Annika Scheffel

Hier ist es schön

Roman

Suhrkamp

Hier ist es schön

 
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Für meine Eltern, in der Homebase.
Und für Jenny & Gesa, auf ihren Planeten.

 
Gehorchen! — Herrschen! ungeheure schwindlichte Kluft — Legt alles hinein, was der Mensch kostbares hat — eure gewonnenen Schlachten, Eroberer — Künstler, eure unsterblichen Werke — eure Wollüste, Epikure — eure Meere und Inseln, ihr Weltumschiffer! Gehorchen und Herrschen — Sein und Nichtsein!

Friedrich Schiller: Die Verschwörung des Fiesco zu Genua, 1783

 
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Er bewahrt den Brief unter seiner Kleidung, und wenn er sie ablegt, behält er ihn nah bei sich. Das Papier wird nass und wellig und bekommt Risse. Bald schon kann keiner außer ihm mehr lesen, was dort steht, doch die Worte bleiben ein fernes Versprechen in diesem lichtgrauen Labyrinth, in dem sie ihn leben lassen.

Vorspann

Wasser, Land, Berge, Wolken. Städte nur als ziegelrote Flecken. Anschwellendes Klavier, mit Schwung stürzt sich die Kamera in den Himmel, ein Sternenmeer wie schon ewig nicht, hier unten ist es neblig. Aus den flackernden Gestirnen bildet sich der Titel heraus:

CARPE DIEM

Das Klavierspiel wird lieblich, dann leise, dann Stille.

Kein Black, ein White.

Die erste Sendung beginnt mit Olivier. Er tritt vor, sieht direkt in die Kamera, sein Blick bohrt sich in die Augen der Zuschauer.

Dann spricht er:

»Heute schreiben wir die Geschichte weiter, heute schreiben wir sie neu, schreiben wir sie gemeinsam besser!«

Er lächelt leicht.

Dann verschluckt ihn das Weiß.

Die Stimme übernimmt, und der Text dazu fließt in den jeweiligen Sprachen die Bildschirme hinauf:

Aus Tausenden wählen wir zwei Hoffnungsträger,

einen Mann, eine Frau.

Sie fliegen für uns in eine neue, weit entfernte Welt.

Eine Welt, in der noch alles möglich ist.

Sie haben die Chance, dort alles richtig zu machen.

Sie kommen niemals zurück, und wir werden in ihnen unsterblich.

Carpe Diem, nutze den Tag, gib nicht auf.

Sie werden leben!

Eine Minute Stille.

Dann beginnt die Sendung mit einem Knall.

Innen

In ancient days, men looked at stars and saw their heroes in the constellations. In modern times, we do much the same, but our heroes are epic men of flesh and blood.

Others will follow, and surely find their way home. Man's search will not be denied. But these men were the first, and they will remain the foremost in our hearts.

For every human being who looks up at the moon in the nights to come will know that there is some corner of another world that is forever mankind.

William Safire: In Event of Moon Disaster, 1969