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BERNHARD SILL (HRSG.)
BETEN
WORT SUCHT GOTT

 

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© 2018 Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten

Für die Texte der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift,
vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe
© 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Grafikhelden Design Studio, Herrenberg
Bild Umschlag: Adobe Stock, Old Paper Texture, Dima
Gestaltung und Satz: Grafikhelden Design Studio, Herrenberg
Druck und Bindung: Finidr s.r.o., Český Těšín, Tschechische Republik

www.bibelwerk.de
ISBN 978-3-460-32266-0
eISBN 978-3-460-51043-2

INHALT

 

Geleitwort Bischof Dr. Stefan Oster SDB

Vorwort

1. Kapitel: Wort sucht WEG

2. Kapitel: Wort sucht DANK

3. Kapitel: Wort sucht ZEIT

4. Kapitel: Wort sucht SCHÖPFUNG

5. Kapitel: Wort sucht VERTRAUEN

6. Kapitel: Wort sucht ANTWORT

7. Kapitel: Wort sucht BEGEGNUNG

8. Kapitel: Wort sucht GLAUBE

Sill, Bernhard: »Freecall to Heaven«

Eine kleine Gebetsschule für junge Leute

GELEITWORT

 

Das Sprechen des Menschen, die Sprache, das Wort, sind Phänomene, die immer schon die Philosophen herausgefordert haben. Wie ist das Verhältnis von Sprache und Wirklichkeit? Bezeichnet Sprache Wirklichkeit oder wird Wirklichkeit erst wirklich durch Sprache? Oder ist die Sprache selbst Wirklichkeit? Wir merken an solchen Fragen, dass es für sie keine eindeutigen Antworten gibt. Die Sprache ist vieldeutig, vielschichtig, unerschöpflich. Unser Sprechen kann echt sein und lügenhaft, leidenschaftlich und liebevoll, wirklichkeitslos und böse – und vieles mehr.

Aber als Gläubige haben wir gelernt, dass dieser Reichtum unseres Sprechens, unserer Fähigkeit, Wörter zu haben, einen anderen Ursprung hat. Wir glauben, dass es einen Tiefen-sinn der Welt gibt, der „Logos“ heißt – und der in unserer Heiligen Schrift mit „Wort“ übersetzt wird, oder auch mit Sinn oder auch mit Vernunft. „Am Anfang war das Wort!“ Am Anfang war der Sinn von allem. Wir glauben, dass durch diesen Sinn alles Geschaffene wort-haft ist, alles Geschaffene ansprechbar und aussprechbar ist. Freilich so, dass alle Wörter, die wir machen, nie genügen, um den Reichtum auch nur eines einzelnen geschaffenen Wesens auszuschöpfen.

Wir sprechen, um zu zeigen, um hinzuzeigen, auf Wirklichkeit, auf unser Verhältnis zur Wirklichkeit, auf unser Verhältnis zu anderen, die wir ansprechen. Wir sprechen und sagen darin immer auch etwas über unser Verhältnis zu uns selbst – und zu Gott.

Wir glauben, dass Gott ein Kommunikator ist, ein Sprechender und als Sprechender ein großer Liebender, ein unendlich Liebender. Derjenige, der das „Wort Gottes“ genannt wird, stirbt einen Tod, indem er am Kreuz verstummt, schweigt, kein Wort mehr sagt – und er sagt dadurch alles: Er ist das äußerste Liebeswort des Vaters an die Welt. Für Dich und mich.

Und wir? Wir stammeln betend unsere Antwort auf dieses Geheimnis hin. Wir sagen Worte, Sätze, in denen Gott vorkommt. Und wir tun es, um uns auszusagen, im Verhältnis zu Ihm – zum großen Du, das so nahe ist und doch oft auch so weit weg scheint. Aber wir helfen uns dadurch selbst und einander in Verbindung zu bleiben. Wir brauchen unser Gebet: das schweigende ebenso wie das ausgesprochene, das individuelle wie das gemeinschaftliche. Und wir sprechen und singen im Gebet oft die Worte nach, die uns unsere große Glaubensgemeinschaft vorgibt: „Vater unser“, „Ave Maria“, „Zu dir, o Gott, erheben wir“, „Lobe den Herren“… . Wir sind betend hineingestellt in eine große Geschichte, in die große Geschichte Gottes mit uns Menschen, mit seinem Volk. Beten hilft uns, darin zu bleiben, uns zu vergewissern, dass wir miteinander unterwegs sind. Mit Ihm und auf Ihn hin.

Ich freue mich sehr über dieses Buch, über junge Menschen, deren Wort Gebet wird, deren Wort Dank und Freude und Glaube und Frieden sucht und vieles mehr. Von Herzen wünsche ich dem Buch viele Leserinnen und Leser, die zu Mitbeterinnen und Mitbetern werden. Und ich erbitte den Segen des Allerhöchsten dafür, dass unser Beten immer mehr in ein Schweigen finde, damit Er selbst sich in uns aussprechen kann, damit wir immer mehr mit unserer ganzen Existenz sein Liebeswort in die Welt hinein buchstabieren lernen.

Dr. Stefan Oster SDB
Bischof der Diözese Passau und Jugendbischof

VORWORT

 

Eine E-Mail mit einem bemerkenswerten Inhalt habe ich am 30. Dezember 2012 erhalten. Darin schrieb mir ein Kollege, dass er für das kommende Jahr diesen Entschluss gefasst habe: »nur am Meer sitzen und über den nächsten Roman nachdenken«. Dieser Kollege war PETER BIERI, in (s)einer Person ebenso ein guter Philosoph wie ein guter Erzähler. Meine Student*innen wissen, dass ich den Kollegen PETER BIERI gerade auch wegen seiner Eigenschaft, erzählend denken zu können, schätze. Immer wieder einmal zitiere ich in meinen Vorlesungen gern aus seinen Romanen »Perlmanns Schweigen« (1995), »Der Klavierstimmer« (1998) und »Nachtzug nach Lissabon« (2004), die er als einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller unter dem Namen PASCAL MERCIER veröffentlicht hat.

Ich habe mir damals diesen erzählend philosophierenden und philosophierend erzählenden Zeitgenossen zum Vorbild genommen und mir zwar nicht für ein ganzes Jahr, doch immerhin für einen ganzen Monat die Zeit genommen, »nur am Meer [zu] sitzen« und bei dieser Gelegenheit seinen über 1,5 Millionen Mal verkauften und 2013 vom dänischen Filmregisseur BILLE AUGUST verfilmten Roman »Nachtzug nach Lissabon« noch einmal zu lesen.

Es gibt in diesem Roman Worte – der Autor legt sie einem jungen Menschen in den Mund –, die ich so schnell nicht vergessen werde, was wohl daran liegt, dass sie ein Bekenntnis darstellen. Es sind diese Worte:

»Ich liebe betende Menschen. Ich brauche ihren Anblick. Ich brauche ihn gegen das tückische Gift des Oberflächlichen und Gedankenlosen.« (MERCIER, PASCAL: Nachtzug nach Lissabon. Roman, München – Wien 2004, 198.)

Im Wintersemester 2016/17 habe ich gemeinsam mit meinen Fakultätskolleginnen Prof. Dr. PETRA KURTEN und Dr. SIMONE BIRKEL ein Modul angeboten, das den Titel trug »Reden von, über und mit Gott. Herausforderungen