cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2092

 

Der Ausgestoßene

 

Das Urteil des Kosmokraten – ein Unsterblicher kehrt heim

 

von Arndt Ellmer

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

img2.jpg

 

Nach einer unglaublichen Reise durch Raum und Zeit bewegt sich die SOL im Frühjahr 1304 Neuer Galaktischer Zeitrechnung im Sektor CLURMERTAKH der Galaxis Dommrath. Der Besatzung der SOL ist klar, dass man nur in diesem mysteriösen Sektor weitere Hinweise über Thoregon erhalten kann. Ebenso weiß jeder, dass diese Informationen für die Bevölkerung der Milchstraße von lebenswichtiger Bedeutung sind.

Mittlerweile ist eine kleine Expedition unter dem Kommando des Arkoniden Atlan in das Innere der Dunklen Null vorgestoßen. Jenes seltsame Gebilde, das sich auf dem Planeten Clurmertakh befindet, scheint der Ausgangspunkt für alle seltsamen Phänomene zu sein. Die Dunkle Null entpuppt sich als eine Art Miniaturuniversum, das ZENTAPHER genannt wird.

Was ZENTAPHER genau ist, konnten Atlan und seine Begleiter noch nicht herausfinden. Sie erkannten jedoch, dass hier seit langem ein kosmisches Geheimnis wartet und dass ZENTAPHER zahlreiche Gefahren birgt, die zwar noch niemand genau überblicken kann, die aber imstande wären, die Galaxis Dommrath zu verheeren.

Auch ein anderes Wesen bewegt sich durch das Land Dommrath, ein alter Bekannter der Menschheit. Es ist DER AUSGESTOSSENE …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Torr Samaho – Der ehemalige Diener der Materie sucht seine alte Heimat auf.

Cairol der Dritte – Der Roboter der Kosmokraten spricht sein endgültiges Urteil.

Santade von Sonnbajir – Die Musikantin vom Planeten Burtyn spielt begnadete Sinfonien.

Junker – Der Musikant ist ein Meister auf seinem Kabremm.

Kintradim Crux – Noch im Tod ist der Architekt ein hartnäckiger Gegner.

1.

Warten auf das Urteil

 

Sein riesenhafter Körper bebte. Ein Zittern durchlief die Gliedmaßen. Mühsam stützte er sich an der energetischen Hülle der Kapsel ab. Sein Anzug gab seltsam schmatzende Geräusche von sich, gerade so, als schicke er sich an, die wuchtige Gestalt in seinem Innern zu verdauen.

Stumm starrte er hinab auf diese Mischung aus schwarzer Erde und Kieselsteinen. Manche von ihnen erinnerten an marmorierte Eier von Vögeln. Sie täuschten darüber hinweg, dass das Plateau ein Ort der Leblosigkeit war. Falls hier neue Lebewesen geboren wurden, hatten diese nichts Natürliches an sich.

Längst flößte ihm die begrenzte Ebene mit ihrem einzigen, in der Ferne aufragenden Gebäude keinen Respekt mehr ein. In den fast drei Millionen Jahren seines Lebens hatte er verlernt, all die Gegenstände und Ereignisse wichtig zu nehmen, die ihm einst als das Nonplusultra jeglicher Existenz erschienen waren und für die er alles zu opfern bereit gewesen war, selbst sein eigenes Volk.

Er starrte auf den Boden, über dem in Knöchelhöhe eine dünne Nebelschicht waberte. Die einzelnen Schwaden in der Nähe zuckten wie in Krämpfen. Mal erhielten sie eine fast schmerzhafte Schärfe, dann wieder verschwammen sie zu konturlosen Fladen.

Es lag an der Pupille seines einzigen Auges. Sie weitete und schloss sich in unregelmäßigen Abständen, ein Zeichen seiner Anspannung. Die Kiesel glotzten ihn geradezu aus dem Nebel an, ihre Flecken vereinigten sich zu großen Mündern, die stumm ihre Anklage hinausschrien.

Torr! Torr! – Mörder! Mörder!

Torr Samaho – Mörder Samaho!

Die Münder wuchsen zu riesigen Statuen empor, nahmen dann die Umrisse der vierundzwanzig Torr-Statuen im Klostersaal der Druu an.

Prinz Samaho, was ist nur aus dir geworden?, stellte er sich in Gedanken die Frage.

Waren das schon die Anzeichen beginnenden Wahnsinns? Hatte er drei Millionen Jahre gelebt, nur um verrückt zu werden?

Er verfluchte den Crozeirenzwilling, der ihm damals die Zukunft prophezeit hatte. Gegen Weissagungen war selbst ein Prinzregent machtlos. Wenn es sowieso kam, wie es kommen musste, stellte sich nur ein Dummkopf gegen sein eigenes Schicksal.

Der Tod seines Volkes, der neue Körper, das Kommando über die Kosmische Fabrik MATERIA und deren Zerstörung Millionen Jahre später gehörten zu einer Reihe von Ereignissen, die sich gegenseitig beeinflusst hatten. Zwischen damals und heute lagen nicht Welten, sondern Universen.

Er wandte sich um und schloss die Kapsel aus gestreckter Psi-Materie, den Universentaucher. Sein Versuch, mit dem elf Meter durchmessenden Gebilde in ein anderes Universum zu gelangen, war fehlgeschlagen.

Aber nicht die Kapsel war schuld oder ein Fehler der errantischen Konstrukteure. Es lag an seinem Körper. Der Zyklop aus dem Volk der Maunari verfügte über starke Strangeness-Beharrungskräfte. Sie machten es ihm unmöglich, aus seinem eigenen Universum zu entfliehen, in das Torr Samaho als schwacher, fast lebensunfähiger Crozeirenprinz einst hineingeboren worden war.

Fast drei Millionen Jahre im Dienst der Kosmokraten. Im Rückblick kam es ihm vor, als seien es nur drei Jahre gewesen. Die Zeit hatte gereicht, um drei Schwärme zu bauen und auf den Weg zu schicken sowie die jährlich vorgeschriebene Menge des Ultimaten Stoffs zu sammeln. Die dritte Aufgabe allerdings, die Entstehung eines Thoregon in seinem Quadranten des Universums zu verhindern, musste er nun als gescheitert ansehen.

Samaho beugte den Rücken seines Zyklopenkörpers und starrte zwischen den Lamellen hinaus in die von Wassertröpfchen geschwängerte Luft. Die bleierne Düsternis eines sonnenlosen und dennoch nicht finsteren Himmels verhinderte den Blick auf die Sterne Erranternohres. Die CROZEIRO maß die millionenfach gefilterten Strahlenschauer, die von einem unsichtbaren Himmelskörper stammen mussten.

Irgendwo weit draußen in den unterschiedlichen Quadranten des Universums flogen Torr Samahos Brüder in ihren Kosmischen Fabriken. Er hatte ihnen den RUF gesandt. So schnell es ihnen möglich war, sollten sie zum Plateau in der Galaxis Erranternohre kommen.

Sie mussten von seiner Niederlage erfahren. Gemeinsam würden sie es schaffen, den Verlust MATERIAS auszugleichen.

Ob sie Lust dazu verspürten, stand auf einem anderen Blatt geschrieben. »Dieses Blatt«, so hörte er Cairol mit bösartiger Stimme sagen, »enthält fast nur weiße Flächen. Es ist ein Dokument deiner Unfähigkeit, Torr Samaho.«

Der Diener der Materie verspürte Freude in sich. Cairol der Zweite, Roboter und Aufpasser der Kosmokraten, existierte nicht mehr. Samaho hatte ihn mit einem heftigen Tritt aus der Schleuse seiner CROZEIRO zurück in die verglühende Fabrik geschleudert und durch die Lücken in den schwarzen und dunkelblauen Lamellen beobachtet, wie der Körper aus Kosmokratenmetall dahinschmolz. Die ästhetisch und würdevoll anmutende Gestalt war zu Boden getropft, die Tröpfchen hatten sich überall verteilt. Mehr als Dampf war von Cairol nicht übriggeblieben.

Torr Samaho frohlockte. Der Tod des Roboters bereitete ihm Genugtuung. Nie mehr würde die blaue Walze mit Cairol an Bord über dem Plateau erscheinen. Die Kosmokraten würden einen anderen schicken. Samkar? Laire? Beck?

Oder Hismoom kam selbst. Davor fürchtete sich Torr Samaho. Der Kosmokrat würde ihn allein an seinen Taten messen, nicht an seinen Worten.

»Brüder, ich warte auf euch!«, rief Samaho. Die dröhnende Stimme hallte von den Wänden der kleinen Kapsel wider. »Beeilt euch!«

Der RUF funktionierte nach einem ähnlichen Prinzip wie die Bindung der Maunari-Körper an dieses Universum. Wenn er erging, entweder von den Kosmokraten oder von einem ihrer Diener, besaß er eine zwanghafte Komponente. Sie machte es einem Empfänger unmöglich, dem RUF nicht zu folgen.

Also würden sie kommen, einer nach dem anderen. Dass sie sich mit wichtigen Dingen im Auftrag der Kosmokraten beschäftigten, erschien Samaho eher unwahrscheinlich. Dazu kannte er sie zu gut.

Mit Hilfe seiner Brüder wollte er es den Terranern und allen anderen Milchstraßenvölkern zeigen.

Rache für MATERIA! Die SOL war ihm und seiner kleinen Kapsel im letzten Augenblick in den Hyperraum entkommen. Sonst hätte Torr Samaho diesen Perry Rhodan in seiner CROZEIRO mit sich geführt und den ehemaligen Ritter der Tiefe den Kosmokraten übergeben.

So aber blieb ihm nur das Warten. Je länger es dauerte, desto endloser dehnten sich die Stunden und Minuten. Irgendwann kamen ihm jede Sekunde und jeder Atemzug vor, als seien es Ewigkeiten. Für jemanden, dessen Körper mindestens fünf Millionen Jahre überstehen konnte, spielten solche subjektiven Eindrücke gewöhnlich keine Rolle. Er beachtete sie einfach nicht.

Diesmal aber verspürte Torr Samaho jenes merkwürdige Kribbeln in seinem Zyklopenbauch, das er damals beim Aufstieg in das Gebirge und beim Vordringen zum Kloster empfunden hatte. Damals hatte es sich als Ahnung bevorstehenden Unheils erwiesen.

 

*

 

»Hört mir zu!«, rief er der Wandung seiner Kapsel entgegen. »Ich bin gekommen, weil ich euch den Verlust MATERIAS nicht verschweigen kann. Torr Samaho stellt sich seiner Verantwortung.«

Niemand antwortete. Keiner war in der Nähe, der ihn hörte.

Mehrere Standardtage waren inzwischen verstrichen. Noch immer wartete er auf die Diener der Materie.

Er wollte seinen Gefährten ins Gewissen reden, künftig eindringlicher im Dienst der Kosmokraten tätig zu sein und nicht ausschließlich den eigenen Neigungen nachzuhängen.

Ramihyn lebte isoliert in seiner Fabrik, umgeben von untoten Wesen und Robotern, und sammelte Gedichte über das Ende der Welt.

Pan Owwe hortete in den Gemächern seiner Fabrik Totenschädel aus allen Teilen des Universums.

Noge Byzan Ore'olk wandelte an den Ereignishorizonten der größten Schwarzen Löcher entlang, die er fand. Nur so konnte er den Gedanken an die Ewigkeit ertragen.

Farzad Farzamfar unterhielt ein Archiv, in dem er die Namen aller Wesen sammelte, die seit seinem Amtsantritt im Universum gelebt und einen Namen besessen hatten.

Tomjago träumte davon, den Weg hinter die Materiequellen anzutreten.

Sie alle hatten sich innerlich so weit von ihren ursprünglichen Aufgaben entfernt, wie es nur irgendwie ging.

Torr Samaho seufzte. Sein Vorhaben war offenbar zum Scheitern verurteilt. Kein Diener der Materie würde auf ihn hören. Aber wenigstens besaßen sie im Unterschied zu ihm ihre Träume und ihre Kosmischen Fabriken noch.

Er hingegen hatte nichts mehr, wofür es sich noch zu leben lohnte. Die beiden wichtigsten Träume seines Lebens waren zerstört, einzig und allein durch seine Schuld.

Cairol der Zweite hatte ihn bedrängt, in die Zentrale zu kommen und das Kommando zu übernehmen. Sein Stasisorchester war ihm wichtiger gewesen. Er hatte es ebenso verloren wie die Kosmische Fabrik. Geplatzt, zerschmolzen, in der Akkretionsscheibe des Dengejaa Uveso verweht.

Ein einziges Mal in drei Millionen Jahren sollte Torr Samaho tatsächlich seine Kompetenz unter Beweis stellen und zeigen, dass er zu Recht der Kommandant MATERIAS war. Er hatte versagt. Jetzt verfluchte er dieses Zentrums-Black-Hole der Galaxis Milchstraße.

Torr Samaho hielt es nicht mehr in der Enge des elf Meter durchmessenden Universentauchers aus. Er verließ die Kapsel und betrat das Plateau. Die Kapsel schickte er weg, hinauf an den diffusen Himmel, wo sie reglos stand und als winzige Lampe ihren Milchglas-Schein verbreitete.

Diesmal zog es den Diener der Materie nicht zum Rand des Plateaus. Er wusste, wie es dort aussah. Der Fels fiel senkrecht in eine unsichtbare Tiefe ab.

Das Land unterhalb, wenn es überhaupt existierte, verbarg sich unter einer dichten Wolkendecke. Ein leichter Wind schob sie im Zeitlupentempo vorwärts. Sie erinnerte mehr an eine Projektion denn an tatsächlich vorhandene Ballungen aus Wasserdampf.

Der ehemalige Kommandant MATERIAS setzte sich in Bewegung. Ohne sichtliche Eile überquerte er das Plateau und näherte sich dem Gebäude. Das Knirschen der Kieselsteine in der schallschluckenden Bodenkrume erinnerte an das Flüstern vieler Dutzend Stimmen, die seinen Weg begleiteten.

Was sie ihm zuflüsterten, verstand er nicht. Es bliebe eigentlich seiner eigenen Phantasie überlassen, aber auch diese erkannte nichts.

Mit jedem Schritt, den er tat, spürte Torr Samaho die Ablehnung. Das Plateau wollte ihn ebenso wenig wie damals, als er seinen Zyklopenkörper erhalten und auf die Ankunft der anderen acht Anwärter gewartet hatte.

Vielleicht, dachte er, vielleicht hätten Hismoom und Cairol damals auf diese abstoßende Ausstrahlung achten sollen.

Sie hatten es ihm nicht abschlagen können. Ein Wesen mit dem psionischen Potenzial eines ganzen Volkes stellte in den Kreisen der Diener eine absolute Ausnahme dar. Aus keinem anderen Grund hatte Cairol der Erste damals den Wunsch des Crozeirenprinzen erfüllt und seiner Forderung nachgegeben. So hatte er MATERIA als Kommando erhalten und nicht etwa eine andere Fabrik.

Der Zyklop näherte sich dem Gebäude. Es handelte sich um einen flachen, buckelartig gewölbten Bau, im Mittelstück nicht höher als zwanzig Meter und mit einem zu den Seiten sacht abfallenden schwarzen Dach. Es bestand aus unregelmäßig geformten Schindeln. Die ovalen Fassungen aus einem weißen Material enthielten Fenster aus einem von außen undurchsichtigen Kunststoff. Sie befanden sich in Augenhöhe Samahos.

Zielbewusst und ein wenig zu hastig hielt der Diener der Materie auf die acht Meter hohe Pforte zu. Er streckte den linken Arm aus. Die Tür löste sich vor seinen Augen in nichts auf.

Torr Samaho folgte dem dunklen Korridor, dessen Licht diesmal mit erheblicher Verzögerung aufflammte. Der Getränke- und Speisenautomat stand an seinem alten Platz in der Wand. Die Tür zur Linken stand offen.

Dahinter lag der Maschinensaal. Er trat ein und suchte die hintere Front des Saals auf mit der einzigen Wand, die keine Schaltelemente oder integrierte Aggregate aufwies. Zehn kreisrunde Konturelemente deuteten die zehn Behälter an, in denen damals die Körper der Maunari mit den wahnsinnig gewordenen Bewusstseinen der Fischer von Thekarou geruht hatten.

Nacheinander tippte er die erhabenen Rundkonturen an. In Zeitlupe schoben sich die sargähnlichen Behälter ins Freie. Sie waren leer. Es entsprach seiner Erwartung und der heimlichen Hoffnung, mit der er das Gebäude aufgesucht hatte.

Kein einziger Maunari-Körper lagerte in ihnen. Der Kosmokrat Hismoom verfügte über keinen Manifestationskörper, und Cairol der Zweite existierte nicht mehr, um einen Maunari für ihn herbeizuschaffen.

Es stimmt nicht ganz, erkannte er wenig später, als die Laden sich wieder schlossen. Er könnte sich in deinem Körper manifestieren und dich dabei verbrennen. Aber welchen Sinn ergibt das, wenn Hismoom dann keine Möglichkeit mehr hat, dir sein Urteil zu verkünden?

Die Vernichtung MATERIAS lag erst wenige Tage zurück. Es stand nicht einmal fest, dass Hismoom in seinem Machtbereich hinter den Materiequellen überhaupt schon Kenntnis von dem Vorgang hatte.

Torr Samaho mied die spiegelnden Wandflächen, in denen sich seine Gestalt überdeutlich abzeichnete. Nach einer Weile nutzlosen Umhergehens verließ er das Gebäude und wandte sich in die Richtung, aus der er gekommen war.

Auf halbem Weg zum Rand des Plateaus sank er zu Boden. Er legte sich auf den Rücken, versank teilweise in dem halb durchsichtigen Nebel, der in Knöchelhöhe über dem Boden schwebte, und hielt den Blick nach oben gerichtet. Dort mussten sie erscheinen. Die Abbilder der sechzig Kilometer großen Festungen schmückten den Himmel jedes Mal in einem Reigen, wenn sich die Diener der Materie hier trafen.

Oft war es nicht vorgekommen in den Jahrmillionen. Und kein einziges Mal hatte Torr Samaho sich die Kosmischen Fabriken so herbeigesehnt wie jetzt.

NOCTUA, SUVARI, NAR SARENNA, JORGON, GUE, WAVE, KYMBRIUM, ROA KERENA. Wo blieben sie bloß?

Die Kieselsteine flüsterten noch immer. Dem unsensiblen Hörorgan des Maunari-Körpers erschloss es sich immer noch nicht, ob das Flüstern aus Worten oder nur aus Geräuschen bestand. Je länger Samaho zuhörte, desto überzeugter war er, dass die Kiesel ihn verspotteten.

Als sich unerträgliche Langeweile einstellte, stand er auf, verschränkte die mächtigen Arme vor der Brust und stampfte mit den Stiefeln seines Anzugs den Boden.

»Der RUF ist an euch ergangen!«, hallte seine Stimme über ein Dutzend Meter des Plateaus. Dahinter versiegte sie. »Antwortet mir, wie es eure Pflicht ist!«

Sie kamen nicht. Standardtag um Standardtag verging, ohne dass sich eine der Kosmischen Fabriken sehen ließ. Es gab nach Samahos Wissen nicht viele Gründe, warum sie ausblieben. Eine Schlacht gegen die neuen Chaotender der Chaotarchen wäre ein Grund gewesen, aber dann hätte er ebenfalls davon erfahren. Die Vernichtung aller Fabriken erschien ihm ebenso unwahrscheinlich.

Den RUF an sich vermochten sie nicht zu missachten. Es sei denn, sie erhielten von höherer Stelle den Befehl dazu oder der RUF in dieser Form besaß keine Gültigkeit mehr.

»Wenn ich es nicht wüsste, dass du verglüht bist, hätte ich dich im Verdacht, Cairol«, flüsterte Torr Samaho.

Aus dem wulstigen Mund klang es rau und ungelenk. Maunari-Körper waren plump. Man sah ihnen die extreme Langlebigkeit nicht an.

Der Diener der Materie blieb in der Mitte des Plateaus und wartete. Er hielt an seinem Ziel fest, dem Kosmokraten Hismoom Rechenschaft über sein Tun abzulegen, bevor dessen Helfershelfer ihn durch das gesamte Universum jagten.

Wieder verging Tag um Tag, in denen es auf dem Plateau nie Nacht und nie richtig Tag wurde. Der bleigraue Himmel veränderte seine Farbe nie. Das diffuse Licht blieb konstant.

Doch dann, als Torr Samaho es schon nicht mehr wahrhaben wollte und Müdigkeit sich auf seinen Körper senkte, geschah es doch noch. Aus der bleiernen Wolkendecke senkte sich ein Schiff. Es wies keinerlei Unterschiede auf zu dem, das er damals auf 66-Scheimeramant zum ersten Mal gesehen hatte. Es handelte sich um eine kobaltblaue Walze von sieben Kilometern Länge. Fast zum Greifen nah blieb sie über dem Plateau hängen.

Jetzt!, dachte der Diener der Materie. Jetzt wird es sich entscheiden!

2.

Musikantenalltag

 

Von der Kuppe des Palandthügels reichte die Aussicht bis weit über das Land der Dremm und Drau. Tausende von Jägern standen bereit, den Auftrag des Hohen Hirten zu erfüllen. Ihre grünen Mützen bildeten leuchtende Flecken bis fast zum Horizont.

»Spielt nun auf!«, brummelte Geppenhold und warf Santade einen schiefen Blick zu. In ihm spiegelte sich alles Misstrauen Burtyns gegenüber den Künsten der Musikanten.

Santade von Sonnbajir tat, als habe sie es nicht bemerkt. Sie fußelte ein letztes Mal über den Steg und vergewisserte sich, dass sich keiner der Klangkörper des externen Hauptpositivs verschoben hatte.

»Fertig?«, fragte sie leise. Ihr graubraunes Gesichtsfell zuckte kurz.