Kati Hannken-Illjes

Argumentation

Einführung in die Theorie und Analyse der Argumentation

A. Francke Verlag Tübingen

Inhalt

Fußnoten

2.1.1 Strittigkeit und Geltung

Eine kurze Bemerkung zur gendersensiblen Sprache: Dieses Buch folgt dem Beispiel einiger englischschreibenden Kolleginnen und der Einführung in die interaktionistische Ethnografie von Dellwing und Prus (2012) und nutzt die männliche und die weibliche Form abwechselnd und durcheinander. Dies soll die Anstrengung umgehen, die mit inklusiven Formen verbunden ist, ohne die Geschlechtergerechtigkeit über Bord zu werfen.

3.6 Die Pragma-Dialektik

Ich möchte mich ganz herzlich bei Frans van Eemeren bedanken, der die deutsche Übersetzung noch einmal durchgesehen und teilweise korrigiert hat. Mögliche Fehler liegen selbstverständlich bei mir.

Einleitung

Argumentieren ist riskant, weil ich im Geben und Nehmen von Gründen in Betracht ziehen muss, dass auch mein Gegenüber gute Gründe vorbringt und ich möglicherweise erkenne, dass die Gründe meines Gegenüber „besser“ sind und ich in der Folge meine Position aufgeben muss. Dieses Risiko, selbst überzeugt zu werden, liegt unter jeder Argumentation: „An argument we are guaranteed to win is no more a real argument than a game we are guaranteed to win is a real game“ (Johnstone, 1965, S. 1).

Argumentieren gibt aber auch Sicherheit, weil ich im Geben und Nehmen von Gründen immer wieder offenlege, was ich für wahr halte, während mein Gegenüber dasselbe tut. Damit ist jede Argumentation ein Abgleich über unser Verständnis von Ausschnitten der Welt. So kann Argumentation Verständigung ermöglichen.

Dieses Studienbuch gibt eine Einführung in die Hauptströmungen der Argumentationstheorie, der Argumentationsanalyse und der aktuellen Forschungsfragen in der Argumentationswissenschaft. Die Konzentration liegt dabei auf dialektischen und rhetorischen Ansätzen. Mit der rhetorischen Wende Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts hat die Argumentationstheorie einen starken Wandel erlebt: weg von rein logischen Beschreibungen der Argumentation, hin zur Einbeziehung natürlicher Sprache, einer dialogischen Sicht auf Argumentation und einer Wiederaufnahme von rhetorischen Konzepten wie der TopikTopik und dem Publikum. Neben der Philosophie waren und sind nun die Rhetorik, die Rechtswissenschaft, die Linguistik, die Sprechwissenschaft und andere Disziplinen in die Bearbeitung argumentationstheoretischer Fragen einbezogen. In den USA hat die praktische Auseinandersetzung mit Argumentation in den Debattenteams der Universitäten die Theoriebildung stark vorangebracht und in der Philosophie die „critical thinking“-Bewegung. In Deutschland hat die Argumentationsforschung Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts eine erste Hochzeit erlebt, besonders beeinflusst durch die Konzeption von Argumentation bei Jürgen Habermas. Seit der ersten Konferenz der International Society for the Study of Argumentation 1986 hat sich das Feld immer weiter entwickelt und integriert mittlerweile verschiedenste Disziplinen und Sichtweisen. Die wissenschaftliche Befassung mit der Argumentation hat sich so weit entwickelt, dass man beginnen könnte, von einer Argumentationswissenschaft zu sprechen. Auch wenn das Feld sich aus vielen disziplinären Quellen speist, so hat es sich in den letzten 30 Jahren doch auch immer stärker als eigenes Feld mit einer eigenen akademischen Öffentlichkeit etabliert: mit eigenen Fachgesellschaften, Konferenzen, Zeitschriften und Studiengängen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Argumentation steht vor derselben Herausforderung wie die Erforschung anderer Gegenstände, die im Englischen mit dem Begriff der „Studies“ versehen ist: Es handelt sich zunehmend um einen Gegenstand eigenen Rechts, auch wenn er noch nicht disziplinär selbstständig ist.

Diese Einführung will das Feld der Argumentation ordnen, indem sie Grundströmungen, zentrale Ansätze, Möglichkeiten der Analyse und aktuelle Forschungsfragen in den Blick nimmt. Eine Einführung steht immer vor dem Dilemma, zum einen leicht zugänglich sein zu wollen und zur selben Zeit so umfassend als möglich. Der Schwerpunkt dieser Einführung

Mein herzlicher Dank geht an Carmen Harsch für die tatkräftige Unterstützung an diesem Studienbuch von Anfang bis Ende und an Cornelius Filipski für das Lesen und Diskutieren.

Das Vorgehen in diesem Buch

Diese Einführung bietet einen systematischen Zugang und orientiert sich an der Dreiteilung der Perspektiven auf Argumentation in die logische, dialektische und rhetorische Perspektive. Leitend für die Vorstellung und Diskussion der verschiedenen Ansätze sind drei Gesichtspunkte: Unabhängig vom Zugang, den ein bestimmter Ansatz wählt, liegt ihm eine Vorstellung davon zu Grunde, welche Funktion Argumentation hat, welche Form ein Argument hat und was die Geltung eines Arguments bestimmt. Diese drei Aspekte: Form, Funktion und Geltungsbedingungen sind grundlegend für die Diskussion. Sie führen zu folgenden Leitfragen:

Was ist nach diesem Ansatz die Form eines Arguments?

Was ist nach diesem Ansatz die Funktion von Argumentation?

Was bestimmt nach diesem Ansatz die Geltung von Argumenten?

Im Onlinematerial zu diesem Buch befindet sich eine umfassende Matrix, die die verschiedenen Ansätze orientiert an den drei Leitfragen einordnet.

 

Damit die Zusammenhänge und Differenzen der verschiedenen Perspektiven und Ansätze deutlich werden, wird ein Beispiel durch alle Kapitel geführt. Das Beispiel stammt aus dem Stück „Twelve Angry Men“ (deutsch: „Die zwölf Geschworenen“) von Reginald Rose. Es wurde 1957 von Sidney Lumet mit Henry Fonda verfilmt, 1963 folgte eine deutsche Verfilmung von Günter Gräwert. Dieses Kammerspiel dreht sich um die Juryberatung in einem Strafverfahren in den USA. Die zwölf Jurymitglieder müssen die Entscheidung treffen, ob ein 19jähriger Mann seinen Vater erstochen hat und des Mordes schuldig ist. Dem jungen

JUROR 1: Also elf Stimmen für „schuldig“. In Ordnung. – „Nicht schuldig“? (Juror 8 hebt langsam die Hand.) Eine. – Klar, 11:1 für „schuldig“. Jetzt wissen wir wenigstens, woran wir sind.

 

 

JUROR 3: Seien wir doch mal vernünftig! Sie haben im Gerichtssaal gesessen und genau die gleichen Dinge gehört wie wir alle. Der Bursche ist ein gemeingefährlicher Mörder. Das haben Sie ihm doch angesehen.

JUROR 8: Er ist neunzehn Jahre alt.

JUROR 3: Alt genug, um seinen Vater zu erstechen! Zehn Zentimeter tief in die Brust!

JUROR 6: Der Fall liegt eigentlich klar, ich war eigentlich … ja, ich war vom ersten Tag an überzeugt, daß –

JUROR 3: Sie waren nicht der einzige! Der Fall ist nun wirklich bis in die letzte Einzelheit aufgeklärt. Die haben sich so viel Mühe gegeben, es uns zu beweisen. Wieder und wieder. Ja, soll ich am Ende gescheiter sein als die studierten Richter.

JUROR 8: Niemand verlangt es von Ihnen.

JUROR 10: Ja, was wollen Sie dann noch?

JUROR 8: Ich möchte nur darüber sprechen.

JUROR 7: Und was soll dabei rauskommen? Elf der Anwesenden sprechen ihn schuldig. Das ist genug gesprochen! Nicht einer hat das geringste Bedenken – bis auf Sie!

JUROR 10: Nur eine Frage.

JUROR 8: Bitte.

JUROR 10: Glauben Sie dem Jungen ein Wort?

JUROR 8: Ich weiß nicht, ob ich ihm glaube. Vielleicht glaube ich ihm nicht.

JUROR 7: Dann verstehe ich noch weniger, warum Sie für „nicht schuldig“ gestimmt haben!

JUROR 8: Elf haben ihn schuldig gesprochen. Ich kann nicht so einfach meine Hand heben und jemanden in den Tod schicken. Ich muß erst darüber sprechen.

JUROR 10: Sie hören sich wohl gerne selber reden?

 

 

JUROR 8: Ich brauche vielleicht eine Stunde. – Das Baseball-Match fängt ja nicht vor acht Uhr an.

 

 

JUROR 9: Ich habe nichts dagegen, daß wir eine Stunde hier bleiben.

JUROR 10: Idiot! – Entschuldigen Sie, es ist mir so rausgerutscht!

JUROR 9: Bitte, bitte, tun Sie sich keinen Zwang an.

JUROR 10: Ich nehme Sie beim Wort. Gestern abend habe ich einen guten Witz gehört …

JUROR 8: Dazu sind wir nicht hier.

JUROR 10: Gut, gut, gut, dann klären Sie mich auf, warum wir hier sind. Oder wissen Sie es selber nicht?

JUROR 8: Ich weiß nur, daß dieser Junge sein ganzes Leben herumgestoßen wurde. Er ist in einem Elendsviertel aufgewachsen, hat früh seine Mutter verloren. Damals war er neun Jahre alt. Für anderthalb Jahre hat man ihn in ein Waisenhaus gesteckt, weil sein Vater eine Gefängnisstrafe absitzen mußte. Wegen Scheckfälschung, stimmt’s? Ja, das ist kein gutes Sprungbrett fürs Leben. Wie sagten Sie noch – auf freier Wildbahn gegrast? Man hätte sich eben mehr um ihn kümmern sollen.

JUROR 3: Unsere Waisenhäuser sind okay. Wir zahlen Steuern dafür.

 

 

JUROR 8: Und wissen Sie auch, wer ihn geschlagen hat? Nicht nur sein eigener Vater, nicht unsere sogenannten Erzieher, nicht der Waisenhausvater, nein, meine Herren –

JUROR 7: Jetzt bin ich aber gespannt.

JUROR 8: Wir. – Neunzehn erbärmliche Jahre sind an diesem Jungen nicht spurlos vorübergegangen. Er ist verbittert. Und deshalb – denke ich, schulden wir ihm ein paar Worte. – Das ist alles.

JUROR 10: Ich bin gerührt. Denken Sie von mir was Sie wollen! Aber wir schulden ihm nicht so viel. – Er hat ein saubres Verfahren bekommen. Glauben Sie das ist umsonst? […] Er kann froh sein, daß wir so freigiebig waren. Stimmt’s? Wir sind doch keine Quäker! Wir haben die Tatsachen gehört – und jetzt wollen Sie uns weismachen, daß wir dem Bürschlein glauben sollen! Mir kann der nichts vormachen, nicht so viel – nicht das Schwarze unter dem Nagel glaube ich dem. Ich habe lange genug unter ihnen gelebt, ich kenne sie in- und auswendig. Die sind geborene Verbrecher, alle durch die Bank! Untermenschen!

JUROR 11: Untermenschen.

JUROR 10: Mir können Sie das glauben!

JUROR 3: Papperlapapp, wir brauchen keine Sonntagspredigt!

JUROR 9: Entschuldigen Sie, aber die Ansichten dieses Herrn erscheinen mir denn doch gefährlich –

 

 

JUROR 12: Lassen Sie mich eine Sekunde nachdenken – ja, natürlich, es ist unsere Aufgabe, diesen Herrn zu überzeugen, daß wir im Recht sind und er im Unrecht. Vielleicht könnte jeder von uns ein bis zwei Minuten darauf verwenden. Wie finden Sie das?

 

 

JUROR 1: Also einmal reihum!

[…]

JUROR 1: Zwei Minuten pro Kopf. Sie sind der erste.

JUROR 2: Ja … was soll ich sagen … das ist gar nicht so leicht … ich … ja er ist sicher schuldig. Das ist doch von Anfang an klar gewesen … einen Gegenbeweis hat bisher niemand erbracht.

JUROR 8: Den braucht auch niemand zu erbringen. Die Beweislast obliegt allein dem Gericht. So steht es in unserer Verfassung. Sie brauchen nur nachzulesen.

JUROR 2: Jaja, das weiß ich schon … ich wollte auch nur sagen … na eben, der Mann ist schuldig. Es gibt doch jemand, der die Tat gesehen hat –

JUROR 3: Endlich! Sprechen wir endlich über Tatsachen! Lassen wir die persönlichen Gefühle zu Hause! Da ist ein alter Mann, der im zweiten Stock wohnt, direkt unter dem Mordzimmer. Er hat ausgesagt, es habe sich wie ein Kampf angehört, und dann habe der Junge laut gerufen: „Ich bring dich um!“ Er hat es deutlich verstanden! Eine Sekunde später fiel ein Körper zu Boden, und er lief zur Wohnungstür, sah hinaus – und was sah er? Das Bürschlein rannte die Treppe runter und aus dem Haus. Dann holte er die Polizei. Sie fanden den Vater mit einem Messer in der Brust … und der Gerichtsarzt stellte fest, daß der Tod um Mitternacht eingetreten sein muß. – Das sind Tatsachen. Tatsachen lassen sich nicht widerlegen. Der Junge ist schuldig! Daran gibt’s nicht zu rütteln. Ich bin nicht so sentimental wie ein gewisser Herr. Mir ist auch bekannt, daß der Junge erst neunzehn ist, aber das schützt ihn nicht davor, daß er für seine Tat bezahlen muß!

JUROR 7: Ganz Ihrer Meinung!

JUROR 1: Danke. Der nächste.

JUROR 4: Für mich hat nie ein Zweifel bestanden, daß die ganze Geschichte, die uns der Junge aufgetischt hat, doch reichlich fadenscheinig ist. Er behauptet, er sei zur Zeit des Verbrechens im Kino gewesen, und schon eine Stunde später hat er sich nicht mehr erinnern können, welche Filme er gesehen hatte. Ja, sogar die Namen der Stars waren ihm entfallen. Ein bißchen merkwürdig, nicht wahr?

JUROR 10: Und was ist mit der Frau auf der andern Straßenseite? Wenn ihre Aussage nichts beweist, dann können mir alle Beweise gestohlen bleiben.

JUROR 11: Ja, allerdings – die Frau hat als einzige den Mord mitangesehen.

JUROR 1: Der Reihe nach, wenn ich bitten darf.

JUROR 10: Moment, hier ist eine Frau, die im Bett liegt und nicht einschlafen kann.

JUROR 7: Wo? Der Frau kann geholfen werden!

JUROR 10: Sie erstickt fast vor Hitze. So war’s doch? Jedenfalls blickt sie aus dem Fenster und sieht gerade noch, wie das Söhnchen das Messer in seinen Vater stößt. Es ist zehn Minuten nach Mitternacht, auf die Sekunde. Der Beweis ist lückenlos. Die Frau hat den Burschen seit seiner Geburt gekannt. Sein Fenster liegt schräg gegenüber auf der andern Straßenseite, jenseits der Schienen der elektrischen Hochbahn. Und sie hat unter Eid ausgesagt, daß sie den Mord gesehen hat.

JUROR 8: Durch die Fenster eines vorbeifahrenden Hochbahnzuges.

JUROR 10: Richtig. Aber der Zug war leer und fuhr in Richtung City. Er war auch unbeleuchtet, wenn Sie sich erinnern. Und die Sachverständigen haben uns bewiesen, daß man bei Nacht durch die Fenster eines vorbeifahrenden Hochbahnzuges sehen kann, was auf der anderen Seite vorgeht. Sie haben es bewiesen!

JUROR 8: Eine Frage. Sie trauen dem Jungen nicht. Was veranlaßt Sie, der Frau zu trauen? Sie stammt doch aus demselben Milieu?

JUROR 10: Ach Sie – Sie sind ein ganz geriebener Gauner …

JUROR 1: Aber, aber, meine Herren! Immer mit der Ruhe!

JUROR 7: Lassen Sie ihn doch reden! Tief durchatmen, entspannen!

JUROR 10: Er hat die Weisheit mit Löffeln gefressen, Sie werden schon sehen –

JUROR 1: Gut, gut, wir sind doch nicht da, um uns zu streiten. Wer kommt dran?

 

 

JUROR 6: Ich weiß nicht … vorhin war ich ganz sicher, ich frage mich bloß … das Motiv ist schließlich die Hauptsache, denke ich. Wo es kein Motiv gibt, gibt’s auch keinen Fall. Oder? Das Motiv beschäftigt mich. Zum Beispiel die Aussage der Leute, die Flur an Flur mit dem Burschen wohnen … das hat mich immerhin überzeugt. Die sagten doch etwas von einer Auseinandersetzung zwischen dem Vater und dem Jungen – so gegen sieben Uhr abends. Ich kann mich auch irren.

JUROR 11: Es war acht Uhr, nicht sieben.

JUROR 8: Ja, acht Uhr abends. Die Nachbarn hörten einen Streit, aber sie konnten nicht verstehen, worum es ging. Dann wollten sie auch noch gehört haben, daß der Vater den Jungen ins Gesicht schlug, zweimal, und zuletzt sahen sie den Jungen wütend die Wohnung verlassen. Was beweist das?

JUROR 6: Genaugenommen – nichts. Ich habe ja nicht gesagt, daß es was beweist. Aber es ist nicht alles –

JUROR 8: Sie haben gesagt, daß sich ein Motiv für den Mord daraus ergeben könnte. Genau wie der Staatsanwalt. Nur, ich habe den Eindruck, daß es kein sehr stichhaltiges Motiv ist. Der Junge ist so oft in seinem Leben geprügelt worden, daß Prügel sozusagen sein tägliches Brot waren. Es überzeugt mich nicht, daß ihn plötzlich zwei Ohrfeigen so reizen sollen, daß er deswegen gleich zum Mörder wird.

JUROR 4: Es können zwei zuviel gewesen sein. Bei jedem ist das Maß einmal voll.

Was ist Argumentation?

Dieses Kapitel führt grundlegende Begriffe ein, die in den folgenden Kapiteln aus der Perspektive verschiedener theoretischer Ansätze näher ausbuchstabiert und diskutiert werden. Zudem wird mit Wenzels Ansatz der drei Perspektiven auf Argumentation das Modell erläutert, an dem sich diese Einführung in die Argumentation orientiert.

2.1 Grundlagen des Argumentationsbegriffs

2.1.1 Strittigkeit und Geltung

Wenn Menschen argumentieren, tauschen sie Gründe aus. Spezifisch für das BegründungshandelnBegründungshandeln in einem argumentativen Rahmen ist, dass hier Gründe eingefordert oder gegeben werden, weil etwas strittig geworden ist, d.h. die Geltung einer Aussage bestritten wird. Um von Argumentation zu sprechen, müssen also nicht nur Gründe gegeben (und genommen) werden; diese Gründe müssen sich auch auf einen strittigen Sachverhalt beziehen. Die meisten Ansätze zur Argumentation gehen davon aus, dass das Bestehen einer StreitfrageStreitfrage konstitutiv ist für Argumentation und dass Argumentation sich durch dieses Merkmal auch von anderen Formen des BegründungshandelnsBegründungshandeln wie ErklärenErklären-warum unterscheiden lässt. StrittigkeitStrittigkeit kann allerdings in verschiedenen Formen auftreten: Sie kann von den Argumentationspartnerinnen angenommen werden, ohne dass sie direkt geäußert wird, oder sie kann direkt hergestellt werden, wie im folgenden Beispiel. Hier begründet Juror 2 seine Position, dass der Angeklagte schuldig ist, und Juror 8 bestreitet die Geltung dieser Aussage.

JUROR 1: Zwei Minuten pro Kopf. Sie sind der erste.

JUROR 2: Ja … was soll ich sagen … das ist gar nicht so leicht … ich … ja er ist sicher schuldig. Das ist doch von Anfang an klar gewesen … einen Gegenbeweis hat bisher niemand erbracht.

JUROR 8: Den braucht auch niemand zu erbringen. Die Beweislast obliegt allein dem Gericht. So steht es in unserer Verfassung. Sie brauchen nur nachzulesen.

JUROR 2: Jaja, das weiß ich schon … ich wollte auch nur sagen … na eben, der Mann ist schuldig. Es gibt doch jemand, der die Tat gesehen hat –

Juror 2 begründet hier, warum er glaubt, dass der Angeklagte schuldig ist. Diese Begründung („einen Gegenbeweis hat bisher niemand erbracht“) wird von Juror 8 nicht akzeptiert und er begründet auch, warum er sie nicht akzeptiert („Die Beweislast obliegt allein dem Gericht“). Juror 2 reagiert darauf mit einer etwas vagen Rücknahme seiner Aussage: Er nimmt sie implizit zurück („Jaja, das weiß ich schon“) und bietet eine andere Begründung an („Es gibt doch jemand, der die Tat gesehen hat“).

Das Beispiel zeigt außerdem, dass innerhalb von Argumentation oft mehrere StreitfrageStreitfragen auf unterschiedlichen Ebenen behandelt werden. In dem kurzen Beispiel liegen mindestens zwei StreitfrageStreitfragen vor: Ist der Angeklagte schuldig oder nicht? Ist der Mangel an Gegenbeweisen ein guter Grund? Weil es häufig mehrere Streitfragen gibt, kann die Analyse von Argumentation sehr komplex werden (vgl. Kapitel 5).

Argumentation ist die Bearbeitung einer StreitfrageStreitfrage durch das Geben und Nehmen von Gründen.

Argumentation beruht aber nicht nur auf StrittigkeitStrittigkeit, sondern auch auf der Annahme von Übereinstimmung. Durch Argumentation wird StrittigkeitStrittigkeit bearbeitet, indem Aussagen – implizit und explizit – angeführt werden, von denen die Argumentationspartnerinnen1 annehmen, dass ihr Gegenüber diese akzeptiert oder akzeptieren muss/sollte. Damit beruhen Gründe auf Aussagen, die selbst nicht strittig sind, sondern als geltend angenommen werden. Im Beispiel ist dies der Verweis auf die Verfassung. Innerhalb von Argumentation wird also nicht nur deutlich, worüber es divergierende Ansichten gibt. Deutlich wird auch, was die Teilnehmerinnen einer Argumentation als gemeinsame Geltungsbasis ansehen. Diese Aussagen – die strittige und die geltende – befinden sich auf zwei unterschiedlichen Ebenen: zum einen der Ebene dessen, was als Grund in Bezug auf die Streitfrage angegeben wird und zum anderen auf der Ebene des Übergangs vom Grund zur Konklusion. Dabei bleibt der Übergang vom Grund zur Konklusion oft implizit. Auch das lässt sich im Beispiel gut sehen: Juror 2 führt an, dass niemand einen Gegenbeweis geführt hat. Dies wird in der Runde nicht bestritten, kann also von da an als geteiltes Wissen dieser Teilnehmer angesehen werden. Implizit äußert Juror 2 aber auch, dass dies ein guter Grund dafür ist, dass der Angeklagte schuldig ist. Diese Aussage ließe sich in einer starken Form rekonstruieren als: Wer die eigene Position (Unschuld) nicht beweisen kann, muss die Position der Gegenseite übernehmen (Schuld). Auch diese Aussage wird von Juror 2 als potenziell geteiltes Wissen eingeführt, von Juror 8 aber explizit abgelehnt. Damit wird in der Argumentation nicht nur markiert, was strittig ist, sondern auch, was gilt. Argumentation hat also grundlegend nicht nur die

Eine Definition, die die Aspekte der StrittigkeitStrittigkeit oder DissensbearbeitungDissens und der Etablierung von Geltung verbindet, ist die von Wolfgang Klein (1980). Er fasst Argumentation als den Versuch „mit Hilfe des kollektiv Geltenden etwas kollektiv Fragliches in etwas kollektiv Geltendes zu überführen“ (Klein, 1980, S. 19). Damit beinhaltet diese Definition den Aspekt der StrittigkeitStrittigkeit (bzw. etwas weniger stark: Fraglichkeit). Etwas ist (kollektiv) fraglich, wird dann aber mit Hilfe von Gründen (dem kollektiv Geltenden) in etwas kollektiv Geltendes überführt. Argumentation hat also auch bei Klein immer beide Funktionen: die Bearbeitung von StrittigkeitStrittigkeit und die Etablierung von Geltung.

Argumentation hat immer zwei Funktionen. Durch Argumentation wird

1) StrittigkeitStrittigkeit bearbeitet und

2) Geltung hergestellt.

2.1.2 Was ist ein Argument?

Wenn Argumentieren heißt, eine StreitfrageStreitfrage durch das Geben und Nehmen von Gründen zu bearbeiten, was ist dann ein Argument? Wie ist ein Argument aufgebaut? Die Unterscheidung von Argumentation und Argument ist in den verschiedenen Ansätzen zur Argumentation nicht einheitlich. Hier soll Argumentation verstanden werden als die Abfolge und Kopplung verschiedener Argumente in Bezug auf eine StreitfrageStreitfrage. Diese Abfolge kann in verschiedenen Interaktionsformen auftauchen und verschiedene Grade von Komplexität haben. Aber was ist nun ein einzelnes Argument?

Ein Argument ist die Grundeinheit innerhalb einer Argumentation. Dabei ist ein Argument nicht das Gleiche wie ein Grund, auch wenn beide Begriffe alltagssprachlich oft synonym verwendet werden. Das Argument bezieht sich immer schon auf eine StreitfrageStreitfrage und beinhaltet Aussagen, die den Übergang vom Grund zur Konklusion legitimieren. Ein Grund ist also eine Aussage innerhalb eines Arguments. Ein Argument beinhaltet demnach drei Aussagen mit unterschiedlichen Funktionen. Diese Grundeinheit wird seit den Anfängen der Rhetorik als dreiteiliges Modell dargestellt.

Die einzelnen Funktionen und Positionen dieser dreiteiligen Grundform werden je nach Ansatz unterschiedlich benannt, die entsprechende Terminologie wird in den Abschnitten zu den einzelnen Ansätzen eingeführt. Daher ist die Position, von der aus begründet wird, noch recht allgemein mit „Grund“ benannt. Die Position des Übergangs ist in Anführungsstriche gesetzt, da dieser Begriff an sich in keinem Modell genutzt wird: In den verschiedenen theoretischen Ansätzen hat sie verschiedene Bezeichnungen – SchlussregelSchlussregel, Topos, Oberprämisse, Schlusspräsupposition –, Abstraktionsgrade und theoretische Fundierungen. Ihre Funktion ist immer gleich: die Kopplung des Grundes an die Konklusion.

Ein Argument lässt sich also darstellen als die Verbindung einer Konklusion mit einem Grund auf Basis eines Übergangs. Das heißt aber nicht, dass immer alle Teile dieses Modells in einem Text, in einer Interaktion wirklich auftreten. Häufig, insbesondere in AlltagsargumentationAlltagsargumentationen, werden eine oder zwei Funktionen nicht besetzt (vgl. Kapitel 4.1.2 zum EnthymemEnthymem). Allerdings können sie auf Nachfrage besetzt werden, ja sie müssen dann gefüllt werden können oder das Argument muss zurückgezogen werden.

Wie man bei der Analyse von Argumentation diese grundlegende Form ermittelt, wird deutlich, wenn man das Kriterium der StrittigkeitStrittigkeit hinzunimmt: Argumentation wird nur notwendig, wenn etwas bestritten wird. So lassen sich die drei Funktionen des Modells durch das Bestreiten einzelner Teile herausarbeiten. Eine kurze Sequenz aus dem Beispiel macht dies deutlich:

JUROR 3: Unsere Waisenhäuser sind okay. Wir zahlen Steuern dafür.

Die argumentative Äußerung von Juror 3 lässt sich in der dreiteiligen Form folgendermaßen darstellen.

Die Aussage, die begründet werden muss, ist, dass Waisenhäuser okay sind. Denn Juror 8 hat eine gegenteilige Aussage gemacht, indem er festgestellt hat, dass der Angeklagte in einem Waisenhaus gelebt hat („hineingesteckt wurde“) und dass dies kein gutes Sprungbrett für das Leben sei. Juror 3 widerspricht nicht nur der Aussage von Juror 8, er stellt eine Gegenbehauptung auf und er liefert auch gleich den Grund dazu. Warum sind unsere Waisenhäuser okay? Weil wir Steuern dafür zahlen.

Es fehlt noch die dritte Funktion innerhalb des dreistelligen Modells: der Übergang von Grund zu Konklusion. Kann man, um auf die Funktion des Grundes zu kommen, fragen, warum die Aussage gilt (Unsere Waisenhäuser sind okay! Warum? Weil wir Steuern dafür zahlen), so gelangt man zum Übergang, indem man nach der RelevanzRelevanz fragt: Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Was hat die Tatsache, dass wir Steuern für Waisenhäuser zahlen, damit zu tun, dass sie okay sind?

Dieser Übergang bleibt im Beispiel implizit. Hier wird deutlich, dass die Rekonstruktion von impliziten Anteilen wie „denn die Dinge, für die wir Steuern zahlen, sind okay“ nicht

2.1.3 Die Funktionen von Argumentation

Nachdem nun die Grundeinheit der Argumentation mit dem dreistelligen Argumentmodell beschrieben ist, soll der Blick vom Argument zur Argumentation gehen: Welche Funktionen hat Argumentation? Warum und wozu argumentieren wir?

JUROR 7: Und was soll dabei rauskommen? Elf der Anwesenden sprechen ihn schuldig. Das ist genug gesprochen! Nicht einer hat das geringste Bedenken – bis auf Sie!

JUROR 10: Nur eine Frage.

JUROR 8: Bitte.

JUROR 10: Glauben Sie dem Jungen ein Wort?

JUROR 8: Ich weiß nicht, ob ich ihm glaube. Vielleicht glaube ich ihm nicht.

JUROR 7: Dann verstehe ich noch weniger, warum Sie für „nicht schuldig“ gestimmt haben!

JUROR 8: Elf haben ihn schuldig gesprochen. Ich kann nicht so einfach meine Hand heben und jemanden in den Tod schicken. Ich muß erst darüber sprechen.

Argumentation wird in vielen theoretischen Ansätzen über ihre Funktion gefasst. Dabei lassen sich, wie oben eingeführt, zwei Funktionen von Argumentation unterscheiden: die Bearbeitung von DissensDissens oder StrittigkeitStrittigkeit und die Funktion der Geltungsetablierung. Diese Funktionen schließen einander nicht aus, sondern bedingen einander und sind eng gekoppelt. Die epistemischeArgumentationepistemische Funktion Funktion, die Funktion Geltung zu etablieren, ist oben schon kurz beleuchtet worden. Sie betrifft vor allem den „Übergang“, die Herstellung von RelevanzRelevanz zwischen Grund und Konklusion, von der die Sprecherin annimmt, dass sie vom Gegenüber geteilt wird. Diese Funktion findet sich in der Argumentationstheorie vor allem unter den Überschriften TopikTopik und ArgumentationsschemataArgumentationsschema wieder (vgl. Kapitel 4.3). Die Funktion der Bearbeitung von StrittigkeitStrittigkeit soll hier noch einmal genauer betrachtet werden, da sie selbst nicht ganz unstrittig ist.

Was bedeutet es, „StrittigkeitStrittigkeit zu bearbeiten“, was genau ist das Ziel von Argumentation? Eine gemeinsame Lösung, einen KonsensKonsens oder Kompromiss zu erlangen und am Ende den bestehenden DissensDissens aufgelöst zu haben? Oder kann auch eine Verschärfung des DissensesDissens Ziel einer Argumentation sein? Es gibt einige Ansätze, die den KonsensKonsens als Ziel von Argumentation sehen (so z.B. die Theorie kommunikativen Handelns von Habermas, vgl. Kapitel 3.3) oder zumindest das Zurückziehen entweder der Problematisierung oder des StandpunktStandpunktes nach einer argumentativen Phase (so z.B. die Pragma-Dialektik, vgl. Kapitel 3.6). Andere Ansätze sehen die Verschärfung einer StreitfrageStreitfrage durchaus auch als Ziel von Argumentation. Völzing (1979) stellt fest: „Es ist die Funktion von Argumentationen, in KonfliktenKonflikt dazu zu dienen, gegenteilige Meinungen oder Ansichten herauszuarbeiten, per Kompromiß oder KonsensKonsens Lösungsmöglichkeiten anzubieten, aber auch Potential zur Verschärfung eines KonfliktsKonflikt bereitzuhalten“ (Völzing, 1979, S. 12). Hier dient Argumentation also nicht ausschließlich der Lösung von KonfliktenKonflikt, sondern kann auch der Zuspitzung von Gegensätzen dienen, ohne einen direkten Einigungswillen. So sind beispielsweise parlamentarische Debatten oder politische Talkshows nicht darauf ausgelegt, KonsensKonsens zu erzielen, sondern vielmehr darauf, gegensätzliche Positionen vor einem Publikum aufzuführen. Vertreterinnen einer KonsensorientierungKonsensorientierung der Argumentation würden an dieser Stelle aber vermutlich argumentieren, dass die Verschärfung ein Zwischenstadium ist, um für einen Zeitraum unterschiedliche Positionen auszustellen und zu pointieren und damit ein Publikum in die Lage zu versetzen, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Wie Klein (2001) treffend sagt, besteht in Situationen, in denen die Argumentierenden sich aufeinander beziehen, aber den DissensDissens nicht lösen können, „die Chance, dass aus unbegriffenem DissensDissens begriffener DissensDissens wird – was bei

Inwieweit ein argumentativer Austausch auf einen KonsensKonsensorientierung orientiert ist, hängt vom Argumentationskontext und speziell vom Grad an AgonalitätAgonalität ab. Im Beispiel des Ausschnitts aus „Die zwölf Geschworenen“ ist dies ein Kontext, in dem zwei Parteien – Anklage und Verteidigung – einander gegenüberstehen und eine Entscheidung nach bestimmten Verfahrensregeln getroffen werden muss. Zugleich rahmt Juror 8 die Situation eher als gemeinsames Problemlösen: Er hat noch keinen eigenen StandpunktStandpunkt, formuliert Zweifel an dem geäußerten Standpunkt und will über das Abwägen von Gründen zu einer fundierten, legitimen Entscheidung kommen. Der Grad an Agonalität ist hier deutlich geringer als in einer Konfrontation zwischen unterschiedlichen, klar formulierten Positionen.

AgonalitätAgonalität bestimmt Situationen, die auf einen Wettkampf oder eine kämpferische Auseinandersetzung bezogen sind. Lyotard (1989) nutzt den Begriff AgonistikAgonistik in Bezug auf die argumentative Auseinandersetzung zwischen zwei Parteien mit einer dritten, beobachtenden Partei als Entscheidungsinstanz.

Die Differenzierung zwischen verschiedenen Graden von AgonalitätAgonalität ist eine Frage, die momentan wieder stärker in den Fokus rückt. So kontrastiert Ehlich (2014, S. 41) explorativesArgumentierenexploratives und persuasivesArgumentierenpersuasives Argumentieren. Dabei geht er, im Anschluss an Trautmann (2004), davon aus, dass Argumentation eine Form der Wissensbearbeitung darstellt: Argumentation wird dann notwendig, wenn sich Differenzen zwischen den Wissenssystemen der Gesprächspartnerinnen ergeben (vgl. Ehlich, 2014, S. 45). Die Grundannahme ist hier, wie in fast allen Argumentationstheorien, dass Argumentation dann genutzt wird, wenn die Kommunikation zwischen den Partnern nicht mehr glatt verläuft, also Problematisierungen auftreten. Ehlich differenziert zwischen verschiedenen Arten der Differenzen zwischen den Wissenssystemen: Im persuasivenArgumentierenpersuasives Argumentieren versuchen Gesprächspartnerinnen „interessebezogen die eigene Position in Bezug auf etwas gemeinschaftlich Fragliches zur Geltung zu bringen“ (S. 46), in explorativerArgumentierenexploratives Argumentation geht es „primär um eine gemeinsame Weiterentwicklung von Wissen als Umwandlung von präzisiert Unbekanntem in Bekanntes“ (S. 47). Eine Weiterentwicklung dieser Differenzierung steht noch aus. Als theoretische Setzung gilt für so gut wie alle argumentationstheoretischen Ansätze, dass auch für Argumentation mit einem geringen Grad an AgonalitätAgonalität StrittigkeitStrittigkeit gegeben ist, wenn auch nur implizit. StrittigkeitStrittigkeit ist damit konstitutiv für Argumentation.

Argumentation hat also zwei Funktionen: Die Bearbeitung von StrittigkeitStrittigkeit und die Etablierung von Geltung. Je nach argumentativer Situation kann eine der Funktionen im Vordergrund stehen, ohne dass dann die andere Funktion gänzlich fehlt.

Argumentieren und Erklären

Der Grad an AgonalitätAgonalität zwischen verschiedenen Formen der Argumentation kann variieren und StrittigkeitStrittigkeit auch implizit angenommene StrittigkeitStrittigkeit sein. Aber wie unterscheiden sich dann Argumentieren und ErklärenErklären? Ist Begründen innerhalb einer Argumentation nichts anderes als die Erklärung, warum die Konklusion zu Recht besteht? Wenn man ErklärenErklären und Argumentieren in Verbindung bringt, dann ist Argumentation eine spezifische Form des ErklärensErklären, die Klein (2001) als „ErklärenErklären-warum“ bezeichnet. Aus Perspektive der SprechakttheorieSprechakttheorie gleichen sich ErklärenErklären-warum und Argumentieren dahingehend, dass beide konklusive Sprechhandlungen vollziehen (S. 1309), d.h. sie etablieren Schlüsse zwischen verschiedenen Aussagen. Sie unterscheiden sich aber, so Klein (2001), in ihrer pragmatischen Funktion. So geht es beim ErklärenErklären-warum um das „Explizieren des Zustandekommens von Sachverhalten“ (S. 1316), wohingegen Argumentieren auf „problematische Geltungsansprüche“ (S. 1316) bezogen ist. Nach Morek (2012) unterscheiden sich beide Formen durch die epistemische Haltung, die die Beteiligten zu ihren Aussagen einnehmen: Beim ErklärenErklären200614ErklärenErklärenErklärenErklärenErklärenErklären1994