen, Chaktor.«

Rhodan drehte sich um und sah Ras, der dem erleichtert lächelnden Chaktor das Gerät mit den bildlichen Aufzeichnungen seiner Familie gab. Chaktor aktivierte es. Eine seiner Frauen winkte Rhodan in Miniatur zu.

Mit einem freundlichen Nicken wandte Rhodan sich wieder ab. Auf dem Schirm sah er durch die Außenoptiken die Galanés vorbeiziehen. Sie sahen aus wie überdimensionierte Flughunde. Ein pelzartiger orangefarbener Besatz zog sich über die dreieckigen Körper.

»Wir sind raus.« Erleichtert lehnte Rhodan sich zurück. »Die Positronik wird uns beim nächsten Mal frühzeitig eine Warnung schicken, sollten wir auf weitere Flugtiere treffen. Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet wegen der dünnen Atmosphäre und der nur karg vorhandenen Pflanzenwelt.«

Neben ihm senkte Thora den Kopf. »Können Sie eine Weile übernehmen, Rhodan? Meine Konzentrationsfähigkeit ist offensichtlich gemindert. Ich denke, ich brauche eine Pause.«

»Gern.«

Thora übertrug ihm die Gesamtsteuerung und stand auf. Mit unsicheren Schritten verließ sie die Zentrale. Rhodan sah ihr nach. Sicher würde sie sich in einem der Quartiere im Zylinderteil neben der Kugel ausruhen. Und ganz sicher würde dieses Ausruhen wie in den letzten Tagen nicht länger dauern als ein paar Stunden. Auf der Suche nach Crest schenkte sich Thora nichts.

 

 

Sue Mirafiore

 

Sue Mirafiore blickte auf die faszinierende Welt, die die Positronik ihr holografisch offenbarte. Unter grünlich gestreutem Licht erhoben sich karge Felsen und Berge. Die Landschaft wirkte nicht nur echt, sie schien zu riechen und zu atmen. Von eisigen Flüssen stieg Dampf auf, grüne Wiesen wuchsen an ihren Flanken wie letzte Inseln in der Einöde des Mondes. Selbst da, wo nur Gestein lag, gab es Farben und Formen im Überfluss, immer neue Muster, die fremd und zauberhaft aussahen.

»Zardik ist so riesig«, flüsterte Sue in Reginald Bulls Richtung. Seitdem sie beide aus der Gewalt der Fantan entkommen waren, fühlte sie sich mit ihm besonders verbunden. Bull hatte alles für sie und Sid getan, damit sie wieder auf die Erde zurückkehren konnten.

»Er ist größer als der Mars.« Bull verzog das Gesicht. »Und so was nennt sich Mond. Ich dachte, Perry würde übertreiben, als er mir vor unserer Mission auf Gol vom Wega-System erzählt hat.« Er grinste verschmitzt. »Aber dann bin ich selbst mit ihm hingeflogen und konnte mir ein Bild machen. Beeindruckend, das muss ich schon sagen.«

»Sid hat es auch begeistert, obwohl er nur so kurz da war.« Sue dachte an den Teleporter Sid González, mit dem sie gemeinsam im Pain Shelter von John Marshall gelebt hatte, ehe die Dritte Macht ihre neue Heimat geworden war. Es ist verrückt. Sid war immer derjenige, der es kaum erwarten konnte, ins All zu kommen. Als ich ihn noch Spark nannte, hatte er nichts anderes im Sinn als den Weltraum. Nun fliege ich durch das Wega-System mit all seinen Wundern, und Sid ist in Terrania.

Sue hätte Sid gern mitgenommen, weil er kaum noch von etwas anderem sprach als dem Wega-System, doch Perry wollte die Anzahl der Expeditionsteilnehmer möglichst gering halten. »Ein kleiner, schlagkräftiger Trupp«, hatte er bei der Vorbesprechung in Terrania gesagt. Und Sue war dabei gewesen, schließlich besaß sie die Gabe, Crest zu heilen. Letztlich war es diese Fähigkeit, die ihr alle Türen öffnete. Sie spürte deutlich, dass ihre Kräfte durch die Erlebnisse als Besun der Fantan noch gewachsen waren. Umso sicherer fühlte sie sich, Crest retten zu können.

Im Zoom des Hologramms betrachtete Sue einen besonders auffälligen Berg und drehte ihn nach allen Seiten. Er ließ sie an den einzigen Tag mit Schneefall in Texas denken. Seine Konturen erinnerten sie an einen Schneemann, den sie mit den anderen Kindern vor dem Shelter im Garten nach einem ungewöhnlich heftigen Blizzard gebaut hatte. Damals noch einhändig. Sie drückte die Finger leicht zusammen, als könne sie selbst nicht fassen, nun zwei Hände zu besitzen. Das Nachwachsen der Hand erschien ihr nach wie vor wie ein Wunder.

Obwohl Sue Crest genauso wie die anderen finden wollte, fiel es ihr schwer, sich vom Zauber des fremden Mondes zu lösen und die zahlreichen Hinweise der Positronik zu überprüfen. Meistens genügten wenige Blicke, um auszuschließen, dass es sich um ein von Ferronen geschaffenes Bauwerk handelte. Zum Glück lief die Suche vollautomatisch. Es war Thoras Vorschlag gewesen, zusätzlich zur Positronik die Daten zu überprüfen. Obwohl die Schäden der NESBITT-BRECK mit Ersatzteilen der TOSOMA behoben waren, vertraute Thora der vollen Einsatzbereitschaft des Schiffes nicht. Der Vorfall mit den Galanés hatte sie in dieser Einschätzung sicher noch bestärkt. Auf der Suche nach Crest wollte sie keinen Fehler machen.

»Alles okay?«, fragte Bull nach.

Sue drehte sich zu ihm um. »Ja, alles klar. Ich dachte bloß gerade an Crest.« Sie senkte ihre Stimme. »Was ist, wenn wir zu spät kommen?«

»Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, dass Crest noch lebt. So leicht lässt sich einer wie Crest nicht unterkriegen.«

Sie lächelte dankbar. Er meinte, was er sagte. Sue hatte ihn noch nie lügen oder Halbwahrheiten sagen hören wie andere Erwachsene.

»Hey!«, rief Bull in dem Moment laut aus. »Ich hab was! Zum ersten Mal seit drei Stunden endlich ein vielversprechender Anblick! Nummer 523g.«

Eine Weile herrschte Schweigen. Wie Sue riefen sicher auch die anderen das entsprechende Bild auf und studierten es. Sie hatten bereits zwei Fehlschläge hinter sich. Doch die Ansicht, die vor Sue erschien, ließ ihr Herz höher schlagen. »Das sieht ja aus wie eine Kuppel!«

Bull grinste. »Was hast du erwartet, eine Pyramide?«

»Das ist es«, mischte sich Rhodan ein. »Ich gehe runter. Ras, sei so gut und verständige Thora persönlich. Die Neuigkeit wird sie sicher aufmuntern.«

Der Teleporter stand auf.

Fasziniert betrachtete Sue den Schneehügel, unter dem sich die symmetrische Form abzeichnete. In ihrem Magen kribbelte es. Vielleicht war das ein Transmitter. Sie konnte sich trotz aller bisher erlebten und überlebten Transitionen nicht vorstellen, wie es sein würde, durch einen Transmitterbogen zu gehen.

Sue schloss die Augen und fühlte einen Schwindel, der ihr angenehm vorkam. Ihre Welt war in den letzten Wochen verdammt groß und reich geworden.

 

 

Perry Rhodan

 

Rhodan betrachtete das gut vier Meter hohe Gebäude. Schnee hüllte es wie ein dicker Mantel ein, der kuppelförmige Umriss darunter war nicht auszumachen. Noch wurde er nur durch die topsidische Technik des Aufklärers sichtbar. Er wandte sich an Bull. »Das sieht nach Arbeit für deinen Roboter aus.«

Bull strahlte. »A-Eins ist voll einsatzbereit. Ich hole ihn.«

Während Bull zum Schiff hinüberging, trat Thora an das Gebilde heran. Mit dem Handschuh wischte sie auf Brusthöhe Schnee fort.

Rhodan erkannte eine graue Fläche, die wie Stahl wirkte.

Neben ihm ging Lossoshér auf und ab und beäugte den Hügel. »Es kann ein Transmitter sein. Die Größe stimmt. Ich habe schon mehrere von ihnen in Kuppeln gefunden. Außerdem gibt es sonst auf diesem Mond nichts Erbautes. Im Gegensatz zu seinem Bruder verfügt er nicht über Bodenschätze oder andere Ressourcen von Wert.«

Sue ging zu Thora und half ihr, den Schnee mit der Hand zu entfernen. Tschubai dagegen stand einfach nur da, still wie eine Statue, und blickte andächtig auf ihren Fund.

Rhodan fühlte Ehrfurcht, wenn er daran dachte, was vielleicht vor ihm verborgen lag. Die Transmitter der Ferronen waren Tausende von Jahren alt. Mit ihnen ließen sich unvorstellbare Entfernungen mit einem Schritt in Nullzeit überbrücken. Unwillkürlich musste Rhodan an die Siebenmeilenstiefel aus dem Märchen denken und Bulls alten Witz, er solle dann aber aufpassen, nicht zerrissen zu werden.

Bull kehrte zurück. An seiner Seite fuhr ein Roboter von knapp zwei Metern Höhe über das unebene Gelände. Durch verschiedene Rollen bewegte er sich trotz des tiefen Schnees sicher und gleichmäßig. Irdische und arkonidische Technik vereinten sich in der Maschine, wobei die irdischen Aufrüstungen zum Großteil auf arkonidische Konstruktionen zurückgingen. Es war der erste Versuch Terranias, arkonidische Kampfroboter zu modifizieren. Zwar stellte A1 oder PROTO, wie Bull ihn meist nannte, noch keine eigene Konstruktion dar, aber er war ein Meilenstein auf dem Weg dorthin.

Bull war kein Militär, aber dennoch lag in seinen Zügen ein gewisser Erfinderstolz, als er den wendigen Roboter mit der Arbeit anfangen ließ. Weit schneller als die Menschen befreite die schwarz glänzende Maschine die Kuppel von Schnee und Eis. Sie setzte dafür sechs Arme mit ausfahrbaren Handflächen ein, die wie Fächer aussahen. Um an höhere Bereiche zu kommen, nutzte sie einen Flugmodus. Das zischende Geräusch des Antriebs klang überlaut in der Stille der schneebedeckten Landschaft.

Rhodan blickte über das Plateau hinweg, auf dem sie sich befanden. Schroffe Felswände fielen steil ab. Weit unter ihnen floss einer der wenigen Flüsse des Mondes und suchte sich seinen Weg durch rotbraunes Gestein. Grünflächen begrenzten ihn. Das Bild wirkte friedlich, so unberührt, wie es nur noch wenige Gebiete auf der Erde waren. Es weckte Respekt vor der Natur. Selbst unter diesen Bedingungen fand das Leben einen Weg.

»Das muss der Eingang sein!« Thora winkte hektisch in seine Richtung. »Kommen Sie, Rhodan.«

Rhodan kam heran. In der metallenen Fläche zeichnete sich eine kaum wahrnehmbare Rille ab. »Sehen Sie einen Öffnungsmechanismus?«

Sie suchten zu siebt, sogar Lossoshér beteiligte sich, doch sie fanden weder eine Schaltfläche noch sonst einen Hinweis, der auf einen Schalter schließen ließ. Thoras Finger glitten immer hektischer über das Material.

»Ras.« Rhodan drehte sich zu dem Teleporter um. »Kannst du mit Lossoshér hineinspringen? Vielleicht könnt ihr von innen etwas ausrichten.«

Tschubai nickte zustimmend, Lossoshér kam aufgeregt näher. Seine blaue Haut erschien Rhodan eine Nuance dunkler. Der ungewöhnlich große Ferrone schritt unsicher durch den Schnee und erinnerte Rhodan dabei an einen Graureiher.

Sie traten von der blau schimmernden Kuppel zurück und überließen Lossoshér und Tschubai das Feld. Wenige Sekunden später verschwanden beide Männer. Nur ihre Schuhabdrücke bezeugten, dass sie eben noch vorhanden gewesen waren.

Thora trat von einem Fuß auf den anderen, ihre Stiefel versanken bis auf Knöchelhöhe im Schnee. »Wir sollten Schutzanzüge anlegen. Auf Zardik mag die Atmosphäre atembar und der g-Wert erträglich sein, aber wer weiß, wo wir herauskommen.«

»Wir müssen erst überprüfen, ob das ein Transmitter ist«, widersprach Bull. Er gab PROTO ein Zeichen. Der Roboter schwebte in die Luft und kam auf sie zu. Dabei machte er einen formvollendeten Salto. Sue klatschte lächelnd in die Hände.

Rhodan verkniff sich die Bemerkung, dass PROTOS Hauptfunktion trotz der ganzen Nachrüstungen nach wie vor die eines arkonidischen Kampfroboters war. Was sich hinter dem schwarzen Lack und der polierten Oberfläche verbarg, stand in krassem Widerspruch zu Bulls putzig anmutender Vorführung. Er wusste, dass Bull auf die Vernichtungskraft der Maschine nicht stolz sein konnte. Den Freund widerten Krieg und Militär an. Bull war es zu verdanken, dass PROTO eine Betäubungsfunktion besaß und die Strahler der gesamten Gruppe dank einer leichten Modifikation zu Kombistrahlern mit der gleichen Funktion umgebaut worden waren.

Thora verzog die Mundwinkel. »Spielereien!« Ihr Gesichtsausdruck zeigte Rhodan, für wie unterentwickelt sie die Aufrüstungen hielt. Noch hinkte die menschliche Technik der arkonidischen weit hinterher.

Aber es wird nicht immer so sein. Terrania wächst, und mit der Stadt verbessern sich Tag für Tag unsere Erzeugnisse und Möglichkeiten. Wir sind nicht stehen geblieben wie die Arkoniden. Wir wachsen mit. Und Thora weiß das.

Thora wandte sich von Bulls Demonstration ab und stapfte durch die Schneedecke. Es vergingen einige Minuten, in denen sie unruhig auf und ab ging, während Bull und Sue den Roboter immer neue Kunststücke zeigen ließen. Chaktor stand bei ihnen und sah dem Schauspiel begeistert zu. Rhodan fiel auf, wie leichtfüßig Chaktor ging, als er dem Roboter folgte. Der kleine, kompakte Körper des Ferronen stand in krassem Gegensatz zu der schwebenden Art, sich in der für ihn niedrigen Schwerkraft zu bewegen.

Ein zischendes Geräusch erklang, das schlagartig die Aufmerksamkeit aller weckte. Vor ihnen fuhr das silberne Material in einem Stück von gut zwei auf zwei Metern nach unten in die Kuppel hinein. Gegen das blassblaue Licht der Wega zeichneten sich die Silhouetten von Tschubai und Lossoshér ab.

Lossoshér strich über eine Fläche an der Wand. Blendend weiße Leuchten ließen Rhodan die Augen zusammenkneifen. Der Transmitter-Wächter deutete eine Neigung des Oberkörpers an, als wolle er sich verbeugen. »Willkommen im Transmitter von Zardik.«

Thora ging voran. Rhodan folgte ihr. Hinter sich hörte er leise Worte von Sue und Chaktor. Durch den neuen Translator konnten sich die beiden vollkommen problemlos verständigen. Die im Fettgewebe injizierte Positronik suchte sich bei jedem Träger einen individuellen Weg, an das Nervensystem anzudocken, und machte schon nach kurzer Zeit eine Verständigung mit Fremden möglich. Der Translator reagierte auf die Absicht des Sprechers und wurde nur aktiv, wenn es nötig war. Die Geräte waren Prototypen, aber bislang funktionierten sie einwandfrei.

Sie folgten einem Gang mit metallenen Wänden, der sich wie eine Schlange in die Kuppel hineinwand. Dabei fiel der Boden stetig ab. Im hellen Licht erkannten sie jede Einzelheit, wobei es zunächst wenig zu sehen gab. Der runde Gang war vollkommen leer. Seine Wände schimmerten im Licht und warfen rätselhafte Reflexe an die Decke.

Rhodan erinnerten die Lichtspiele an Spiegelungen von bewegtem Wasser, nur dass es nirgendwo Wasser gab. Es musste an bestimmten Eigenschaften des Metalls liegen.

Nach wenigen Metern erreichten sie einen ebenerdigen Raum. Thora zögerte am offenen Durchgang. Rhodan trat neben sie und warf einen Blick auf den Transmitter, der mittig zwischen den Wänden stand. Eine Plattform bot genug Platz für eine Handvoll Menschen. Wie andere Transmitter wirkte auch dieser im aktivierten Zustand wie ein Stützbogen, der seiner Funktion enthoben worden war. Zwei Säulen ragten links und rechts auf, die sich nach oben hin verjüngten. Blaues Licht schoss in Form armdicker Energiestrahlen aus ihnen hervor und schloss das obere Ende. Der Transmitter stand frei im Raum, ein Durchgang ins Unbekannte. An seiner Seite glänzte eine Reihe von Feldern, die auf Hüft- und Brusthöhe in den Bogen integriert waren. Für die meisten Ferronen lagen sie auf Höhe der Schultern und ließen sich bequem im Stehen bedienen.

Thora begutachtete die Schaltflächen. »Was denken Sie, Lossoshér? Können Sie einen kontrollierten Übergang initiieren?«

Lossoshér zögerte mit der Antwort. »Er unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht großartig von anderen Exemplaren. Ich denke schon.«

Thora runzelte die Stirn. »Sie denken?«

Rhodan fiel auf, wie nervös der alte Ferrone wirkte.

Lossoshérs Stimme klang selbstsicher, doch die tief liegenden Augen schienen mit ihren Blicken einen Fluchtweg zu suchen. Seine Schultern sanken ein. »Ich kann uns durch den Transmitter führen und im Notfall sofort wieder zurück.«

»Wundervoll«, sagte Thora spröde. »Worauf warten wir dann noch? Machen Sie Ihre Kontrollen, damit wir aufbrechen können.«

Rhodan fasste ihre Schulter. »Zuerst gehen wir ins Schiff zurück und rüsten uns richtig aus. Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass wir nicht wissen können, wo wir herauskommen. Sauerstoffmasken allein sind vielleicht zu wenig.« Er wandte sich an Lossoshér. »Oder wissen Sie, was uns beim Gegentransmitter erwartet? Kennen Sie den Zielort?«

»Leider nein«, gab Lossoshér zu.

»Also gut. Gehen wir es an.« Aufmunternd sah Rhodan in die Runde. Nicht nur Lossoshér erschien ihm angespannt. Auch Sue und Chaktor zeigten Anzeichen von Aufregung, ebenso Bull, auch wenn er sie hervorragend verbarg. Nur das leichte Zucken seines rechten Mundwinkels verriet Rhodan, dass sein Freund unsicher war. »Rüsten wir uns aus und holen wir Crest zurück«.

2.

Der Retter des Universums

Terrania, 15. September 2036

 

Die Sterne leuchteten über der Gobi. Funkelnde Lichter von Sonnen und Planeten schimmerten in der Dunkelheit, malten ihre Bilder in den Nachthimmel. Die Luft war kühl und roch leicht salzig. Eine Brise strich durch die Zeltbahnen und ließ sie flattern. Außer dem schlagenden Geräusch der Planen und dem kaum wahrnehmbaren Kratzen von Sand auf Geröll herrschte Stille.

»Hast du's endlich?«, flüsterte Mildred Orsons in den arkonidischen Helm, den sie sich mithilfe von Allan D. Mercant ausgeliehen hatte. Sie und Julian Tifflor trugen beide das gleiche Modell. Es war ihnen gelungen, die beiden Helme nach unten abzudichten und den internen Funk zu aktivieren. In der Nacht hallte jedes Wort. Auf diese Art konnten sie sich nach außen hin vollkommen lautlos verständigen.

»Gib mir noch einen Moment«, zischte Tiff zurück. Der Blick seiner braunen Augen richtete sich konzentriert neben die Sicherheitstür des vor ihnen aufragenden Gebäudes. Ein rechteckiges Feld mit Chipkarten-Einzug schimmerte dort auf.

Mildred schluckte nervös. Ihr Magen zuckte, gleichzeitig fühlte sie sich lebendig wie selten zuvor. Wir sind verrückt. Wir steigen in das Lakeside ein. Sicher sind wir die Ersten, die das versuchen. Mildred mochte es, ein bisschen verrückt zu sein. Genauso wie sie das Kribbeln in ihrem Bauch liebte.

Tiff zog eine Chipkarte hervor, die er von einer Angestellten des Lakeside Institute erhalten hatte. Die Laborassistentin hatte ihren Job vor wenigen Stunden hingeschmissen, um nach Teheran in ihr altes Leben zurückzukehren. Nicht jeder war den Anforderungen und Bedingungen in Terrania gewachsen.

Mildred bewunderte Tiffs Art, wie er der Frau – Shari Ghüren – die Karte am Nachmittag entlockt hatte. Nicht einmal Geld hatte er Shari bieten müssen. Gleichzeitig war Mildred ein winziges bisschen eifersüchtig.

So ein Quatsch, wies sie sich selbst zurecht. Sie fand das Gefühl von Eifersucht anmaßend und spürte es nicht gern. Tiff war nicht ihr Besitz. Außerdem hatte Ghüren ihnen die Chipkarte nur überlassen, weil sie eine der Eingeweihten war, die wusste, was Mildred, Tiff und Timothy Harnahan für die Menschheit getan hatten. Dank ihrer Hilfe war es Crest gelungen, den Befehl über die TOSOMA zu übernehmen und das Schlachtschiff gegen die Fantan einzusetzen. Auch wenn es der Hilfe vielleicht in letzter Konsequenz gar nicht bedurft hätte, da die Fantan ins Wega-System abzogen, hatten Mildred, Tiff und Timothy sich mit ihrem eigenwilligen Ausflug ins All einen besonderen Platz in Terrania erkämpft. Nicht zuletzt deshalb, weil Timothy in einem Wesen namens Harno aufgegangen war und es für Außenstehende so wirkte, als habe er sich für Terrania geopfert.

Mildred sah das anders. Timothy wollte im Weltall sein, er hatte seine Chance genutzt. Ob er ihnen zusehen konnte, vom Titan oder einem anderen Allkörper aus? Oder war er schon viele Lichtjahre entfernt, an den Orten, von denen er immer geträumt hatte?

»Ich hab's!« Die Tür glitt lautlos auf. »Nach Ihnen, Mylady.«

Mildred folgte Tiffs galanter Aufforderung, zwängte sich durch den Spalt und fand sich in einem langen weißen Gang wieder. Eine schwache Notbeleuchtung fiel auf blassgrünen Linoleumboden.