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Kein BullshitX

Bausteine
für gute Manager

Markus Baumanns und
Torsten Schumacher

Inhalt

Was für ein Bullshit!

Bullshit 1
»WIR MÜSSEN GENAUER PLANEN UND MEHR KONTROLLIEREN«

Bullshit 2
»ICH MUSS DRINGEND INS NÄCHSTE MEETING«

Bullshit 3
»WIR HABEN NOCH NICHT ALLES ANALYSIERT. ICH KANN DAS SO NICHT ENTSCHEIDEN«

Bullshit 4
»KRUSE HAT POTENZIAL. DEN STELLEN WIR EIN«

Bullshit 5
»MÜLLER WIRD BEFÖRDERT. ER HAT DIE BESTEN ZAHLEN.

Bullshit 6
»DIE BONI HABEN WIR ERHÖHT. SCHLIESSLICH WOLLEN WIR MOTIVIERTE MITARBEITER«

Bullshit 7
»WIR KÖNNEN UNS NICHT VON MEYER ­TRENNEN. DAS WÄRE UNSOZIAL«

Bullshit 8
»WIR SIND ALLE GLEICH UND DUZEN UNS AB JETZT«

Bullshit 9
»IHR MÜSST UNTERNEHMERISCHER WERDEN! WIR BRAUCHEN EINEN START-UP-SPIRIT!«

Bullshit 10
»UND DAS IST IHR KÄSTCHEN IN UNSEREM ORGANIGRAM«

DYNAMOGRAMM TM

Über die Autoren

Impressum

WAS FÜR EIN BULLSHIT!

Alltag in vielen Unternehmen: Quälende Organisationsdebatten über Inseldenken, Selbstoptimierungen und Grabenkriege. Die übergreifende Zusammenarbeit ist ein Drama. Geredet wird viel von Agilität. Überdies endlose und schlecht geführte Meetings. Mut zu Entscheidungen? Fehlanzeige. Sinnbefreite Karotten vor der Nase sollen Anreize schaffen, so etwas wie Motivation entfachen. Dabei funktioniert das Konzept nicht einmal bei echten Eseln, außer dass es deren Anspruchsdenken erhöht. Gefaselt wird von den »Mitarbeitern als wichtigstes Asset«, gleichzeitig befinden sich die überragend wichtigen Führungsaufgaben rund um die Themen Personalauswahl, Beförderungen und Trennungen in einem erbärmlichen Zustand. Führungskräfte, die allerorten jammern, dass sie für Führung aufgrund des Tagesgeschäftes einfach keine Zeit haben. Das alles muss nicht sein.

In unserem Buch Kein Bullshit* haben wir bereits ausführlich den Bullshit analysiert, der Unternehmen lähmt. Hier legen wir die zehn größten Wortblasen offen, zeigen, wie Sie sich davon befreien können, und worauf es wirklich ankommt. Am Ende bleibt kein Bullshit übrig.

* Murmann Publishers, Hamburg, 208 Seiten, 29,99 Euro, ISBN 978-3-86774-381-5

Bullshit 1
»WIR MÜSSEN GENAUER PLANEN UND MEHR KONTROLLIEREN«

__Jeden Herbst der gleiche Wahnsinn. Heerscharen von Controllern und Unternehmensplanern sitzen in den Startlöchern, um die Geschäftsentwicklung des nächsten Jahres nach allen Regeln der Kunst abzubilden. Die Spielregel lautet: Je detaillierter und genauer, desto besser. So werden Zahlenkolonnen für jede Kosten- und Ertragsart erstellt und mit den dazugehörigen Excel-Tabellen Wände tapeziert. Die Planungsorgie legt ganze Unternehmensbereiche für Monate lahm. Und wenn die Zahlen nicht den vermuteten Erwartungen des Aufsichtsrats entsprechen, legt der Vorstand im Handstreich noch eine Schippe auf die Planungszahlen drauf. Analyse hin, Analyse her. Die Karawane der Planer durchpflügt das Unternehmen, bis das Budget des Folgejahres Anfang Dezember vom Aufsichtsrat genehmigt wird. Dann sinken wir erschöpft unter den Weihnachtsbaum. Spätestens im Februar gibt es, oh Wunder, erste Abweichungen von der Planung. Aufwendige Rechtfertigungs­rituale für vermeintliche Planungsfehler werden in Gang gesetzt und lähmen die Organisation zusätzlich. Die Folge ist neue Planung, bis auch die nach einigen Wochen wieder obsolet ist. So geht es munter weiter, bis im Herbst Planung und IST zusammenfließen. Außerdem beginnt schon die nächste Jahresplanung. Und kurz vor Jahresende wird die Ausgabenmaschinerie für den Fall aktiviert, dass geplante Budgets kurz vor Jahresende noch nicht ausgeschöpft sind. Dieses »Dezember-Fieber« ist trauriger Alltag. Und wer seine Planwerte schon vor Jahresende erreicht hat, wird zusätzliche Umsätze oder Deckungsbeiträge nach hinten schieben und somit die Ausgangsbasis des eigenen Arbeitsbereichs für das Folgejahr verbessern – zum Schaden des Unternehmens.

__Hallo, geht’s noch? Wieder so eine Selbstbeschäftigung, deren Sinnlosigkeit (fast) jeder ahnt und für die kein Kunde zahlt.

// Planung abschaffen

Schaffen Sie den Planungswahnsinn ab. Er bringt keinerlei Erkenntnisgewinn und erzeugt riesige Transaktionskosten.

__In einer Zeit, in der alle Geschäftsmodelle durch die digitale Transformation auf dem Prüfstand stehen und die Unsicherheit groß ist, wirken diese Planungsexzesse noch sinnloser, als sie es immer schon waren. Planungen gehen von linearen Rahmenbedingungen aus. Das mag noch einigermaßen funktioniert haben in Zeiten, in denen Wettbewerbsvorteile aus Effizienzsteigerung und Kostenvorteilen entstanden und Rahmenbedingungen halbwegs erwartbar waren. Den Gedanken der Standardisierung linearer Prozesse als wichtigen Pfeiler unternehmerischen Erfolgs hat der amerikanische Eisenbahningenieur Frederick Winslow Taylor in seinem 1911 erschienenen Buch The principles of scientific management beschrieben. Das Buch entstand im Zeitalter der ersten Industrialisierung, in der Massenfertigungen wiederkehrende Fertigungsabläufe am Fließband forderten. Jeder einzelne Fertigungsschritt wurde genau beschrieben und kontrolliert.

__Haben Sie gerade ein Déjà-vu? Genau. Unsere geliebten und verhassten Prozessbeschreibungen folgen genau diesem Muster. Im Wunsch nach Kontrolle allen Handelns im Dienst der Effizienzsteigerung liegen auch die Quellen der uns vertrauten Sprachregelungen, Abstimmungen, Berichtslinien und Genehmigungserfordernisse nach Hierarchie­ebenen. Die ganze Art, unsere Unternehmen zu organisieren, unsere Zusammenarbeit zu gestalten und unsere Mitarbeiter zu führen, folgt der Taylor'schen Logik. Und in der Tat hat uns diese Maxime über 100 Jahre große wirtschaftliche Erfolge beschert.

// Prozessbeschreibungen entsorgen

• Entsorgen Sie Ihre Prozessbeschreibungen.

• Etablieren Sie stattdessen eine lebendige unternehmensweite Plattform, in der Ihre Mitarbeiter wichtige Erkenntnisse der Zusammenarbeit fortlaufend teilen.

__Jetzt aber funktioniert es nicht mehr. Jeder spürt das, jeden Tag. Die Prozesse »laufen nicht rund«. An den »Schnittstellen« hakt es dauernd. Die Handbücher mit Prozessbeschreibungen, die jahrelang in zeitaufwendiger Kleinarbeit erstellt wurden, versinken nahezu unbeachtet im Nirwana der digitalen Ordnerstruktur. Als Reaktion auf diese misslichen Umstände rufen wir verzweifelt nach noch mehr Prozessen und Kontrolle. Dabei merken wir nicht, dass wir die Herausforderungen von heute mit den Rezepten von gestern lösen wollen.

__Heute, in Zeiten von Industrie 4.0 und zunehmender Digitalisierung des Geschäfts, verfehlt das von Taylor postulierte Mantra nach Effizienzsteigerung das Thema. Es geht nicht mehr länger um Massenfertigung von immer gleichen Produkten, sondern um die Erfüllung von zunehmend indivi­duellen Kunden- und Konsumentenbedürfnissen. Damit geraten über Jahrzehnte gewachsene Gesetzmäßigkeiten von Branchen und Geschäftslogiken ins Wanken. Wir beobachten das im von der Digitalisierung betroffenen Verlagswesen. Wir sehen eine Abenddämmerung der Automobilindustrie, die durch Mobilitätsplattformen über mehrere Verkehrsträger hinweg, Sharing Economy und hausgemachte Probleme von Grund auf erschüttert wird. Die Energiewirtschaft kommt nur sehr mühsam auf dem Weg zur Energiewende voran. Die Zukunft dieser und anderer Branchen wird nicht mehr durch Steigerung von Effizienz, sondern durch Innovationskraft, Querdenken und Sich-selbst-in-Frage-stellen gestaltet. Heute sind notorisch neugierige Menschen gefragt, die zu experimentieren bereit sind und in dynamischen Organisationen arbeiten.

// Taylor ist mausetot

Und mit ihm die Art, wie Sie Ihre Unternehmen organisieren. Ihre Planungsprozesse führen die Liste der ausgestorbenen Dinosaurier an.

__Was aber gibt uns Orientierung in den Ungewissheiten, die wir erleben und erwarten? Es ist weniger die Planung selbst, die das Problem darstellt. Es ist unsere Haltung dahinter. Anstatt sie für bare Münze zu nehmen und einen ganzen Apparat von tayloristischen Kontrollmecha­nismen darüber zu legen, sollten wir einen Moment inne­halten.

// Planungen als Hypothesen verstehen

• Betrachten Sie Planung als Hypothese oder als mögliches Szenario.

• Begreifen Sie Abweichungen nicht als Planungsfehler, sondern als Normalität.

• Versuchen Sie die vermeintlichen Planungsfehler nicht auszugleichen. Fragen Sie vielmehr nach deren Ursachen: Sind es hausgemachte Probleme, die Sie abschalten können? Oder sind es strukturelle Bedrohungen Ihres derzeitigen Geschäftsmodells, die ein völliges Umsteuern erfordern?

__Mehrjahresplanungen befinden sich ebenfalls in einem erbärmlichen Zustand. Es geht damit los, dass wir Ziele mit Zahlen verwechseln. Zahlen, die jeden Kontext vermissen lassen: Was ist der Grund für den erwarteten Umsatzzuwachs um 30 Prozent in den nächsten fünf Jahren? Dass wir uns wünschen, dass wir deutlich über dem dreiprozentigen Wachstum der Branche liegen, ist kein Argument für diese Annahme. Und warum sollte es uns in den nächsten Jahren gelingen, unsere Marge um jeweils fünf Prozent zu steigern, wenn es in den Jahren zuvor nicht geklappt hat? In aller Regel lassen Strategieplanungen jede Antwort auf das »Warum« und »Wie« vermissen. Ein Umstand, der angesichts der vor uns liegenden Unsicherheiten den Verdacht nährt, dass »die da oben« auch keine Ahnung haben, wo es hingeht.

// Dynamische Strategie in Ungewissheit

• Erarbeiten Sie ein Zielbild in einem Fünf-Jahres-Horizont, das in wenigen Sätzen die zukünftige Ausrichtung Ihres Geschäftsmodells beschreibt: Wo und wofür stehen wir als Unternehmen in fünf Jahren? Wie sieht unser Dienstleistungsspektrum aus? Wer werden unsere Kunden sein? Wie schaffen wir eine Umgebung, in der unerwartete Innovationen entstehen und gedeihen können?

vereinbarung

• Vereinbaren Sie nicht viel Kleinkram, sondern wenige »große« Themen, welche die Schwerpunkte der Arbeit Ihres Mitarbeiters für die nächste überschaubare Zeit abbilden.

• Leiten Sie individuelle Ziele nachvollziehbar aus der Strategie ab. Das schafft die Verbindung der individuellen Arbeit des Mitarbeiters mit dem großen Ganzen, gibt Orientierung und motiviert wirklich.

• Schlagen Sie Taylor ein Schnippchen: Vereinbaren Sie Ziele, aber überlassen Sie den Weg dorthin Ihrem Mitarbeiter. Begleiten Sie ihn auf dem Weg zur Erreichung der Ziele, wo immer dieser Sie darum bittet.