© Natalia Lichtschlag Buchverlag Grevenbroich 2016

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Umschlag: Lichtschlag Medien Düsseldorf

ISBN: 978-3-939562-60-3

Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel

Kein Hinweis markierte die Zufahrt zum Hamburger Golf-Club, nur ein verwittertes Straßenschild: In de Bargen. Leo Storch wartete auf eine Lücke im Gegenverkehr, bog ab und fuhr die schmale Straße entlang, dann auf den Parkplatz vor dem Clubhaus. Neben Özal Güls schneeweißem Bentley war ein Platz frei. Wie Dotter auf einem Spiegelei machte Leos gelber Porsche sich vor dem gleißend weißen Lack.

Er fand nicht die Kraft, auszusteigen, blieb hinter dem Lenkrad sitzen, minutenlang, und starrte in ein leeres, schwarzes, bodenloses Loch. Jetzt diente er sich also diesem Türken an, diesem Gül. Özal Gül. Es war kein Leben mehr. Alles nur, weil er falsch gesetzt hatte. Auf die falschen Rohstoffe, die falschen Länder, auf Bürgerkriege, die nicht ausbrachen, auf Blasen, die nicht platzten. Er brauchte Geld, dringend Geld. Auch anständige Investmentmanager scheiterten. Seine Anleger hatten gerettet, was überhaupt zu retten war; ihm blieb nichts. Leo Storch war ein gutaussehender Mann, noch lange keine 50, knochiges Gesicht, blonder Wuschelkopf, nordseeblaue Augen. Und es war aus. Aus und vorbei. Er war nicht mehr der Rede wert.

Der Türke saß im Clubhaus an der Bar, grüßte und grinste. Özal Gül mit den sexy Augenfalten, der schwarzen Gelfrisur und den Löckchen über dem Hemdkragen. Ging auf die Vierzig zu. In Falkenstein (so nannten die Mitglieder ihren Club) war er der bunte Vogel, der allerbunteste; arrogant, reich, schillernd. Per Du war er mit den wenigsten, Leo gehörte dazu. Gül trug Designerjeans und einen Kaschmirpulli mit V-Ausschnitt. Nur die fette Breitling am Handgelenk stach hervor. Sie war ein Teil von ihm. „Ich spiel doch hier nicht den Hanseaten“, hatte er zu Leo gesagt, da kannten sie sich noch kaum.

Sie verließen das Clubhaus über die Terrasse, holten ihre Trolleys und gingen zum ersten Abschlag. Von der Übungswiese her wehte es lau über die Bahn. Zwei junge, blonde Frauen winkten.

„Die sind immer mit diesem Anwalt hier, diesem Strafverteidiger“, sagte Gül.

„Seine Töchter?“

„Frag das seine Frau“, Gül lachte, „Wann haben wir eigentlich zuletzt gespielt?“

„Irgendwann voriges Jahr.“

Leo war noch nicht lange dabei. Er besaß Talent und gab sich Mühe. Der Club gefiel ihm, die ganze Mischung aus Geld und vorgeblicher Bescheidenheit. Er wollte auch reüssieren.

Allein, was ihm fehlte, war die Passion, der Siegeshunger. Er wollte gefallen, nicht gewinnen. Im Herzen ließ das Spiel ihn kalt.

„Reden wir übers Geschäft“, sagte Gül.

Der Teufel wusste, wie der Türke überhaupt nach Falkenstein gekommen war. Sein Vater hatte das Schweißen noch in Trabzon gelernt, dem antiken Trapezus am Schwarzen Meer. Von 1970 an schweißte er Stahlplanken bei Blohm & Voss, Trockendock Elbe 17. Gül junior promotete schon als Teenager Bands, organisierte Tourneen, mietete Bühnen und verdiente Geld. Er arbeitete ohne Unterlass; wenn morgens in den Kulissen das Kunstlicht abgedreht wurde, endete sein Tag. Kein deutscher Veranstalter hatte mehr Künstler unter Vertrag. Er expandierte in Asien, besaß Model-Agenturen in Paris, Mailand und Istanbul und investierte in Film und TV.

„Du kannst Russisch und kennst dich in Moskau aus“, sagte er zu Leo, „Alles schön und gut, aber meine Partner sitzen in Turkmenistan. Sture, alte Turkmenen. Kannst du Verträge verhandeln?“

„Was habe ich die ganzen Jahre gemacht?“

„Nicht dein Finanzzeug – Kreatives, Musik, Bands, Gruppen, Tänzerinnen.“

„Tänzerinnen aus Zentralasien für Auftritte in Deutschland?“

„Wo immer. Deutschland. Türkei. Ägypten. Europa. Egal. Zentralasien ist ungemähte Wiese, da ist mehr Potential drin, als der Fernsehturm hoch ist. Es kümmert sich nur keiner.“

Gül war so rastlos wie erfolgreich. Dennoch blieb er der Außenseiter mit der Gelfrisur und den dunklen Augen, die das Licht verschluckten. Die meisten machten einen Bogen um ihn. Einmal hatte er Leo von seinem Traum erzählt, einer eurasischen Zivilisation so frei wie die Stadt an der Elbe, mit europäischer Wissenschaft, einer strengen Religion wie dem Islam und der Weisheit aus 5.000 Jahren Orient. Unter dem Falkensteiner Personal kursierten Geschichten, diskret und leise, die handelten von Rotlicht und organisierter Kriminalität. Die Mitglieder ehrten den Kodex des hanseatischen Kaufmanns, ehrbar und ehrlich. In jedem Fall verschwiegen. Eher biss man sich die Zunge ab, als einen Golffreund unredlicher Geschäfte zu bezichtigen.

Leo spielte an dem Tag allenfalls mittelmäßig. Ein einziges Mal, auf der neunten Bahn, lochte er mit nur einem Putt ein.

„Und was springt für mich heraus?“, fragte er.

„Im ersten Jahr kostet der Spaß eine Million Dollar, das sind insgesamt vier Tourneen. Vorerst nur aus Turkmenistan, wir können also wachsen. Du bekommst zehn Prozent davon, jedes Mal, wenn eine Lieferung abgewickelt ist. Bei der nächsten dasselbe.“

„Hunderttausend auf eine Million“, sagte Leo. Und dann, nach einer Pause: „Tänzerinnen.“

Sie standen am Abschlag des zehnten Lochs. Gül nahm Maß, schraubte sich zur Feder, wobei er den schweren Driver hinter seinem Kopf fast bis in die Waagerechte hob, hielt inne und riss den Schläger in steiler Kurve nach unten und weiter über die Grasnarbe hinweg. Hoch und weit flog der Ball in den Himmel über Falkenstein, eine winzige, weiße Taube unter den Schäfchenwolken.

„Ja, Tänzerinnen“, erwiderte Gül, „warum nicht?“

„Mädchen?“

„Was willst du: alte Witwen? Oder sollen Kerle tanzen?“

„Vielleicht haben die Mädchen noch einen anderen Zweck.“

„Mädchen haben immer noch einen anderen Zweck.“

„Und der wäre?“

„Sie machen uns glücklich. Nun stell keine dummen Fragen.“

Kurz darauf fluchte er. Beim letzten Schlag war der Ball vom Grün direkt in einen Sandbunker gerollt.

„Außerdem ist es eine Investition“, sagte er.

„Die Mädchen? Was für eine Investition?“

Mit einer Sandwedge, einem Schläger mit extrem gewinkeltem Kopf, kletterte Gül in den Bunker, stellte sich im korrekten Verhältnis zum Ball und fixierte das Eisen in der Waagerechten, Hände und Schlägergriff knapp oberhalb des Schritts. Ein abrupter, brutaler Schwung aus dem Handgelenk, der Schlägerkopf fuhr in den aufstiebenden Sand, und steil wie ein Rebhuhn stieg der Ball empor. Zwei Meter leewärts vom Flaggenstock rollte er über das kurzgeschorene Grün.

„Was für eine Investition?“, wiederholte Leo.

„Denk doch mal nach. Ein, zwei Generationen noch, dann haben die Leute von der virtuellen Scheiße die Schnauze voll. Schau sie dir doch an. World of Warcraft. Doom. Wichsfilmchen. Da lob ich mir den Islamischen Staat. Keine Tischsitten, aber wenigstens auf Leben und Tod. Wetten, wir werden noch in diesem Jahrhundert Gladiatorenkämpfe erleben? Vielleicht nicht wir beide, aber in diesem Jahrhundert. Das Leben holt sich sein Recht zurück: Fleisch und Blut, Hass, Liebe, Freiheit, Kampf, Sterben, Ficken. Nicht virtuell. Real.“

„Ej, du träumst. Gladiatorenkämpfe waren vor zweitausend Jahren“, sagte Leo. „Wir sind zivilisierte Menschen.“

„Zivilisiert waren sie damals genauso. Wir wissen mehr, aber wir sind kein bisschen klüger.“

Wie in Zeitlupe rollte sein Ball die letzten Zentimeter zum Loch, balancierte unentschlossen auf der schmalen Kante, ein sterbender Schwan an der Schwelle zum Nichts, dann taumelte er in die halbfingerlange Röhre. Leo war fasziniert von dem Mann. Der hatte den Hunger, den Hunger auf alles. Auf Golf, auf nicht Golf. Mit 14 hatte er als Caddie begonnen. Einer der Direktoren bei Blohm & Voss hatte seine Yacht zuschanden gesegelt, und Güls Vater brachte den stählernen Rumpf auf Vordermann. Das Ganze nahm zwei, drei Wochenenden in Anspruch, und Gül, damals in der Achten, begleitete den Vater zur Werft, wo der Segler kieloben auf dem Helgen lag. In einem alten Schuppen zwischen Stahlseilen und ölverschmierter Persenning stolperte er über ein angerostetes Neuner-Eisen, solide und schwer in der Hand, und als der Werftdirektor ihn damit Steinchen schlagen sah, lachte er und holte einen Golfball aus dem Wagen. Das war der Anfang gewesen. Er hätte das Zeug zum Profi gehabt.

„Noch etwas“, sagte Gül, als das Spiel vorüber war, „ich schulde dem Turkmenen 250.000 Dollar. Das ist die Anzahlung. Er will sie auf ein Konto in Aschgabat. Ich habe das Geld in bar, kann es natürlich von hier nicht überweisen. Aus Moskau geht es. Du musst es nach Moskau schaffen und das organisieren. Du kennst dich doch aus, oder?“

Leo nickte. Schon richtig, er kannte sich aus, deswegen war ihm auch nicht wohl dabei. Mit 250.000 baren Dollar nach Russland einreisen …

„Gibt es keinen anderen Weg? Außerdem die Kommission, mindestens sechs oder acht Prozent.“

„Ich gebe dir 280.000, das ist mehr als genug. Oder hast du Schiss?“

Nein, das war nicht der Grund. Er würde sich sowieso mit Gül einlassen; wozu war er denn hergekommen, zum Falkenstein. Wer meint, nachdenken zu müssen, soll es vorher tun. Zumal ihm die Bedingungen wie auf den Leib geschneidert waren: Russland, Zentralasien, Frauen, Verträge verhandeln, mit Turkmenen Wodka saufen. Und dann noch Zigtausende Dollar plus Spesen.

„Schiss nein. Aber es muss sich lohnen. Also: Wenn ich nur die Verträge verhandele – zehn Prozent. Wenn ich auch das Geld rüberbringe – 15 Prozent. Und alle Reisekosten extra, im Voraus.“

Gül dachte kurz nach, streckte die Hand aus, Leo schlug ein.

„Bald leben acht Milliarden auf der Welt“, sagte Gül, als sie wieder zum Clubhaus zurückkehrten. „Wir müssen alles reformieren. Infrastruktur, Logistik. Alles. Neue Länder, neuer Nachschub, neue Netzwerke. Ich will wissen, wo die Talente stecken, die beste Genetik. Aber mach dir keine Sorgen. Die Mädchen werden singen und musizieren. Oder stört dich, dass sie weiblich sind?“

Auf dem Parkplatz öffnete Gül den Kofferraum des Bentley und holte eine Plastiktüte hervor. Aldi Süd. In der Tüte lagen in feste, durchsichtige Folie geschweißt und eingewickelt in Zeitungspapier 28 Bündel druckfrischer Banknoten mit Banderole. 280.000 Dollar. Die Anzahlung für den Turkmenen plus Kommission.

„Wir beide, wir rollen die Zukunft auf“, sagte der Türke. „Wenn wir nur wollen, hörst du? – Wollen!“

Da saß er schon hinter dem Lenkrad. „Ruf den Visaservice an. VIP. Dann hast du die Stempel in 24 Stunden und kannst am Wochenende fliegen. Und bau keinen Mist.“

Die zwölf Zylinder atmeten tief durch, dann glitt der Wagen in Richtung Stadt davon. Leo verstaute die Aldi-Tüte im Handschuhfach des Porsche. Wortfetzen fielen ihm ein, die er im Vorübergehen aufgeschnappt hatte im Clubhaus, abends spät. Ihm mochte es egal sein, ob ein Mensch aus Hamburg oder Trabzon stammte … war er doch selbst eine Kreuzung mit Fremdem. Aber das galt nicht für jeden, erst recht nicht für jedes Mitglied in Falkenstein. Coram publico und nüchtern war jedermann, jedefrau ein Ausbund an Toleranz. Abends im kleinen Kreis, nach Champagnercocktail, Romanée-Conti und drei Rémy Martin Louis XIII … da wurde der Türke auch schon mal beim Namen genannt. Vor allem, dass er doch bloß ein Zuhälter war.

Zweites Kapitel

Moskau im Hochsommer war keine Freude, erst recht nicht hinter Gittern. Der amputierte Ventilator, dem nur ein Flügel geblieben war, hing reglos von der Zimmerdecke. Eine Glühbirne baumelte nackt an zwei Drähten und warf ihr kaltes Licht. Ein Tisch und vier Stühle, mehr gab es nicht in dem fensterlosen Verließ. Es war heiß und stickig. Die eiserne Tür ließ sich nicht öffnen. Leo spürte, wie der Schweiß ihm aus den Poren brach und die Wirbelsäule hinunter rann. Wieder und wieder machte er sich Mut: Es war nur ein Devisenvergehen. Und er war Deutscher. Deutsche waren beliebt, selbst bei der Polizei. Man würde ihm korrekt begegnen. Das Dumme: Er war ganz offensichtlich verpfiffen worden. Die russischen Zöllner hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, zu tun als ob. Ungehindert hatten sie ihn den Grünen Korridor passieren lassen. Nichts zu verzollen. Drei Meter trennten ihn vom Pulk der Taxifahrer, als einer von ihnen von hinten nach Leos Arm griff.

Über zwei Stunden verstrichen, dann öffnete sich die Tür, ein Uniformierter trat ein, setzte sich ihm gegenüber an den Tisch und öffnete eine Mappe aus weißem Karton.

„Sie sprechen Russisch, nicht wahr. Verstehen Sie mich?“

Leo nickte.

„Das macht alles viel einfacher. Ist Ihnen bekannt, wie viele US-Dollar Sie im Rahmen der geltenden Gesetze unangemeldet in die Russische Föderation einführen dürfen?“

„Zehntausend“, erwiderte Leo.

Die Augen des Uniformierten waren heller als wasserblau. Der Mann musterte ihn und sagte: „Sie haben Glück, dass es das erste Mal ist. Wir drücken noch mal ein Auge zu.“

Leo spürte, wie seine Eingeweide sich entspannten. Sogar die stickige Luft schmeckte plötzlich anders, frisch.

„Wir geben Ihnen eine Quittung über den Betrag“, erklärte der Beamte. „Wenn Sie wieder ausreisen, erhalten Sie Ihr Geld zurück.“

Das klang schon weniger gut.

„Ich brauche es hier in Moskau.“

Der Uniformierte zuckte mit den Schultern.

„Es ist das Beste, was ich Ihnen anbieten kann.“

Er stand auf, verließ den Raum und verschloss die Tür von außen. Nach drei Minuten war er zurück, begleitet von zwei anderen in identischer Uniform. Sie legten ein Formular auf den Tisch.

„Unterschreiben Sie.“

Es war ein Vordruck mit der handschriftlichen Zusammenfassung seiner Aussage in russischer Sprache. Darin gestand Leo Storch den Versuch, Bargeld unter Umgehung der zollrechtlich vorgeschriebenen Anmeldung nach Russland einzuführen. In einem rechteckigen Feld mit der Bezeichnung „Summe“ stand, in derselben Handschrift geschrieben, die Zahl „12.000“ und das Währungszeichen „$“.

Überrascht hob er den Kopf.

„Es waren keine 12.000. Es waren 280.000.“

„280.000?“, sagte der Uniformierte, der zuvor mit ihm gesprochen hatte. „Sind Sie sicher? 280.000 Dollar? Das ist nicht Ihr Ernst.“

„Wissen Sie, was für eine Strafe die nichtdeklarierte Einfuhr einer solchen Summe nach sich zieht?“, fragte einer seiner Begleiter.

„Sie können von Glück reden, dass es nur 12.000 waren“, sagte der Dritte. „Meinen Sie, wir würden Sie sonst laufen lassen?“

Die Männer lächelten, als nähmen sie persönlich Anteil an seinem Glück.

„Ich unterschreibe das nicht“, rief Leo, dem es kalt und heiß den Rücken hinunterlief. „In der Tasche waren 280.000 Dollar. Das unterschreibe ich nicht.“

Unwirsch warf er das Protokoll auf den Tisch.

„Dann müssen wir Sie hierbehalten. Sie haben 12.000 Dollar nicht deklariert.“

„Zwei – hun – dert – acht – zig – tau – send“, rief er wütend.

„Nun bleiben Sie bitte ruhig. Hier sind drei Zollbeamte. Jeder von uns hat die Summe einzeln nachgezählt. Oder wollen Sie behaupten, wir könnten nicht zählen?“

Wütend biss Leo sich auf die Lippen.

„Sollen wir Sie allein lassen? Möchten Sie etwas nachdenken?“

Vom Flughafen fuhr er ins Stadtzentrum und ging über den Roten Platz zum Ufer des Moskwa-Flusses. Die Quittung über 12.000 Dollar, die er bei der Ausreise zurückerhalten würde, hatte man ihm ausgehändigt. Die Zöllner hatten ihr Tagessoll mehr als erfüllt. Jetzt verstand er auch seine Mutter. Nur fort! Fort aus diesem Land. Wie lang war das her? Völker änderten sich nicht. Dann sah er die weißen Türme hinter der Kremlmauer, dann schloss er die Augen und lauschte dem Russisch der Passanten, dann öffnete er sie wieder, und sein Blick fiel auf die grob und schlecht gefügten Wände der Häuser, und dann verstand er ihre Sehnsucht, die der Mutter, viel später in hohen Jahren, nach der untergegangenen Zeit und nach dem fernen Land. Auch in ihm, in ihrem Sohn, waren sie verschlossen, versiegelt und ineinander verschlungen, die beiden Hälften. Auch in ihm floss das Blut. Ein Teil von ihm selbst. Er war im „Kosmos“ abgestiegen, einem für Moskauer Verhältnisse noch bezahlbaren Hotel. Es atmete den allerlebendigsten Sozialismus; alle Versuche, das Design der 70er-Jahre mit Gipspappe zu verbrämen, waren gescheitert. Die Zeit blieb wach. Hinter der Rezeption thronten erhabene Damen mit strengem Blick. Schlagermusik dröhnte aus der Bar. Ein monströser Flachbildschirm zeigte ein Fußballspiel, daneben hingen ein Samurai-Schwert und ein ausgestopfter Bärenkopf, rechts und links weitere Flachbildschirme. Es sah aus wie Fenster auf einen Fußballplatz. Mit einem Bier in der Hand saß er zwischen Lobby und Bar. Es zog. Die Blondine an der Theke drehte sich zu ihm um, aber er beachtete sie nicht. Ihre Sitznachbarin war jünger, hatte aber nur Augen für den Barkeeper.

Er musste Gül das mit dem Geld beichten. Wenigstens drängte es nicht. Noch würde der Turkmene warten; sie hatten ihr Treffen nur vage vereinbart, ohne genauen Termin. Leo sollte anrufen, sobald er in Aschgabat war. Ob der Turkmene die Sache mit dem Zoll eingefädelt hatte? Was für ein Interesse mochte er daran haben, das Geld war ja für ihn bestimmt. Leo sah förmlich, wie Gül an die Decke ging. Da fiel ihm Bosekamps Mail ein. Er hatte sie noch in Hamburg ausgedruckt und eingesteckt. Darin bat ihn sein alter Freund Henning Bosekamp, Mitglied in Falkenstein und Pressesprecher der Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion, in Moskau eine NGO aufzusuchen, eine Nichtregierungsorganisation, die sich dem Kampf gegen Kinderhandel und Kinderpornographie verschrieben hatte. Bosekamp erwähnte eine Hamburger Organisation gleicher Art, deren Chefin Hannah Weggestalt Kontakt zu den Moskauern suche. „Naschi Djeti“ hieß die russische NGO: „Unsere Kinder“. Auch dort stand eine Frau an der Spitze: Natalia Korotschewskaja. Auf die Weise hatte er vor dem Weiterflug nach Aschgabat am folgenden Abend etwas zu tun. Er trank noch zwei Bier und verscheuchte die Gedanken an das konfiszierte, verlorene, gestohlene Geld. Die ältere der beiden Blondinen verschwand mit einem Mann im dunkelblauen Anzug. Da die Jüngere allein war, setzte Leo sich neben sie. Es war ein Hascherl aus der Provinz mit durchsichtiger Haut, höchstens Anfang 20. Warum färbten sie sich bloß alle die Haare weißblond? Zu ihrem elfenbeinernen Gesicht passte das natürliche Kastanienbraun, das einen Stich ins Rötliche trug, unendlich viel besser. Sie tat ihm leid, und das Mitleid erregte ihn.

Als er erwachte, kitzelten ihn ihre Haare. Eine Minute lang hielt er die Augen geschlossen. Hatte sie ihm ihren Namen genannt? Er schob seine Hand auf ihre warme, flache Brust; das ganze Mädchen war schmal und zierlich. Unter der Decke schwoll sein Glied. Allmählich kamen die Bilder zurück. Die andere war fortgegangen; er hatte sich neben sie an die Bar gesetzt; sie trank Gin Tonic und er trank Wodka, beide knabberten sie Erdnüsse und Chips; sie standen nackt unter der Dusche; zuvor hatte er ihr Geld gegeben. Das Mädchen dämmerte im Halbschlaf. Er lag auf dem Rücken und betrachtete die Zimmerdecke, von der weiße Farbe abblätterte. Sein Glied war ein harter, fester Stock. Mit den Zehen zog er das Laken von ihr, umfasste ihren Körper und zog ihn auf sich. Ein Schleier von Haaren floss um sein Gesicht. Im Halbschlaf murmelte sie unverständliches Zeug. Auch Leo, in sekundenlangen Wellen der Welt entführt, hörte Lieder voller Schmerzen in Sprachen, die er nicht verstand. Sie lag auf ihm wie eine Feder, warm und leicht. Hinter seinen Lidern schwankten Palmen im Wind, flogen Geldbündel und Uniformierte. Mit einem sehnsüchtigen Laut, aus einem Traum heraus, öffnete sie ihre Schenkel. Seine Hand glitt durch die Klamm der Beine, die Finger verschwanden zwischen Falten weicher, nasser, heißer Haut. Unwillkürlich musste er lächeln; da hatte sie drei Männer die Nacht, und ihr Körper betrog sie doch. Behutsam legte er eine Hand auf ihre Schulter, lenkte mit der anderen die Hüfte und schob sich sanft und sacht in sie hinein.

Das Büro der Naschi Djeti lag am Rand des Regierungsviertels in der Uliza Iljinka. Es war ein Gründerzeitbau aus der Zarenzeit. Glänzende Messingschilder hingen links der Eingangstür: zwei Anwaltskanzleien, eine Fotoagentur, ein Firmenlogo, eine staatliche Sozialstiftung und ein Schild mit einer stilisierten Kinderhand. In Schreibschrift darunter die beiden Worte „Naschi Djeti“. Das Büro im dritten Stock war großzügig und gepflegt, an den Wänden gerahmte Fotographien, Diplome und Auszeichnungen. Die Fotographien zeigten Kinderfeste und Kindergruppen, Ansprachen von Prominenten, Bilder von Ferienlagern und lachenden Kindern am Strand. Eine junge Frau mit Brille saß an einem Schreibtisch hinter ihrem Monitor. Natalia Olegowna habe Termine, sagte sie, nachdem er nach der Korotschewskaja gefragt hatte, auch am Nachmittag.

„Ich komme aus Deutschland. Es ist wegen einer Organisation dort, die sucht Kontakt zu Ihnen.“

„Es tut mir leid. Versuchen Sie es morgen. Am Vormittag.“

Just in dem Moment trat eine Frau mit selbstbewusstem Schritt in den Korridor.

„Natalia Olegowna“, sagte die junge Frau mit Brille, „dieser Herr …“

„Natalia Olegowna?“, unterbrach Leo und brachte sein Anliegen vor. Die Korotschewskaja war eine beeindruckende Erscheinung. Sie maß über 1,80 Meter, war breit gebaut, ohne füllig zu sein, und trug ihre vollen, braunen Haare in einer Art Pagenkopf. Sie bat ihn in ihr Büro. Mit der Holzdecke, dem getäfelten Erker und einem aus glasierten Ziegeln gemauerten Kamin mochte es ein Herrenzimmer gewesen sein vor der Revolution. Hinter ihrem Schreibtisch hing das Foto des Präsidenten an der Wand. Leo schätzte ihr Alter auf gut jenseits der 40.

„Wo haben Sie so gut Russisch gelernt?“, fragte sie mit warmer, mitfühlender Stimme.

„Meine Mutter stammte aus Leningrad.“

„Und Ihr Vater ist Deutscher, korrekt?“

„Aus der DDR.“

„Mein Vater war in Wünsdorf stationiert als junger Mann. Später wurde er dann General der Luftwaffe. Aber erzählen Sie mir von den Weißen Engeln. In Hamburg.“

„Eine Initiative im Kampf gegen Kinderhandel und Kinderpornographie.“

„Dann kämpfen wir an der gleichen Front.“

„Kann so eine Organisation in Russland überhaupt viel bewirken?“

„Nun, wir bewegen doch einiges. Sie sehen ja, es geht uns nicht schlecht. Wir haben potente Sponsoren. Unser Problem ist der Staat, nicht die Menschen. Für den Staat hat ein Menschenleben keinen Wert. Gefängnisse, Armee, Straßenverkehr ... überall wird gestorben, dem Staat ist das egal.“

„Aber ist der Staat so anders? Ich meine anders als die Menschen, als das Volk? Die Beamten sind doch auch nur ein Teil des Ganzen.“

Sie lachte. „Es sind ja nicht alle freiwillig korrupt. Die Gesetze sind nicht einmal schlecht. Aber vielen passen sie nicht, und dann wird Geld geboten, viel Geld, sehr viel Geld, und Druck ausgeübt ... aber wem sage ich das.“

„Sehen Sie, es sind die Menschen. Sie sind nicht böse – sie sind schwach. Genauso wie die Beamten. Auch nur Menschen. Es gibt da keinen Trennstrich.“

Ihr Lächeln hatte jetzt fast etwas Mütterliches.

„Ihr Deutsche seid immer so scharfsinnig.“

Nach einer Pause fügte sie hinzu: „Wir werden aber auch vom Staat unterstützt, so ist es nicht. Doch das meiste Geld kommt aus der Wirtschaft; wir haben schon großzügige Spender. Es gibt reiche Unternehmer, die haben vier oder fünf Kinder, die sie nie sehen, die leben in England auf dem Internat oder in der Schweiz. Die helfen uns, und das hilft ihnen.“

Leo gab sich Mühe, zuzuhören. Der Geruch des Mädchens hing ihm noch in der Nase. Wie sie in ihren Höhepunkt hinein erwacht war und gleich darauf zuckend zusammenschmolz.

„Leo?“

Blinzelnd sah er in die Augen der klugen, reifen Frau.

„Sie sind müde, wo waren Sie heute nacht?“

„Was haben Sie eben gesagt?“

„Ob Sie mir die Webseite von den Weißen Engeln geben und die Emailadresse von ... wie heißt sie noch?“

Leo zog Henning Bosekamps Mail aus der Tasche.

„Weggestalt. Hannah Weggestalt.“

Er schrieb alles auf einen Notizzettel. Zum Abschied redeten sie über den späten Sommer, den Klimawandel in Russland und den Moskauer Verkehr, der immer schlimmer wurde.

„Fliegen Sie heute noch nach Aschgabat?“, fragte sie, als er schon in der Tür stand. Woher wusste sie das ... hatte er ihr von seinen Reiseplänen berichtet?

„Ich habe doch gesagt, wir haben alle Hilfe, die nötig ist. Und passen Sie auf bei der Wahl Ihrer Partner. Nicht nur am Tag. Auch in der Nacht.“

Sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm. „Wirklich, passen Sie gut auf sich auf. Sie sind ein allzu attraktiver Mann.“

Drittes Kapitel

Um zehn Minuten vor vier am Morgen landete Leo in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat. Als er im Hotel eintraf, war es fünf. Im Zimmer war die Klimaanlage ausgefallen. Kein Fenster ließ sich öffnen, es war stickig, und über allem hing der Geruch von Schimmel, Zigarettenrauch und ungewaschenen Füßen. Er lag auf dem Bett wie gekreuzigt, nackt, das Laken klebte an seiner Haut. Er dachte an Özal Gül, den Türken. Er dachte an seinen Bruder, Maik Müller. Der schlief jetzt über dem Bioladen in der Weidenallee. Wenn er die Augen öffnete, sah er das erste Morgenlicht, irgendwann glitt er hinüber in traumlosen, schweißnassen, bleischweren Schlaf. Der Wecker schrie. Leo sprang aus dem Bett und aus Gewohnheit unter die Dusche. Es gab weder Seife noch Handtücher. Missmutig rieb er sich mit den Handflächen ab und taumelte zurück aufs Bett. Als er von neuem erwachte, war es halb elf, im Zimmer blendend hell und das Laken feucht vom Badewasser.

Alles, was er von Güls Geschäftspartner wusste, waren der Name, Aziz Atajew, und eine Telefonnummer. Sonst besaß er kaum Informationen; der wesentliche Zweck der Reise lag wohl darin, den Geldtransfer zu vereinbaren. Er wählte die Nummer ein Dutzend Mal, aber immer war besetzt. Schließlich zog er sich an und verließ das Hotel. Es war heiß und menschenleer, wie ein Traum im frühen Morgenlicht. Ausgedehnte Grünflächen, monumentale Gebäude, Denkmäler, Brunnen, goldene Kuppeln, Minarette ohne Muezzin. Kein mit prallem Leben gefülltes Damaskus, kein Orient, auch wenn 20 Kilometer im Süden Persien begann. Wie unter einer Staubschicht lag die Stadt unter verfallenem Größenwahn.

Sowjetunion. Leo blickte in das Gesicht seiner Mutter, deren jahrzehntelang abgelaufener Pass bis zu ihrem Tod im Nachtkasten lag. Es war der glücklichste Tag ihres Lebens gewesen, 1973, als sie im Chopin-Express bei Marchegg über die österreichische Grenze fuhren. Keine sechs Jahre alt war er gewesen. „Sowjetjuden“ nannte man die Emigranten, die der Zug hinter der Grenze ließ. Die Mutter nahm ihn mit nach Israel, Jahre später dann zurück nach Deutschland, dieses Mal jedoch in den Westen. Im Alter schwärmte sie von ihrem Leben in der Sowjetunion, vom Glück einer versunkenen Zeit. Der Traum einer alten Frau. In dem Moment tippte jemand auf seine Schulter. Zwei junge Männer in schwarzen Trainingsanzügen standen hinter ihm. Einer hielt Leos Passfoto in der Hand. Er redete, war es Russisch? Leo verstand nur Atajew.

„Aziz Atajew?“

Die Männer nickten, machten ihm deutlich, dass er folgen solle, und marschierten zügig voraus. In einem Park bogen sie nach rechts, überquerten eine breite Straße, danach auf einer Fußgängerbrücke die Gleise der transkaukasischen Eisenbahn und gingen weiter in das jenseitige Viertel, staubige Gassen gesäumt von einstöckigen Wohnhäusern.

Der alte Mann saß auf einem Diwan im Hinterzimmer eines schäbigen Cafés. Er war zierlich gewachsen, knochig und hager mit einem langen Schädel, mit brauner, ledriger Haut und ohne ein einziges Haar auf dem Kopf. Den Oberkörper hielt er kerzengerade. Am Kinn wuchs ihm ein schütterer, weißer Bart. Auf dem Tisch standen eine Porzellankanne und eine Schale mit Tee, daneben lag eine dunkelbraune Mütze aus fransigem Fell. Leo hätte nicht sagen können, wie alt der Mann war, 80 ... 90. Schweigend bot der Alte ihm einen Stuhl. Ein Kellner brachte eine zweite Schale.

„Seit wann arbeitest du für Özal Gül? Ich habe deinen Namen nie gehört“, fragte er in annähernd akzentfreiem Russisch.

„Nicht sehr lange.“

„Hat er eine gute Wahl getroffen?“

Leo verstand nicht.

„Mit dir. Kannst du die Bedingungen erfüllen? Bislang ist das Geld hier nicht angekommen. Warum rede ich überhaupt mit dir? Wann hast du es abgeschickt? Gestern? Vorgestern?“

Behutsam nahm Leo einen Schluck Tee aus der flachen Schale. Wusste der Alte Bescheid? Steckte er hinter der Aktion der Moskauer Zöllner?

„Ihr wollt immer das Beste“, sagte der alte Mann, „die Jüngsten, die Frischsten. Die Perlen. Die Blumen. Die Sahne. Da muss man sich kümmern.“

Die heiße Luft war zum Schneiden. Hemd und Hose klebten wie volle Windeln an Leos Haut.

„Gestern“, sagte er, „gestern habe ich es in Moskau abgeschickt.“

„Es dauert drei Tage, manchmal auch vier. Die zweite Hälfte dann hier in bar.“

„Nach der Lieferung ...“, sagte Leo.

„In bar.“

„Ein Wort an den Zoll, und es gibt keine Probleme.“

Der alte Mann schüttelte den Kopf.

„Unmöglich. Fünf oder sechs Menschen wissen davon, mehr dürfen es nicht sein.“

„Dann wird es nichts mit dem Bargeld.“

„Dann wird es nichts mit den Mädchen.“

Sie einigten sich schließlich, dass ein Bevollmächtigter des Alten das Bargeld in Moskau erhalten würde.

„Willst du gar nicht mehr wissen? Oder sehen?“, fragte er.

Ohne eine Antwort abzuwarten stand er auf, winkte Leo, dass er ihm folge, und öffnete eine unsichtbare Tapetentür. Sie traten in einen schwach beleuchteten Gang. Nach wenigen Metern führte eine zweite Tür in einen feuchtwarmen, dunklen Raum. Atajew rief zwei Worte in einer fremden Sprache. Deckenstrahler leuchteten auf und warfen ihr helles Licht gegen die rückwärtige Wand. Auf einer langen Bank davor saßen ... waren es Kinder, Heranwachsende? Schmächtige Jungen in weiten, hellen Hosen und weißen Hemden, Mädchen unter sackförmigen Kleidern mit einem Tuch über dem Kopf. Zwölf waren es vielleicht oder 15; sie rührten sich nicht und blickten starr zu Boden. Leo schätzte ihr Alter auf zwischen elf und 14. Ein bärtiger Mann im Kaftan trat von links ins Licht, blieb vor einem der Mädchen stehen und griff nach ihrem Ärmel. Sie schien einen halben Kopf größer als die übrigen zu sein. Willenlos folgte sie dem Zug seiner Hand, stand auf und streckte die Arme empor. Der Mann trat hinter sie und hob mit beiden Händen ihr Kleid; es war eigentlich ein Umhang, der fast auf den Boden reichte. Darunter war sie nackt. Ihre Haut war weiß, die Brust deutlich ausgeprägt, und sie war gut genährt. Über dem fein gekräuselten dunklen Haar zwischen ihren Beinen wölbte sich ein leichter Bauchansatz. Sie mochte schon 14 sein. Nach ein paar Sekunden fiel das Kleid zu Boden, das Mädchen setzte sich. Leo und der alte Mann verließen den Raum.

Viertes Kapitel

Leo Storch hatte in der Tat einen Bruder. Beide waren genetisch identisch, mit einem Wort Zwillinge. Sie waren getrennt aufgewachsen, der eine in Deutschland Ost, der andere in Deutschland West. Ihre Mutter war Russin. Sie hießen auch unterschiedlich: Maik, der Bruder, hieß Müller wie ihr deutscher Vater. Maik Müller. Leo hieß Storch wie ihre russische Mutter. Leo Storch. Im übrigen gibt es noch hinreichend Gelegenheit, ihre Vergangenheit zu vertiefen. Der eine Zwilling war beruflich erfolgreich, der andere nicht. Gegen Ende des alten Jahrtausends kaufte der erfolgreiche, Leo Storch, ein Ladengeschäft im Souterrain eines Eckhauses in der Weidenallee im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel mit einer Wohnung in der Beletage und überließ beides dem Bruder gegen einen symbolischen Mietzins. Maik richtete darin einen Naturkostladen ein, wo er Altländer Äpfel verkaufte, organisch-biologisches Geflügel von Bauer Gretzenbroom aus dem Sauerland und Ökowein. Den Laden taufte er nach ihrem sächsischen Geburtsort Bio Oybin.

An diesem Morgen kam Maik erst kurz nach elf Uhr ins Geschäft, gut zwei Stunden später als Ursula, Verkäuferin bei Bio Oybin und außerdem Maiks … sagen wir On-Off-Freundin oder mit ungeschminktem Anglizismus: fuck buddy. Ursula war ein Mensch mit Bodenhaftung. Dabei halfen ihr die weichen Röllchen, wo bei anderen Frauen eine Taille war. Ihr Gesicht war rund unter einem brünetten Schopf, doch dahinter verbarg sich ein recht herbes Gemüt. Herb genug, um empfindsamen Seelen den Tag zu vergällen. Als Maik eintrat, kehrte sie gerade die vertrockneten Blätter vor dem Lattenrost mit dem Kopfsalat zusammen. Wenn er so spät kam wie an diesem Tag, bedeutete das schlechte Laune bis zum Feierabend. Dabei war mittwochs überhaupt nichts los, erst ab Freitag kauften die Leute fürs Wochenende. Doch es hatte keinen Sinn, ihr das auseinanderzusetzen. Ursula hatte Ehrgeiz, sie wollte mehr, auch wenn sie noch nicht wusste wie, und Ehrgeiz wird nie begreifen, dass jemand erst um elf mit der Arbeit beginnt.

Der Naturkostladen lag im Souterrain, einen Treppenabsatz unter dem Straßenniveau. Anderes Tageslicht, als durch die Glasscheibe der Eingangstür fiel, gab es nicht. Gegen Mittag wurde es plötzlich dunkel. Drei Männer traten ein. Das war kein Bioladen-Publikum: drei Klotzköpfe mit tätowierten Hälsen, ein großer, geschorener im hellbraunen Ledermantel, hinter ihm zwei Untersetzte mit Stoppelfrisur, die durchtrainierten Muskelpakete unter Jeans und schwarzen Lederjacken verpackt.

Missbilligend sah der Große sich um.

„Was für ein Loch“, schnaubte er, „und die behaupten, du seist ein Finanzhai“. Sein Deutsch war flüssig, aber in den Vokalen steckte ein fremder Zungenschlag.

„Schickt die Tussi nach Hause“, wies er seine Begleiter an.

Einer von den Klotzköpfen stellte sich vor Ursula, die sich mit weit aufgerissenen Augen an der Kasse festhielt.

„Komm, Mädchen, wir tun dir nichts. Wir wollen nur mit deinem Macker reden. Morgen kommst du wieder und alles ist gut. Okay?“

Maik nickte ihr beruhigend zu, versuchte es jedenfalls. Ursula war kreidebleich, ihr Blick voller Angst. „Ich bin dann mal weg“, sagte sie mit dünner Stimme. Mit drei Schritten war sie auf der Straße.

„Sie müssen mich verwechseln“, sagte Maik zu dem Großen im Ledermantel. Die Männer standen ihm gegenüber, seine Kniegelenke, die Hände, alles zitterte. Da er mit den Armen nichts anzustellen wusste, verschränkte er sie vor der Brust.

„Ja“, sagte der Große, „verwechseln. Das machen wir immer. Dafür werden wir bezahlt. Da verduftet einer mit 280 Riesen, und wir verwechseln ihn.“

Die beiden anderen kicherten. Der Große blickte prüfend über die Regale mit Äpfeln, Möhren und Salat, die verschiedenen Getreide hinter dem Kassentisch, die Schütten mit den organischen Kartoffeln und die Glastheke mit der mageren Auswahl an Brot. Sein Gesichtsausdruck spiegelte eine Mischung aus Enttäuschung und Unverständnis. Schließlich griff er nach einem rotgrünrunzligen, braun gesprenkelten Altländer Kuchenapfel aus dem Regal mit dem günstigen Fallobst und biss hinein. Angeekelt spuckte er aus und wischte sich den Mund.

„Bäh ... was ist denn das?“

„Kuchenäpfel aus dem Alten Land“, erwiderte Maik, „die haben schon unsere Urgroßeltern gemocht“.

„Deine vielleicht. Keine Ahnung, was meine gemocht haben, aber nicht so ein Holz. Schmeckt ja wie Eselschwanz.“

Er trat dicht an Maik heran, runzelte die Stirn und betrachtete ihn aus kleinen, runden, grünblauen Augen, als versuchte er den Apfelwurm zu bestimmen, der da vor ihm stand. Die Tätowierungen zu beiden Seiten seines Halses leuchteten wie Hahnenkämme, und seine Begleiter postierten sich links und rechts von ihm.

„Sag, wo die Kohle ist.“

„Was weiß ich. Ihr verwechselt mich. Wen sucht ihr eigentlich?“

Einer von den Kleineren hieb mit der Faust gegen Maiks Schulter. Der griff reflexhaft nach dem Obstregal, das krachend mit ihm zu Boden ging. Rote Bosköppe, Alkmenen und Dülmener Rosenäpfel rollten über die Fliesen. Die Männer fluchten, traten nach den Äpfeln und rissen Maik am Kragen hoch.

„Du sollst das Geld rausrücken“, drohte der Schläger. Maik rappelte sich auf. Die Schulter schmerzte höllisch, der Hinterkopf war ein einziges Brummen ... das würde Leo ihm büßen, ihn in eine solche Scheiße hineinzureiten. Er hatte eine Riesenwut im Bauch. Ein letztes Mal raffte er allen Mut zusammen.

„Verprügelt mich, aber ich will wissen, wie der heißt, den ihr sucht.“

„Meinetwegen“, sagte der Große. Er griff in die Tasche und holte ein Passfoto hervor. Maik wie er leibte und lebte. Es war natürlich der Bruder. Aber was wussten die drei Affen davon.

„Gesucht wird Leo Storch aus Hamburg wegen Unterschlagung von 280.000 Dollar. Noch Fragen? Sogar die Adresse stimmt.“

Verächtlich sah er Maik in die Augen, dann nickte er seinen Begleitern zu.

„Heute ist die erste Mahnung.“

Der Große stellte sich vor die Tür, die beiden Untersetzten streiften dünne Trainingshandschuhe über. Sie schlugen und traten gegen Bauch, Brust, Arme, Rippen, Beine; Maik krümmte sich, schrie und kotzte; sein Gesicht war blutverschmiert; dann lag er wimmernd am Boden. Es wurde schwarz vor seinen Augen, und das Schwarz verschluckte und erlöste ihn.

Ursula fand ihn bewusstlos, aschweiß und mit offenem Mund, den Kopf zurückgebogen, Kinn und Lippen unter roter Kruste. Es waren Profis gewesen. Keine Knochenbrüche, außer der blutigen Nase keine offenen Wunden, keine inneren Verletzungen – nicht einmal einen Zahn hatten sie ihm ausgeschlagen. Dafür Prellungen ohne Ende; nach ein paar Stunden sah er aus wie halb verwest. Blauschwarz und dunkelgrün angelaufen, das Gesicht geschwollen mit graublauen Flecken. Es dauerte drei Tage, bis er überhaupt humpeln konnte.

Ursula hatte, kaum, dass sie aus dem Laden war, Leo am Handy alarmiert. Der stand 1.800 Kilometer entfernt in einem Sandbunker am 13. Loch des Moscow Country Clubs in einer Flight mit japanischen Diplomaten und einem deutschen Unternehmer. Sein Handy – Beethovens Chor aus der Freudensymphonie als Klingelton – steckte tief in der Seitentasche seines Trolleys. Dem Platzcomment gemäß hätte es ausgeschaltet sein müssen. Götterfunken sprühten über die Bahn, während er mit rotem Kopf im Sandloch stand.

Nach einer halben Stunde ging Ursula zum Laden zurück – so hatte Leo ihr geraten – und vergewisserte sich, dass das Rollkommando abgerückt war. Sofort rief sie einen Arzt. Gemeinsam trugen sie Maik in die Wohnung. Wahrheitsgemäß berichtete sie, er sei von drei Männern überfallen worden. Ob Maik Kontakte zur Unterwelt habe, fragte der Arzt. Das seien keine gewöhnlichen Schläger gewesen. Keine Ahnung, antwortete sie, aber die Sache sei wohl eher privat. Leo hatte sie am Telefon bekniet, unter keinen Umständen die Polizei anzurufen. Jedenfalls nicht, solange Maik noch lebendig war. Privat, sagte der Arzt, aha. Unter Freunden. Ursula nickte, es sei schon in Ordnung. Der Arzt seufzte und setzte ihm zwei Spritzen; die eine stärkte den Kreislauf, die andere verlängerte den Schlaf. Dann gab er ihr ein Rezept.

Als Maik zu sich kam, regnete es in dichten Schleiern. Es war gegen Mittag des Folgetages; seine Augenlider klebten, die Lippen waren ausgedörrt, der Kopf platzte vor Schmerz. Jede Bewegung, jeder Pulsschlag war wie ein Hammer auf den offenen Nerv. Am Nachmittag und den kommenden Tagen dämmerte er zwischen Schlaf und Traum, unterbrochen nur von kaltem, schneidendem Schmerz.

Dreimal täglich kam Ursula mit vorwurfsvoller Miene und brachte ihm Kompott aus französischen Croncellen. Äpfel, die Tröster der Waisen und Geschundenen. Wenn man nicht beißen konnte, schmeckten sie göttlich als Mus. Ursulas Schweigen ließ keinen Zweifel offen, wem sie die Schuld an der Geschichte zuschrieb. Welcher Teufel hatte ihren Maik geritten, sich mit der Unterwelt einzulassen? Ausgerechnet er, der sanfte Apfelforscher. Hatte er jede Scham verloren? Privat, hatte Leo am Telefon gesagt. Privat! Also wusste der auch Bescheid. Heuchler. Privat! Sie kochte vor Zorn, und Maik konnte von Glück reden, dass sie ihn nur aus Rücksicht auf seinen Zustand nicht aufs Gröbste mit ihren Vorwürfen bombardierte.

Auch Leo schwindelte, seit Ursula ihm erzählt hatte, was in Hamburg abging. Es wussten jetzt also alle, dass die 250.000 Dollar in Turkmenistan nie ankommen würden. Logisch, dass die Schläger bei Maik im Bio Oybin auftauchten. Die Immobilie gehörte ihm, er war dort polizeilich gemeldet. Mit verknoteten Eingeweiden lag Leo auf seinem Moskauer Hotelbett, eine Büchse Bier in der Hand. Er war ein Vollidiot. Eine Viertelmillion hatte er sich vom russischen Zoll abknöpfen lassen; als Geldkurier war er verbrannt. Und in Aschgabat hatte er obendrein zugesagt, alle weiteren Zahlungen ebenfalls über Moskau abzuwickeln. Dümmer ging nicht. Die Hitze, die Luft, der komische Alte, alles hatte ihm den Kopf verdreht. Von Blumen hatte der gefaselt. Und dann hatte er ihm die armseligen Geschöpfe gezeigt. Die kleine Nackte war doch höchstens 13. Von wegen Perlen und Sahne. Gül hatte Musikgruppen gesagt. Tänzerinnen. Wo die wohl tanzen würden. Und jetzt wollte Gül sein Geld zurück. Das hatten die russischen Zöllner längst mit ihren Vorgesetzten geteilt.

Drei Tage später klingelte Leos Handy erneut. Diesmal war es der Zwilling persönlich, Maik Müller. Er war wie verändert, sprach mit fester Stimme, zornig, laut, vorwurfsvoll, fragte, was Leo sich gedacht habe, ihn in eine solche Scheiße hineinzureiten. Sich nach Moskau zu verdrücken, während er in Hamburg für eine Viertelmillion Dollar haftbar blieb. Wohlgemerkt: körperlich haftbar, Hinrichtung nicht ausgeschlossen. So wie die Killer ihn zugerichtet hätten, überlebe er das kein zweites Mal. Und wieso überhaupt? Warum musste er die schwachsinnigen Abenteuer seines bescheuerten Bruders büßen? Er in Hamburg zwischen Baum und Borke.

„Du kommst zurück und zwar sofort!“, rief er laut ins Telefon.

„Ich komme, Bruderherz. Morgen oder übermorgen, eher wird es nichts. Erinnerst du dich an Marke? Christian Marke? Versuch ihn zu finden. Der kann dir helfen. Lass nur die Bullen raus! Keine Öffentlichkeit. Hörst du?“

Bruderherz. So hatte Leo ihn noch nie genannt. Der jüngere Zwilling spürte, wie sehr dem anderen der Arsch auf Grundeis ging. Eigentlich wusste Maik ja Bescheid, seit Leo ihm von seinen finanziellen Engpässen berichtet hatte. Auch so ein Wort: „finanzielle Engpässe“. Zuerst hatte er sich nichts dabei gedacht, jetzt war ihm klar, dass Leo ruhig „Bankrott“ hätte sagen können. Oder „Insolvenz“, „Pleite“, „Konkurs“, „voll gegen die Wand“. Auf Marke war er übrigens auch schon gekommen.

Christian Marke, ihre alte Luden-Bekanntschaft von vor über 20 Jahren. Vor ewigen Zeiten hatte Leo sich in der Hausbesetzerszene auf St. Pauli rumgetrieben und über drei Ecken diesen Kickboxer kennengelernt. Der war im Hauptberuf Zuhälter, verdammt gut im Geschäft sogar, bis irgendwann die Albaner kamen und die Hells. Leo war damals fasziniert, wie er im Monatsrhythmus den Wagen wechselte: Bentley, SL, Neunelfer, Ferrari. Es war die Zeit gewesen, als die Zwillinge sich wiederfanden, zufällig, urplötzlich. Bald nahm Marke sie unter seine Fittiche, und sie zogen zu dritt über die Häuser zwischen Millerntor und Pepermölenbek, hingen mit Markes Mädchen ab, oder er lud sie zu sich in die Lüneburger Heide. Nie hätte der Zuhälter die beiden für voll genommen, dennoch fraß er einen Narren an ihnen; zu seinem Erstaunen empfand er ihre Gegenwart wie ein helles Licht.

Irgendwo in Maiks Unterlagen fand sich ein vergessenes Adressbuch, darin stand auch Markes Telefonnummer. Kein Anschluss. Was, wenn er längst gestorben war? Erschossen oder zerbrezelt in einem seiner PS-Boliden? Wenn wenigstens Leo da wäre ... der kannte einen der Lokalredakteure vom „Hamburger Abendblatt“. Aber Leo war in Russland.

Doch Maik wollte gar nicht, dass Leo da war. Der hatte ihm zwar alles eingebrockt, aber Maik war entschlossen, es selbst auszulöffeln, ganz allein, und das wäre dann endlich der Schritt aus dem Schatten des großen Bruders. Seit er verstanden hatte, dass der Wessi-Zwilling doch nicht unbesiegbar war, glomm in ihm ein Fünkchen Genugtuung. Dass er sich für ihn verprügeln ließ, war ein Opfer; dass er seinem Bruder Opfer brachte, verbürgte seine Kraft. Er spürte, wie neues Selbstbewusstsein in ihm wuchs. Vielleicht war die Apfelnische, die er sich auf den Leib geschneidert hatte, ja nur der Ausdruck einer nie eingestandenen Resignation. War er nur ein zweiter Zwilling, eine bessere Draufgabe – oder war er geboren aus eigenem Recht? Die Zeit war reif, den Beweis anzutreten.

Seit dem Überfall hatte Ursulas Zorn sich verflüchtigt. Vielleicht hatte ihr weiblicher Instinkt sie auf die richtige Spur gebracht. Vorsichtig legte Maik ihr die Sachlage auseinander, auslotend, wie ein Fischer auf Ideenfang. Deutete an, dass die Angelegenheit vielleicht doch mehr mit Leo zu tun hatte, als sie es sich weiszumachen versuchte.

„Was heißt weiszumachen versuche?“, sagte sie unwirsch, „natürlich steckt Leo dahinter“.

Was war das nun für eine Spitze? Traute sie ihm gar nichts zu? Aber Ursula war Ursula, das Mädchen mit den unerschöpflichen Ressourcen. Zu beiden Zwillingen unterhielt sie ein geschlechtliches Verhältnis. Körperlich manifest wurde es nur in der Beziehung zu Maik, dem kleineren, dem Apfelkauz. Der Bruder mit dem Geld und dem Charisma und dem Porsche blieb unerreicht. Darin gründete auch das Übel ihrer Sonntage; die glichen sich mittlerweile bedrohlich. Ursula machte die Kasse und räumte auf, einmal im Quartal war die Steuererklärung fällig, im Frühjahr die Bilanz. Sie fanden einen Grund zu streiten, Maik besaß die Energie nicht, ihr zu widersprechen, dann schliefen sie miteinander. Der Streit gehörte inzwischen zum Vorspiel. Und Maik blieb jedes Mal der Nachgeschmack, doch bloß Ersatz zu sein, Surrogat für den eigentlichen Zwilling.

Unersetzlich war hingegen Ursula – sie konnte rechnen. Zahlen waren Maiks Schwäche. Mit Äpfeln kannte er sich aus, aber wer Geld verdienen wollte, musste rechnen können. Da Geld für Maik keinen realen Wert, keinen Wert „an sich“ besaß, verstand er auch nicht, wieso Leo seinen Bankrott dermaßen persönlich nahm. Geld war da, Geld verschwand, Geld war nur ein Schatten. Leo hatte ihm von Betrügern erzählt, die hätten bis zu 50 Milliarden Dollar durchgebracht. Die Größenordnung erschloss sich ihm nicht. Richtig teure Hochseeyachten, solche mit Hubschrauberlandeplatz und eigenem Unterseeboot, kosteten 200 Millionen. Aber 50 Milliarden, das waren 250 Hochseeyachten. Nicht einmal neureiche Russen besaßen 250 Hochseeyachten.

„Wir müssen jetzt Äpfel für ihn mit verkaufen“, hatte er zu Ursula gesagt, nachdem Leo ihm gestanden hatte, pleite zu sein.

„Sag mir nur wie. Der Umsatz geht so schon zurück. Du könntest wenigstens Cidre ins Sortiment nehmen.“

„Cidre ist zu elitär.“

„Bio-Champagner war nicht elitär?“

„Du hörst doch selbst, was die Kunden sagen. Sie wollen Heimisches.“

„Dann halt Äppelwoi.“