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Alexandre Dumas

 

 

 

 

Agenor und die Maurin

 

Impressum

Covergestaltung: Olga Repp

Digitalisierung: Gunter Pirntke


BROKATBOOK Verlag Gunter Pirntke


2017 andersseitig.de


ISBN

9783961183593 (ePub)

9783961183609 (mobi)

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Dresden

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Inhalt

Impressum

Erstes Kapitel: Agenors Reise nach Frankreich.

Zweites Kapitel. Madame Tiphaine Raguenel.

Drittes Kapitel. Der Bote.

Viertes Kapitel. Die Rückkehr.

Fünftes Kapitel. G i l d a z

Sechstes Kapitel. Wie Hafiz seine Reisebegleiterin führte.

Siebentes Kapitel. Marias Ring und Aissa's Dolch.

Achtes Kapitel. Wie der Gouverneur des Schlosses zu Bordeaux anstatt eines einzelnen Gefangenen eine ganze Armee in Freiheit setzte.

Neuntes Kapitel. Wie Mothrils Verbrechen einen für ihn glücklichen Erfolg hatte.

Zehntes Kapitel. Wie Agenor erfuhr, dass er zu spät gekommen war.

Elftes Kapitel. Die Pilger.

Zwölftes Kapitel. Die Höhle bei Montiel.

Dreizehntes Kapitel. Vorbereitungen.

Vierzehntes Kapitel. A i s s a.

Fünfzehntes Kapitel. Die Flucht.

Sechzehntes Kapitel. Diplomatie der Liebe.

Siebzehntes Kapitel. Was sich in dem Zelte Le Begue's de Villlines ereignete.

Achtzehntes Kapitel. Der Kopf und die Hand.

 

Erstes Kapitel: Agenors Reise nach Frankreich.

 

Der letzte Band der Erzählung: „der Bastard von Mauleon" schloss mit der Schilderung der blutigen Schlacht von Navaretta am 3. April 1368, in welcher das Heer Don Enrigo's di Trastamare, Halbbruders des Königs Don Pedro von Spanien, unter welchem der Connetable Duguesclin kommandierte, von der Armee des Königs in Verbindung mit einem englischen Hilfskorps unter Anführung des Prinzen Eduard von Wales, genannt der schwarze Prinz, total geschlagen wurde. Wir haben erzählt, dass Duguesclin und der Ritter Agenor, genannt der Bastard von Mauleon, von dem englischen Prinzen gefangen genommen wurde, dass er es aber dem Letzteren erlaubte, nach Frankreich zurückzukehren, um das Lösegeld für den Connetable zu holen, und wir haben unsern Helden verlassen, während er, begleitet von seinem treuen Schildknappen Musaron, auf der Straße nach Frankreich fortjagte.

 

Indem wir die Leser um des Zusammenhanges willen auf jene Erzählung verweisen, nehmen wir hier den Faden derselben wieder auf.

 

Don Pedro's Einzug in Burgos geschah mit allem Glänze eines rechtmäßigen Herrschers, der einen entscheidende!! Sieg über seine Feinde davongetragen hat.

Da die Rebellen jetzt nichts mehr zu hoffen hatten, so unterwarfen sie sich, und Don Pedro, durch .ihre bereitwillige Ergebung und die dringenden Vorstellungen des Prinzen von Wales milder gestimmt, begnügte sich damit, ein Dutzend Bürger aufhängen, einige hundert andere von seinen Soldaten durchprügeln zu lassen und der Stadt eine tüchtige Kriegssteuer auszulegen. Er schlug sogar sein Hoflager daselbst auf; Bälle und Turniere folgten ohne Unterbrechung auf einander, es wurden Ämter, Würden und andere Belohnungen gespendet und man vergaß des Krieges, ja sogar des Hasses.

 

Die Wachsamkeit des Sarazenen Mothril, des allmächtigen Ministers Don Pedro's, ermüdete jedoch nicht; aber anstatt sich als kluger Staatsmann auf d« kommenden Ereignisse und den möglichen Wiederbeginn eines Krieges vorzubereiten, schläferte er den König im Gefühle ein völligen Sorglosigkeit immer mehr ein.

 

Schon hatte Don Pedro die unzufriedenen Engländer entlassen; aber der Prinz von Wales verlangte Ersatz der Kriegskosten und legte dem König die Berechnung derselben vor, über deren Größe dieser nicht wenig erstaunte. Da er es nicht für ratsam hielt, jetzt, wo seine Untertanen noch nicht einmal Zeit gehabt hatten, sich von den Kriegslasten zu erholen, schon wieder Steuern zu erheben, so bat er den Prinzen um Gesundung. Dieser aber, welcher seinen Verbündeten zu genau kannte, hatte keine Lust zu warten und bestand auf seiner Forderung. So zogen sich von neuen drohende Gewitterwolken um den Thron Don Pedro's zusammen, die seine Lage zu einer keineswegs beneidenswerten machten.

 

Dies war der Augenblick, den Mothril gewünscht und vielleicht sogar vorausgesehen hatte. Er schien nicht im geringsten beunruhigt durch die Forderungen des englischen Prinzen, sondern lächelte vielmehr darüber, indem er dem König vorstellte, dass hunderttausend Sarazenen wohl zehntausend Engländer aufwogen, dass sie weniger kosteten, dass sie Spanien den Weg zu großen Besitzungen in Afrika bahnten und dass eine Doppelkrone das Resultat seiner Politik sein würde.

 

Dann machte er ihn darauf aufmerksam, dass das einzige Mittel, die beiden Kronen dauerhaft auf einem Haupte zu vereinigen, eine Verbindung sei, dass eine Tochter der alten arabischen Fürsten aus dem ehrwürdigen Geblüte der Kalifen, an Don Pedro's Seite auf dem katalanischen Thron sitzend, in Zeit von einem Jahr ganz Afrika, vielleicht das ganze Morgenland unter spanische Oberherrschaft vereinigen würde, und es versteht sich von selbst, dass diese Tochter der Kalifen niemand anders war als Nissa.

 

Von jetzt an ebnete sich der Weg für Mothril immer mehr und er näherte sich dem Ziele seiner höchsten Wünsche. Mauleon war ihm kein Hindernis mehr, da er sich nicht mehr in Aissa's Nähe befand; dagegen aber ließ sich von Seiten Aissa's selbst ein ernster Widerstand erwarten. Doch einer überlegenen Gewalt muss endlich auch der heftigste Widerstand weichen. Es kam nur darauf an, dem jungen Mädchen zu beweisen, dass Mauleou ihr nicht treu war, und dies hatte keine Schwierigkeit für einen Menschen wie Mothril, der kein Mittel scheute, um seinen Zweck zu erreichen.

 

Noch ein andres und größeres Hindernis war aber die schöne und stolze Maria Padilla, welche, durch die Macht der Gewohnheit und der Sinnenlust noch immer eine unumschränkte Herrschaft über Don Pedro ausübte. Seitdem sie Mothrils Absichten durchschaut hatte, arbeitete sie denselben mit einer Geschicklichkeit entgegen, wie man sie von einer Frau von so seltener Klugheit nur erwarten konnte.

Sie kannte Don Pedro's geheimste Wünsche und wusste ihn immer wieder von neuem an sich zu fesseln. Folgsam und demütig, wenn sie mit dem König allein war, gebieterisch und herrschsüchtig allen Andern gegenüber, unterhielt sie fortwährend ein geheimes Einverständnis mit Aissa, deren ganze Freundschaft sie sich zu erwerben gewusst hatte.

 

Sie sprach beständig von Agenor mit ihr und vermied es sorgfältig, ihre Gedanken auf Don Pedro zu lenken; auch bedurfte die innige und treue Liebe des jungen Mädchens keiner Anregung, denn sie konnte nur mit ihrem Leben erlöschen.

Aissa war nicht wieder am Hofe erschienen; sie erwartete geduldig die Erfüllung des ihr von Maria Padilla gegebenen Versprechens, ihr sichere Nachrichten von dem Geliebten zu verschaffen. Maria hatte wirklich einen sichern Boten an Mauleon abgeschickt, mit dem Auftrage, ihm den Stand der Dinge mitzuteilen und seiner geliebten Aissa ein Andenken von ihm zu bringen. Dieser Bote war niemand anders als der Sohn der alten Amme, in deren Gesellschaft Agenor ihr als Zigeunerin verkleidet früher einmal begegnet war.

 

So standen sich die beiden unversöhnlichen Feinde Donna Maria und Mothril einander gegenüber und erwarteten, um sich zu messen, nur den Augenblick, wo sie durch Ruhe und reifliches Nachdenken in den vollen Besitz aller ihrer Kräfte gekommen sein würden.

Indessen eilte Agenor von Mauleon, obgleich er die treue Liebe bewahrte, die ihn an Spanien fesselte, mit leichtem und fröhlichem Herzen seinem Vaterlande zu; allein dabei verhehlte er sich keineswegs das Schwierige seiner Lage.

 

Seine durch die Hochherzigkeit des Prinzen von Wales wiedererlangte Freiheit war ein Glück, um dessen Fortdauer ihn gewiss viele beneideten. Er trieb daher sein Pferd zu möglichster Eile an und schonte es so wenig, dass das edle Thier schon in Bordeaur vor Ermattung zusammenbrach und er es hier zurücklassen musste, um es auf der Rückreise wieder mitzunehmen. Den noch übrigen Teil des Wegs legte er mit gemieteten Pferden zurück und kam gänzlich erschöpft bei dem Könige Karl an, der über das unerwartete Erscheinen unsres Reisenden nicht wenig erschrak.

„Wie? Ihr seid es, Messire von Mauleon?" rief der König; „was führt Euch so unerwartet zu mir?"

„Mein gnädigster König," antwortete Agenor, sich auf ein Knie niederlassend, „ich bringe Eurer Majestät eine traurige Nachricht: Eure Armee in Spanien ist geschlagen — ja sie ist gänzlich vernichtet!"

„Der Wille Gottes geschehe!" ersetzte der König erbleichend, „wie befindet sich der Connetable?"

 

„Sire, der Connetable ist von den Engländern gefangen genommen worden."

 

Der König stieß einen tiefen Seufzer aus; indessen fasste er sich bald wieder und sagte:

„Erzähle mir etwas Näheres über die Schlacht; wo hat sie stattgefunden?"

 

„Bei Navaretta, Sire," erwiderte Agenor und berichtete dann den Hergang des unglücklichen Treffens, die Vernichtung der Armee, die Gefangennahme des Connetables und seine eigene fast wunderbare Befreiung durch den schwarzen Prinzen.

 

„Ich muss den Connetable loskaufen," sagte Karl V., als Mauleon geendet hatte, „wenn anders man ihn für ein Lösegeld freigeben will."

 

„Sire, die Auslösungssumme ist bereits festgesetzt."

 

„Wie hoch beläuft sie sich?"

 

„Auf sechziglausend Goldtaler."

 

„Wer hat die Summe bestimmt?" fragte der König, über diese ungeheure Zahl erschreckend.

 

„Der Connetable selbst," erwiderte Agenor; „aber macht Euch keinen Kummer wegen des Lösegeldes. Der Connetable hat mir aufgetragen, zu seiner Gattin zu gehen, welche hunderttausend Taler von ihm in Verwahrung hat und sie gewiss mit Freuden für seine Befreiung hergeben wird."

 

„Der wackere Mann!" rief Karl erheitert; „er ist also ein ebenso guter Wirt als tapfrer Kriegsheld. Nun wohl, ich nehme die sechzigtausend Thaler als ein Darlehn von ihm an und werde sie ihm bald zurückerstatten. Aber wenn nun die Summe nicht mehr vorhanden wäre? denn die edle Gattin des Connetable lässt keinen Hilfsbedürftigen mit leeren Händen von ihrer Tür gehen."

 

„Für den Fall, dass seine Gemahlin kein Geld mehr haben sollte, hat mir der Connetable den Auftrag erteilt, die ganze Bretagne mit dem Aufrufe zu durchziehen: Bretagnische Männer und Frauen! der tapfre Connetable Bertrand Duguesclin ist von den Engländern gefangen genommen worden und fordert Euch auf, sein Lösegeld aufzubringen."

 

„Vortrefflich!" rief Karl mit lebhafter Freude. „Aber Du musst ganz Frankreich durchziehen und ich werde Dir eines meiner Reichsbanner und drei Waffen-Herolde mitgeben. Indessen wollen wir von diesem Mittel nur im höchsten Notfall Gebrauch machen und wo möglich das Unglück von Navaretta in aller Stille wie» der gut zu machen suchen."

 

„Dies ist unmöglich, Sire, denn nicht nur wird der fliehende Prinz Don Enrigo di Trastamare sehr bald hier sein, sondern die Engländer werden auch ihren Sieg durch alle gascognischen Trompeten ausposaunen lassen, und überdies werden die in ihre Heimat zurückkehrenden verwundeten und verstümmelten Bretagner ihr trauriges Schicksal allenthalben verkündigen."

 

„Du hast Recht, Mauleon; so geh denn und wenn Du den Connetable wiedersiehst, so sage ihm, dass ich nichts für verloren halte, wenn ich nur ihn wieder in Freiheit weiß,"

 

„Der Connetable hat mir noch aufgetragen, Euch zu sagen, dass sein Plan auf dem besten Wege des Gelingens fei, denn die spanische Hitze habe so manche französische Ratte verzehrt, die sich nicht an das Klima gewöhnen konnte."

 

„Der wackre Bertrand! Bei allem Unglück hat er dennoch seine heitere Laune bewahrt."

 

„Er lässt sich durch nichts zu Boden drücken, Sire; er bleibt sich im Glück wie im Unglück immer gleich."

 

Agenor nahm hierauf Abschied vom Könige, der ihm ein Geschenk von dreihundert Livres auszahlen ließ. Unser Held schaffte sich für hundert Livres zwei tüchtige Streitrosse an, schenkte zehn Livres seinem getreuen Musaron und kaufte diesem noch außerdem einen Helm, welcher dem hocherfreuten Knappen ein noch stattlicheres Aussehen verlieh.

 

Mauleon begann nun seine Wanderung und erreichte bald in der heitersten Stimmung die Grenzen der Bretagne. Hier schickte er seinen Knappen an den Grafen Johann von Montfort ab, um von diesem die Erlaubnis zu erbitten, Madame Tiphaine Raguenel, die Gattin des Connetables, zu besuchen und das zur Auslösung desselben erforderliche Geld in Empfang zu nehmen.

 

„Ich erlaube es nicht nur," erwiderte der junge Graf dem Boten, „sondern ich verlange es sogar. Erhebt auf meinen Besitzungen so viel Beiträge als Ihr bedürft, denn es ist mein innigster Wunsch, dass der große Connetable nicht allein frei, sondern auch dass er mein Freund werde, sobald er in die Bretagne zurückkehrt."

 

Diesen Worten getreu empfing der Graf unsern Helden mit der größten Auszeichnung, überreichte ihm das jedem königlichen Abgesandten zukommende Geschenk und ließ ihn durch ein glänzendes Gefolge zur Dame Tiphaine Raguenel geleiten, die auf la Roche d'Ayrien, einer ihrer Familienbesitzungen, wohnte.

 

 

Zweites Kapitel. Madame Tiphaine Raguenel.

 

Tiphaine Raguenel war eine der tadellosen Frauen, wie sie großen Helden nicht oft zu Teil werden; auch genoss sie sowohl von ihrem Gatten als in der ganzen Umgegend der höchsten Ächtung. Sie war von edler Herkunft und in ihrer Jugend sehr schön gewesen. In Folge ihrer hohen Bildung übertraf sie viele gelehrte Rathsherren an Verstand und Einsicht und vereinigte mit diesen kostbaren Eigenschaften die beispiellose Uneigennützigkeit ihres Gatten.

 

Als sie die Nachricht von der Annäherung eines Abgesandten des Connetables erhielt, brach sie sogleich mit ihren Pagen und Ehrenfräulein auf und erwartete mit ängstlich klopfendem Herzen an der Zugbrücke des Schlosses die Ankunft Mauleons. Dieser verbeugte sich vor ihr mit der feierlichen Miene eines Trauerboten und ließ sich dann auf ein Knie nieder.

 

„Sprecht, Herr Ritter," begann Tiphaine, „ich ahne es, dass Ihr mir traurige Nachrichten von meinem Gatten bringt und bin darauf vorbereitet."

 

Agenor begann jetzt die schmerzliche Erzählung, welche Madame Raguenel anhörte, ohne ihre Verwunderung zu erkennen zu geben, nur der traurige Ausdruck ihres Gesichts trat immer deutlicher hervor.

 

„Also," sprach sie, „mein Gatte selbst hat Euch an mich abgesandt, Herr Ritter?"

„So ist's, Madame", antwortete Mauleon. „Und haben seine Feinde die Auslösungssumme schon festgesetzt?"

 

„Er selbst hat die Summe auf sechzigtausend Goldtaler bestimmt."

 

„Dies ist nicht zu viel für einen so großen Feldherrn; aber woher gedenkt er sie zu nehmen?"

 

„Er erwartet sie von Euch, Madame; er hat mir gesagt, dass Ihr hunderttausend Goldtaler habt, die Messire Bertrand aus dem letzten Feldzuge mitgebracht hat."

 

„Es ist wahr, die Summe betrug allerdings so viel, allein sie ist ausgegeben."

 

„Wie? die ganze Summe?" rief Mauleon unwillkürlich, indem er sich der Worte des Königs erinnerte.

 

„Ja, und zwar zu ehrenvollen Zwecken, wie ich glaube," sprach Dame Tiphaine weiter. „Ich habe mit diesem Gelde hundertzwanzig Reisige und zwölf unbemittelte Ritter unser Gegend ausgerüstet und neun arme Waisen erziehen lassen, und da mir nicht mehr genug übrig blieb, um zwei Töchter eines uns befreundeten Nachbars auszustatten, so habe ich mein Silbergeschirr und mein Geschmeide verpfändet, so dass ich nichts im Hause habe, als was zur Bestreitung der laufenden Ausgaben nötig ist. Dessen ungeachtet hoffe ich im Sinne meines Gatten gehandelt zu haben und bin überzeugt, dass er mein Verfahren billigen würde, wenn er hier wäre."

 

„In der Tat," erwiderte Agenor, „auch ich bin der festen Meinung, dass der Herr Connetable Euch für Eure Handlungsweise nur dankbar sein kann, und es bleibt ihm jetzt nichts mehr übrig, als auf den Beistand Gottes zu vertrauen."

„Und auf den seiner Freunde!" riefen einige von den Umstehenden mit Begeisterung.

„Ich werde," fuhr Mauleon fort, „unverweilt mit der Vollziehung eines zweiten Auftrags beginnen, den Messire Bertrand mir in der Voraussicht erteilt hat, dass Ihr die hunderttausend Goldtaler bereits zu edlen Zwecken verwendet habt. Ich werde mit einem Trompeter und einem Bannerträger des Königs das Land durchziehen und die traurige Nachricht verkündigen, damit alle diejenigen, welche ihren großen Connetable so bald als möglich befreit sehen wollen, nach Kräften zur Aufbringung seines Lösegeldes beitragen."

 

„Ich würde dies selbst getan haben," entgegnete Dame Tiphaine, „allein es ist besser, Ihr tut es. Wohlan, werte Herren und Sires," sprach sie zu der mit jeder Minute anwachsende Menge, „Ihr hört es: Die, welche ihre Teilnahme für den Connetable, meinen Gatten, beweisen wollen, mögen seinen Boten als einen Freund betrachten."

 

„Das wird geschehen," rief die Stimme eines Ritters, der eben hinter der Gruppe anlangte; „und zuerst gebe ich Robert Graf von Laval als Beitrag zu dem Lösegeld meines Freundes Bertrand die Summe von vierzigtausend Livres."

 

„Wenn alle übrigen bretagnischen Edelleute im Verhältnis ihres Reichtums Eurem Beispiele folgen," sprach Dame Raguenel gerührt von der Freigebigkeit des Grafen, „dann wird der Connetable in wenig Tagen frei sein."

 

„Kommt mit mir, Herr Ritter," sagte der Graf von Laval zu Mauleon, „ich biete Euch gastfreie Wohnung in meinem Schloss an. Morgen macht Ihr den Anfang mit Eurer Kollekte und ich gebe Euch mein Wort, sie wird reichhaltig ausfallen."

 

Agenor küsste ehrerbietig die Hand der edlen Frau und folgte dann dem Grafen nach seinem Schloss. Die Sammlung nahm von Gemeinde zu Gemeinde den erfreulichsten Fortgang. Der bescheidene Landmann trug willig einen Tagelohn bei, die Schlossherren gaben gewöhnlich zwischen hundert und tausend Livres und auch die Bürger steuerten nach besten Kräften ihr Scherflein mit Freuden bei, so dass Agenor schon nach acht Tagen die Summe von hundertsechzigtausend Livres beisammen hatte. Eines Abends, als er eben wieder mit einem wohlgefüllten Geldsacke heimkehrte, welcher die den Tag über gesammelten Beitrage enthielt, erblickte er zwischen der Stadt und dem Schloss in einem mit Buschwerk eingefassten Hohlwege zwei Reiter, die auf kleinen andalusischen Pferden mit langen Mähnen saßen und sich mit dem Rücken an das Gebüsch auf der einen Seite des Wegs gestellt hatten, um die beiden Franzosen beim Vor» überreiten genau zu betrachten. Sie trugen spanische Rüstungen und an ihren langen schmalen Degen erkannte man leicht, dass es Castilianer waren.