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Nr. 75

 

Das rote Universum

 

Geschwindigkeit ist ihre beste Waffe ... Der Husarenritt des Spezialkreuzers CALIFORNIA ...

Das 5. Atlan-Abenteuer!

 

von K. H. SCHEER

 

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Auf der Erde schreibt man das Jahr 2043, und damit ist jener Zeitpunkt herangenaht, für den Perry Rhodans Mathematiker die beginnende Stabilisierung der beiden Zeitebenen – das Universum der Druuf und der Einsteinraum, wie man die Zeitebene neuerdings nennt, in der Terra beheimatet ist – errechnet hatten.

Der solare Flottenstützpunkt Gray Beast, die ehemalige Siedlerwelt, 6562 Lichtjahre von der Erde entfernt, wird in den Alarmzustand versetzt. Die Raumflotte von Terra bezieht Kampfpositionen, Perry Rhodan, Reginald Bull und andere führende Persönlichkeiten des Solaren Imperiums versammeln sich in Erwartung des Kommenden auf Gray Beast, da dieser Planet dem Tor zum anderen Universum am nächsten liegt.

Auch Atlan, der Mentor der irdischen Menschheit, ist dabei, als Perry Rhodan seinen kühnen Plan entwickelt.

Atlan, der Arkonide, der bereits vor 10.000 Jahren irdischer Zeitrechnung gegen die Druuf gekämpft hatte, ist jedoch äußerst skeptisch, als er von dem geplanten Vorstoß in DAS ROTE UNIVERSUM hört ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Unsterbliche entsetzt sich über den Leichtsinn der Terraner.

Perry Rhodan – Erster Administrator des Solaren Imperiums.

Oberstleutnant Baldur Sikerman – Er beherrscht souverän die Kontrollen der CALIFORNIA.

Dr. Sköldson – Der Chefarzt findet unter den Männer der CALIFORNIA kein einziges »Opfer« für seine Spritze.

Fellmer Lloyd – Ein Schild ist daran schuld, dass der Mutant nicht rechtzeitig den Arzt sucht.

1.

 

Sie waren emsiger als Bienen und so hartnäckig wie ausgehungerte Nordlandwölfe auf der Fährte eines erschöpften Elches.

Sie arbeiteten eifrig, ohne sich dabei wie wirkliche Eiferer zu benehmen. Jeder Handgriff saß, jede Berechnung stimmte, und jeder von ihnen wusste ganz genau, wo er im nächsten Augenblick anzufassen hatte.

Sie waren darin geübt, die fraglos vorhandene Initiative des einzelnen so planvoll zu steuern, dass es niemals zu Überschneidungen oder schwerwiegenden Kompetenzstreitigkeiten kam.

All das taten sie in einer humorvollen Art, die Schwierigkeiten von selbst beseitigte und den Umgangston zwischen Wissenschaftlern, Offizieren und Mannschaften so auflockerte, dass sie für einen außenstehenden Beobachter wie eine große Familie wirkten.

Es war ein Wimmeln und Hasten, Dröhnen, Hämmern und Fauchen, wie man es nur auf einer großen Raumschiffswerft sehen und hören konnte.

Ich war zutiefst beeindruckt! Vor einer Stunde hatte mich der Chefingenieur der Ausrüstungswerft XIV händeringend gebeten, ich solle doch die obere Polkuppel des neuen Superschlachtschiffes KUBLAI KHAN verlassen, da ich seinen tüchtigen Leuten nur im Wege herumstünde.

Leicht beleidigt war ich gegangen. Schließlich war ich es gewesen, der tagelang darüber nachgebrütet hatte, wie man den Fiktivtransmitter aus dem alten Schlachtschiff GANYMED ausbauen und in der Waffenhalle der KUBLAI KHAN unterbringen könne.

Als ich zwölfhundert Meter tiefer in der kleinen Mannschleuse angekommen war, hatte sich mein Groll schon wieder gelegt.

Eins muss man diesen Barbaren lassen: sie waren ehrlich! Daran gewöhnt, meine Handlungen und Gefühle einer strengen Selbstdiagnose zu unterziehen, stellte ich wenig später nachdenklich fest, dass ich den Männern der Werft tatsächlich im Weg herumgestanden hatte. Wissenschaftler sind dazu da, um den Spezialisten einen bestimmten Weg zu weisen. Nun, da ich die Berechnungen beendet hatte, war ich wirklich überflüssig geworden. Die Ingenieure aus Michels Team wussten auch ohne gute Ratschläge, wie sie den Transmitter zu verankern und die Kraftversorgung zu installieren hatten.

So kam es, dass ich jetzt noch auf jener Plastikkiste saß, die ich mir dreißig Minuten zuvor als Ruheplatz ausgesucht hatte.

Von hier aus hatte ich einen einigermaßen guten Blick auf die gewölbten Flanken des fünfzehnhundert Meter durchmessenden Kugelriesen, dem man den Namen KUBLAI KHAN gegeben hatte. Anscheinend hielt Perry Rhodan sehr viel von dem großen Mongolen, der einmal ein ganzes Weltreich aufgebaut hatte.

Ich lachte still vor mich hin. Ich hatte den Khan recht gut gekannt, was aber Rhodan noch nicht wusste. Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, einmal ein Riesenschiff auszurüsten, das den Namen dieses Herrschers tragen würde.

Diese Terraner schienen überhaupt sehr an ihrer eigenen Geschichte zu hängen. Wenn es nach den Männern der Werft gegangen wäre, hätte ich wenigstens viermal in der Woche aus meinem langen Leben erzählen müssen. Ich hütete mich jedoch davor, da ich die von meinem Extrahirn verursachten Quälereien zu gut kannte. Wenn der Erinnerungssektor erst einmal in voller Stärke ansprach, dann war es vorbei mit dem normalen Ablauf meines augenblicklichen Denkprozesses.

Der auf meiner Brust hängende Zellaktivator machte sich durch ein kaum fühlbares Pulsieren bemerkbar. Ich runzelte überrascht die Stirn. Dieses eigroße, rätselhafte Gerät begann immer dann zu arbeiten, wenn mein Zellgewebe gewisse Reizimpulse benötigte. War ich jetzt nur abgespannt, oder ging in meinem Körper wieder einmal etwas vor, was ein terranischer Biologe mit dem Begriff »rechtzeitige Regenerierung von Zellen, die eigentlich längst abgestorben sein müssten« bezeichnet hatte?

Ich setzte mich schulterzuckend darüber hinweg. Das Geheimnis um den Mikroaktivator, der mir praktisch seit zehntausend Jahren Jugend und Frische erhalten hatte, würde ich wohl niemals enträtseln können. Das einzige Lebewesen, das mich darüber hätte informieren können, war seit der Panne auf dem Kunstplaneten Wanderer verschwunden.

Es hatte gemeint, für einige Augenblicke seiner Zeit verschnaufen und ruhen zu müssen. Was eine entstofflichte Intelligenz darunter verstand, konnte ich mir plastisch vorstellen. Vielleicht konnte ich in fünfzig Jahren einmal anfragen, ob die »paar Augenblicke« nun vorüber seien. Ich machte mir in dieser Hinsicht keine Illusionen.

Das mir am nächsten stehende Landebein der KUBLAI KHAN war etwa hundert Meter entfernt. Die gewaltige, turmstarke Säule versperrte mir teilweise die Sicht auf jenen finsteren Abgrund, der sich unter der Polrundung auftat. Dort verschwanden Männer und Material in unübersehbarer Menge.

Wahrscheinlich hatten sie gleich mir Wochen und Monate benötigt, um ihre Platzangst zu überwinden. Schließlich war es keine Kleinigkeit, mehrere Millionen Tonnen Arkonstahl dicht über sich zu wissen. Wenn nur eins der ausgefahrenen Landebeine abknickte, oder der Auflageteller in den Beton des Geländes einsank, konnte es zu einem schwerwiegenden Unfall kommen.

Ich schrak zusammen, als ich plötzlich ein Schattenbild gewahrte. Jemand war lautlos hinter mich getreten. Erst im letzten Augenblick sagte mir mein Logiksektor, dass es hier keine Feinde oder Angreifer gab. So lockerte sich mein sprungbereiter Körper.

»Hallo!«, sagte ich schleppend. »Haben Sie schon einmal einen toten Mann gesehen? Man tritt nicht nach Katzenart an nervöse Leute heran.«

Ich wendete langsam den Kopf.

Dr.-Ing. Michels, Chefingenieur der Ausrüstungswerft XIV, grinste breit. Sein strohblondes Haar hing unter der zerknautschten Dienstmütze hervor, und seine Kombination sah aus, als hätte man sie in einem Altölbehälter eingeweicht.

Schnaufend erhob er den Fuß und stellte ihn auf die längliche Plastikkiste. So blieb er erst einmal stehen, um schließlich den rinnenden Schweiß von der Stirn zu wischen.

»Ein Hundeleben, was?«, bemerkte er. »Was einem so alles zugemutet wird, hmm ...«

Ich fand seine Bemerkung etwas rätselhaft.

»Stimmt!«, antwortete ich auf gut Glück, »ein wahres Hundeleben.«

Michels nickte trübsinnig. Er führte etwas im Schilde, ich ahnte es! Diese Terraner entwickelten manchmal einen Humor, der einen Arkoniden an den Rand des Irrsinns bringen konnte. Ich wurde immer wieder von dieser Charaktereigenschaft überrascht, obwohl ich doch nun schon lange genug unter den Menschen lebte.

Fünf andere Männer näherten sich. Hinter ihnen glitt lautlos eine Antigravitations-Lastenplattform durch die Luft. Einer von ihnen steuerte lässig das mächtige Gefährt. Das kleine Fernlenkgerät hielt er in der Hand, als wäre es ein angebissenes Sandwich.

Als mich die Neuankömmlinge sahen, begannen sie wie auf Kommando zu grinsen. Ich runzelte die Stirn und fühlte ein leichtes Unbehagen in mir aufsteigen. Wieder einmal bedauerte ich es, kein Telepath zu sein.

Michels stand dicht neben mir und spendete mir willkommenen Schatten. Es war kurz vor zwölf Uhr, und weit über mir wölbte sich der blaue, wolkenlose Himmel der ehemaligen Wüste Gobi.

Von den Turmbauten der irdischen Hauptstadt Terrania war hier nichts mehr zu sehen. Die Silhouette der KUBLAI KHAN war übermächtig und blickfüllend.

»Allerhand!«, sagte ein blutjunger Leutnant des Sicherheitsdienstes. Er gehörte zu den fünf Männern des Transportkommandos.

Ich schaute ihn scharf an und begann, nervös mit den Absätzen meiner dicksohligen Stiefel gegen die Kistenwandung zu trommeln, bis Dr. Michels leise sagte: »Darf ich Herrn Admiral darüber aufklären, dass Herr Admiral dicht über dem Zünder einer Fünfhundert-Megatonnen-Katalyse-Bombe hocken? Wenn Herr Admiral die Güte haben wollten, diesen gefahrvollen Ruheplatz zu ...«

Ich rannte schon! Hinter mir klang das dröhnende Gelächter der Männer auf. Diese Kerls schienen überhaupt keine Nerven zu haben! Jetzt ahnte ich auch, warum mich die bewaffneten Posten so seltsam angeblickt hatten, als ich mich kurz zuvor auf dieser verflixten Kiste niederließ. Dabei war es den Burschen gar nicht eingefallen, mich über meinen haarsträubenden Irrtum aufzuklären. Außerdem: wie kamen die dazu, Plastikbehälter mit gefährlichen Kernwaffen so einfach auf dem Werftgelände abzustellen?

Endausrüstung, Narr!, gab mir mein Extrahirn in lakonischer Kürze bekannt.

Jedenfalls hielt ich in meinem Spurt nicht eher inne, bis mich die Verrückten nicht mehr sehen konnten. Schnaufend lehnte ich mich mit dem Rücken gegen den Schaltungskasten eines robotgesteuerten Material-Prüfungsautomaten, in dem alle möglichen Güter auf Fabrikationsfehler nochmals durchleuchtet wurden.

Augenblicke später wurde ich schon wieder davongejagt. Nein, auf diesem Werftgelände war kein Platz für mich. Ein solches Gewimmel hatte ich eigentlich nur während des großen Krieges vor zehntausend Jahren erlebt. Damals kämpfte mein Volk um die Erhaltung der humanoiden Rassen, und unsere erbitterten Feinde waren nichtarkonidische Methanatmer aus dem Nebelsektor der Milchstraße gewesen.

Das aber war lange vorbei. Heute ging es um andere Probleme. Die Galaxis war wieder in Aufruhr, doch diesmal hatten keine Giftgasatmer angegriffen. Jene, die aus einer anderen Zeitebene aufgetaucht waren, wurden kurz und bündig »Druuf« genannt. Außer Rhodan gab es nur noch wenige Leute, die überhaupt wussten, wie dieser Name entstanden war. Irgendwelche Tiere, die man kurz nach dem ersten Eindringen in die Zeitzone angetroffen hatte, hatten dumpfe Rufe ausgestoßen, die wie »druuuf« klangen. Schon hatte ein reichlich leichtsinniger Leutnant der Solaren Flotte die Bezeichnung parat gehabt. In solchen Dingen waren die Menschen schnell bei der Hand.

Ich schüttelte die letzten Spuren des Ärgers von mir ab und wollte eben nach meinem Flugwagen rufen, als das kleine Armbandvisifon ansprach.

General Deringhouse, einer der ältesten Mitkämpfer Rhodans, jung erhalten durch eine Wanderer-Zelldusche, wurde auf dem fingernagelgroßen Bildschirm erkennbar. Sein sommersprossiges Gesicht war auffallend ausdruckslos.

»Nachricht vom Chef, Sir«, sagte er knapp. »Könnten Sie sofort im Hauptquartier des Abwehrdienstes erscheinen? Ja ...? Okay, vielen Dank.«

Ich schaute verblüfft auf die verlöschende Bildfläche. Deringhouse hatte schon wieder abgeschaltet. Das war eine sehr eigenartige Aufforderung gewesen!

Ich war darüber informiert, dass Rhodan mit einem großen Teil der terranischen Flotte im Myrtha-System weilte. Der Planet Gray Beast, die siebte Welt der fernen Sonne, war während der vergangenen zehn Monate zu einem solaren Flottenstützpunkt ausgebaut worden.

Wir wussten sehr genau, dass eine von der Druufebene erzeugte Überlappungszone nahe des Sterns entstehen würde, doch diesmal wollten wir nicht abwarten, bis das Unheil hereinbrach.

Ich konnte mir vorstellen, wie es auf den entvölkerten Welten der ganzen Milchstraße aussah. Es war dort das geschehen, was ich schon zehntausend Jahre früher in meiner Eigenschaft als arkonidischer Geschwaderchef erlebt hatte.

Zehn Minuten später landete ich auf dem flachen Dach des Hochhauses. Während der Besprechung, in der mir von den verantwortlichen Leuten des Solaren Imperiums kurz und bündig mitgeteilt wurde, nahe des Myrtha-Systems seien wie erwartet riesenhafte Überlappungszonen gesichtet worden, wurde mir ein hünenhaft gebauter Offizier mit blonden Stachelhaaren und blauen, offen blickenden Augen vorgestellt.

Es war ein Oberst, und er nannte sich Marcus Everson. Ein Blick auf die Auszeichnungen genügte mir, um zu wissen, dass ich es mit einem tausendfach bewährten Raumoffizier zu tun hatte.

»Angenehm, Sir«, meinte Everson.

»Oberst Everson erhält ab sofort das Kommando über die KUBLAI KHAN«, erklärte Deringhouse geschäftig. »Lassen Sie sich von Marc erzählen, was er beim Rückflug vom Planeten Eppan erlebte. Dabei hatte er nur den Auftrag erhalten, den kosmischen Agenten Goldstein abzuholen.«

Everson verzog die Lippen zu einem breiten Lachen.

»Einer, der sich Mataal nannte und vorgab, ein eppanischer Eingeborener zu sein, war drauf und dran, meine Kaulquappe zu übernehmen. Kennen Sie eine galaktische Rasse, deren Angehörige aussehen wie sehr große Fledermäuse? Die Kerle sind Molekularverformer. Unser spezieller Freund brachte es fertig, meine Besatzung Mann für Mann auszuschalten. Schließlich machte er doch einen Fehler. Das war eigentlich alles.«

Everson nickte nachdenklich, und ich schwieg. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, was an Bord des kleinen Schiffes geschehen war.

»Michels meldete, der Einbau des Fiktivtransmitters sei beendet«, lenkte Deringhouse ab. »Wir möchten Sie bitten, sofort mit der KUBLAI KHAN zu starten. Das Schiff wird soeben aus der Werft bugsiert. Mit Eversons Kommando dürften Sie zufrieden sein. Er kennt sich auf unseren neuen Superriesen aus.«

Ich brauchte mir den Mann nur näher anzusehen, um davon felsenfest überzeugt zu sein. Everson hatte den Aufstieg der ehemaligen Dritten Macht unter Perry Rhodan von Grund auf miterlebt. Zu jener Zeit war ich noch der Meinung gewesen, alles tun zu müssen, um der Menschheit eine bittere Lektion zu erteilen.

Die Zeiten hatten sich geändert. Auf den drei Arkonwelten, meiner fernen Heimat, regierte ein übermächtig gewordenes Robotgehirn, dessen Programmierungsschaltungen offenbar nicht ausreichend waren, um eine vernünftige galaktische Großraumpolitik zu betreiben.

Minuten später – ich unterhielt mich eben mit dem Oberst über die Verwendungsmöglichkeiten der KUBLAI KHAN – lief eine neue Funknachricht aus den Tiefen der Milchstraße ein. Der verschlüsselte Kurzimpuls kam aus dem Myrtha-Sektor, 6562 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Als die Dechiffrierung vorlag, bemerkte ich, dass sich Deringhouses Gesicht verfärbte. Wortlos, mit einem unsicheren Blick, reichte er mir den Streifen.

Fall POTOMAK eingetreten, Notstand ab 1. August 2043 – 24 Uhr, N-Gesetz ab sofort in Kraft. Start Flotte nach Anweisung A-3, abstoppen Handelsverkehr bis auf Widerruf. Atlan zurück nach Stützpunkt, gez.: Rhodan, Chef Solare Flotte, Erster Administrator Solares Imperium.

Ich benötigte einige Augenblicke, um die Nachricht zu verarbeiten. Also war es endlich soweit! Unsere Berechnung über die statistische Wahrscheinlichkeit einer Totalüberlappung nahe des Myrthasystems hatten sich als positiv erwiesen.

Ich legte den Plastikstreifen auf den Tisch und musterte die anwesenden Offiziere der Reihe nach. Das neue Notstandsgesetz würde einige Unannehmlichkeiten für die Bevölkerung des Planeten Erde mit sich bringen; dazu noch sehr viele Fragen, die wir aus Gründen der erforderlichen Geheimhaltung nicht wahrheitsgetreu beantworten konnten.

Aus dieser Überlegung heraus sagte ich gedehnt: »Fall Potomak, wie? Das bedeutet, dass sich die Fronten stabilisieren. Meine Herren, Sie werden etwas unternehmen müssen, um zu verhindern, dass man Sie in weiten Kreisen der Bevölkerung für die willigen Untergebenen eines großmächtigen Diktators hält. Viel Vergnügen, Deringhouse!«

Er sah mich etwas unsicher an, dann straffte sich seine Miene.

»Abwarten«, erklärte er gefasst. »Einmal hat es kommen müssen. Sie starten bitte sofort, Sir. Wahrscheinlich werden Sie im Myrthasystem nun dringender benötigt als auf der Erde. Hier werden wir schon allein fertig.«

Zwanzig Minuten später stieg ich aus meinem Fluggleiter. Wieder wuchsen die gewaltigen Wandungen des Superschlachtschiffes vor mir auf. Die KUBLAI KHAN war klar zum Start.

Der Erste Offizier des Giganten erstattete an der Bodenschleuse Meldung. Ich wurde mit all' dem zeremoniellen Pomp empfangen, der auf Rhodans Wunsch hin eingeführt worden war. Aus Gründen der Disziplin mochte es nicht verkehrt sein, zumal in der alten Arkonidenflotte ähnliche Bestimmungen in Kraft gewesen waren.

Mein letzter Blick galt den fertig ausgerüsteten Einheiten der interplanetarischen Abwehrgeschwader, die unter Deringhouses persönlichem Befehl standen. Unter den Schiffen, die zum Schutze des Sonnensystems zurückbleiben sollten, befanden sich auch die beiden älteren Superriesen TITAN und GENERAL POUNDER. Dazu kamen zahlreiche Schlachtkreuzer der Solarklasse sowie Schwere und Leichte Kreuzer aus den neuen Bauserien. Es war schon allerhand, was die Terraner in der relativ kurzen Zeitspanne von etwa 70 Jahren auf die Beine gestellt hatten.

Ich lauschte auf das dumpfe Dröhnen einiger startender Kreuzer der Staatenklasse. Ehe die warmen Druckwellen bei uns ankamen, stand ich bereits im Antigravlift der Bodenschleuse. Über mir öffnete sich der Leib der KUBLAI KHAN, eines Raumers, in dem alle technischen Errungenschaften der Neuzeit eingebaut waren.