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Dem Andenken Bezal Jesudason gewidmet

Inhalt

Prolog

Auf Messers Schneide

Der Rückzug

Zwischenspiel

Port Townsend

Aufbruch nach San Francisco

San Francisco

Hawaii

Die Südsee

Ein Verwaltungsakt

Mopelia

Das polynesische Trauma

Pitcairn

Rapa Nui

Zwischenspiel

Sturmland

Der Jorge Montt-Gletscher

Der Aufstieg

Das Inlandeis

Sea, Ice & Mountains

Die Falla de Reichert

Der Peel-Fjord

Eine patagonische Kraftfahrt

Kap Hoorn

Staateninsel

Epilog

Anhang

 

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Prolog

Ob ein Mensch sich in seiner Umgebung wohl fühlt oder nicht, ist neben anderen Aspekten zu einem großen Teil durch die Gewohnheit bestimmt. Die Menschen in dem sibirischen Ort Prowidenija machen zumindest nicht den Eindruck, als wären sie unglücklich – sie sind ihre Umgebung eben gewohnt, im Gegensatz zu uns. Während wir von den qualmenden Schloten, den rissigen, bleiernen Farben der zerbröckelnden Häuserfassaden und schlammigen Straßen in eine leichte Form der Depression stürzen, machen die Einwohner der Ortschaft einen ganz munteren Eindruck. Dabei waren wir vorbereitet, wußten, was auf uns zukommt. Die meisten der sibirischen Städte und Siedlungen sind austauschbar, sehen aus wie Prowidenija: Häuserblocks in Plattenbauweise, die vielleicht in den sechziger Jahren einmal gut in Farbe gewesen sein mögen. Schlammige, von Schlaglöchern durchfurchte Straßen, auf denen röhrende LKWs sich einen Weg bahnen, Ratten, die fast ohne Scheu um Häuserecken trippeln, eingemummte Kinder, deren frische und offene Gesichter die einzige Farbe in diese eintönige Welt streuen. Farben prägen unsere Welt, in Prowidenija dominiert Grau.

Wir hatten andere sibirische Orte gesehen, Narjan Mar, Dickson oder Igarka am Jenissei-Fluß. In Igarka hatten wir sogar neun Monate lang den sibirischen Winter bei Temperaturen bis zu −58° Celsius verbracht. Wir glaubten uns also gewappnet, meinten, durch nichts mehr irritiert werden zu können, und werden dennoch auf dem linken Bein erwischt. Es ist der 3. August 1994, als wir uns mit der DAGMAR AAEN dem Hafen von Prowidenija nähern. Stunden vorher haben wir uns über Funk angemeldet. Als wir nur noch wenige Meilen vom Hafen entfernt sind, kommt uns eilig ein Hafenschlepper entgegengedampft. Durch die Erfahrung früherer Schlepperbegegnungen in Rußland vorsichtig geworden, hängen wir alle Fender außenbords, derer wir habhaft werden können. Dadurch verläuft die Begegnung mit dem Schiff glimpflich für uns. Ein wohlbeleibter, bärtiger und freundlich dreinschauender Mann springt, für seine Leibesfülle behende, zu uns an Bord, begleitet von einigen Uniformierten sowie unserem alten Weggefährten Slava Melin. Slava ist Russe und hat in den vergangenen Monaten kaum etwas anderes getan, als für uns sämtliche Genehmigungen einzuholen. Er ist von Moskau eingeflogen, um uns bei den örtlichen Behörden zu unterstützen und uns natürlich auf der Weiterfahrt zu begleiten. Er ist ein alter Freund, der die Reise der DAGMAR AAEN schon seit mehreren Jahren begleitet. Der Dicke stellt sich mir auf englisch offiziell als Lotse und Hafenkapitän vor, sein Name sei Arkadyi. Die Uniformierten blicken derweil streng und regungslos in die Runde, ein Gesichtsausdruck, der Zöllnern und Beamten der Einwanderungsbehörden auf der ganzen Welt eigen zu sein scheint und in dieser Form auch nur bei ihnen anzutreffen ist. Es besteht Lotsenpflicht! Na klar, denn das bringt Devisen. Notwendig ist das für ein Schiff wie die DAGMAR AAEN sicher nicht, schon gar nicht bei einem Tiefwasserhafen wie Prowidenija, aber das sind halt die Bestimmungen. Slava freut sich unbändig, wieder unter uns zu sein; die Freude beruht auf Gegenseitigkeit. Unter den mißbilligenden Blicken der Uniformierten umarmen wir uns, klopfen uns gegenseitig auf die Schultern und vergessen für einen kleinen Moment die Anwesenheit der geballten Ordnungskräfte an Bord. Mit langsamer Fahrt gleitet die DAGMAR AAEN an rostenden Schiffswracks und baufälligen Kaianlagen entlang. Ein großer Eisbrecher, die MURMANSK, liegt an einem Ende der Pier, mehrere Frachtschiffe liegen vor Anker. Wir finden eine Stelle an einer zerborstenen Betonpier, an der uns keine Moniereisen wie rostige Spieße bedrohlich entgegenragen, und machen schließlich fest. Ratten huschen verschreckt aus ihren Verstecken, Kohlenstaub beginnt sich über das Deck und die Aufbauten zu legen.

Menschenverachtende Tristesse, Schmutz und Dreck überall! Die Menschen flüchten sich in ihr Zuhause, das den Möglichkeiten entsprechend nett und sauber ist. Aber schon das Treppenhaus sieht in der Regel aus, als sei gerade ein Abbruchunternehmen bei der Arbeit. Die dafür verantwortliche Verwaltung übt sich immer noch in Selbstgefälligkeit und Arroganz. Es ist wie das Eintauchen in eine trübe, graue Ursuppe.

Jetzt kommt die große Stunde der Uniformierten. Während auf der Pier Wachen aufgezogen sind, damit ja keiner von uns auf die Idee kommt, voreilig an Land zu springen, beginnen wir in der Messe damit, Papiere auszubreiten. Slava dolmetscht, füllt seitenweise Formulare aus, während wir anderen bemüht sind, freundlich zu lächeln, aufmunternd und zustimmend zu nicken, Tee zu servieren und uns ansonsten ganz in Demut zu hüllen. Uniformen und Wichtigtuerei als Makulatur, um zu verdecken, daß längst die Zeit an Ort und Staat vorbeigelaufen ist. Auch diese Prozedur hat irgendwann einmal ein Ende, zumindest für heute. Ein Vorstellungsgespräch bei den Grenzschutztruppen ist für die nächsten Tage geplant, und Arkadyi verabschiedet sich mit der vielversprechenden und von uns wohl verstandenen Ankündigung, daß wir uns sicher in den nächsten Tagen häufiger sehen werden.

Zwischenzeitlich ist es dunkel geworden, Feierabend, man will nach Hause. Endlich sind wir unter uns. Slava kramt aus seinem Gepäck eine kleine Flasche Wodka, wir füllen die Gläser und prosten uns zu. Zunächst erzählen wir den bisherigen Verlauf der Reise seit Dutch Harbor, wo das Schiff den letzten Winter verbracht hat. Wir berichten ihm von der langen Überfahrt von Dutch Harbor nach Vancouver, wo wir als Gäste des Maritime Museums zwei Wochen lang blieben. Zwei Wochen, in denen nicht nur das Schiff gründlich überholt wurde, sondern in denen auch viel Zeit für Unternehmungen und Begegnungen war. Dann die Weiterreise durch die „Inside Passage“, die vielen Fjorde, Inseln und Buchten, die überhaupt nur mit einem Boot zu erreichen sind. Die milden Frühsommerabende, die wir gemeinsam mit amerikanischen und kanadischen Fischern verbrachten, die Paddeltouren, die Ruinen der Siedlungen der Haida-Indianer auf den Queen Charlotte-Inseln, die Wanderung über den Chilkoot-Pfad, die Fahrt entlang der gewaltigen Gletscher von Glacier Bay und die uns ständig begleitenden Buckel- und Killerwale, schließlich die Weiterfahrt in den Prince Williams-Sund, das Eintreffen auf der Kodiakinsel, die Shumagininseln, die Kette der Aleuten – Erlebnisse, Eindrücke, die an anderer Stelle erzählt werden müssen. Endlich im Juli die Rückkehr nach Dutch Harbor. Nachdem dort letzte Vorräte und Brennstoff für Öfen und Motor übernommen wurden, die Weiterfahrt nach Norden durch die Beringsee, unterbrochen von Besuchen auf den Pribilofs und der St. Lawrence-Insel. Von dort nach Prowidenija waren es nur noch 60 Seemeilen. Jetzt sind wir hier.

Slava hat aufmerksam zugehört und nur einige Zwischenfragen gestellt. Es ist ihm deutlich anzumerken, daß er gern diese Etappe, die weder extrem noch entbehrungsreich, sondern einfach nur schön und abwechslungsreich gewesen ist, mitgemacht hätte. Aber wäre er derweil nicht in Moskau gewesen, hätte er nicht mit Bürokraten gefeilscht – wir wären jetzt nicht hier, da man uns sonst niemals eine Genehmigung erteilt hätte. Slava hat in der Zwischenzeit sicher einen größeren Beitrag zur Expedition geleistet als wir an Bord. Und auch er erzählt seine „Abenteuer“ in russischen Amtsstuben. Die Probleme mit der Verwaltung des „Nördlichen Seeweges“, kurz NSR genannt, die mit allen Mitteln versucht, uns von unserem Vorhaben, die Nordküste Sibiriens zu befahren, abzubringen. Er berichtet und redet sich dabei spürbar die Enttäuschung und Frustration über die sture und abweisende Haltung der russischen Verwaltung von der Seele. Trotzdem gelingt es ihm, alle Genehmigungen und Formulare zu bekommen – sehr zum Ärger der Verwaltung der NSR, die jetzt nur noch schwache Argumente gegen eine abschließende Zusage hat. Aber Papier ist geduldig, und die Mühlen der Bürokratie mahlen in aller Regel langsam, die der russischen besonders. Selbst mit allen ordnungsgemäß gestempelten und genehmigten Papieren gibt es noch Mittel und Wege, uns Steine in den Weg zu legen, orakelt Slava voll düsterer Vorahnung. Nachdem die erste Wiedersehensfreude ein wenig verflogen ist, merke ich, daß Slava sich Sorgen macht. Aber weil er, wie es seine Art ist, uns nicht mit seinen Befürchtungen belasten will, rückt er nur bruchstückhaft mit Einzelheiten heraus: Der russische Abenteurer Dmitri Spharov habe landesweit über Rundfunk und Fernsehen mehrfach dazu aufgerufen, unsere Expedition zu boykottieren. Er selbst lasse zur Zeit nämlich ein geeignetes Boot bauen und wolle damit als erster mit einer russischen Mannschaft die Nordostpassage durchsegeln. Dieses, so Spharov, sei eine nationale Aufgabe, die zuerst von Russen bewältigt werden müsse. Die deutsche Expedition habe bereits einige Rekorde aufgestellt – die russische Arktis den Russen! Spharov ist ein Veteran unter den russischen Abenteurern. Zur Zeit des kommunistischen Regimes hochdekoriert und als Held der Arbeit gefeiert, kennt ihn im Lande jeder. Sein Wort hat Gewicht und findet auch bei höheren Stellen Gehör. Wir sollen das noch zu spüren bekommen. Gerade der nationale Klang seines Anspruches fällt in Rußland auf fruchtbaren Boden. Das angeknackste Selbstwertgefühl der ehemaligen Großmacht kann ein wenig Balsam gut vertragen. Die alte selbstgefällige und immer wieder spürbare Einschätzung: „Im Westen haben sie zwar mehr Geld, aber wir sind besser“ treibt volle Blüten. In Prowidenija wird es als offenes Geheimnis gehandelt, daß wir nicht losfahren werden. Aber so leicht geben wir uns nicht geschlagen.

Am nächsten Tag regnet es in Strömen. Straßen, Wege und Kaianlagen haben sich in einen Brei aus Kohlenstaub, Kies und Morast verwandelt. Die schwarzen Fußstapfen ziehen sich durch das ganze Schiff, trotz Fußabweiser und Feudel, die an Deck liegen. Der feine Schmutz und Ruß findet seinen Weg überall hin. Wie verabredet besuchen wir Arkadyi in seinem Büro. Das Gebäude, in dem es sich befindet, sieht genauso baufällig aus wie alle anderen. Im Inneren ist es sauber, es riecht nach strengen Reinigungsmitteln. Wie wir erfahren, sitzt in dem Gebäude nicht nur die Hafenverwaltung, sondern auch die Nachfolgeorganisation des KGB. Arkadyi empfängt uns in seinem kleinen Büro, an dessen Wänden Eis- und Seekarten sowie Kalender der Murmansk- und der Far East-Shipping Company hängen, Bilder von gewaltigen nuklear getriebenen Eisbrechern, stapelweise Papiere auf dem Schreibtisch und natürlich ein Telefon. Arkadyi behandelt uns ausgesprochen freundlich. Da sein Englisch den nunmehr folgenden Verhandlungen offenbar nicht gewachsen ist, spricht er mit Slava auf russisch. Ich höre zu, verstehe aber kein Wort. Als ich nach zehn Minuten immer noch nicht in die Geheimnisse dieses Gespräches eingeweiht werde, frage ich nach, werde aber von Slava zum Schweigen aufgefordert. Das fällt mir schwer. Nach rund einer halben Stunde und einigen Telefonaten informiert Slava mich schließlich. Er sieht dabei nicht glücklich aus. Eine der Auflagen für das Durchfahren der Nordostpassage oder des nördlichen Seeweges, wie die Russen sagen, besteht in der Mitnahme eines russischen Eislotsen. Diese Regelung ist uns seit langem bekannt, und ich hatte eingewilligt, einen Lotsen mitzuführen. Schon in den vergangenen Jahren hatten wir in Sibirien einen Lotsen mitnehmen müssen. Laut Vertrag soll dieser Lotse aus Murmansk bereits vor Ort sein. Für Hin- und Rückflug, Unterkunft, Verpflegung und Ausrüstung haben natürlich wir zu sorgen – neben den ohnehin anfallenden Lotsengebühren, versteht sich. Laut Vertrag scheint alles perfekt. Ich habe mich dazu verpflichtet, einige tausend Dollar für den Lotsen auszugeben, die Murmansk Shipping Company verpflichtet sich, den Lotsen zu stellen. Ich bin gelinde gesagt überrascht, als ich höre, daß der Lotse sich noch in Murmansk befindet und auch noch keine Arrangements für einen Flug nach Prowidenija gemacht worden sind. Es war vereinbart, daß der Eislotse am 3. August in Prowidenija auf uns warten sollte. Wer – wie wir – weiß, daß eine Reise von Murmansk bis nach Prowidenija wegen der schlechten Flugverbindungen nicht selten bis zu drei Wochen dauert, kann erahnen, wie mir zumute ist. Ich lasse Slava übersetzen, daß wir auf keinen Fall solange warten können. Wir sind nur nach Prowidenija gekommen, um einzuklarieren und den Lotsen zu übernehmen. Jeder weitere Tag in Prowidenija kostet uns wertvolle Zeit. Wir alle wissen, daß die Eisverhältnisse an der sibirischen Nordküste im Moment relativ günstig sind. Mit einem Schiff wie der DAGMAR AAEN hat man nur dann eine Chance im Eis, wenn man zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle ist. Das heißt im Klartext: Wir müssen umgehend weiter, mit oder ohne Lotsen.

Nachdem Slava dies ebenso knapp wie deutlich übersetzt hat, wirkt Arkadyi leicht verschnupft und läßt mich über Slava wissen, daß er unser Freund sei, Verständnis für uns habe, wir aber auch Verständnis für seine Situation haben müßten. Was er damit meint, sollen wir noch erfahren. Fest steht, wie mir Slava dolmetscht, daß Arkadyi uns unter keinen Umständen ohne Genehmigung aus Moskau auslaufen läßt, und die gibt es eben nur, wenn ein Lotse an Bord ist. Er läßt auch keinen Zweifel daran, daß er uns ein Marineboot nachsenden würde, sollten wir einfach bei Nacht und Nebel auslaufen. Es heißt, gute Miene zum bösen Spiel machen.

Vom Schiff aus telefoniert Slava mit unserer Inmarsat-Anlage erst mit Murmansk und dann mit Moskau. Endlose Telefonate, wovon jede Minute sechzehn Mark kostet, und die außer der Erkenntnis, daß man sich nicht zuständig fühle oder gerade keine neue Information habe, nichts bringen. Zuvor hatte Slava versucht, über das öffentliche Telefonnetz mit Moskau zu sprechen. Zwischen Moskau und Prowidenija liegen neun Stunden Zeitunterschied. Wenn also in Prowidenija der Arbeitstag beginnt, ist er in Moskau gerade am Ausklingen. Nach 18 Uhr vermittelt aber die Telefonzentrale in Prowidenija keine Gespräche mehr, weil dann nämlich Feierabend ist. Ohne Inmarsat wären wir quasi von der Außenwelt abgeschnitten. Damit hat man in Moskau auch offenbar gerechnet. Denn laut Slava scheint die Überraschung über unseren Anruf einigermaßen groß zu sein.

Ich kenne die Hinhaltetaktik der Verwaltung aus Dickson, wo wir 1992 fast fünf Wochen festhingen. Ich weiß, daß man zwar bestimmt, aber immer schön freundlich bleiben muß. Wir versuchen es mit Wodkatrinken. Nicht etwa unter uns, sondern mit Arkadyi und dessen Freunden. Wir laden sie zu einem Ausflug mit der DAGMAR AAEN ein, ein Vorschlag, der freudig angenommen wird. Bei solchen Gelegenheiten bricht die russische Gastfreundschaft wieder durch. Jeder bringt etwas zu essen und zu trinken mit, alle sind bester und ausgelassenster Stimmung und freuen sich über das ausnahmsweise sonnige Wetter. Alle Probleme und Sorgen scheinen vergessen – nur in uns brüten sie hinter einer aufgesetzten Feiertagsfassade weiter. Der Wodka fließt in Strömen, Arkadyi wird immer redseliger, lädt mich allen Ernstes ein, doch im kommenden Winter zum Wintersport nach Prowidenija zu kommen. Nebenbei verspricht er, uns zu helfen. Am nächsten Tag – es regnet wieder in Strömen – hat sich seine Stimmung proportional zum Wetter verschlechtert, vielleicht ist auch der Kater daran schuld.

Die Zeit läuft uns davon, jeden Tag dasselbe Spiel. Morgens marschieren wir zu Arkadyis Büro, nachmittags erneut, ohne daß sich etwas ändert. Wir beschließen, andere Maßnahmen zu ergreifen. Bei einem Gespräch, an dem ich nicht teilnehmen darf, bietet Slava Arkadyi einen größeren Dollarbetrag an, sozusagen unter Freunden, um damit die Bearbeitung unseres Anliegens zu beschleunigen. Das wirkt! Arkadyi ist mehr als geneigt, dieses Angebot anzunehmen, und bereits am nächsten Tag teilt er uns mit, daß er einen Lotsen für uns gefunden habe. Ich bin entzückt. Dann können wir ja fahren, ist meine spontane Reaktion, ich werde aber sofort eines Besseren belehrt. Zunächst muß Moskau sich damit einverstanden erklären, denn obwohl unser stolzer Hafenkapitän sich gern das Zubrot verdienen möchte, ist er dennoch nicht bereit, ein Risiko einzugehen. Wieder liegt ein Wochenende dazwischen, da wird natürlich auch in Moskau und Prowidenija nicht gearbeitet.

An einem dieser öden Wartetage begegnet uns Roger, ein junger Amerikaner. Roger ist schon seit einigen Wochen in Prowidenija. Er hatte den Versuch unternommen, von Alaska aus die Beringstraße mit einem Kajak zu überqueren und war auf der russischen Diomedes-Insel vom Militär aufgebracht worden. Er wurde zurückgeschickt und flog daraufhin erneut von Nome aus mit seinem Kajak nach Prowidenija, um mit dem Segen der Behörden von dort aus nach Japan zu paddeln. Der Segen läßt auf sich warten – schon viele Wochen. Dennoch ist er guten Mutes, hat eine private Unterkunft gefunden und erteilt den Einwohnern Kajakunterricht. Er freut sich, uns zu treffen, um Erfahrungen auszutauschen, und wir freuen uns ohnehin über jede Ablenkung. Obwohl die Chancen für Roger nicht gut stehen, will er weiterhin abwarten. Mich beeindruckt die Bestimmtheit und Gelassenheit, mit der er ganz allein sein Projekt voranzutreiben versucht.

Die täglichen Eisinformationen, die wir per Wetterfax aus Alaska bekommen oder im Abstand von einigen Tagen über Inmarsat aus Hamburg von der dortigen Eiszentrale erhalten, lassen uns schier verzweifeln. Es gibt einen schmalen eisfreien Wasserstreifen entlang der Nordküste, und das jetzt schon seit rund zwei Wochen. Wir wissen aber, daß eine Änderung der Windrichtung diesen Wasserstreifen innerhalb weniger Stunden schließen kann. Nach Norden hin breitet sich nur das grenzenlose Polarmeer aus mit seinem unerschöpflichen Reservoir an Eisfeldern. Am 13. August scheint endlich alles geregelt. Wir haben Anatoly, unseren neuen Eislotsen aus Prowidenija, kennengelernt und einen Vertrag mit ihm abgeschlossen. Arkadyi hat daraufhin ein Gutachten erstellt, das die DAGMAR AAEN als eisgängiges Schiff ausweist. Alles Unterlagen und Formalitäten, die wir bereits von den vorangegangenen Jahren noch vorliegen hatten. Moskau kann sich noch immer nicht zu einem „Ja“ durchringen, immerhin aber zu einem „Nein, aber …“. Die Verlockungen der Dollar sind jetzt zum Glück so groß für Arkadyi, daß er dieses als ein „Ja mit Einschränkungen“ interpretiert. Ich atme tief durch, bekomme aber sofort einen Hustenanfall, als Arkadyi uns mitteilt, daß am Freitag kein Schiff ausläuft (alter Aberglaube), und man am Wochenende keine Schiffe abfertige. Montag würden wir noch benötigen, um letzte Formalitäten abzuwickeln, und Dienstag, ja wirklich, am Dienstag dürften wir dann auslaufen. Mir verschlägt’s die Sprache, Slava ringt um seine Fassung. Wir versuchen ihn umzustimmen, da jeder Tag, jede Stunde zählt. Umsonst. Entweder wir warten, oder es läuft gar nichts. Wir sind geschlagen. Deprimiert und gelangweilt verbringen wir ein weiteres Wochenende in Prowidenija. Am Montag erneuter Besuch im Büro, ich finde den Weg dorthin trotz Schlaglöcher und fehlender Gullydeckel schon im Schlaf mit verbundenen Augen. Arkadyi ist aufgeräumter Stimmung. Nachdem einige tausend Dollar den Besitzer gewechselt haben, unterzeichnet er ein paar Dokumente – nicht ohne uns vorher noch kräftig zu ermahnen, nichts Ungesetzliches zu tun – und entläßt uns. Der Verzicht auf eine passende Erwiderung bereitet mir fast körperliche Schmerzen. Am nächsten Morgen kommt Anatoly an Bord, Arkadyi und einige neu hinzugewonnene Bekannte stehen an der Pier, um uns zu verabschieden. Der Dieselmotor wird angelassen, die Leinen losgeworfen. Arkadyi winkt, ruft mir auf englisch zu, daß ich in ihm einen guten Freund in Prowidenija habe. Ja wirklich! Ich verkneife mir die Erwiderung, bin einfach froh, daß wir hier fort sind.

Ich blicke in die Gesichter der Crew. Chris Nelson, Henryk Wolski, Slava, Jörn Bohlmann, Kai Meibaum, Ragna Koch. Wir sind ein eingespieltes Team, haben schon viele gemeinsame Abenteuer durchlebt. Ich sehe den Gesichtern den Frust an über die vertane Zeit, aber auch die Erleichterung darüber, daß es endlich losgeht. Während die öde Kulisse dankbarerweise von den Bergen geschluckt wird, nimmt uns der Schwell der Beringsee langsam auf. Wir spülen mit dem Deckwaschschlauch den Schmutz und wohl auch die Erinnerung an die zurückliegenden Wochen von Bord. Endlich sind wir auf dem Weg nach Norden. Es ist der 16. August.

 

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Auf Messers Schneide

Ein Schiff, egal wie groß oder klein, stellt für den Seefahrer weit mehr dar als nur einen Gegenstand. Vielleicht mag man die gleiche Verbindung noch in der Fliegerei finden, zwischen dem Piloten und seinem Flugzeug. In beiden Fällen bildet sich so etwas wie eine Zweckgemeinschaft. Das Schiff bzw. das Flugzeug ist der Überlebensgarant für den Menschen in einer ihm ansonsten fremden und feindlich gesonnenen Umgebung. Das ist aber noch nicht alles. Es hat nichts mit Pathos zu tun, wenn ich sage, daß sich zwischen Schiff und Besatzung eine Freundschaft herausbildet. Der Seemann segelt, navigiert, malt und pflegt sein Schiff, ist stolz darauf. Es wird ihm ein guter „Freund“, mit dem er durch dick und dünn zu gehen bereit ist. Schiff und Besatzung bilden eine Einheit. Der eine ist ohne den anderen nutzlos. Das Schiff ermöglicht überhaupt erst die Reise über die Weltmeere, aber ein Schiff ohne Crew liegt nutzlos im Hafen herum und verkommt. „Ein Schiff mag im Hafen zwar sicher sein, aber dafür ist es nicht gebaut!“ heißt es, und da ist viel Wahres dran. Erst das Zusammenwirken beider Faktoren lassen etwas Lebendiges, lassen eine Eigendynamik entstehen. Beide sind auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Fast ausnahmslos ist das Schiff, auf dem man sich befindet, ein „gutes“ Schiff, und nachsichtig versucht man, die kleinen oder großen Mängel durch Vorteile auszugleichen. Auch Flüche und harte Worte bei der Arbeit beeinträchtigen dieses Verhältnis nicht. Jedes Schiff hat seine Eigenarten. Es kann störrisch und bockig wie ein Maultier sein und zugleich gutmütig und kämpferisch im schlechten Wetter die Geschicke des Seefahrers zum Guten lenken. Sie geben und schenken sich beide nichts, und doch sind sie füreinander verantwortlich. Denn anders als bei Landfahrzeugen gibt es einen ausgemachten Feind: die See. Kein Seemann hat jemals das Meer geliebt. Er hat es immer als gnadenlosen, ihn verhöhnenden Gegner gefürchtet. Die verklärte Seefahrerromantik entsteht nicht auf den Schiffen, sondern an Land; die Liebe zum Meer nicht auf hoher See, sondern beim Spaziergang am Strand. Der Voreigner der DAGMAR AAEN, der Däne Niels Bach, sagte einmal: „Schiffe haben ihre Schicksale, sie greifen auch in andere Schicksale ein. Es laufen feine Zauberfäden zwischen der Beschaffenheit eines Schiffes und der menschlichen Seele.“ Ich war wohl doch ein wenig naiv, als ich beim Kauf der DAGMAR AAEN glaubte, daß ich es fortan allein sein würde, der die Geschicke und den Werdegang des Schiffes bestimmen würde. Auf die Reiseplanung mag das ja weitestgehend zutreffen. In meinen Entscheidungen auf See bin ich hingegen nicht so frei, wie ich glaubte. Die DAGMAR AAEN ist für mich nicht irgendein Gegenstand. Mein Verhalten, meine Entscheidungen haben etwas mit Verantwortung gegenüber dem Schiff und natürlich noch vorrangig mit Verantwortung gegenüber der Crew zu tun.

Die DAGMAR AAEN stellt mit ihren 64 Jahren eine Art Persönlichkeit dar. Ich fühle mich ihr gegenüber verpflichtet – so wie ich mich jedem Schiff, auf dem ich fahre, verpflichtet fühle. Es ist als Schiffsführer meine Pflicht – sowohl vom seemännischen wie auch moralischen Standpunkt aus – alles zu tun, um Schiff und Besatzung heil an den Bestimmungsort zu bringen. Diesem Ziel sind alle anderen Überlegungen und Ziele unterzuordnen. Deshalb betrachte ich auch ein wenig mit Sorge die Entwicklung bei Hochseeregatten wie etwa dem BOC Einhand um die Welt-Rennen. Hier ist das Schiff tatsächlich zu einem Hochleistungs-Wegwerfartikel degeneriert. Immer leichter, immer schneller und fragiler werden die Boote. Nach dem Rennen sind sie verbraucht und schon wieder veraltet. Mit Seemannschaft im Sinne eines Joseph Conrads hat das nichts zu tun. Materialien werden bis an ihre Grenze und oft genug darüber hinaus belastet, von den Menschen an Bord ganz zu schweigen. Der Herausgeber des renommierten englischen Segelmagazins „Yachting Monthly“, Geoff Pack, schrieb unlängst in seinem Editorial zum gerade laufenden BOC Einhand um die Welt-Rennen: „The present BOC Challenge singlehanded round-the-world yacht race has turned into something of a demolition derby with vessels stranded, sunk, dismasted, decks stove in, booms and rudders broken, countless knockdowns and many retirements. There seems to have been a drama every week.“ Das heutige BOC Challenge hat sich in so etwas wie ein Abbruch-Derby gewandelt, mit gestrandeten, gesunkenen, entmasteten Schiffen, zerbrochenen Bäumen und Rudern, mit unzähligen Unfällen und Ausscheidungen. Es scheint so, als ob jede Woche ein Drama passieren würde. – Auch Todesfälle bzw. seither Vermißte und aufwendige Rettungsaktionen gingen einher. So sehr ich den Mut und auch das seglerische Können der Regattaszene respektiere, so sicher glaube ich, daß dieser Weg unweigerlich in ein ähnliches Desaster führen wird wie 1979 das Fastnet Rock-Rennen, in dem viele Menschen den Tod fanden. Die See – ähnlich wie die Polarregionen – ist gnadenlos. Sie nimmt Leid, Untergang und Tod gleichgültig auf. Menschlicher Hochmut zerbricht dabei ebenso wie die dünnen High-Tech-Gebilde. Sportliche Erfolge und auch Rekorde dürfen eben nicht um jeden Preis gefordert werden. Das zumindest ist unser Verständnis von Sport, Abenteuer und Seemannschaft.

Wenn wir uns jetzt zum zweiten Mal innerhalb eines knappen Jahres der Beringstraße nähern, wissen wir um die Gefahren und Risiken, die auf uns lauern. Am 30. September 1993 hatten wir die Beringstraße in südlicher Richtung durchfahren. Damals waren wir müde und ausgelaugt. Es war uns gelungen, in nur einer Saison ohne fremde Hilfe die Nordwestpassage zu durchfahren. Die DAGMAR AAEN war erst das dritte Schiff überhaupt, dem das gelungen war, zudem ist sie mit Abstand das älteste gewesen. Schwerste Eispressungen und anhaltende Stürme mit bis zu 70 Knoten Windgeschwindigkeiten hatten unsere letzten Reserven gefordert. Wir hatten die See und die Kälte satt, fühlten uns zerschlagen, schmutzig und müde. Aber wir waren durch! Das weckte die Lebensgeister, ließ uns neue Energien spüren. Die Situation in diesem Jahr ist dagegen eine völlig andere. Wir sind bestens ausgeruht. Soviel geschlaffen wie in den letzten beiden Wochen haben wir schon lange nicht mehr. Aber wir sind nicht so entspannt, wie wir es trotz aller Strapazen im Jahr zuvor waren. Die Schwierigkeiten, das wissen wir, liegen nördlich der Straße, und damit wächst die Anspannung. Der völlig willkürliche und unnötige Aufenthalt in Prowidenija hat uns über zwei wertvolle Wochen gekostet. Diese empfindliche Zeiteinbuße mindert nicht nur unsere Chancen drastisch, sondern erhöht auch das Gefahrenpotential erheblich. Insgesamt haben wir nur zwischen sechs bis acht Wochen Zeit, die Passage zu durchqueren – vorausgesetzt, das Eis läßt uns. Danach bricht unmittelbar der Winter an. Wir beginnen unsere Gratwanderung, fest entschlossen, unserem Verständnis von Seemannschaft treu zu bleiben und entsprechende Sicherheitsreserven einzuplanen, das Risiko im Griff zu behalten. Ob das immer gelingt, werden wir sehen.

Wir halten uns dicht unter Land. Die düsteren Felsen von Kap Dezhnev tauchen aus den wallenden Nebelschwaden auf. Wir stehen auf dem nassen Deck unter triefenden und tropfenden Segeln. Obwohl es nicht regnet, ist die Feuchtigkeit des Nebels allgegenwärtig, kriecht durch Öffnungen und Verschlüsse, läßt einen frieren, obwohl es gar nicht so kalt ist. Wie ein Bollwerk erhebt sich herrisch und ehrfurchtgebietend das Kap empor. Eine weiße Steinsäule hebt sich vor dem dunklen Hintergrund selbst auf die Entfernung ab. Ein Denkmal an den Kosaken Dezhnev, der dieses düstere wolkenverhangene Kap entdeckt hatte. Kurz darauf ändern wir unseren Kurs in nordwestliche Richtung. Der Ort Uelen taucht hinter einem Dunstschleier auf. Auch hier qualmende Schlote. Wir sind froh, weit genug fort zu sein, um keine Details zu erkennen. Prowidenija ist uns noch zu gegenwärtig. In gewissen Abständen werden wir über UKW von Militärposten angesprochen, die nach unserer Identität, Kurs und Geschwindigkeit fragen. Als wir uns mit Namen und Rufzeichen melden, weiß man sofort Bescheid und läßt uns passieren. Das wiederholt sich alle paar Stunden. Die militärische Radarüberwachung ist so nah an Alaska offenbar lückenlos. In Prowidenija und wohl auch in Uelen soll es ganze Bataillone gegeben haben, die dort während des Kalten Kriegs stationiert waren. Die verwahrlosten Militärbaracken hatten wir selbst gesehen. Das meiste Kriegsgerät soll aber angeblich in einer Nacht- und Nebelaktion auf Schiffe verladen und an andere Orte verschafft worden sein.

Anatoly, unser Eislotse, führt die Funkgespräche. Trotz des ganzen Verdrusses, den wir in Prowidenija erlebt haben, ist er ein echter Glücksgriff. Anatoly ist Kapitän von Beruf, hat jahrelang große Eisbrecher geführt und macht nicht den Eindruck, als daß er sich so leicht durch irgend etwas aus der Ruhe bringen ließe. Anders als unsere früheren Eislotsen nimmt er seine Aufgabe sehr ernst. Man merkt ihm auch an, daß er Interesse und Freude an der Reise hat, und mit einem erstaunlichen Einfühlungsvermögen findet er innerhalb weniger Tage seinen Weg in die Bordgemeinschaft und die Herzen der Crew. Stundenlang steht er an Deck, löst durchgefrorene Rudergänger am Steuer ab, versucht, so gut es sein Englisch eben erlaubt, mit jedem zu reden und bemüht sich ständig, über Funk Wetter- und Eisinformationen einzuholen. Die unvermeidliche Zigarette im Mundwinkel, steht er wie angewurzelt an Deck, als wäre er schon immer dabei gewesen. Mit ihm haben wir wirklich einen weiteren Experten an Bord, der sich in jeder Hinsicht für uns verwenden wird.

Gelegentlich werden wir durch ein Prusten aufgeschreckt: Grauwale, die den Sommer in arktischen Gewässern verbringen, um sich dort vollzufressen. Bei den ersten Walen, die wir gesichtet hatten, stand das ganze Schiff kopf. Kameras klickten und surrten, und jeder war von dem Anblick eines dieser riesigen Meeressäuger überwältigt. Inzwischen haben wir so viele Wale gesichtet, daß kaum noch jemand beim Ausruf „Wal – da bläst er!“ aus der Geborgenheit seiner warmen Koje kriecht. Täglich sehen wir mehrere dieser Tiere und sind selbst erstaunt, wie schnell man derartige Naturschauspiele als selbstverständlich hinnimmt. Erfreulich ist der Umstand, daß die Schutzmaßnahmen offenbar gegriffen haben. Mit Ausnahme der Ureinwohner, denen dieses Recht zugesprochen wurde, macht keiner mehr Jagd auf diese friedlichen Riesen. Zumindest gilt das für diesen Teil der Erde. In anderen Gegenden läßt sich leider feststellen, daß der Walfang offenbar wieder durch einige Nationen forciert wird.

Plötzlich tauchen vereinzelte, scheinbar harmlose, verwitterte und schmutzig graue Brocken auf, denen man noch nicht aus dem Weg zu gehen braucht. Sie poltern am stahlgepanzerten Rumpf der DAGMAR AAEN entlang, zersplittern, wirbeln herum und treiben im Kielwasser achteraus. Das sind die ersten Vorboten des Eises. Der nächsten Armada gehen wir schon geflissentlich aus dem Weg. Ständig steht jetzt eine Wache auf dem Vorschiffpoller, hält sich mit klammen Fingern am Fockstag fest und zeigt mit dem anderen Arm dem Rudergänger den Weg um die Eisplatten herum. Der Übergang geht schneller als erwartet vonstatten. Haben eben noch Seegang und Wind die Bewegung des Schiffes bestimmt, so tritt plötzlich eine fast unnatürliche Ruhe ein. Das Eis erstickt alle Bewegungen der See. Die Wasseroberfläche ist spiegelglatt. Wir bergen die Segel. Vor uns eine gleitende Linie, die so stark strahlt, daß das helle Licht wie eine Nebelwand am Himmel erscheint. Zeit für mich, den Weg über die Wanten in die Eistonne oben im Mast zu suchen. Von dort hat man den besten Ausblick. Was von Deck aus und auch auf dem Radar wie eine ununterbrochene Eiskante aussieht, weist von der Masttonne zahlreiche Lücken, Kanäle und Rinnen auf. Je dichter man an die Eiskante kommt, desto besser lassen sich mögliche Passagen erkennen. Mit langsamer Fahrt bahnen wir uns polternd und stoßend einen Weg durch dieses Labyrinth. Dahinter wieder große Flächen offenen Wassers. Noch weicht das Eis immer wieder zurück, läßt uns passieren. Wie lange noch?

Unsere Eisinformationen sind mehrere Tage alt. Die russische Verwaltung beginnt erst in diesen Tagen, ihren Eisdienst in Pewek einzurichten. Lange war man sich unschlüssig, ob das dieses Jahr überhaupt geschehen solle, da mangels Geld die Schiffahrt zum Erliegen gekommen war. Aber die Ortschaften an der sibirischen Küste brauchen Diesel für die Stromerzeugung, die Fahrzeuge, zum Heizen. Und der läßt sich nur mit Schiffen in ausreichender Menge transportieren. Im letzten Moment hat man sich deshalb doch dazu durchgerungen, die Eiszentrale zu bemannen. Zwei Eisbrecher, die MURMANSK und die ADMIRAL MAKAROV, sind bereits seit einigen Tagen im Eis. Anatoly gelingt es, Funkkontakt mit der MURMANSK herzustellen. Die Informationen, die er erhält, sind gelinde gesagt dürftig. Wir haben einen Vertrag mit der Verwaltung der NSR, der uns ständig aktualisierte Eisberichte zusichert. Die Berichte, die wir vom Eisbrecher oder aus Pewek heute wie auch an den folgenden Tagen erhalten, sind allesamt austauschbar: „Schwerste Eisverhältnisse, Durchkommen unmöglich, fordern Sie dringend auf, unverzüglich die Rückreise anzutreten“. Die Verwaltung der NSR hat einen langen Arm, den wir wieder einmal zu spüren bekommen. Nachdem man uns in Prowidenija nicht hat festhalten können, versucht man es jetzt anders. Die Informationen, die wir über Funk bekommen, sind zum Teil nachweisbar falsch. Ansonsten gibt man vor, keine Informationen zu haben, wartet mit Schauergeschichten auf und versucht, uns nach allen Regeln der Kunst „weichzukochen“.

Anatoly ist zutiefst verärgert. Er, der nach seiner aktiven Fahrtzeit in Prowidenija eine wichtige Beraterfunktion in Schiffahrtsfragen innehat, ist es gewohnt, daß er auf seine Fragen Antworten erhält. Er kennt die Mechanismen, den Filz und die betreffenden Leute in Pewek und auf den Eisbrechern persönlich. Die Antworten auf seine Funktelegramme bleiben aber entweder aus oder verfallen in einen immer geharnischteren Tonfall. Neue Eiskarten, die wir per Wetterfax aus Alaska erhalten, zeigen, daß sich die Eislage im Vergleich zu den untätig verbrachten Tagen in Prowidenija zu verschlechtern beginnt. Der Wind hat nach langer Zeit auf nördliche Richtung gedreht und schiebt damit die gesamte Eiskalotte Richtung Küste. Diese Küste ist unter Seefahrern gefürchtet. Es gibt dort nirgendwo einen Hafen oder auch nur eine schützende Bucht. Die See ist bis dicht unter Land tief, so daß das Eis sich ungehindert auf die Küste schieben kann. Schiffe, die zwischen Land und Eis erwischt werden, werden in der Regel zerdrückt, sofern sie nicht eigens dafür gebaut sind. Solange das Eis ungehindert in eine Richtung ziehen kann, gibt es für Schiffe eine Chance, Rinnen im Eis auszunutzen, um dem zerstörerischen Druck auszuweichen. Läuft das Eis hingegen auf einer Küste auf, kann es nicht mehr ausweichen. Der Druck, den die nachfolgenden Eisfelder aufbauen, ist unbeschreiblich. Viele tausend Tonnen schwere Schollen werden, wie von Geisterhand bewegt, aufs Land gedrückt, in die Höhe gehebelt, zerdrückt, gestapelt und aufgerieben. Es ist ein Inferno, das dort losbricht, ich kenne diese Situation nur zu gut. Auch in der Nordwestpassage hatten wir schwere Eispressungen zu überstehen. Die Ruderanlage am Schiff war damals zerstört worden, wir waren sogar vorbereitet, das Schiff notfalls zu verlassen. Es war eine schlimme Situation. Aber die Nordwestpassage ist ein Innenfahrwasser. Dort gibt es unzählige Inseln, Fjorde und Buchten, die einzelnen vereisten Wasserflächen sind nicht so gigantisch groß. Die sibirische Nordküste ist hingegen nach Norden völlig offen. Das Polarmeer mit seinem ultraharten, mehrjährigen Eis hält dort ein unerschöpfliches Reservoir bereit. Deshalb ist die Windänderung auf Nord für uns von so großer Bedeutung. Bevor wir weiterfahren, entschließe ich mich zu einem Erkundungsflug.

Wir liegen gestoppt zwischen einigen losen Eisbrocken, die träge in der Sonne dümpeln. Innerhalb einer Stunde verwandelt sich unser Schlauchboot in ein Wasserflugzeug. Diese Konstruktion hatten wir vor einigen Jahren zufällig in Italien gesehen und ein Exemplar für die DAGMAR AAEN erworben. Das Schlauchboot, das wir ansonsten ganz normal mit Außenborder als Beiboot einsetzen, hat eingearbeitete Fundamente, die einen Nirostahlrahmen aufnehmen können, in dem sich zwei Sitze, Motor, Tank und Halterungen für die Tragflächen befinden. Dieselbe Konstruktion findet an Land bei Ultralight-Flugzeugen Verwendung. In den Steuerbordwanten transportieren wir die dazugehörigen Tragflächen, die zusammengelegt und aufgerollt aussehen, als führe man dort eine Spiere mit einem Toppsegel. Nachdem der Rahmen durch Sicherungsbolzen fest mit dem Boot verbunden ist, wird der zweiflüglige Propeller montiert, und anschließend reichen wir Chris, unserem Piloten, von Bord aus vorsichtig die Tragflächen an. Auch sie sind mit einigen Handgriffen montiert, nur das Entfalten zur vollen Spannweite ist vom Schiff aus ein wenig mühselig, aber viele Male geübt.

Nach einer Stunde läuft der Flugmotor zur Probe. Während Chris sich in seinen Survivalanzug zwängt, lege ich ihm ein UKW-Handfunkgerät, ein kleines GPS, eine EPIRB-Boje, die im Notfall über Satelliten einen Notruf auslöst und zugleich die Position angibt, zurecht. Eine Seekarte, Notproviant, ein Schlafsack und ein Kompaß folgen, danach ein Uhrenvergleich und die Besprechung der Flugroute – Chris ist startbereit. Es ist vereinbart, daß er nur zu einem ersten kurzen Erkundungsflug startet, dem dann, sofern erforderlich, weitere folgen sollen. Das Wetter ist von einer trügerischen Ruhe und Wärme. Kein Luftzug ist zu spüren. Im Licht der tiefstehenden Sonne wirken die Eisfelder wie Miniaturausgaben von Kontinenten mit Gebirgen, Städten, Tälern und aus Schmelzwasser bestehenden Meeren. Durch die unmittelbare Nähe der Eiskontinente wird das dazwischen liegende Seewasser zäh und ölig. Wie bei einem gekühlten Anisschnaps bilden sich feine Eiskristalle und Schlieren, lassen es zu einem milchigen Eisbrei werden, der durch ineinander verschachtelte Sechsecke zu bestehen scheint. Wie Milchglasscheiben wirken diese eckigen Teller, die sich mit anderen verbinden und an den Verbindungsnähten kleine Wundränder entstehen lassen. Noch kann sich Chris mit seiner Polaris einen Weg durch dieses dünne Neueis bahnen. Er findet eine freie Wasserfläche, ein letzter Check seines Fluggerätes, und mit lautem Röhren beschleunigt unser „Flying Dingi“, um sich scheinbar mühelos über die Gesetze der Schwerkraft hinwegzusetzen. Stetig gewinnt es an Höhe, Chris dreht einen Kreis um die DAGMAR AAEN und macht sich dann auf den Weg entlang der Küste, Richtung Westen. Wie spielend er auf diese Art und Weise die Eisbarrieren überbrückt! Eine Zeitlang beneide ich ihn, der wie alle Flieger anscheinend ohne Schwierigkeit allen Hindernissen entflieht. Wir hingegen sind eisgebunden und warten sehnsüchtig auf Chris’ Rückkehr mit hoffentlich guten Nachrichten – Zweckoptimismus.

Dreißig Minuten vergehen, schließlich eine Dreiviertelstunde. Mit Ferngläsern suchen wir den Himmel ab, lauschen nach dem vertrauten Motorengeräusch. Nichts! Nach einer Stunde beginne ich, mir ernsthaft Sorgen zu machen. Ein technischer Defekt? Vergaservereisung? Chris ist ein erfahrener und souveräner Pilot, trotzdem nagende Ungewißheit. Nebel zieht auf, das Barometer beginnt zu fallen. Es ist still geworden an Deck. Es gibt Momente, da glaubt man, die Stille physisch spüren zu können. Außer leisen Windgeräuschen oder einem gelegentlichen Knistern im Eis ist nichts zu hören. Eine Stunde dreißig Minuten. Selbst wenn der Tank bis zum Rand voll ist, reicht das Benzin höchstens noch für fünfzehn bis zwanzig Minuten. Reizt er das Tankvolumen bis zum Schluß aus oder ist ihm was passiert? Was können wir tun, wenn dies der Fall ist? Das Eis um uns treibt immer mehr zusammen, es wird schwierig für ihn sein, eine Landebahn auf dem Wasser zu finden. Überall ist plötzlich Eis. Eine Stunde fünfundvierzig Minuten. Jedes verfügbare Fernglas sucht den Himmel ab, die anderen lauschen entweder am Funkgerät oder nach einem sich nähernden Motorengeräusch. Mir ist kalt und heiß zugleich. Nach meiner Berechnung müßte der Sprit längst alle sein. Eine Stunde fünfzig: Plötzlich ein Punkt, wie ein Insekt auf dem Okular des Fernglases. Wir sehen ihn, bevor wir ihn hören. Wenige Minuten später ist er über uns. Der Motor stottert. In Sekundenschnelle hat sich Chris für eine Rinne im Eis entschieden. Er drosselt den Motor, geht in den Sinkflug über und setzt auf. Der Motor stottert noch zwei, drei Takte, stirbt ab. Uns fällt ein ganzer Steinbruch vom Herzen … Sachte schieben und drängen wir Eisschollen beiseite, um uns an den Flieger heranzubugsieren. Bis wir heran sind, hat Chris sich losgeschnallt.

„Sorry to keep you waiting“, ist das erste, was er sagt, und dann erzählt er. Schon unmittelbar nach dem Start sei ihm klar geworden, daß es nur diesen einen Flug geben würde. Aus der Luft konnte er deutlich sehen, daß die gesamte Eiskalotte aus dem Norden in Bewegung geraten ist. Er hat nach einem Durchschlupf gesucht, die volle Reichweite des Fluges ausgenutzt, um eindeutig Auskunft zu erteilen, Informationen zu bekommen, die uns die Russen entweder nicht geben können oder wollen, und die für uns lebenswichtig sind. Chris wußte, wir müssen jetzt und heute, noch in dieser Stunde eine Entscheidung treffen. Von der Richtigkeit dieser Entscheidung hängt alles ab, daher die Suche nach größtmöglicher Information. Ich verstehe ihn, hätte in seiner Situation nicht anders gehandelt. Es sind Menschen wie Chris, die den Ausgang einer solchen Expedition maßgeblich beeinflussen, Menschen, die gewohnt sind, auch in schwierigen und gefahrvollen Situationen abzuwägen, vielleicht auf den ersten Blick unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen und bereit sind, dafür Risiken auf sich zu nehmen, um letztlich einen guten Ausgang herbeizuführen. Die Eislage ist hoffnungslos. Wir könnten vielleicht noch 10 Meilen weiter vorstoßen, aber was hätten wir damit gewonnen?

Während die anderen damit beginnen, in fieberhafter Eile die Polaris zu demontieren, bekommen wir Besuch von zwei Tschukschen, die mit einem kleinen Boot zwischen den Eisfeldern fischen und jagen. Slava spricht mit ihnen. Ja, sie bestätigen, was wir schon wußten. Noch vor ein paar Tagen war hier offenes Wasser, die ganze Küste entlang. Jetzt, und sie weisen dabei zum Himmel, wird das Wetter schlecht. Kein guter Ort, um einen Sturm aus Norden zu erwarten. Man braucht kein Prophet zu sein, um das Unheil zu spüren. Das Barometer setzt seinen rapiden Absturz fort. Am Himmel haben sich Zirren gebildet, die Sonne sieht blaß und wäßrig aus. Sobald die Polaris an Bord ist, laufen wir in die Richtung zurück, aus der wir gekommen sind. Wir halten uns dicht unter Land, weil dort am ehesten offenes Wasser zu finden ist. Ich will in die Lagune von Vankarem fahren, dort müßten wir vor dem Eis sicher sein. Aber bis dorthin sind es noch 60 Meilen.

Es ist der 20. August. Während sich die Dämmerung herabsenkt, boxen wir uns mit der DAGMAR AAEN durch die Eisfelder. Brutale Stöße lassen den Schiffskörper erzittern. Wir können jetzt keine Rücksicht aufs Material nehmen, wir müssen so schnell es geht zurück ins offene Wasser. Die Dringlichkeit unseres Handelns entspringt einem Gespür für die Gefahr. Es ist nicht nur das Aufziehen des schlechten Wetters. Es ist das Eis. Es sieht anders aus. Es bewegt sich anders. Es erwacht aus seiner scheinbaren Lethargie. Mir kommt es vor wie ein Raubtier, daß seine Beute umschleicht, bevor es zum tödlichen Sprung ansetzt. Keine Chance mehr, die Bucht von Vankarem zu erreichen. Immer schneller beginnt das Eis zu treiben, wir brauchen eine Zuflucht. Aber wo? Wir halten nach Alteisschollen Ausschau. Das sind Eisfelder, die schon mehrere Jahre alt sind und durch wiederholte Tau- und Gefrierprozesse besonders dick und hart geworden sind. Glasharte, meterstarke Bollwerke, an denen die jüngeren Eisfelder wie Wachs zerrieben werden.

Eine solche Scholle mit einer Ausbuchtung suchen wir. Dort hinein wollen wir die DAGMAR AAEN legen, sozusagen einen Schutzwall aus Eis vor dem Eis aufsuchen. Dunkelheit senkt sich herab. Längst heult der Wind in der Takelage, es hat zu schneien angefangen. Im Kegel unseres Suchscheinwerfers ziehen die fliehenden Lichter der Schneeflocken waagerecht wie eng gebündelte Kondensstreifen. In Minutenschnelle ist das Deck von einer weißen, rutschigen Schicht bedeckt. Es gibt Alteisschollen, sogar in bedrohlichen Mengen und Ausmaßen. Aber keine, die für uns erreichbar wäre oder eine Bucht aufweist, in die wir das Schiff manövrieren könnten. Geräusche wie auf dem Verschiebebahnhof, wenn Eis auf Eis prallt. Endlich eine Eisscholle mit einer Einbuchtung. Nicht das, was wir suchen, denn es ist letztjähriges, junges Eis. Egal, wir müssen nehmen, was wir kriegen können. Wir manövrieren den Bug des Schiffes in die Bucht hinein und stemmen den Steven mit Maschinenkraft gegen die Eiskante. Zwei Leute springen aufs Eis, nehmen die Anker an, mit denen wir die DAGMAR AAEN vertäuen wollen. Beruhigt sehe ich, daß die Eisränder unserer Bucht ohne größere Vorsprünge sind, über die punktuell Druck auf eine Planke ausgeübt werden könnte. Wie eine Rampe zieht sich das Eis schräg nach unten ins Wasser, der schwere Rumpf des Schiffes rasiert alle Unebenheiten ab, legt sich gleichmäßig gegen die angepaßte Kante. Eine zweite Eisscholle treibt von achtern heran. Noch während die anderen mit dem Ankergeschirr beschäftigt sind, verschließt dieses Eisfeld unsere Bucht, schiebt sich unter den Rumpf der DAGMAR AAEN und hebelt das ganze Achterschiff aus dem Wasser. Langsam gleitet das Schiff empor und legt sich vollends auf die Eisplatte. Es mag bedrohlich aussehen, aber vorerst sind wir sicher. Die Masse des Eises wirkt wie ein Bollwerk. Wie das Beiboot eines großen Schlachtschiffes segelt die DAGMAR AAEN huckepack auf einer Eisinsel. Brechend und berstend bahnt sich unser eisiger Schutzhafen seinen Weg durch die umgebenden Eisfelder.

Wie gigantische Wundränder schwellen dort, wo die Eisfelder zusammenprallen, längliche Eishügel auf. Das Heulen des Windes läßt mich auf den Windmesser schauen. Nachdem ich den Schnee vom Instrument abgewischt habe, muß ich schützend die Hand davor halten, so dicht fallen die Flocken. 45 Knoten Wind. Genau aus Nord. Längst sind die Vorboten des Eises auf die Küste aufgelaufen, werden vermutlich gerade mit unbändiger Gewalt auf den Strand hinaufgeschoben, wie Bulldozer einen Wall von Sand und Geröll vor sich herschiebend. Irgendwann hat es sich so tief eingegraben, daß es sich selbst vom nachfolgendem Eis nicht mehr bewegen läßt. Der Druck, der sich dadurch aufbaut, pflanzt sich zurück ins Packeis. Das Eis kann nicht mehr ausweichen, es drängt und preßt sich aneinander, es stöhnt, knirscht, pfeift und kracht. Zwischendurch tritt gänzlich unerwartet Stille ein, nur um nach kurzer Pause mit noch größerer Wut und Gewalt das Zerstörungswerk fortzusetzen. Seit der Rückkehr von Chris sind etwa zehn Stunden vergangen. Anatoly ist seither nicht einmal unter Deck gewesen. Wir haben nur wenig miteinander gesprochen, aber wir sind uns in der Einschätzung der Lage einig. Einen besseren Platz konnten wir nicht finden. Es hat keinen Zweck, gegen das Eis anzugehen. Man muß die wenigen Möglichkeiten, die einem das Eis läßt, nutzen, sich defensiv verhalten. Nur dann hat man eine Chance.