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Lisa Arlt

Wird mein Kind gemobbt?

Mobbing ist wie eine Waffe





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Mobbing unter Jugendlichen

Mobbing ist ein Problem überall auf der Welt und vermutlich so alt wie die Menschheit. Gegen Mobbing gibt es zwar inzwischen wirksame gesetzliche Mittel, doch in der Praxis ist es für den Gemobbten oft ein weiter Weg, sich erfolgreich zu wehren.

 

Allerdings hört man inzwischen deutlich häufiger von Erfolgen in Schulen und Betrieben und von Gerichtsurteilen, in denen Gemobbte am Ende sogar Entschädigungen zugesprochen bekamen. In Schweden wurden jetzt zwei Schülerinnen zu hohen Strafen verurteilt, die eine Mitschülerin an den Rand der Verzweiflung getrieben haben.

 

Allerdings landen Mobbing-Fälle noch viel zu selten vor Gericht. Betriebe kehren Mobbingfälle gerne unter den Teppich und „regeln“ das intern, bevor es überhaupt vor Gericht geht. Denn innerbetriebliche Mobbingfälle passen nicht unbedingt gut zum Image eines Unternehmens. Es ist in der Tat auch nicht ganz einfach, Mobbing zu beweisen. Immer noch muss das Opfer die Beweisführung erheben und dafür auch ein möglichst lückenloses, stichfestes Mobbing-Tagebuch führen (dazu später ausführlicher).

 

Cybermobbing unter Schülern und Jugendlichen greift immer mehr um sich, seitdem fast jeder Schüler ein Handy besitzt. Bekannt wurden solche Handlungen, als Gewaltvideos im Internet erschienen oder intime Aufnahmen aus Schüler-Toiletten. Junge Menschen machen sich vielfach einen Spaß daraus, über das Geschlechtsteil eines Mitschülers im Internet – dann auch noch per Foto oder Video – öffentlich herzuziehen.

 

Die Betroffenen werden oft für ihr Leben lang gezeichnet und trauen sich nicht mehr in die Schule zurück. Teils ziehen sie sich völlig aus dem Leben zurück oder müssen gar in eine andere Stadt umziehen, weil sie die öffentliche Schmach nicht mehr ertragen.

 

In Mode kam es auch, brutale Prügelszenen auf Handykameras aufzunehmen und ins Netz zu stellen. Ganz übel waren solche öffentlichen Bloßstellungen, als es darum ging, Angriffe auf Lehrer aufzuzeichnen und zu veröffentlichen. Lehrer wurden öffentlich gedemütigt und konnten danach an der Schule nicht mehr unterrichten. Mobbing übernahm dann in solchen Fällen die Funktion eines Berufsverbots.

 

An Schulen wird mittlerweile gemobbt, was das Zeug hält: Mobbing gehört an Deutschlands Lehranstalten mittlerweile zum Schüleralltag. Es wird hintertrieben, gehänselt, verleumdet und auf den Schulhöfen wird geschimpft geprügelt.

 

Eine der gemeinsten Formen von Mobbing spielt sich aber tagtäglich im Internet ab. Die Zeit auf dem Schulhof ist begrenzt. Die Zeit in den sozialen Netzwerken nicht. Der Angreifer kommt bis ins Kinderzimmer.

 

Cybermobbing ist für viele Schüler und Jugendliche zum Alltag geworden. Mädchen werden gern als Schlampe diffamiert, Jungen als Homosau beschimpft. Dabei wird ihnen Sex mit Männern unterstellt. Das wird belegt durch entsprechend bearbeitete Pornobilder.

 

In einer repräsentativen Erhebung hat jeder fünfte Schüler angegeben, schon einmal Opfer gewesen zu sein. Fast ebenso viele bekannten, dass sie auch schon einmal Täter waren. Die Psychologin Catarina Katzer, Mitautorin einer umfassenden Studie zum Thema Mobbing im Netz und Forscherin des Kölner Instituts für Cyberpsychologie betont:

 

„Das Cybermobbing kann viel schlimmer sein, als Mobbing auf dem Schulhof im kleinen Kreis. Früher fühlten sich die Opfer zu Hause sicher, heute gibt es keinen Schutzraum mehr. Der Terror läuft oft über einen langen Zeitraum. Sogar vermeintlich gelöschte, bloßstellende Fotos von irgendeiner Party tauchen manchmal nach Jahren wieder auf. Das macht die Opfer hilflos und Schutzlos.“

 

Da der Täter seine Identität verbergen kann, bleibt ihm jede Möglichkeit, aus dem Vollen zu schöpfen. Das treibt die jungen Menschen oft an den Rand der Verzweiflung.

 

„Die jugendlichen Opfer können es allein nicht schaffen“, betont die Psychologin Katzer. „Die Kids sind zwar heute in Sachen Internet im Handling sehr fit, ihnen fehlt aber die Lebenserfahrung.“ In der Praxis zeige sich, dass Eltern und Freunde wichtige Stützen für die Opfer sein können.

 

Das Internet und Handys bieten eine breite Plattform für das Streuen von Gerüchten und Verleumdungen. Es gibt Zahlen, wonach rund 500.000 Schüler in Deutschland Woche für Woche von ihren Mitschülern schikaniert werden. Das hat eine Studie im Auftrag des Magazins Focus ergeben. Eine unfassbar große Zahl.

Eltern sind häufig ahnungslos

Wenn Eltern Veränderungen im Verhalten ihrer Kinder feststellen, suchen sie häufig Gründe in der Entwicklung. In der Pubertät weicht das Verhalten ja auch durchaus in Grenzbereiche des Zusammenlebens ab. Nun ist es aber so, dass Kinder, die diesen Lebensabschnitt noch nicht erreicht haben, auch manchmal Auffälligkeiten zeigen, die Eltern nicht zuordnen können.

 

Das Kind, das nach der Schule zu Hause herumplapperte ist plötzlich still und will von der Schule nicht reden, Kontakte zu Freundinnen und Freunden geraten in den Hintergrund. Gemeinsame Feiern werden weniger. 

 

Eltern suchen Gründe in vielen Bereichen und kommen so vielleicht auch auf den Problembereich Mobbing. Wenn dann das Gespräch mit dem Kind gesucht wird, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder zeigt sich das Kind spontan erleichtert und schüttet das Herz aus, oder der Mobber hat solch eine Macht, dass alles abgestritten wird.

 

Die Eltern sind in solch einem Fall zunächst völlig hilflos, weil man ja keinen Ansatzpunkt für den Auslöser hat.   Auch gemobbte Schüler sind oft hilflos. Denn sie bekommen wenig Hilfe von ihren Schulen. Teils ist es die eigene Hilflosigkeit im Umgang mit dem Thema „Mobbing“. Aber Schule zeigt heutzutage auch wenig Interesse, sich in Konflikte unter Schülern als Richter oder gar nur Moderator einzumischen.

 

Dennoch sollten gemobbte Schüler sich unbedingt sofort an ihre Vertrauenslehrer, Klassenlehrer, Schulleiter, Elternvertreter wenden. Erst als letzte Möglichkeit sollte ein Schulwechsel in Betracht gezogen werden, um dem Psychoterror zu entgehen. Denn weil gemobbte Schüler manchmal einfach den Unterricht schwänzen, geht es mit der schulischen Leistung schnell bergab.

Hilfe im Internet?

 

Gibt es Auswege im Internet?

 

Das ganze Dilemma, in dem sich gemobbte Jugendliche befinden, wird deutlich, wenn man sogar von Selbstmordfällen hört. Eine Horrorvorstellung für Eltern und Familien. Oft suchen Jugendliche dann ihre letzte Hilfe im Internet. In der Tat finfet man dort  Selbsthilfegruppen und Organisationen, die Mobbingopfern beistehen. Sie geben Rat, wie man sich am besten verhält oder auch gegen Psychoterror wehrt. Einige wichtige Adressen finden Sie auch in diesem Buch.

 

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