Cover

Inhaltsverzeichnis

Titel

Informationen zum Buch

Impressum

Widmung

Kapitel 1 - Leandra

Kapitel 2 - Allister

Kapitel 3 - Leandra

Kapitel 4 - Allister

Kapitel 5 - Leandra

Kapitel 6 - Allister

Kapitel 7 - Leandra

Kapitel 8 - Allister

Kapitel 9 - Leandra

Kapitel 10 - Allister

Kapitel 11 - Leandra

Kapitel 12 - Allister

Kapitel 13 - Leandra

Kapitel 14 - Allister

Kapitel 15 - Leandra

Kapitel 16 - Allister

Kapitel 17 - Leandra

Kapitel 18 - Allister

Kapitel 19 - Leandra

Kapitel 20 - Allister

Kapitel 21 - Leandra

Kapitel 22 - Allister

Kapitel 23 - Leandra

Kapitel 24 - Allister

Kapitel 25 - Leandra

Kapitel 26 - Allister

Kapitel 27 - Leandra

Kapitel 28 - Allister

Kapitel 29 - Leandra

Kapitel 30 - Allister

Kapitel 31 - Leandra

Kapitel 32 - Allister

Kapitel 33 - Leandra

Kapitel 34 - Allister

Kapitel 35 - Leandra

Kapitel 36 - Allister

Kapitel 37 - Leandra

Kapitel 38 - Allister

Kapitel 39 - Leandra

Epilog Allister

Dank

 

B. E. Pfeiffer

 

 

Mistletoe

Ein Boss zu Weihnachten

 

 

Liebesroman

 

 

 

Mistletoe: Ein Boss zu Weihnachten

New York zur Weihnachtszeit – Romantik pur. Für Leandra ist das allerdings nebensächlich, denn endlich steht die Beförderung an, die ihr versprochen wurde und für die sie sich jahrelang abgerackert hat. Doch dann taucht dieser Fremde namens Allister auf und schnappt ihr den Job vor der Nase weg. Schlimmer noch, er ist ab sofort ihr neuer Boss und sieht nicht mal so schlecht aus. Oh, und da wäre noch die Sache zwischen ihnen mit dem Kuss unter dem Mistelzweig, die nie hätte geschehen dürfen. Leandra beschließt, sich von Allister fernzuhalten, denn Beziehungen sind ohnehin nicht ihr Ding. Schon gar nicht am Arbeitsplatz. Und erst recht nicht mit einem Kerl, der ihre Karriere ruiniert hat. Als sie allerdings ein gut gehütetes Geheimnis ihres neuen Vorgesetzten lüftet, geraten ihre Vorsätze ins Wanken. Womöglich ist da doch was dran an diesen Mistelzweigen …

 

 

Die Autorin

Bettina Pfeiffer wurde 1984 in Graz geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Baden bei Wien.

Seit ihrer Kindheit liebt sie es, sich Geschichten auszudenken. Besonders als Ausgleich zu ihrem zahlenorientierten Hauptjob taucht sie gern in magische Welten ab und begann schließlich, diese aufzuschreiben. So entstand recht schnell die Idee für die ›Weltportale‹ und andere magische Geschichten im Genre Fan-tasy/Romantasy.

Inspiration dafür findet sie immer wieder durch ihre Kinder, mit denen sie gern auf abenteuerliche Entdeckungsreisen geht.

 

 

www.sternensand-verlag.ch

info@sternensand-verlag.ch

 

1. Auflage, November 2019

© Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2019

Umschlaggestaltung: Juliane Schneeweiss

Lektorat / Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Natalie Röllig

Korrektorat Druckfahne: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

Satz: Sternensand Verlag GmbH

 

ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-093-5

ISBN (epub): 978-3-03896-094-2

 

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

Für alle,

die an den Zauber

von Weihnachten

glauben.

Kapitel 1 - Leandra

 

Es hätte ein wunderschöner Tag werden können, aber er wurde zum beschissensten Tag meines Lebens. Davon ahnte ich noch nichts, als ich die Mittagspause mit meiner liebsten Kollegin Mira im kleinen Café direkt neben unserem Bürogebäude genoss, das bereits in weihnachtlichem Glanz erstrahlte. Vermutlich hatte ich wegen des besonderen Weihnachtszaubers in der Luft beste Laune und daher nichts eingewendet, als Mira Sekt bestellte. Zudem gab es etwas zu feiern.

»Glückwunsch, Leandra!«, prostete mir meine Freundin zu. »Du hast diese Beförderung so was von verdient!«

Ich lächelte, bevor ich von meinem Sekt trank.

Ja, ich hatte sie mir wirklich durch meinen Ehrgeiz verdient. Seit meinem Studienabschluss arbeitete ich im Finanzbereich bei einer größeren Firma, Stanley Industries, die technologische Lösungen erforschte und entwickelte, sogar die NASA ab und zu beriet. Im Laufe der Jahre war eine kleine Firma zu einem multinationalen Konzern geworden. Nicht zuletzt wegen der Firmenakquisitionen, die wir immer wieder getätigt hatten.

Dafür verantwortlich war die Abteilung ›Mergers and Acquisitions‹, kurz M&A. Nachdem deren Leiter in Pension gegangen war, hatte man intern nach einer Nachbesetzung gesucht. Mein Chef hatte mich vorgeschlagen und vor einigen Tagen hatte der Vorstand seine Zustimmung mitgeteilt. Noch wusste niemand davon – von meinem Chef, dem Vorstand und mir abgesehen. Aber heute, bei dem Jour fixe, einem regelmäßigen monatlichen Treffen aller Abteilungen unter dem Finanzvorstand, sollte es bekannt gegeben werden.

Mein Job nahm einen hohen Stellenwert in meinem Leben ein und ich hatte alles für diese Beförderung gegeben. Ich kam als Erste und ging als Letzte, machte Überstunden ohne Ende und verbrachte meistens sogar die Wochenenden im Büro. Meiner Beziehung hatte das nicht gutgetan. Um genau zu sein, hatte es meinen Ex Daniel dazu bewogen, mich mit meiner besten Freundin Ann zu betrügen. Korrektur, mit meiner ehemals besten Freundin. Und ich hatte sie auch noch mittendrin erwischt, als ich vollkommen ausgelaugt nach Hause gekommen war.

Ich hätte misstrauisch werden müssen, als ich das Stöhnen aus dem Schlafzimmer gehört hatte. Naiv, wie ich war, dachte ich, Daniel wäre krank. Ihn dann im Bett kniend vorzufinden und auf seinen Hintern zu starren, der sich rhythmisch bewegte, während er Ann heisere Laute entlockte, brachte auch mich zum Keuchen. Vielleicht war es kein Keuchen, sondern ein Schrei, denn beide fuhren wie vom Blitz getroffen zu mir herum. Ann verkroch sich panisch unter der Decke und verpasste dabei Daniel einen Tritt ins Gemächt. Irgendwie verschaffte mir das Genugtuung. Aber nur kurz.

»Raus hier!«, fuhr ich beide an und holte einen Müllsack, um Daniels Sachen hineinzustopfen.

Während ich seine Kleidung aus den Schubladen riss und ihn wüst beschimpfte, ignorierte ich seine Beteuerungen, dass er alles erklären könne und Ann ihm nichts bedeute. Daraufhin verpasste Ann ihm noch einen Tritt zwischen die Beine und verließ schluchzend die Wohnung.

»Bitte, Leandra, ich liebe nur dich!«, beteuerte er noch einmal, als er wieder sprechen konnte.

»Wie lange geht das schon mit euch?«, fragte ich ihn und steckte wahllos Klamotten in den Müllbeutel.

»Drei Monate …«, gestand er kleinlaut.

Ich schleuderte ihm den Sack mit seinen Sachen gegen die Brust. »Verschwinde aus meiner Wohnung.«

»Aber … es ist doch bald Thanksgiving!«, stammelte er und blickte aus dem Fenster. Das ›bald‹ war übertrieben, denn wir hatten Anfang November. Trotzdem herrschte bereits tiefer Winter in Brooklyn, wo meine Wohnung lag.

»Dann zieh dir zuerst etwas an und hau anschließend ab!«

»Bitte, Leandra. Lass uns darüber reden …«

»Drei Monate, Daniel!«, fuhr ich ihn an. »Wir sind gerade mal ein halbes Jahr ein Paar und du gehst seit drei Monaten fremd!«

Sein Blick wurde mit einem Mal hart. »Wundert es dich wirklich? Du bist nie zu Hause! Du lebst nur für deinen Job.«

»Zumindest habe ich einen«, brummte ich und verschränkte die Arme. Er hatte schließlich gewusst, worauf er sich einließ, als wir uns kennenlernten.

»Ich bin Künstler, Babe«, erklärte er und schlüpfte in seine Jeans. Ohne Boxershorts darunter. Igitt. »Ich arbeite, wenn die Muse mich küsst.«

»Und fickst dazwischen alles, was dir gefällt, oder?«, warf ich ihm an den Kopf.

Es war oft das Erste gewesen, was er getan hatte, wenn ich heimkam. Mir den Rock hochzuschieben und mich bereits im Vorzimmer gegen eine Wand zu drücken und zu nehmen.

»Bisher hattest du kein Problem damit, wenn ich meine Blockaden mit dir gelockert habe.«

»Geh jetzt!«, hatte ich gezischt und auf die Tür gedeutet.

»Was ist mit meinen Sachen?«

»Ich rufe meine Schwester Rose an. Wenn sie Zeit hat, dich zu überwachen, kannst du wiederkommen. Bis dahin halte dich von mir fern.«

Das lag jetzt drei Wochen zurück. Wirklich getrauert hatte ich um Daniel nicht. Der Sex mit ihm war gut, nur dass wir beide nicht die Ewigkeit miteinander verbringen würden, daran hatte von Anfang an kein Zweifel bestanden. Und ich war beinahe erleichtert gewesen, letztes Wochenende nicht Thanksgiving mit ihm verbringen zu müssen.

Wenn ich ehrlich war, hatte ich ohnehin nicht erwartet, dass diese Beziehung anders laufen würde als die vorherigen. Ich war Ende zwanzig und Daniel war der erste Mann, mit dem ich zusammengelebt hatte. Was vermutlich daran lag, dass ich eine schöne Wohnung mein Eigen nannte, während er bei Freunden auf der Couch geschlafen und eben eine Unterkunft gebraucht hatte. Aber immerhin.

Keine meiner Beziehungen hielt länger, als mein nächstes Projekt dauerte. Ich war ein ehrgeiziger Workaholic und es störte mich nicht. Meine Freunde und Familie hatten meistens Verständnis und unterstützten mich, die Männer an meiner Seite eher nicht. Ich tat es einfach damit ab, dass sie Powerfrauen zwar theoretisch toll fanden, jedoch keine davon als Freundin wollten, weil sie nicht damit klarkamen.

Vielleicht hatte ich deswegen weit emotionsloser als die meisten Frauen reagiert, als ich Daniel und Ann in flagranti erwischte. Weil es mir schlichtweg gleichgültig war.

»Wenn du mal jemanden brauchst, der die Ellbogen ausfährt, du weißt ja, mich hält nichts in unserer Abteilung«, riss mich Mira aus meinen Gedanken und hob ihr Sektglas grinsend an.

»Ich werde an dich denken«, erwiderte ich und prostete ihr erneut zu.

Mira wollte nach einer gescheiterten Affäre mit einem Kollegen die Abteilung wechseln. Ich hatte ihr von vornherein abgeraten, etwas mit Jack anzufangen. Er lief jedem Rockzipfel hinterher und dann arbeiteten die beiden auch noch den ganzen Tag zusammen. Für mich gab es außerdem eine feste Regel: ›Trenn Berufliches von Privatem.‹ Wären Daniel und ich Kollegen, wäre eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich gewesen oder ich hätte mich gar nicht erst auf ihn eingelassen.

Aber Mira hatte ihre Ohren verschlossen. Als klar wurde, dass sie mehr wollte als er und Jack es beendete, herrschte dicke Luft im Büro und ich musste mehr als einmal meine Blusen während der Arbeit wechseln, weil ich Mira getröstet hatte und ihr Mascara auf meiner Kleidung seltsame Muster hinterließ. Sie tat mir leid, denn, wie es schien, hatte sie sich richtig in Jack verliebt. Noch etwas, das ich niemals zulassen würde: mich in einen Kollegen zu verlieben.

Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war bereits ein Uhr und ich hatte noch einiges fertigzustellen, damit ich nach dem Meeting mit den Kollegen der neuen Abteilung sprechen konnte. Ich kannte zwar alle, aber ich wollte dennoch mit jedem ein paar Worte wechseln. Ein neuer Abteilungsleiter bedeutete Veränderung und die wollte ich meinen Mitarbeitern so angenehm wie möglich machen.

»Lass uns zurückgehen«, schlug ich vor und leerte mein Glas in einem Zug.

Was sich als blöde Idee herausstellte, denn obwohl es draußen eisig kalt war, wurde mir auf dem kurzen Weg über den überfüllten Bürgersteig von Tribeca schwindelig.

Unsere Firma lag im Finanzdistrikt von Manhattan. Dennoch hatten wir Forschung und Entwicklung hier mitten im Zentrum, weil unser Firmengründer alles beisammen lassen wollte. Deswegen sah man hier nicht nur Anzugträger, sondern auch eher leger gekleidete Männer und Frauen. Aber das fand ich sogar sehr angenehm, denn besonders die Leute aus der Entwicklung waren immer freundlich und grüßten uns.

Mira hakte sich bei mir unter und stützte mich unauffällig, als ich über den rutschigen Boden des in Gold und Rot dekorierten Empfangsbereichs schlitterte.

»Hoffentlich legt sich das bis zum Meeting«, lallte ich, als wir in den Lift stiegen.

Ich drückte beschwingt den Knopf für die zwanzigste Etage und überlegte angestrengt, welches Lied gerade über die Lautsprecher ertönte.

»Sonst sagst du einfach, du bist aufgeregt.« Sie kicherte.

Wir grinsten uns an, während wir unsere Plätze aufsuchten. Froh darüber, sitzen zu können, atmete ich tief durch und machte mich an die Arbeit. Ich rief meine Mails ab und überflog einige Businesspläne, als ich wieder einigermaßen nüchtern war. Schließlich war es so weit, sich für das Meeting vorzubereiten.

Ich lief in den Waschraum, um sicherzugehen, dass man mir den leichten Schwips von vorhin nicht ansah. Im Spiegel prüfte ich, ob meine Frisur noch saß, und zog meinen Lippenstift nach, bevor ich mein graues Etuikleid, das ich so liebte, glatt strich. Für gewöhnlich hielt ich nicht viel von aufwendigem Make-up, aber ich sah gerne gepflegt aus. Mein Lidstrich ließ meine schokoladenbraunen Augen größer erscheinen und meine dunkelbraunen Haare wirkten in einem Dutt einfach am elegantesten. Dazu noch himbeerroter Lippenstift und ich wusste, dass ich als neue Leiterin der M&A-Abteilung eine gute Figur abgeben würde.

Ich zwinkerte mir ein letztes Mal zu, dann machte ich mich auf den Weg zum Meeting, das ich kaum noch erwarten konnte.

Das Besprechungszimmer war bereits gut gefüllt, immerhin wurden alle Mitarbeiter im Finanzbereich zusammengerufen für diesen Jour fixe.

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, als ich mich auf einen freien Platz setzte und artig meinen Notizblock und einen Stift zückte. Vermutlich war meine Beförderung nicht die gewaltigste Überraschung, die in einem solchen Meeting präsentiert wurde, aber rechnen würden dennoch die wenigsten damit. Ich fühlte mich richtig gut, während ich die kurze Rede, die ich halten wollte, noch einmal überflog.

Als sich mir gegenüber jemand niederließ, hob ich den Kopf ein wenig an, um den Neuankömmling zu begrüßen. Allerdings hatte ich diesen Mann noch nie gesehen und musterte ihn deswegen interessiert. Auf den ersten Blick fand ich ihn irgendwie sexy, aber das verflog, als ich ihn näher betrachtete. Er wirkte ein wenig arrogant, wie er da saß und an seinem Ärmel herumzupfte. Seine hellbraunen Haare, die er oben länger trug und seitlich recht kurz geschnitten, wie es derzeit modisch war, hatte er mit viel Gel streng gescheitelt, was mir an Männern nie besonders gefallen hatte. Außerdem hielt er seine etwas zu große Nase viel zu hoch erhoben für jemanden, der neu in dieser Firma war. An seinen hellbraunen Augen hatte ich nichts auszusetzen, die waren wirklich schön.

Bevor sich unsere Blicke treffen konnten, wandte ich mich ab und konzentrierte mich erneut auf die Rede. Schließlich sollte sie sitzen.

Pünktlich um drei trat der Finanzvorstand, Mr. Miller, ein, setzte sich an den Kopf des Tisches und klopfte seine Unterlagen zurecht. Er war ein Mann um die fünfzig mit grau meliertem Haar und einer viel zu großen und unförmigen Brille. Bei Zahlen konnte man ihm jedoch nichts vormachen. Er kannte jede unserer Tochterfirmen in- und auswendig und war wirklich geschickt darin, das Unternehmen zu steuern.

»Lassen Sie uns beginnen.« Mr. Miller ließ seinen Blick über die Runde schweifen. Einen Moment blieb er bei mir hängen, ehe er wieder auf seine Zettel starrte und die allgemeinen Themen wie Investorenpräsentationen, Bankgespräche und Budgetabweichungen besprach. Schließlich kam er zu dem Punkt, auf den ich gewartet hatte. »Wie Sie wissen, haben wir nach dem verdienten Ruhestand von Mr. Cook lange nach einem Nachfolger für die M&A-Abteilung gesucht.«

Das war nichts Neues, dennoch schien die Spannung mit einem Mal greifbar zu sein. Jeder im Raum erwartete jetzt die Ankündigung, wer diese Position bekommen sollte. Ich musste wieder ein Grinsen unterdrücken.

»Meine Vorstandskollegen und ich haben lange beraten und denken, den idealen Nachfolger gefunden zu haben.«

Ich rutschte auf meinem Stuhl ein wenig nach vorn und suchte nach Mira, die etwas weiter hinten im Raum saß. Sie nickte mir zu und zwinkerte.

»Ich darf also hiermit verkünden, dass die Leitung der M&A-Abteilung an Mr. Allister Fielding geht.«

Ich wollte bereits aufstehen, als mir bewusst wurde, dass Mr. Miller nicht meinen Namen genannt hatte. Irritiert sah ich zuerst den Finanzvorstand an, dann den Mann, der sich statt mir erhob. Es war dieser arrogante Schnösel, der mir gegenübergesessen hatte.

»Mr. Fielding hat mehrere Jahre Erfahrung im Bankensektor und deswegen überaus gute Kontakte«, begann Mr. Miller zu erläutern, während in meinem Magen gerade ein Vulkan auszubrechen drohte.

Das war doch ein Scherz, oder? Das sollte mein Tag werden. Und jetzt stand dieser seltsame Typ vor mir, groß, mit breiten Schultern, der überdimensionalen Nase und dieser fürchterlichen Frisur, und grinste mich dämlich an. Ob er wusste, dass dieser Job mir gehörte?

»Da er allerdings unsere Gruppe nicht kennt, werde ich ihm eine außergewöhnliche Mitarbeiterin als Stellvertreterin zur Seite stellen.«

Mir wurde schlecht, als Mr. Millers Blick zu mir wanderte. Er meinte doch wohl nicht mich?

»Ms. Hemsworth, würden Sie bitte aufstehen?«

Ein Klingeln dröhnte durch meinen Kopf und ich nahm alles nur noch seltsam verschwommen wahr. Doch, er meinte mich. In mir sträubte sich jede Faser gegen das, was gerade geschah, und ich musste mich beherrschen, mein Mittagessen nicht auf den Tisch zu spucken. Vermutlich war mein Gesicht knallrot vor Zorn und meine Augenbrauen zuckten. Wie ich diesen Tick hasste.

Ich räusperte mich und erhob mich langsam von meinem Stuhl, den Blick auf den Lautsprecher in der Mitte des Tisches gerichtet, den wir bei Telefonkonferenzen verwendeten. Ich wollte diesem Allister Fielding oder dem Finanzvorstand nicht ins Gesicht schauen.

Am liebsten wäre ich in einem Erdloch verschwunden. Oder nein, Mr. Fielding sollte darin verschwinden. Dann wäre alles nur ein schlechter Traum gewesen. Das musste es sein. Ich war nach dem Glas Sekt eingeschlafen. Es gab keine andere vernünftige Erklärung …

»Ms. Hemsworth ist eine unserer fähigsten Mitarbeiterinnen«, hörte ich Mr. Miller sagen. »Ich hoffe, dass sie und ihr neuer Vorgesetzter die bemerkenswerte Arbeit fortsetzen, die wir von dieser Abteilung gewohnt sind.«

Leiser Applaus brandete auf, den ich mit geballten Fäusten über mich ergehen ließ, während mir bewusst wurde, dass dies kein schlechter Traum war. Schließlich fühlte ich meine Nägel, die sich in die Haut meiner Handballen bohrten, ziemlich schmerzhaft.

»Sie dürfen sich wieder setzen«, meinte der Finanzvorstand an Mr. Fielding und mich gewandt. Dann widmete er sich den restlichen Punkten seiner Agenda.

Ich war nicht mehr in der Lage, ihm zu folgen, kritzelte mit meinem Stift auf meiner Rede herum, bis die meisten Worte aussahen, als wären sie geschwärzt worden.

Der Tag konnte nicht noch schlimmer werden. Aber da hatte ich mich wohl wieder getäuscht.

Kapitel 2 - Allister

 

Der Anzug saß nicht gut. Ich wusste das und hatte ihn trotzdem angezogen. Es war vielleicht kindisch, aber er gab mir Sicherheit. Ich trug ihn immer, wenn ich eine neue Stelle antrat.

Allerdings hatte ich wohl durch mein Training etwas an den Armen und Beinen zugelegt. Natürlich nur Muskeln. Dennoch spannte der Anzug, egal, wie lang ich an den Ärmeln zog, und ich konnte nur hoffen, dass es niemand bemerkte. Im besten Fall hätte ich behaupten können, dass ich einfach schon zu viele Plätzchen verspeist hatte.

Immerhin war in etwa einem Monat Weihnachten und das merkte man auch hier im Besprechungszimmer, das neben den üblichen Geräten wie Bildschirm und Sprecheinrichtung für Konferenzen und Präsentationen bis oben hin mit Girlanden dekoriert war.

Nachdem ich den Raum betreten hatte, war ich unsicher gewesen, ob ich mich setzen sollte, entschied mich dann aber, einen der letzten freien Plätze einzunehmen und die anderen Mitarbeiter zu beobachten. Mir gegenüber saß eine wirklich hübsche Frau in einem grauen, eng anliegenden Kleid, das ihre Figur perfekt umspielte. Sie hatte ein makelloses Gesicht und interessante schokoladenbraune Augen, in denen man vermutlich versinken konnte. Nur ihre Frisur fand ich fürchterlich. Sie erinnerte mich an meine Englischlehrerin aus der Highschool. An die ich nicht gerne zurückdachte, denn die Frau war ein Drache gewesen und hatte mir das Leben mehr als einmal zur Hölle gemacht.

Ich war mir sicher, dass sie mich neugierig musterte, als ich meinen Blick im Raum schweifen ließ, aber bevor ich mich ihr wieder zuwenden konnte, starrte sie gebannt auf ihre Unterlagen. Sie tippte mit ihrem Kugelschreiber auf den Tisch und ich erwischte mich dabei, wie meine Aufmerksamkeit erneut eine Spur zu lange auf ihr ruhte. Ich fragte mich, wie wohl ihre Stimme klang und ob sie eine angenehme Gesprächspartnerin sein könnte. Von der Frisur abgesehen war sie absolut mein Typ.

Räuspernd schob ich den Gedanken beiseite und konzentrierte mich wieder auf sie. Sie sah aus, als hätte sie auch etwas im Köpfchen, zumindest hoffte ich das. Und ich hoffte, dass sie mich nicht für arrogant hielt, weil ich sie schweigend musterte. Ich wusste sehr gut, wie ich auf die meisten Menschen wirkte, wenn ich sie zum ersten Mal traf. Es fiel mir schwer, mit jemandem ins Gespräch zu kommen, weil das einfach nicht meine Art war. Aber vielleicht sollte ich einmal etwas Neues versuchen.

Ich sammelte gerade meinen Mut, um mich ihr vorzustellen, als Mr. Miller, mein neuer Vorgesetzter, eintrat und ohne weitere Umschweife mit seiner Agenda begann. Ich kannte diese Art Meetings und wusste, dass er mich nicht gleich als Erstes vorstellen würde.

Je länger er sprach, umso unangenehmer fühlte sich der etwas zu enge Anzug an. Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her und beobachtete die Frau mir gegenüber, um mich von meiner aufkommenden Panik abzulenken. Sie schrieb mit und wirkte fast genauso nervös, wie ich mich fühlte.

Als der Finanzvorstand schließlich auf meine Person zu sprechen kam und mich als neuen Leiter der Finanzierungsabteilung nannte, stand ich auf. Mein Blick fiel auf die hübsche Frau mir gegenüber und ich schenkte ihr ein Lächeln. Sie hingegen wirkte, als hätte sie sich an etwas verschluckt. Ihre Gesichtsfarbe war unnatürlich rot und ihre Lippen bebten, aber sie schien regelmäßig zu atmen. Sonst wäre ich nicht sicher gewesen, ob sie gerade eine Art Ohnmachtsanfall erleiden würde, warum auch immer.

Als Mr. Miller dann eine Ms. Hemsworth aufrief und sie aufstand, hatte ich allerdings wirklich das Gefühl, dass es ihr nicht gut ging. Sie schwankte ein wenig und starrte gebannt auf den Lautsprecher zwischen uns, als hätte er sie gerade wüst beschimpft. Ihre Lippen bebten immer noch und ich hoffte, sie würde nicht in Tränen ausbrechen.

Was war nur mit ihr los?

In dem Moment wurde mir bewusst, dass sie mit mir zusammenarbeiten würde. Konnte es sein, dass sie meinetwegen so zornig aussah? Oder hatte sie vielleicht Angst?

Während ich mich fragte, ob man sie gezwungen hatte, den Neuen zu ertragen, durften wir uns wieder setzen. Ich hätte sie gerne angelächelt, aber sie strich wie besessen auf ihren Notizen herum, als das Meeting weiterging.

Ich versuchte mich auf die Themen zu konzentrieren, die Mr. Miller ansprach, doch meine Aufmerksamkeit wanderte immer wieder zu Ms. Hemsworth, deren Gesichtsfarbe langsam von knallrot zu einem besorgniserregenden Weiß wechselte. Ihre Finger verkrampften sich so um den Stift, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn sie ihn zerbrochen hätte.

Die Sitzung endete schließlich und ich nahm die Glückwünsche meiner neuen Kollegen entgegen, die so höflich distanziert ausfielen, wie ich vermutet hatte. Schließlich war ich in diesem Unternehmen vollkommen unbekannt.

Dann sah ich mich nach Ms. Hemsworth um, die immer noch auf ihren Unterlagen herumstrich.

Hatte sie nicht bemerkt, dass das Meeting vorbei war?

»Mr. Fielding, ich freue mich, Sie bei uns begrüßen zu dürfen.« Mr. Miller schüttelte mir die Hand. »Ms. Hemsworth ist eine unserer fähigsten Mitarbeiterinnen. Ich hoffe, Sie wissen ihren Einsatz zu schätzen.«

»Natürlich«, erwiderte ich und blickte noch einmal zu besagter Person, die vermutlich gleich auf dem Tisch schreiben würde, weil sie das Papier bereits durchgerissen hatte.

»Gut. Arbeiten Sie sich ein und falls Sie etwas brauchen, zögern Sie nicht, mich anzurufen.« Mr. Miller reichte mir zum Abschied noch einmal die Hand und verließ den Raum.

Immer noch strich Ms. Hemsworth auf ihren Unterlagen herum und gab ein leises Schnauben von sich. Sie schien wirklich nicht bemerkt zu haben, dass die Besprechung zu Ende war.

Ich warf einen Blick auf das Spiegelbild im Bildschirm vor mir, richtete meine Krawatte und ging zu ihr. Immerhin war ich ihr neuer Vorgesetzter und ich sollte mich ihr jetzt ganz offiziell vorstellen. Außerdem war mir wichtig, dass wir uns gut verstanden.

Mr. Miller hatte in den wenigen Sätzen, die wir vor dieser Besprechung gewechselt hatten, in den höchsten Tönen von ihr geschwärmt und ich war mir sicher, dass wir gemeinsam ein gutes Team abgaben.

Es würde mich nicht wundern, wenn sie noch nicht gewusst hatte, dass sie mir unterstellt werden sollte. Immerhin war auch ich erst heute davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ich diese Stelle antreten durfte. Mein Vater hatte mit einem der Mitgründer dieser Firma die Schulbank gedrückt und da man jemanden für diesen Posten brauchte, ich die nötigen Qualifikationen besaß und ohnehin einen Wechsel anstrebte, hatte ich zugesagt.

Falls sie von meiner Verbindung zu Mr. Maison nichts wusste, würde ich es ihr nicht auf die Nase binden. Aber sie schien mit der Situation nicht glücklich zu sein, und das wollte ich so nicht stehen lassen.

Ich zog den Stuhl neben ihr zurück und setzte mich hin. Da ich nicht gut in Small Talk war, versuchte ich, meine Unsicherheit durch Lässigkeit zu überspielen, stützte meinen Ellbogen auf dem Tisch ab und lehnte mich ein wenig nach vorne.

»Wollten Sie mit mir alleine sein?«, fragte ich lächelnd und wurde mir erst danach bewusst, was ich gerade gesagt hatte.

Schlechter Einstieg, denn es klang eindeutig nach Anmache. Was ich nicht wollte.

Sie wirkte ein wenig gereizt, als sie mir den Blick zuwandte, bevor sie wohl überrascht feststellte, dass wir uns tatsächlich allein im Raum befanden. Ihr Gesicht begann wieder zu glühen und ihre Augenbrauen zuckten, während sie das zerfledderte Blatt mit ihren Notizen faltete und den Stift darauflegte.

»Mr. Fielding«, sagte sie und verschränkte die Arme. Dabei beließ sie es allerdings.

»Bitte, nennen Sie mich Allister«, schlug ich vor und streckte ihr meine Hand hin. »Und wenn es in Ordnung ist, würde ich dich gerne mit Du ansprechen.«

Sie starrte auf meine Hand, dann in mein Gesicht. Es fühlte sich an, als würde sie drei Tage mit ihrer Entscheidung warten, bevor sie mit der Zunge schnalzte und mir die Hand gab.

»Leandra«, murmelte sie.

»Ein schöner Name. Wo kommt der her?«

»Keine Ahnung, müssen Sie … musst du meine Eltern fragen.«

Ihre Stimme klang zwar angenehm, doch der scharfe Ton war vermutlich selbst für taube Ohren unverkennbar. Sie mochte mich nicht. Den Grund dafür würde ich hoffentlich bei Gelegenheit herausfinden und mit ihr klären können. Denn wir würden viel Zeit miteinander verbringen und ich wollte für ein angenehmes Arbeitsklima sorgen.

Wären wir in unterschiedlichen Abteilungen gewesen und sie nicht so schnippisch, hätte ich versucht, sie näher kennenzulernen. Aber eine Beziehung in derselben Abteilung und noch dazu als ihr Vorgesetzter kam für mich nicht infrage.

»Vielleicht werde ich das bei Gelegenheit machen«, erwiderte ich und schenkte ihr ein weiteres Lächeln. Für gewöhnlich brach es das Eis, aber sie war wohl ein Eisberg und ich die Titanic. Ich würde gnadenlos untergehen, wenn ich nicht achtgab. »Jedenfalls hoffe ich, dass wir gut zusammenarbeiten werden. Ich möchte gerne den morgigen Tag für dich blocken. Wir gehen alles durch, was ich wissen muss, und stecken deine Zuständigkeiten im Team ab. Wie klingt das?«

Ihre Augenbrauen tanzten wieder. Sie griff nach dem Stift und hielt ihn so fest, als würde ihr Leben davon abhängen.

»Oder ist es für dich überraschend, dass du die Abteilung wechselst? Vielleicht nicht ganz freiwillig?«, fragte ich versöhnlich und wollte ihr so die Möglichkeit geben, sich mir anzuvertrauen. Aber sie schüttelte nur schweigend den Kopf. »Also musst du nichts mehr übergeben und kannst morgen gleich deine neuen Aufgaben übernehmen?«

»Ja«, zischte sie und es kam mir vor, als müsste sie sich zurückhalten, um mir den Stift nicht ins Auge zu rammen.

Was hatte sie für ein Problem mit mir, wenn sie offenbar nicht gezwungen wurde, mit mir zusammenzuarbeiten? Sicher, ich wirkte durch meine eher zurückhaltende Art auf manche Menschen arrogant, aber ich versuchte gerade, höflich zu ihr zu sein. Obwohl sie es mir alles andere als leicht machte mit ihrer frostigen Ablehnung.

»Gut, dann sehen wir uns morgen. Ich werde gegen halb zehn hier sein.«

Falls sie noch finsterer schauen konnte, tat sie es gerade. »Ich bin um diese Uhrzeit sicher schon da. Ich komme um sieben.«

»Frühaufsteher also?«, sagte ich schmunzelnd und sie schnaubte als Antwort.

Schön, sie sah gut aus, aber sie war definitiv eine Zicke. So bestand wenigstens nicht die Gefahr, dass ich in Versuchung geriet, sie doch einmal auf ein Date einzuladen. Oder diese vollen Lippen näher zu betrachten, vielleicht sogar zu küssen.

»Ich fasse das als Ja auf. Morgens habe ich leider andere Verpflichtungen, deswegen komme ich immer etwas später. Falls was sein sollte, bin ich telefonisch erreichbar.«

»Wunderbar«, brummte sie und griff nach den Überresten ihres Zettels, den Stift hielt sie bereits wie einen Dolch in ihrer Hand. »Dann werde ich jetzt meine Sachen packen und abholen lassen.«

Ohne Gruß stand sie auf und stöckelte aus dem Büro. Von ihrer ablehnenden Art abgesehen hatte sie neben einer Hammerfigur auch Ausstrahlung. Sie war bestimmt tough und wirkte tatsächlich intelligent.

Ich stieß den Atem aus. Was war nur los mit mir? Wieso dachte ich über ihre Figur oder ihre Ausstrahlung nach?

Ich löste den Knoten meiner Krawatte ein wenig und lehnte mich im Stuhl zurück. Das könnte mit ihr ganz schön schwierig werden. Sie mochte mich nicht, aber ich hatte keine Ahnung, wieso.

Vermutlich war das besser so. Ich sollte ohnehin meine Finger von Frauen lassen. Und eine Frau wie Leandra Hemsworth hätte tatsächlich das Potenzial, mir den Kopf zu verdrehen, was ich besonders jetzt in der Vorweihnachtszeit nicht gebrauchen konnte.

Ich blickte aus dem Fenster, wo riesige weiße Flocken vom Wind verwirbelt wurden. Die nächsten Wochen würden schon schwierig genug werden, da sollte mein Kopf dortbleiben, wo er war.

Ich klopfte mit meiner Hand auf das Holz der Tischplatte und stand auf. Hoffentlich würden Leandra und ich miteinander klarkommen. Und ich keinen Unsinn machen.

Kapitel 3 - Leandra

 

Ich knallte meine Mappen in den Umzugskarton, den Mira mir besorgt hatte. Sie stand neben mir und reichte mir einige Unterlagen, besaß jedoch das Taktgefühl, zu schweigen.

Plötzlich fand ich die Weihnachtsdekorationen, die überall angebracht worden waren, einfach nur abscheulich. Genauso abscheulich wie Allister.

Allister, was war das überhaupt für ein bescheuerter Name? Aber er passte zu diesem bescheuerten Typen. Allister Fielding, der arrogante Schnösel, hatte sich meinen Job geschnappt. Dieser hochnäsige Typ, der vermutlich der Sohn von irgendwem war, erhielt, ohne nur einen Finger zu rühren, das, wofür ich hart gearbeitet hatte.

Warum sonst sollte er so überraschend hier auftauchen?

Und dann grinste er noch so dämlich, während er mir erklärte, dass er morgen den ganzen Tag nutzen wollte, um mein Wissen abzuzapfen, damit er meinen Job machen konnte.

Ich musste mich wirklich zusammenreißen, um ihm nicht meine Meinung zu sagen, als er auch noch anzüglich grinsend meinte, er habe in der Früh andere Verpflichtungen und komme deswegen später. So wie der sich benahm, schleppte er vermutlich jeden Abend eine neue Frau ab und schaffte es deswegen nicht, früh aufzustehen. Seine Bettgeschichten waren mir an sich so was von egal, nur hasste ich es, wenn man deswegen seinen Job vernachlässigte. Meinen Job! Meinen!

Hatte er allen Ernstes versucht, mit mir zu flirten? Es hatte so gewirkt, denn warum sonst dieses falsche Lächeln und die blöden Bemerkungen? Vermutlich dachte er, er könnte jede Frau mit diesem dämlichen Grinsen beeindrucken. Tja, mich ganz sicher nicht.

Als ich alles in Kartons gepfeffert hatte, mein Schrank und Schreibtisch leer waren, warf ich einen letzten Blick auf mein Büro mit der kitschigen Dekoration, den viel zu glänzenden Kugeln und Girlanden, die man angebracht hatte. Abscheulich!

Ich war Gruppenleiterin gewesen und teilte mir den Raum mit einem weiteren Gruppenleiter. Meine Kollegen mochten mich, meine Vorgesetzten schätzten mich. Ich war bei vielen internationalen Tagungen zur Rednerin und Repräsentantin auserkoren worden. Stellvertretende Abteilungsleiterin der M&A-Abteilung klang in meinen Ohren nicht wie ein Aufstieg. Es war eine Degradierung der übelsten Art.

Ob es zu spät war, Mr. Miller zu bitten, mich nicht zu befördern?

»Lea?«, riss mich Mira mit ihrer sorgenvollen Stimme aus meinen Gedanken. »Ich lasse die Kartons rüberbringen und helfe dir morgen auszupacken.«

»Das musst du nicht«, winkte ich ab, aber insgeheim war ich froh, dass sie mir helfen wollte.

Ich überlegte wirklich, morgen nicht in der Arbeit zu erscheinen. Andererseits hatte ich keinen Plan, was ich stattdessen hätte machen sollen. Höchstens mir ein Kilo Schokoladeneis und eine Packung Cookie Dough zu kaufen und erst von der Couch aufzustehen, wenn mir vom vielen Zucker nicht mehr übel war.

Vielleicht konnte ich alles mischen und Eierlikör darüber kippen, dann wäre es passender für die Jahreszeit. Oder ich trank gleich nur den Likör. Wobei mir in dem Fall etwas Klares lieber gewesen wäre.

»Ich weiß, aber ich will es«, verkündete Mira und stemmte die Hände in die Hüften. Ich kannte den Blick, den sie mir jetzt zuwarf, und seufzte innerlich, bevor sie die Worte ausgesprochen hatte. »Außerdem will ich jetzt mit dir etwas trinken gehen.«

»Es ist gerade einmal fünf Uhr«, versuchte ich abzuwehren. Ja, Alkohol klang verlockend, allerdings war es eindeutig zu früh.

»Und die Bars öffnen in einer Stunde, genug Zeit, um uns schick zu machen und dann den Tag schön zu trinken.«

»Morgen müssen wir wieder arbeiten«, murmelte ich, obwohl gerade alles in mir nach einem dezenten Alkoholrausch verlangte. Dezent im Sinne von: zwei Tage später aufwachen und sich fragen, ob man wirklich so betrunken gewesen war.

»Lea!«, brummte Mira und funkelte mich an. Sie war einen halben Kopf kleiner als ich, aber mit ihren wirren, roten Locken und dem ernsten Gesichtsausdruck, den sie jetzt aufsetzte, wollte ich ihr lieber nicht widersprechen. »Du wirst heute früher gehen, dich in Schale werfen und dich mit mir betrinken. Morgen lallst du deinem neuen Möchtegernchef etwas vor, dass du krank bist, und machst blau. Das hast du nach dem, was Mr. Miller mit dir abgezogen hat, echt verdient.«

»Denkst du, es bringt etwas, mit Mr. Miller zu reden?«

Ich hatte den Finanzvorstand eigentlich immer für einen korrekten Menschen gehalten. Warum hatte er mir nicht vor dem Meeting gesagt, was er vorhatte? Ich hätte es verstanden, wenn er begründete, dass Allister Fielding irgendetwas konnte, wozu ich nicht fähig war. Vielleicht besaß er wirklich gute Kontakte zu Banken und anderen Firmen. Doch da Mr. Miller nichts gesagt hatte, nahm ich an, dass Allister Fielding den Job dem sogenannten Vitamin B wie ›Ein Freund schuldet mir was‹ zu verdanken hatte.

»Er wird dir bestimmt nicht seine Beweggründe offenlegen«, meinte meine Freundin und zwinkerte verschwörerisch. »Aber ich denke, ich finde heraus, wieso dieser Allister Fielding aus dem Nichts aufgetaucht ist und den Job bekam, den man dir versprochen hat.«

Mira kannte fast die gesamte Firma. Sie fand schnell Anschluss und knüpfte Kontakte. Durch ihre gespielt naive Art vertrauten ihr die Leute fast jedes Geheimnis an. Vermutlich wusste sie in einer Woche alles über Allister Fielding, ohne jemals mit ihm selbst gesprochen zu haben.

Warum sie das damals nicht bei Jack gemacht hatte, bevor sie sich auf ihn einließ, war mir immer noch ein Rätsel. Immerhin schien Jack sehr umtriebig zu sein. Dass es zwischen ihnen vorbei war, erfuhr Mira, als sie ihn mit einer Kollegin aus der Personalabteilung erwischte. Im Besprechungszimmer. Mit heruntergelassenen Hosen und verschmiertem Lippenstift an seinem besten Stück. Mehr Details hatte sie mir erspart, abgesehen davon, dass er ihr mitteilte, ihre Beziehung sei für ihn seit zwei Tagen vorüber.

»Also. Ich rufe jetzt an, damit man deine Kartons rüberbringt, und dann gehen wir zu dir und stylen dich richtig auf.«

Ich rollte mit den Augen. »Was sollen mehr Make-up und eine andere Frisur an meiner Stimmung verändern?«

»Vergiss das sexy Kleid und die hohen Schuhe nicht, die du tragen wirst.« Sie grinste. »Und dann suchen wir dir einen heißen Typen aus, den du flachlegst und danach nie wiedersehen wirst.«

»Ehrlich, Mira, mir ist jetzt nicht nach bedeutungslosem Sex.«

»Sollte es aber«, erklärte sie und stemmte wieder ihre Hände in die Hüften. »Mir hilft das immer. Also keine Widerrede!«

»Jawohl, Madam«, schnaubte ich, griff nach meiner Tasche, während sie telefonierte, und ging gemeinsam mit ihr aus dem Büro.

Ich verabschiedete mich halbherzig von meinen Kollegen, immerhin würde ich sie ständig sehen.

 

Da es draußen kalt und Mira offenbar begierig darauf war, mich betrunken zu machen, nahmen wir uns ein Taxi nach Brooklyn zu meiner Wohnung. Auf dem Weg dorthin überlegte ich mir Ausreden, wie ich Mira davon abhalten konnte, mich in einen Vamp zu verwandeln und in eine Bar zu schleppen, um mir ein heißes Abenteuer auszusuchen, auf das ich eigentlich keine Lust hatte. Aber ich wusste, ich hatte keine Chance gegen sie, und deswegen ergab ich mich in mein Schicksal.

Zumindest versuchte ich, Schadensbegrenzung zu betreiben, als sie mir ein Outfit aussuchte, das überhaupt nicht wintertauglich war und mir vermutlich eine Nierenentzündung einbringen würde.

Falls ich meine Meinung über den belanglosen Sex mit einem Unbekannten änderte, hätte ich in dem schwarzen, viel zu kurzen Kleid sicher gute Chancen. Der Ausschnitt war so tief, dass man fast meinen Bauchnabel sehen konnte. Nun ja, vielleicht nicht ganz so tief, aber freizügiger, als ich um diese Jahreszeit tragen wollte.

»So, und jetzt schminke ich dich«, entschied Mira und kramte in meinem Badezimmer nach Make-up. »Du wirst dich nicht wiedererkennen, wenn ich mit dir fertig bin.«

»Genau davor fürchte ich mich«, murmelte ich und hoffte, sie würde es nicht übertreiben.

Kapitel 4 - Allister

 

Nachdem eine Dame aus der Personalabteilung meinen Dienstvertrag gebracht hatte, stellte ich den Karton mit meinen persönlichen Dingen auf den Schreibtisch. Ich würde ihn morgen auspacken. Für den Moment wollte ich einfach nur durchatmen und die ersten Eindrücke meiner neuen Arbeitsstelle in mir aufnehmen.

Die Möbel in meinem Büro wirkten modern und doch zeitlos. Ein dunkler Holztisch mit vier Stühlen diente für interne Besprechungen, mein Schreibtisch war geschwungen und in derselben Farbe gehalten. Die Schränke rochen ein wenig muffig, also öffnete ich sie und riss das Fenster auf. Schneeflocken stoben herein und es wurde recht frisch.

Ich mochte den Winter und an sich auch die Weihnachtszeit. Dieses Jahr würde es allerdings etwas weniger besinnlich werden. Ich stieß den Atem aus und lehnte meine Stirn gegen die kühle Glasscheibe. Ich freute mich wirklich über mein Glück, diese Stelle bekommen zu haben. Wobei ›Glück‹ nicht ganz stimmte, denn ich war dank meiner Beziehungen hier gelandet.

Der ehemalige Abteilungsleiter war in Pension gegangen und offenbar hatte es intern niemanden gegeben, der sich für die Stelle eignete. Mein vorheriger Job in der Bank war aufregend gewesen, aber ich musste zu viel reisen. Ich brauchte etwas Ruhigeres und dieser Posten versprach, mit müßiger Reisetätigkeit auszukommen.

Ich atmete noch einmal tief ein und wollte gerade das Fenster schließen, als ich sie sah. Leandra Hemsworth. Sie verließ in Begleitung einer anderen Frau das Gebäude, winkte ein Taxi zu sich und stieg ein. Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Kurz nach fünf. Na ja, wenn sie um sieben anfing, war sie zehn Stunden hier gewesen. Sie musste sich nicht meinem Rhythmus anpassen. Für gewöhnlich ging ich in etwa um diese Uhrzeit und arbeitete von zu Hause aus weiter. Es war in meiner Situation einfacher.

Ab morgen würde ich also versuchen, mich bei Stanley Industries einzuarbeiten. Aber heute wollte ich mich noch mit meinem besten Freund Rob treffen. Es war Zeit anzustoßen. Auf einen Neuanfang, den ich dringend brauchte, und außerdem lag unser letztes Treffen schon viel zu lange zurück.

Da ich nicht nach Hause konnte, ohne Gefahr zu laufen, dann doch nicht zu dem Pub zu kommen, den er ausgewählt hatte, zog ich mich im Büro um. Außerdem hätte ich durch den Abendverkehr ewig zu meinem Haus in der Upper East Side gebraucht und Rob wollte sich irgendwo in Brooklyn treffen. Er war erst vor Kurzem dort hingezogen.

Anzug, Hemd und Krawatte tauschte ich also gegen Jeans, Shirt und Lederjacke. Nur die Schuhe blieben dieselben. Es war fast sechs Uhr, als ich das Büro verließ, in mein Auto stieg und über die Brooklyn Bridge den Pub ansteuerte, den Rob mir genannt hatte.

Früher waren wir gemeinsam mit anderen ehemaligen Schulkollegen durch Clubs gezogen. Aber nach und nach hatte sich unsere Clique aufgelöst und nur Rob und ich waren übrig geblieben. In den letzten Monaten gelang es mir jedoch kaum, ihn zu sehen. Und das, obwohl wir seit der Schule unzertrennlich gewesen waren. Ich hatte ihm durch seine Scheidung geholfen und er mir schließlich durch meine.

Seit zwei Monaten war Rob jetzt mit Lisa zusammen. Ein liebes Mädchen, ganz anders als seine Ex Sam, die eine richtige Powerfrau war und ihn ständig herumkommandiert hatte. Nichts gegen Powerfrauen, aber Sam war zickig und rechthaberisch. Wenn sie nicht bekam, was sie wollte, konnte sie zur Furie werden. Rob hatte lange um ihre Beziehung gekämpft, am Ende waren die beiden einfach nicht füreinander bestimmt gewesen. Das hatte Sam nicht davon abgehalten, die Scheidung ziemlich schmutzig werden zu lassen. Aber zum Glück war das alles jetzt ausgestanden.

Mit Lisa schien es anders zu sein. Rob verbrachte viel Zeit mit ihr, was ich verstehen konnte. Allerdings versuchte er seitdem, mich zu verkuppeln.

Ich parkte mein Auto in der Nähe des Pubs, wunderte mich darüber, wie leicht man hier Parkplätze bekam, und betrachtete die weihnachtlichen Auslagen der Geschäfte. Nicht so glanzvoll wie die 5th Avenue, trotzdem sehr hübsch. Fast idyllisch.

Mein Blick wanderte zu der dunklen Holztür eines typischen Irish Pubs. Rob hatte immer schon eine Schwäche für diese Lokalitäten gehabt. Ich holte tief Luft, wappnete mich und trat ein.

»Al«, rief Rob mir zu, als er mich von seinem Platz an der Bar aus entdeckte. Ich hasste es, wenn er mich so nannte, aber wie sollte man meinen Namen sonst abkürzen? »Schick siehst du aus. Extra für mich?«

»Für wen denn sonst?« Ich schlug in seine ausgestreckte Hand ein.

Der Pub war noch nicht sehr voll, was wohl am Wochentag und der Uhrzeit lag. Überall hingen Mistelzweige und grüne Lametta-Girlanden. Es war schon ziemlich kitschig, doch den Leuten schien es zu gefallen.

»Keine Ahnung, für das Mädel, das ich dir mitgebracht habe?«

Er deutete auf eine blonde Frau höchstens um die zwanzig in viel zu kurzen Shorts und mit einem fast durchsichtigen Top, die ein Stück abseits auf einem Barhocker saß. Wie konnte man im Winter so das Haus verlassen?

»Ist nicht dein Ernst«, zischte ich. »Die ist überhaupt nicht mein Typ!«

»Wie lange ist es her, dass du etwas Dampf abgelassen hast? Dafür muss sie nicht dein Typ sein. Du brauchst nur ein wenig Alkohol und schon bist du locker genug, um dich körperlich zu betätigen«, erklärte er und verzog den Mund zu einem wissenden Grinsen, während wir uns an einen Tisch setzten.

»Ich mache täglich Sport«, erwiderte ich, winkte einem Kellner und bestellte uns eine Runde Bier.

»Das meinte ich nicht und das weißt du«, schnaubte er. »Das mit Tiffany ist jetzt ein halbes Jahr her. Seitdem lebst du wie ein verdammter Mönch.«

»Und du weißt sehr genau, warum«, schnaubte ich zurück.

»Klar, Kumpel.« Rob seufzte und lehnte sich zurück. »Aber dein Leben ist nicht vorbei, nur weil du …«

»Ist er das?«, hörte ich eine viel zu hohe Stimme und atmete das süße Parfum der blonden Frau ein. Sie stand neben mir und beugte sich nach vorn, um mich zu betrachten, wobei ihre Brüste förmlich aus dem viel zu engen BH sprangen. »Sieht gut aus.« Sie nickte Rob zu und beugte sich noch näher zu mir. »Lädst du mich auf einen Drink ein?«

Bevor ich antworten konnte, saß sie schon auf meinem Schoß und legte die Arme um meinen Nacken.

»Hör mal, äh …«

»Bonnie«, säuselte sie in mein Ohr und vergrub ihre langen roten Nägel in meinen Haaren, während sie sich mit der Zunge über die Lippen fuhr. Viel billiger ging es kaum noch.

»Also, hör mal, Bonnie, ich weiß, Rob meinte es gut, doch ich habe kein Interesse …«

Sie kicherte verhalten, als hätte ich gerade einen Witz erzählt, den sie nicht verstand, während sie über mein Gesicht strich. »Das sehe ich ganz anders. Ich spüre ziemlich genau, dass du Interesse hast.« Sie schmunzelte und rutschte auf meinem Schoß hin und her.

»Das ist mein Autoschlüssel«, murmelte ich und versuchte, sie von mir runterzubekommen, doch sie hielt sich an mir fest. Ich wollte ihr wirklich nicht wehtun, aber langsam reichte es mir. »Geh jetzt runter von mir. Ich lade dich auf keinen Drink ein und ich möchte den Abend nicht mit dir verbringen.«

Sie schürzte die Lippen und brachte ihr Gesicht näher an meines. »Wie wäre es, wenn wir in dein Auto gehen? Ich habe den schicken Schlitten gesehen, aus dem du gestiegen bist. Ich könnte dir zeigen, was ich mit meinem Mund anstellen kann …«

Das war genug. Ich schob sie energisch von mir und sprang auf. »Ich werde jetzt eine Runde um den Block gehen und wenn ich wiederkomme, ist sie weg«, schnauzte ich Rob an, der uns amüsiert und schockiert zugleich beobachtete, trank einen Schluck von meinem Bier und stürmte aus dem Lokal.

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich eine Frau, die an der Bar saß und mir irgendwie bekannt vorkam. Wenn ich zurückkehrte, würde ich noch einmal näher hinsehen, aber jetzt musste ich schleunigst frische Luft schnappen. Um Robs willen hoffte ich, er würde Bonnie loswerden. Sonst musste ich ihm vermutlich die Freundschaft kündigen.

Kapitel 5 - Leandra

 

Mira hatte mir nicht erlaubt, das Kleid zu wechseln, egal, wie oft ich auf das kalte Wetter hinwies. Ich konnte ihr zumindest klarmachen, dass die Netzstrümpfe, die sie extra in der Drogerie um die Ecke kaufen wollte, dann doch zu viel des Guten gewesen wären.

Irgendwo in meinem Schrank hatte sie halterlose schwarze Strümpfe mit einer Ziernaht gefunden. Sie war natürlich sofort begeistert von der Idee, dass ich sie trug, und weil ich keine Lust hatte, zu diskutieren, gab ich nach.

Meine High Heels mit dem Riemchen um den Knöchel zog ich hingegen sehr gerne an. Obwohl sie nicht so aussahen, waren sie ziemlich bequem.

Ich musste zugeben, ich mochte das Outfit, das wir zusammengestellt hatten. Sogar die offenen Haare, die Mira mit einem Lockenstab bearbeitet hatte, die Smokey Eyes und der rote Lippenstift gefielen mir an diesem Abend. Konnte allerdings auch an der halben Flasche Sekt liegen, die wir schon in meiner Wohnung geleert hatten.

Letztere war außerdem schuld daran, dass die Vorstellung, jemanden aufzureißen, gar nicht mehr so übel klang. Wenn mir nur nicht jetzt schon so schwindelig wäre … Aber um flachgelegt zu werden, musste ich nicht geradeaus gehen können. Himmel, was dachte ich da nur?

Ich hätte definitiv etwas essen sollen. Dazu hatte Mira mir jedoch keine Zeit gelassen. Nachdem sie sich in einen kurzen, roten Rock und ein glitzerndes weißes Top aus meinem Schrank geworfen hatte, scheuchte sie mich aus der Wohnung und bestand darauf, dass wir Spaß hatten.

Sie wollte mit mir einen Irish Pub ausprobieren, den ihr eine Bekannte empfohlen hatte. Da es ein Stück von meiner Wohnung entfernt lag, nahmen wir uns ein Taxi. Konnte mir nur recht sein. Ich sah zwar heiß aus, aber mir war bei den winterlichen Temperaturen einfach zu kalt in dem Outfit.