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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

Zwischenspiel 1

4.

Zwischenspiel 2

5.

Zwischenspiel 3

6.

7.

8.

9.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2294

 

Kristallchaos

 

Gon-Orbhon ringt um die Freiheit – Reginald Bull, Gucky und Icho Tolot im Relais-Gefängnis

 

Arndt Ellmer

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Die Bewohner der Erde leben unter der Herrschaft des angeblichen Gottes Gon-O, der aus der Verbindung eines wahnsinnigen Nocturnenstocks mit einem unsterblichen Kunstgeschöpf entstanden ist. In einer Verzweiflungstat opfern Myles Kantor und sein Wissenschaftler-Team ihr Leben, um den drohenden Untergang des gesamten Solsystems aufzuhalten.

Tatsächlich bringt das Opfer eine mehrfache Wirkung, denn auch Gon-O ist mehrfach präsent: Zum einen legt sich an seinem Entstehungsort, auf Parrakh in der Großen Magellanschen Wolke, Verwirrung über die Streitkräfte der Kybb. Nur dank der Kybb-Titanen bleibt Satrugars Leib dort unangreifbar. Allerdings gibt es seit einiger Zeit einen zweiten Schwerpunkt von Gon-Os Macht: das »Relais« am Fuße des Vesuv, bei Neapel auf Terra.

In diesem Gebilde herrscht nun das KRISTALLCHAOS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Gon-Orbhon – Der Schutzherr erwacht und versteht die Welt nicht mehr.

Reginald Bull – Der rothaarige Terraner erfährt ein Schlüsseldatum und sieht Kristallvisionen.

Icho Tolot – Der Haluter muss sich den Motoklonen stellen.

Gucky – Der Mausbiber hat im Relais unter dem Vesuv seine eigenen Probleme.

Millitron – Ein Roboter ergreift die Initiative, um seinen Herrn zu schützen.

1.

Irrlichtern

 

Immer wieder schreckten sie aus dem Schlaf, geweckt von Unheil verkündendem Knirschen oder durch das Zischen greller Entladungen. Das Knirschen stammte vom kristallinen Material des Satrugar-Splitters, das Zischen entstand immer dann, wenn sich Blasen aus den Wänden des Stock-Relais hervorwölbten, nach kurzer Zeit platzten und Lichteruptionen ausspien.

Manchmal sahen sich Bully, Gucky und Icho Tolot dann nur stumm an, manchmal entwischte den Lippen des Terraners ein ziemlich irdischer Fluch angesichts der überirdischen Phänomene.

Auch der zehnte Tag des psionischen Loderns verstrich – die Ungewissheit zehrte immer stärker an ihren Nerven. Hilflos mussten sie mit ansehen, wie das Irrlichtern des Stock-Relais anwuchs, sich unaufhörlich und in winzigen Schritten dem zu erwartenden Kulminationspunkt näherte. Wann er erreicht war, konnte niemand vorhersagen.

Tödliches Flackern, ein Inferno, irgendwann ...

Erste Auflösungserscheinungen zeigten sich – erkennbar an diesen seltsamen Blasen im Kristallmaterial, die platzten und schrundige Wunden im Körper des Stock-Relais hinterließen. Das Material verlor seine kristalline Konsistenz, verwandelte sich in eine breiige Substanz, die sich nach allen Seiten ausbreitete und schließlich in grellweißen Fontänen verging.

Außerhalb des durchsichtigen Gefängnisses drohte die gewohnte Welt unterzugehen, bedrohlich in ihren Anzeichen und zerstörerisch gegen sich selbst. Was zu Boden gestürzt war, blieb liegen, als sei es in der Zeit eingefroren. Verrenkte Metallgestalten in seltsamer Erstarrung erinnerten an erkaltete Lava des Vulkans, in dessen Innerem die drei Gefangenen des Kommenden harrten.

Das, was sie da sahen, waren so genannte Techniten, künstliche Geschöpfe aus den Werkstätten der Kybb, erdacht vor Millionen von Jahren und seitdem immer wieder geschaffen und verfeinert. Die verkrümmten Metallkörper rührten sich kein bisschen. Ein wenig erinnerten sie Reginald Bull an die Gipsfiguren, die man vor dreitausend Jahren aus den Aschehohlräumen des versunkenen Pompeji gegossen hatte.

Nochmals gut zweitausend Jahre zuvor, im Jahr 79 der alten Zeitrechnung, als der Vesuv ausbrach und die Dörfer Pompeji und Herculaneum unter einer meterhohen Schicht aus glühender Asche und Bimsbrocken begrub, erinnerte sich Bully.

Gleichzeitig spürte er Erleichterung in sich, dass es ihm und den beiden Gefährten vorerst nicht so erging. Das »gläserne Gefängnis« erwies sich in der augenblicklichen Situation als sicherer Schutz vor dem Chaos, das sich ein paar Meter entfernt abspielte.

Reginald warf zum ungezählten Mal einen fragenden Blick auf Gucky, den der Ilt mit einem heftigen Kopfschütteln beantwortete.

»Nichts, Bully!«

Die Psi-Abschirmung hielt. Sie funktionierte offensichtlich auf der Grundlage bidirektionaler Absicherung. Gucky konnte seine Parafähigkeiten nicht nach außen hin entfalten, es kam aber auch nichts von draußen herein. Bully hielt das für den einzigen Vorteil dieses nichtöffentlichen Zoos. Unter den derzeitigen Umständen schützte das Gefängnis sie alle drei vermutlich davor, den Verstand zu verlieren.

Der Container erzitterte, gleichzeitig ließ der schwarzhäutige Gigant neben Bull ein dumpfes Grollen hören.

»Es geht los!«, dröhnte Icho Tolots Stimme durch den Container und hallte vielfach von den Wänden zurück. Der Haluter richtete seine drei flammend roten Augen auf das hintere Ende des durchsichtigen Containers.

 

*

 

Das Inferno ...

Tolot konnte mit seiner Bemerkung nur den Höhepunkt der Katastrophe meinen. Mit Hilfe seines Planhirns vermochte der Haluter Entwicklungen hochzurechnen und Gefahren zu erkennen, bevor ein Mensch auch nur einen Gedanken darauf verwandte.

Bully zweifelte keinen Augenblick daran, dass jetzt eine solche Situation eintrat.

Der Kristallsplitter aus dem gigantischen Leib des Nocturnenstocks Satrugar spielte verrückt. Anfangs hatte Bully vermutet, es müsse mit der Übernahme der Menschheit durch Gon-O zu tun haben. Inzwischen war er ebenso wie der Ilt und der Haluter anderer Meinung. Es gab unerwartete Schwierigkeiten bei dem Versuch, die Menschheit Terras zu versklaven.

Gucky ließ seinen Nagezahn blitzen.

»Du wirst sehen, Dicker, irgendwann taucht dein hochnäsiger Gesprächspartner wieder auf und fragt dich brav um Rat!«

Es entlockte Bully trotz des Ernstes der Lage ein Grinsen.

Seit zehn Tagen hatten sie Gon-Orbhon nicht mehr zu Gesicht bekommen. Nur sein Roboter tauchte einmal am Tag auf und brachte ihnen Wasser und Nahrung, reagierte jedoch nie auf Fragen. Zumindest hatte das bis gestern gegolten. Inzwischen war Millitron zwölf Stunden überfällig.

Für die drei Insassen bedeutete es Durst und Hunger, zusätzlich zur Langeweile. Ein Außenstehender hätte sich vielleicht gewundert, wie eine derart prekäre Lage auch nur ansatzweise Langeweile aufkommen lassen konnte, schließlich wusste niemand, was Gon-O überhaupt mit den drei Unsterblichen vorhatte, geschweige denn was sich auf der Erde tat. Von daher hätten sie unablässig unter Hochspannung stehen, spekulieren und Fluchtpläne austüfteln müssen. Doch all das verlor sich schnell.

Langeweile war noch vor jeder körperlichen Auszehrung die erste und schlimmste Qual für Bull, Gucky und Tolot. Alle drei waren sie für gewöhnlich aktive, zupackende Wesen, und dass es hier drinnen nichts zu tun gab, schmerzte. Sogar Guckys Späße wurden immer müder und aufgesetzter.

»Nicht mal gescheit austreten kann man«, hatte sich Gucky am zweiten Tag der Gefangenschaft bereits beschwert. »Selbst wenn ihr euch umdreht, weißt du nie, ob nicht von draußen jemand glotzt. Als hätten sie noch nie einen geschäftigen Ilt gesehen!«

Ihre Ausrüstung hatten ihnen die Techniten schon ganz zu Anfang auf Parrakh abgenommen, später auch ihre Anzüge. Sie besaßen keinen einzigen Konzentratriegel, mit dem sie wenigstens ihren Flüssigkeits- und Nährstoffbedarf hätten decken können.

Wieder bebte der Boden. Der Hohlraum, in dem sich die Wohnung des ehemaligen Schutzherrn Gon-Orbhon befand, schüttelte sich geradezu.

Bully streckte instinktiv die Arme aus und stützte sich an der Seitenwand des Gefängnisses ab. Er starrte nach hinten, wo der Haluter inzwischen wie eine sechsbeinige Spinne an dem durchsichtigen Material hing. Mit Beinen, Lauf- und Handlungsarmen stemmte er sich gegen Decke, Boden und Seitenwände.

Aus den Augenwinkeln entdeckte der Terraner einen Schatten. Ein dicker Kristallbrocken hatte sich aus der Decke gelöst und stürzte zu Boden.

Das Material lebte, es wogte auf und ab, bildete Beulen und Dellen. Bully kniff die Augen zusammen, weil die Lichtkaskaden ihn blendeten. Er sah weiße, rote und violette Blitze. Dazwischen zuckte schwarzes Material unkontrolliert hin und her.

Der Brocken verwandelte sich in eine zähe, bewegliche Masse, die träge über den Boden floss. Ein Teil näherte sich dem Container.

»Haltet euch an mir fest«, flüsterte der Haluter, aber es war noch immer laut genug, um Bullys Ohren klingeln zu lassen. An der Wand entlang tastete er sich vorwärts, bis er einen der Stiefel Tolots zu fassen bekam. Mit beiden Händen klammerte er sich am linken Säulenbein fest.

Wieder wogte der Boden draußen. Der Container fing an zu schaukeln, erst langsam und leicht, dann immer schneller und höher. Der Haluter bewegte seinen Körper mit und verstärkte den Effekt dadurch.

Er will den Container zum Umstürzen bringen!, erkannte Bully. Zu Beginn ihrer Gefangenschaft hatte Tolot versucht, gegen das Material anzurennen, es mit Hilfe der Molekularverdichtung seines Körpers zu zerstören. Es hatte nicht geklappt. Was wie Glas aussah, erwies sich als eine Konfiguration von Psi-Materie, die vermutlich nur ein Nocturnenstock erzeugen konnte.

Wer hätte im 5. Jahrhundert NGZ daran gedacht, dass die schwebenden Membranwesen aus der Kleingalaxis Fornax mehr waren als instinktgeleitete Raumschiffsmörder, die mehr durch Zufall Psi-Materie ausschieden? Wer hatte geglaubt, hinter der »Stockphase« der Nocturnen stecke ein größeres Geheimnis als das ohnehin schon wunderbare Phänomen der Bewusstseinsbildung und Intelligenz? Und hatten sie nicht alle angenommen, die Geschichte der Nocturnenstöcke sei beendet gewesen, als ES die meisten von ihnen aus Fornax ins Arresum beordert hatte, um dort die Bildung von Leben zu unterstützen?

Die Geschichte der Nocturnen war eine Geschichte der Irrtümer seitens der Menschen, wie Bully jetzt wusste. Die Nocturnen rührten an die Wurzeln von ES, der Superintelligenz, und waren Bestandteil der Grundfesten galaktischer Geschichte – zwei Nocturnenstöcke, Antallin und Satrugar, waren einst ES zu Hilfe geeilt, um einen furchtbaren Krieg mit der negativen Superintelligenz STROWWAN zu beenden.

Die Nocturnenstöcke hatten das Blatt tatsächlich gewendet, doch ihr Mut war ihnen schlecht bekommen: Schwer beschädigt waren sie auf unterschiedlichen Welten gestrandet, Antallin im Sternenozean von Jamondi und Satrugar auf dem Planeten Parrakh in der Großen Magellanschen Wolke. Antallin war gestorben, sein Leib tot, seine geistige Essenz zu einem neuen Wesen geworden, dem »Grauen Autonomen«. Satrugar war ein anderes Los bestimmt gewesen: Seine Schädigungen hatten nicht zum Tod des Kristallkörpers geführt, sondern zu dem des Geistes. Satrugar war wahnsinnig geworden, und in diesen Wahnsinn hatte er das einzige Wesen mit hineingezogen, das ihm womöglich hätte helfen können: Gon-Orbhon, den unsterblichen Schutzherrn, das mächtige Kosmokratengeschöpf.

Seither verstand sich die neu entstandene Wesenheit als »Gon-O« und versuchte, eine höhere Stufe im Gefüge des Kosmos zu erreichen. Verblendung, Hybris, Gier, Wahnsinn ... was auch immer letztlich verantwortlich war, es hatte dazu geführt, dass Gon-O auf Terra weilte und jederzeit beschließen konnte, die Erde samt ihren Bewohnern zu vernichten.

Bull taumelte, als der Untergrund sich wieder aufbäumte und gleichzeitig verformte. Er prallte gegen Gucky, der empört aufkreischte, und beide kugelten über den Boden. Ob es nun diese Bewegung war oder die Untergrundverformung bereits ausgereicht hatte: Dem Container verlieh es den letzten, noch fehlenden Schwung. Er stürzte um, und sie fielen mit. Vergleichsweise sanft landete der Behälter mit seinem quadratischen Querschnitt auf der Seite, sank ein paar Zentimeter in den jetzt weichen Boden ein und blieb liegen.

Mist!, dachte Bully. Kein Riss, keine Delle – alles wie gehabt. Gleichzeitig war er erleichtert, sich noch immer in dem schützenden Container zu wissen.

Mühsam rappelte er sich hoch. Gucky – »Bleib mir bloß vom Pelz, Dicker!« – saß in der Ecke und beobachtete, wie der Brei um den Container herum brodelte.

»Tolotos.« Bully legte den Kopf in den Nacken, um das Gesicht des uralten Freundes erkennen zu können, der noch immer an der Seitenwand klebte. »Ich spüre nichts. Kannst du etwas feststellen? Wärmeentwicklung?«

Der Haluter drehte sich umständlich, bis seine Beine wieder den Boden berührten. Dann erst antwortete er. Sein Infrarotsinn lieferte in solchen Fällen untrügliche Werte. »Nein, die Außentemperatur ist unverändert.«

Bully hatte es geahnt. Was sie sahen, stellte lediglich den sichtbaren dreidimensionalen Abdruck von psionischen Vorgängen im Hyperspektrum dar, ausgelöst durch die Veränderungen im Stock-Relais.

So hatte sich Gon-O die Übernahme der Menschheit bestimmt nicht vorgestellt. Bully fragte sich, was die Ursache sein konnte. Ein Fehler der Kybb-Titanen im Umgang mit dem Psi-Korpus ARCHETIMS in der Sonne wäre eine mögliche Erklärung gewesen.

Der Terraner richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das, was sich draußen abspielte. In seiner Lautlosigkeit wirkte es gespenstisch. Die Techniten schaukelten auf dem lebendig gewordenen Untergrund hin und her. Ab und zu starrte eines der grinsenden Gussgesichter herüber.

Sie als reine Maschinen zu betrachten wäre ihnen sicher nicht gerecht geworden. Sie waren mehr, ebenso wie die Motoklone. Kybernetische Wesen, fähig zur Selbstheilung, durchzogen von einem Netz aus künstlichen Nervenfasern, so viel wusste Bully aus Andeutungen des ehemaligen Schutzherrn. Bei kybernetischen Einheiten lag es nahe, dass sie auch ein eigenes, künstliches Bewusstsein besaßen.

Einer der Körper verlor einen Arm. Er löste sich von der Schulter und kullerte ein Stück zur Seite. Der Terraner entdeckte eine gelbgraue Flüssigkeit, die aus dem Torso rann und dampfend im Untergrund versickerte.

Der Tod hielt Einzug ...

Bully trommelte mit den Fäusten gegen das durchsichtige Material. »Wir müssen hier raus! Irgendwie!«

Anfangs hatten sie es sich leichter vorgestellt, hatten auf eine Chance gewartet, sich spätestens nach der Ankunft von TITAN-09 im Solsystem bemerkbar machen zu können. Es war ihnen nicht gelungen, Terra vor der Gefahr zu warnen.

Inzwischen war es zu spät. Sie hatten nur noch eine winzige Chance, dem drohenden Inferno zu entkommen.

Den Roboter ...

Aber der Diener des Schutzherrn ließ sich den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht blicken.

Dafür kam der Durst.

 

*

 

Vor seinen Augen tanzten feuerrote Ringe. Doch sie stammten nicht vom Stock-Relais. Sie bildeten die Vorboten der ersten Halluzinationen. Bully versuchte das Phänomen durch stumpfes Starren auf die eigenen Stiefel auszuschalten. Er atmete flach, vermied jede überflüssige Bewegung, die ihn Energie und vor allem Flüssigkeit kostete.

Die Ringe verschwanden. An ihrer Stelle stellte sich eine Art Tunneleffekt ein. Sein Blickfeld verengte sich immer mehr, bis er alles wie durch eine schmale Röhre sah. Gucky und Icho Tolot rückten ans andere Ende seiner Welt, zwei winzige Gestalten, die den Ausweg aus dem Stock-Relais gefunden zu haben schienen.

Nehmt mich mit! Lasst mich nicht zurück!

Ein letzter Rest seines Bewusstseins wies ihn auf die optische Täuschung hin. Die Gefährten entfernten sich nicht, wie er befürchtete. Es lag an den Informationen, die sein Gehirn verfälscht erreichten.

»Tolo...«, ächzte er. In seinen Ohren klang es wie der Knall eines Sektkorkens. Die Vorstellung löste schubartig einen starken Durstreflex aus, der ihm fast das Bewusstsein raubte. In einer Art Schockreaktion schlug er die Hände vor das Gesicht. Als er sie nach einer Weile herunternahm, hatte sich sein Blick normalisiert. Zwei schwarze Segel bewegten sich über seinem Kopf hin und her. Sie fächelten ihm Luft zu, die sein heißes Gesicht kühlte.

Haluterhände, die besten Freunde eines Menschen in einer Situation wie dieser ...

Tolotos – er war der Einzige in der kleinen Gruppe, der keinen Durst litt. Auch Hungerperioden überstand er ohne Probleme. Dafür stopfte er anschließend halbe Gebirge in seinen Konvertermagen, um den Energieverlust auszugleichen. Doch selbst ihm blieben in einem kahlen Raum wie diesem wenige Möglichkeiten.

»Kannst du nicht unser Gefängnis aufessen, es wenigstens annagen?«, wollte Bully fragen. Seine Stimme versagte endgültig. Ein Stechen in seinem Hals belehrte ihn, dass es besser sei, den Mund zu halten.

Gucky? Mühsam wandte Bully den Kopf zur Seite. Der Ilt war zu Boden gesunken, lag auf dem Rücken. Auch über seinem Gesicht bewegten sich zwei schwarze Hände wie Segel hin und her. Bully begriff endgültig, wie schlimm es um sie stand. Wenn der Roboter nicht bald kam und ihnen wenigstens Wasser brachte ...

Mehr als Luft fächeln konnte Tolotos nicht für sie tun.

Bully stierte zu Gucky hinüber. Bewegte sich der Brustkorb des Kleinen noch? Vermutlich, sonst hätte sich der Haluter anders verhalten. Die Augenlider des Ilts sanken nach unten, er schlief ein oder verlor das Bewusstsein.

Der Terraner versuchte einen Arm zu heben. Eines der Segel über seinem Kopf verschwand. Der Haluter stützte seinen Arm. Eines der rot flammenden Augen tauchte über Bully auf.

Canopus oder Beteigeuze ... Antares vielleicht ... Wo bin ich?

Sein Magen rebellierte, saure Flüssigkeit stieg in der Speiseröhre empor. Er schnappte nach Luft. »Ruf den Roboter!« Irgendwie gelang es ihm, ein paar Worte verständlich zu artikulieren. »So laut, wie es ...«

Das ist niemals meine eigene Stimme!

Er spürte, wie sein Arm auf und ab schwenkte – ein Zeichen der Zustimmung?

Plötzlich brandete Lärm auf, bei dem selbst dieses verdammte Psi-Gefängnis unweigerlich platzen musste. Bully spürte ein fürchterliches Knacken in seinen Ohren, dann hörte er nichts mehr. Die Welt um ihn herum versank in Dunkelheit.