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DANIEL SCHNEIDER
mit Klaus Jost

JOST LÄUFT.

Aufstieg, Fall und weiter geht’s –
auch Topmanager werden getragen

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ISBN 978-3-7751-7400-8 (E-Book)

© 2018 SCM Hänssler in der SCM Verlagsgruppe GmbH · Max-Eyth-Straße 41

Die Bibelverse sind, wenn nicht anders angegeben, folgender Ausgabe entnommen:

Umschlaggestaltung: Patrick Horlacher, Stuttgart

INHALT

Über den Autor

Vorwort

Prolog
Klaus Jost ist unter dieser Nummer nicht mehr zu erreichen

Bedingungslos angenommen

Randnotizen

Zwischen den Zeilen

Ein Macher, kein Heiliger

Randnotizen

Klaus Josts Quick-Tipp – Eine kleine Checkliste zum Thema Mobbing

Hinter den Kulissen des Marktes

Randnotizen

Von Entscheidungen und Herausforderungen

Klaus Josts Quick-Tipp – Eine kleine Laufanleitung für Einsteiger

Und dann … nicht mehr gefragt

Gottvertrauen auf dem Prüfstand

Klaus Josts Quick-Tipp – Zeitmanagement

Win-win

Entscheidend is aufm Platz

Klaus Josts Quick-Tipp – Mitarbeiterführung und die Kunst, sich dabei nicht zu verlieren

Der Quellcode

10 Und jetzt?

Zwischen den Zeilen

Randnotizen: Ich weiß: Auf meinen Vater ist immer Verlass

Ein Danke zum Schluss

Anmerkungen

ÜBER DEN AUTOR

MANAGER IN TURNSCHUHEN
Klaus Jost hat eine Bilderbuchkarriere: Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, mit 21 Jahren Filialleiter, schließlich Vorstand bei »Intersport Deutschland« und Präsident von »Intersport International«. Doch dann: die plötzliche Kündigung. Statt schmutzige Wäsche zu waschen, wünscht er seinem ehemaligen Arbeitgeber alles Gute. Privat kümmert er sich um seine schwer kranke Frau. Die Kraft dazu gibt ihm sein Glaube, den er nie im stillen Kämmerlein gelassen hat. Das hat ihm berufl ichen Respekt eingebracht, aber auch einige Unannehmlichkeiten beschert. Eine beispielhafte und gleichzeitig beispiellose Geschichte von familiären und berufl ichen Tragödien wie Triumphen.

VORWORT

Liebe Leserinnen und Leser,

es lohnt sich, gemeinsam mit Klaus Jost unterwegs zu sein.

Ich weiß, wovon ich rede, denn ich war über 20 Jahre lang mit ihm »on tour«, und zwar auf den unterschiedlichsten Wegen:

Auf der Businessebene habe ich ihn als VIP-Kunde der Firma Völkl, deren CEO ich war, kennengelernt. Später habe ich als CEO von Intersport International mit ihm in seiner Funktion als Vorstand Intersport Deutschland zusammengearbeitet, und als Aufsichtsratsvorsitzender der Intersport International war er mein »Chef«.

Während dieser Zeit wuchs ein enges Vertrauensverhältnis zwischen uns, wir haben gemeinsam viele große Sportevents besucht und noch mehr frühmorgendliche Joggingrunden gedreht. Wir haben viele persönliche Gespräche geführt und einander schätzen gelernt.

Wir sind Freunde geworden.

Und in all diesen Jahren und in den unterschiedlichen Rollen ist Klaus beständig derselbe geblieben: ehrlich, verlässlich, konsequent, berechenbar.

Er ist ein Mann, bei dem ein Handschlag noch gilt. Er tritt immer respektvoll auf, verliert nie die Beherrschung, wird nie ausfällig, sondern geht ruhig und sachlich, aber bestimmt seinen Weg.

Aber er ist auch sehr detailversessen, teilweise stur und hat mich damit in Verhandlungen oft herausgefordert, denn er hat keine Ruhe gegeben, bis auch die letzte Stelle hinter dem Komma geprüft und für gut befunden wurde.

Sein Vertrauen und seinen Respekt muss man sich hart erarbeiten, gehört er doch eher zur vorsichtigen Sorte Mensch. Das habe ich am eigenen Leib erfahren, als er Vorstand der Intersport Deutschland wurde. Anfänglich war er der Intersport International und mir als CEO zurückhaltend eingestellt.

Als es mir gelungen ist, sein Vertrauen und seinen Respekt zu gewinnen, da wusste ich: Du hast einen verlässlichen Partner an deiner Seite. Und ich habe recht behalten.

Klaus, ich möchte dieses Vorwort nutzen, um dir Danke zu sagen. Danke, dass ich viel von dir lernen und mich immer hundertprozentig auf dich verlassen konnte, aber vor allem danke ich dir von Herzen für unsere Freundschaft.

Und Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich viel Spaß und Inspiration auf dem gemeinsamen (Lese-)Weg mit Klaus Jost. Es wird sich lohnen.

Dein/Ihr Franz Julen

(Der Schweizer Franz Julen war 17 Jahre lang, bis Ende 2016, Chef der Intersport International. Er ist gelernter Hotelier, ehemaliger Sportjournalist und CEO des Ski- und Tennisherstellers Völkl. Aktuell ist er Präsident der Valora Holding AG und Beiratsmitglied der Unternehmensgruppe ALDI SÜD)

PROLOG

KLAUS JOST IST UNTER DIESER NUMMER NICHT MEHR ZU ERREICHEN

Degradierter Vorstand verlässt Intersport im Streit

Einer der mächtigsten Sportartikelmanager in Europa verlässt die Bühne. Intersport, weltweit größter Sportfachhändlerverbund, trennt sich mit sofortiger Wirkung von seinem langjährigen Vorstand Klaus Jost.1

Klaus Jost hat seine Gefühle unter Kontrolle. Das hat er geübt. In unzähligen Sitzungen und Meetings. Keine Schwäche zeigen. Das gilt in Verhandlungen um Millionenbeträge genauso wie beim firmeninternen Kräftemessen. Und auch jetzt, am 3. November 2014, alleine im Auto, versucht er kontrolliert zu bleiben, gewohnt logisch und analytisch zu agieren. Allerdings gelingt ihm das nicht, denn er spürt in diesem Moment, dass das, was gerade passiert ist, eine für ihn ungewohnte Hektik und Unruhe auslöst: Er wurde vor die Tür gesetzt. Als Präsident der Intersport International und Vorstand der Intersport Deutschland eG abserviert. Von einem Moment auf den anderen. So schnell kann es also gehen. Was soll er tun? Seine Frau anrufen? Wer von seinen Kollegen hält jetzt noch zu ihm?

Einige Zeit später geht die Nachricht durch die Presse. Besonders für die Wirtschaftsredaktionen der Republik ist das eine Sensation.

Was war es eigentlich genau, das zur Trennung geführt hat? Ein Streit, ein Machtkampf? Hat er verloren? Diese Fragen stellt sich Klaus Jost oft. Aber er lässt sich nicht über Einzelheiten oder Interna aus. Schon gar nicht im großen Rahmen. Er ist nicht der Typ, der schmutzige Wäsche wäscht. Und trotzdem, oder gerade deshalb, ist Klaus Josts Umgang mit diesem Lebensbruch eine relevante und spannende Geschichte mit Mehrwert.

Denn wenn man nicht auf Verleumdung, Nachtreten oder Schönreden setzt, sondern mit all den Fragen nach dem Warum, der Enttäuschung über die gesamte Situation, über vermeintliche Freunde und Schulterklopfer an diese existenzielle Entwicklung herangeht, eine gewisse Selbstkritik walten lässt und sich dann auch bewusst macht, wie tief der Fall vom Spitzenmanager zum Arbeitslosen ist, geht es thematisch plötzlich um mehr als nur um einen Job, den man verloren hat.

Ein Buch ohne Verleumdung, Schönreden und Nachtreten

Dann geht es um Führungs- und Nehmerqualitäten. Um Werte und Wertschätzung. Um Anstand, Fairness, wahres Selbstbewusstsein, den Umgang mit Niederlagen, um einsame und manchmal unpopuläre Entscheidungen, die man selbst trifft oder die für einen getroffen werden. Von wem und mit welcher Konsequenz auch immer.

Denn so funktioniert Leben nun einmal.

Glauben an und das Vertrauen in etwas, was noch größer ist, als wir Menschen uns das vorstellen können, prägen Klaus Josts Leben.

Und bei all dem ist es egal, ob Sie als werte Leserin oder werter Leser selbst an den großen Verhandlungstischen dieser Welt sitzen oder vermeintlich kleinere Brötchen backen: Denn für diesen Größeren sind wir alle Spitzenkräfte, als Schöpfer hat er uns geschaffen. Die Rede ist von dem dreieinigen Gott, der im Leben von Klaus Jost die wichtigste Rolle spielt.

Glaubensthemen sind Lebensthemen und Lebensthemen sind Glaubensthemen. Klaus Jost lässt seinen Glauben an Gott nicht im stillen Kämmerlein, sondern integriert ihn in sein ganzes Leben. Das hat ihm beruflich Respekt eingebracht, aber auch einige Unannehmlichkeiten beschert. Trotzdem gibt es für Klaus Jost keine Alternative.

Wir schauen in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des ehemaligen Präsidenten von Intersport International und langjährigen Vorstands von der Intersport Deutschland. Es geht auch um Menschen, die Klaus Josts Umfeld prägen. Familienmitglieder, Geschäftspartner und Freunde. Menschen, die mit ihm gearbeitet haben, mit ihm leben und ihn deshalb aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln erleben.

Alles in allem eine beispielhafte und gleichzeitig beispiellose Geschichte, die aus familiären und beruflichen Tragödien und Triumphen besteht, die inspiriert und die mit Fertigstellung des Buches noch lange nicht zu Ende ist.

Doch zurück zum 3. November 2014. Zu diesem Zeitpunkt steht fest:

Klaus Jost ist unter seiner Bürodurchwahl mit der -210 am Ende ab sofort nicht mehr erreichbar. Am selben Tag wird auch sein E-Mail-Account gesperrt und seine Kontaktdaten sind für ihn ebenfalls von jetzt auf gleich tabu. Das Kapitel Intersport ist Geschichte. Es ist ein bisschen so, als ob der Name Jost bei Intersport gelöscht werden soll.

Das ist allerdings schwierig. Denn Klaus Jost hat international und national Spuren hinterlassen. Im Unternehmen, bei Geschäftspartnern und bei den vielen guten Mitarbeitern, für die er verantwortlich war.

Bis zur Trennung eine Bilderbuchkarriere

In den vergangenen Jahren war der damals 53-Jährige quasi zum Gesicht von Intersport geworden. Als »Chefstratege und Verhandler« holte er die besten Preise für die Sportprodukte aller Art heraus. Die Sportartikelmacht Intersport besitzt zur Zeit seines Ausscheidens auch durch Klaus Josts Verhandlungs- und Führungsgeschick einen Marktanteil von über einem Drittel in Deutschland und in Europa von über 20 Prozent.

Bis zu dieser Trennung war es also eine Bilderbuchkarriere. Für ihn und für Intersport. Die Karriereleiter, die der gebürtige Hesse hinter sich hat, zeigt bislang stark nach oben. Im Laufe des Buches ist die Beruf(ung)sgeschichte von Klaus Jost immer wieder und in ausführlicher Form Thema. Doch eine biografische Kurzstrecke soll an dieser Stelle vorab den Appetit anregen:

Klaus Jost ist als Jugendlicher ein sehr guter Sportler, aber kein guter Schüler. Deshalb schreibt ihm seine ältere Schwester Eva im Jahr 1977 die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz bei der Kaufhof AG. Seine Schwester arbeitet selbst in dem Unternehmen und weiß, worauf es ankommt.

Eine Krankheit ermöglicht den Start in der Sportartikelbranche

Klaus Jost bekommt den Job. Allerdings in der Lebensmittelabteilung. Und hier beginnt seine kaufmännische Erfolgsgeschichte, in der er seine Führungsqualitäten entwickelt, die er selbst aber immer auch als Führung von Gott bezeichnet. Wurst und Käse zu verkaufen, ist auch wichtig, gehört aber nicht zu seinen absoluten Leidenschaften.

Da kommt ihm eine Salmonellenerkrankung fast gelegen, denn hätte er die kurz nach seinem Ausbildungsbeginn nicht bekommen, wäre er vielleicht nicht in der Sportabteilung gelandet. So aber war eine Weiterbeschäftigung im Lebensmittelbereich nicht möglich.

Die Ausbilder erkennen früh, dass Klaus Jost jemand ist, der Verantwortung übernehmen möchte und das Feld lieber anführt, anstatt in der Masse mitzulaufen. Das imponiert seinem Chef Klaus Caspar und so vertraut er ihm früh Leitungstätigkeiten an. Als Auszubildender betreut er recht schnell den kompletten Tennisbereich, der in der damaligen Zeit zu den Herzstücken der Sportabteilungen gehört.

Mit 21 Jahren bereits Filialleiter

Klaus Jost besticht durch Ehrgeiz, Fleiß und händlerisches Geschick. Als ehemaliger Leistungssportler im Bereich Leichtathletik, Tischtennis, Volleyball und Fußball ist auch noch die Leidenschaft für den Sport vorhanden. Und so wird der damals 21-jährige Jost nach erfolgreicher Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und einem zweijährigen Wehrdienst als Zeitsoldat erstmals Filialleiter eines Geschäftes in Krefeld-Uerdingen beim Top-Unternehmen Borgmann Sport & Mode. Dorthin holt er für Kundenevents viele namhafte Sportler, u.a. die Trainerlegende Kalli Feldkamp (siehe Bildteil), was den Umsatz entsprechend steigert. Mit den Jahren werden die Sportgeschäfte, die er leitet, größer, und auch die oberen Etagen der Sportartikelindustrie werden auf Klaus Jost aufmerksam.

So landet er zum Beispiel bei Adidas und prägt später als Mitgründer und internationaler Geschäftsführer den Fachhandels-Verbund SPORT 2000 International, deren größter Konkurrent und gleichzeitiger Platzhirsch Intersport ist. Dessen Verantwortliche interessieren sich natürlich für den erfolgreichen Kaufmann und versuchen, ihn in ihr Unternehmen zu bekommen.

Und tatsächlich: Im Jahr 2001 wechselt Klaus Jost zur Intersport eG nach Heilbronn. Bis 2014 ist er bei der riesigen Sportartikelfachhändlerverbundgruppe mit Sitz in Heilbronn für die Ressorts Sortiment, Marketing und Vertrieb zuständig. Gleichzeitig leitet er seit 2002 zunächst als Vizepräsident und ab 2009 als Präsident den Verwaltungsrat der Intersport International mit Sitz in Bern. Er ist anerkannt, geschätzt und erfolgreich. Immer auf Achse.

Und jetzt? Im November 2014?

Jetzt sitzt Klaus Jost im Auto. Allein. Sorge um Langeweile braucht sich der verheiratete fünffache Familienvater zwar nicht zu machen. Aber von einem Moment auf den anderen völlig neue Prioritäten im Leben setzen zu müssen, ist beängstigend. Besonders für einen Macher wie Klaus Jost.

Am Abend seines Abgangs bekommt Klaus Jost einen Anruf von der »Welt«. »Ich wünsche den Mitgliedern nur das Beste«, diktiert er den Journalisten, die ihn nach einem Statement zu der ganzen Trennung fragen, »und einen baldigen und eisigen Winter. Denn der garantiert den Sportfachhändlern sehr gute Geschäfte.« Ein letztes Statement. Und wieder ein typisches Zitat für Klaus Jost. Kontrolliert. Logisch und ohne Nachtreten.

Doch dann bleibt das Telefon erst einmal stumm. Klaus Jost ist Privatmann. Keine 16-Stunden-Arbeitstage mehr. Keine Besuche in den VIP-Logen der Fußballweltmeisterschaften, keine Reisen zu Geschäftspartnern nach Fernost, keine stressigen Tage und kein voller Terminkalender, der suggeriert: Du bist wichtig.

Egal wie erfolgreich er einmal war: Klaus Jost ist raus.

Und das tut in allererster Linie unheimlich weh.

1

BEDINGUNGSLOS ANGENOMMEN

»Mama, wenn ich mal groß bin, dann lade ich dich zu einem tollen Essen ein.«

Dieses Versprechen, bei einem Spaziergang an die eigene Mutter adressiert, beschreibt Klaus Jost nahezu perfekt. Dieser Satz, als Kind dahergesagt und trotzdem sehr ernst gemeint und voller Überzeugung vorgetragen, lässt schon damals erahnen, dass sich Klaus Jost in seinem Leben hohe Ziele steckt, dass er meint, was er sagt, und alles dafür tut, um diese Ziele zu erreichen. Auch wenn das Ziel noch in weiter Ferne liegt.

Und in diesem Moment war eine Essenseinladung für den sechsjährigen, gerade eingeschulten Jungen geradezu utopisch. Klaus Jost stammt aus einfachen Verhältnissen. Er hat deshalb früh gelernt, sparsam zu sein und Verantwortung zu übernehmen.

Trotzdem war er ganz Kind, mit allem, was dazugehört: Grenzen austesten, Fensterscheiben zerschießen und Lärm machen. Auch und vor allem in den damals noch geltenden Mittagsruhezeiten und damit sehr zum Leidwesen der Nachbarn. Und wenn die sich mal wieder bei seiner Mutter über den lärmenden Klaus beschweren, dann beobachtet der ganz genau, wie seine Mutter mit der Situation umgeht.

Edith Jost reagiert besonnen, mit Verständnis für die Nachbarschaft, aber immer mit der klaren und deutlichen Botschaft: Ich finde nicht alles gut, was mein Sohn fabriziert, aber ich halte immer zu ihm! Das ist Balsam für die Kinderseele, hat nicht nur die Beziehung zu seiner Mutter gestärkt, sondern führt zu einem Wesenszug, der sich in Klaus Josts Kindheit entwickelt und ihn bis heute auszeichnet: Selbstbewusstsein.

»Ich habe von meiner Mutter die Bestätigung erhalten, einfach gut zu sein, auch ohne gute Leistungen«, sagt Klaus Jost. »Selbst dann, wenn ich mal einen Fehler gemacht habe. Mein Glück war nicht nur von meiner Leistung abhängig, sondern kam aus einer ganz anderen Kraft.«

Dieses Selbstbewusstsein hilft enorm, wenn man Entscheidungen treffen muss und als Führungspersönlichkeit in Erscheinung tritt. Und damit ist die Verbindung zum Top-Manager Klaus Jost direkt hergestellt.

Zu den elementarsten Qualitätsmerkmalen einer Führungspersönlichkeit, die Fachkompetenz vorausgesetzt, gehören nämlich genau diese drei sogenannten Softskills (persönliche und soziale Kompetenzen):

– Verantwortungsbewusstsein

– Selbstbewusstsein

– Zielbewusstsein und Visionen

Die lassen sich zwar einüben, aber nicht künstlich antrainieren. Vor allem nicht auf Knopfdruck.

Für ihn ist ein wertschätzendes, vertrauensvolles und liebevolles Umfeld als Kind deutlich mehr wert als diverse Seminare für Führungspersönlichkeiten, die durch mitunter unnatürliche Methoden einen aufgesetzten Leitungsstil entwickeln.

Für Klaus Jost beginnt Verantwortungsbewusstsein auch nicht erst dann, wenn ein eigener Dienstwagen vor der Tür steht, das Gehalt in die Höhe schießt oder eine Mitarbeitergröße von 20, 50, 100 oder 1 000 erreicht ist. Nein, es beginnt genau da, wo alle Sozialisation von uns Menschen ihren Anfang nimmt; in der kleinsten Zelle, in der eigenen Familie.

Verantwortungsbewusstsein in der kleinsten Zelle

Und Klaus Jost weiß, was Verantwortungsbewusstsein in der kleinsten Zelle bedeutet. Als Kind hat er keinen mit Puderzucker bestäubten und gut ausgebauten Weg ins Erwachsenwerden nehmen können, denn wirtschaftlich und auch beziehungstechnisch hat die Familie Jost durchaus einige Hürden zu überwinden.

Nehmen wir zum Beispiel sein Wohnumfeld. Er wächst in einem eher verrufenen Stadtteil von Frankfurt auf. Direkt vor seiner Haustür werden Drogen konsumiert, bieten Prostituierte ihre Dienste an. Und genau dieses Setting bezeichnet Klaus Jost im Nachhinein als sein Glück. Nicht weil er sich ein Leben voller Stolpersteine gewünscht hätte, sondern weil genau diese Probleme ihn gelehrt haben, Dinge anzupacken, einen realistischen Blick auf das Leben zu bekommen und keine Berührungsängste mit in der Gesellschaft scheinbar verrufenen und ausgestoßenen Menschen zu bekommen.

Wobei ihm Drogen und Prostitution auch in seiner Funktion als Spitzenmanager immer wieder begegnet sind. »In meiner Branche ist es durchaus üblich, es gerade auf Geschäftsreisen mal ordentlich krachen zu lassen«, weiß Klaus Jost. »Ich habe da nie mitgemacht, habe auch deutlich geäußert, dass ich so eine Art des Feierns nicht gut finde, verurteile aber niemanden, der es tut. Für mich war das auch als Kind oder Jugendlicher nie eine Bedrohung, obwohl es mein direktes Umfeld betraf. Der Vater eines Nachbarjungen, mit dem ich Fußball gespielt habe, war Zuhälter. Aber durch die Beziehung zu meiner Mutter, den lebendigen Glauben an Jesus Christus und meine Liebe zum Sport haben mich solche Süchte und Verlockungen nie wirklich angefochten.«

Was ihm allerdings sehr zu schaffen macht, ist die Trennung seiner Eltern. Edith und Karlheinz Jost lassen sich 1974 scheiden. Klaus Jost ist damals 13. Doch schon viel früher bemerkt er, dass die Ehe nicht funktioniert. Bereits zwei Jahre vor der endgültigen Trennung, nach langer Zeit der Streitigkeiten und Konflikte, zieht der Vater aus. Klaus pflegt auch nach der Scheidung weiterhin ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Vater, aber die Familie ist zerrissen.

Seine Mutter ist nun alleinerziehend, arbeitet im Schichtdienst als Altenpflegerin und muss sich hart plagen, damit die Familie durchkommt. Gemeinsam mit seiner älteren Schwester Eva, die schon lange ausgezogen ist, wachsen sie noch enger zusammen.

Klaus Jost ist ab sofort nicht nur für die Reparaturen im Haus zuständig, sondern unterstützt seine Mutter auch in finanziellen Angelegenheiten, führt zum Beispiel die Haushaltskasse, wacht genau über Einnahmen und Ausgaben und erlernt so direkt und sehr existenziell den Umgang mit Finanzen.

»Klar habe ich sehr früh Verantwortung übernehmen müssen«, sagt er. »Aber ich habe das nie als Belastung empfunden. Im Gegenteil; mir hat das Spaß gemacht.« Und das merkt auch sein Umfeld außerhalb der Familie. In der Schule besticht er nicht durch besonders gute Noten, sondern glänzt vor allem als »informeller Klassensprecher«. »Und das, obwohl ich den Posten juristisch gesehen gar nicht innehatte«, erinnert er sich. »Faktisch gesehen war ich aber schon seit dem Kindergarten derjenige, der vorangegangen ist.« Seine Mitschüler und vor allem seine damalige Lehrerin Gudrun Frölich spüren: Dem Klaus kann man vertrauen. Der setzt sich für andere ein und passt auf, dass niemand benachteiligt wird. Der weiß, wo es langgeht.

Und das, obwohl Klaus Jost notentechnisch nicht die Speerspitze seiner Klasse darstellt. »Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss«, sagt er schmunzelnd. »Ich war einfach richtig faul. Zumindest was die klassischen Fächer anging. Aber meine Lehrerin hat zugelassen, dass wir uns nicht nur in Geisteswissenschaften und Fremdsprachen weiterbilden. Und das war mein Glück. Einmal haben wir das Theaterstück Woyzeck besucht, ein Drama von Georg Büchner. Darin geht es um die gesellschaftliche Ungleichheit, um Eifersucht, Verzweiflung, bis zum Mord. Ich habe das damals nicht einfach konsumiert, sondern verinnerlicht. Das spiegelt die Tragik des Lebens wider und da ich auch die Schattenseiten des Lebens kennengelernt habe, konnte ich mich gut damit identifizieren. Diese Art von Bildung habe ich vielmehr aufgesogen als die normalen Fächer.«

Küche statt Kirche – Der erste Kontakt zu Gott

Gebildet hat sich Klaus Jost schon lange vor seiner Schulzeit. Im wahrsten Sinn des Wortes. Als Kleinkind hat er viel Zeit in der heimischen Küche verbracht. So war er im Blickfeld von Edith Jost und die konnte den Haushalt erledigen.

Ihr Sohn beschäftigte sich in dieser Zeit nicht mit Bauklötzen oder Matchboxautos, sondern mit einem besonderen Bilderbuch – der alten, großen und schweren Familienbilderbibel. Der Kleine liebt es, in den alten Seiten zu blättern. Von der Schöpfung der Welt bis zur Offenbarung des Johannes studiert er die Zeichnungen bis ins kleinste Detail und hört aufmerksam zu, wenn seine Mutter ihm die dazugehörigen Geschichten erzählt.