cover.


Nachwort und Danksagung



Wie schon in Kurt 3 nehme ich auch in diesem Band sehr direkten Bezug auf die aktuelle Lage in Deutschland, Europa und der ganzen Welt, und wieder habe ich eine kleine Verschwörungstheorie um dieses Thema als Basis des Romans gestrickt. Natürlich glaube ich nicht wirklich, dass ein kleiner Zirkel von bösartigen Menschen – oder gar Göttern – hinter all dem Irrsinn steckt, der in den letzten Jahren in unserer Welt immer mehr Überhand nimmt. So etwas ist auch gar nicht nötig, es gibt genug machtgierige, menschenverachtende Figuren, die ganz ohne Strippenzieher im Hintergrund für ihre persönlichen Interessen über Leichenberge gehen.

Wovon ich jedoch überzeugt bin ist, dass diese Leute, ganz egal ob Islamisten, Nazis der verschiedensten Couleur oder sonstige hasszerfressene Fanatiker, uns als Menschheit in unserer Entwicklung weit zurückwerfen werden. Sie sind alle vom selben Schlage, und sie alle arbeiten Hand in Hand auf Misstrauen, Hass und letztlich Krieg hin. Krieg ist jedoch nicht, wie manche Zyniker behaupten, die Mutter des Fortschritts, sondern sein Totengräber. Unendlich viel Wissen, unendlich viel Kultur ist schon durch Kriege zerstört worden. Das Bisschen an sinnvoller Technologie, das zufällig bei der militärischen Forschung abgefallen ist, hätte man in der zivilen Wissenschaft genauso entdeckt – und noch viel mehr, wenn man Geld und Fähigkeiten nicht dazu verschwendet hätte, Werkzeuge für den Massenmord zu entwickeln.

Und wenn nach einem Krieg neue Kulturen erblühten, dann, weil sich einfach alles geändert hatte und die Menschen – notgedrungen – neuen Schwung entwickelten. Gerade die Angst vor Veränderungen aber führt erst zu so vielen Kriegen. Nur nichts Neues annehmen, alles beim Alten lassen, Fremdes zur Not mit Gewalt draußen halten. Ließen wir die Angst und den Krieg weg und kämen gleich mit frischem Schwung zu den Veränderungen, würde allen viel Leid erspart.


Warum ich das hier anspreche? Weil die Hassprediger aller Seiten sich immer mehr überall breitmachen und unsere Welt immer weiter in einen stinkenden Misthaufen verwandeln. Auch unser schönes Deutschland, in dem ich nun schon über vierzig Jahre gerne gelebt habe und in dem meine Kinder aufwachsen. Und wie ich Kurt im letzten Kapitel sagen lasse: Die Zukunft unserer Kinder den Brandstiftern dieser Welt zu überlassen, wäre ausgesprochen unvernünftig. Sehr, sehr vorsichtig ausgedrückt.

Die Allermeisten von uns können nur alle paar Jahre eben doch wieder versuchen, das kleinste Übel zu wählen. Ich gebe zu, bevor die aktuellen Hassprediger bei uns zweistellige Ergebnisse vorweisen konnten, als man nur zwischen den sogenannten etablierten Parteien wählen konnte, habe auch ich gesagt, das sei doch die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wenn ich mir das inzwischen so anschaue, möchte ich eher sagen: Lieber weiter den lästigen, alten Heuschnupfen behalten als sich tödliches Ebola einhandeln.

Noch können wir dem Wahnsinn zumindest in unserem eigenen Land Einhalt gebieten. Tun wir es! Für unsere Kinder.


Nun zu den Menschen, denen ich diesmal für ihre Hilfe bei der Entstehung dieses Romans danken möchte.

Vorneweg natürlich wieder meine Testleser, die sich viele Stunden mit meinem Manuskript um die Ohren geschlagen und es durch ihre Hilfe stark verbessert haben. Das sind diesmal: Susanne Eisele, Andreas Kobell, Petra Schmidt und Tina Skupin.


Außerdem danke ich dem Hotel Bayerischer Hof in München für die bereitwilligen Auskünfte über deren Schließtechnik. Ich hatte ursprünglich Schlüsselkarten genommen, erfuhr auf Anfrage jedoch, dass man dort – ich zitiere – »Transponder mit relativ massiven Anhängern, die mit dem Logo des Bayerischen Hofs geprägt sind« benutzt. Das war doch gleich für einen kleinen Lacher gut, erinnern sie sich noch an Kurts »dicke Hose«? Übrigens haben die Türen trotzdem für den Notfall noch richtige Schlösser, falls sich jemand gefragt haben sollte, wie denn dann die Eindringlinge überhaupt in Lughs Zimmer hätten kommen sollen. Ach ja, eine weitere Korrektur musste ich auch noch machen: Im Bayerischen Hof brennt die ganze Nacht das Licht. Ich hatte zuerst Bewegungsmelder eingebaut. Nun … energetisch bedenklich, möchte ich anmerken.

Einiges anderes habe ich nicht näher hinterfragt, z.B. den Schrank im Flur. Also suchen Sie nicht danach, sollten Sie mal da sein. Falls Sie sich ein Zimmer in diesem Hotel leisten können; ich kann's nicht.


Bei der Sprengung des Instituts erhielt ich sachkundige Unterstützung von einem echten Experten, einem Sprengmeister, der aber in diesen durchgedrehten Zeiten nicht namentlich genannt werden möchte. Er versuchte mir diverse wesentlich raffiniertere Anschlagsarten nahezulegen, bestätigte mir aber am Ende, dass 100 Liter Methylnitrat – im Roman nenne ich es nicht ganz korrekt, aber einfacher Myrol – durchaus die beschriebene Wirkung hätten.


Ebenfalls danke ich Meara Finnegan und einigen weiteren Mitgliedern des Tintenzirkels für den einen oder anderen Tip, zum Beispiel zum Hotelwesen.


Und natürlich danke ich wie immer auch meiner Verlegerin Charlotte Erpenbeck, die trotz teilweise massiver Verzögerungen durch mich alles daran gesetzt hat, dieses Buch noch zum geplanten Termin fertigzustellen. Ohne sie hätte Kurt sowieso nie das Licht der Welt erblickt.

Apropos Licht der Welt: Das Licht in meiner Welt heißt Pia. Die muss manchmal schon verdammt viel mit mir aushalten. Danke, mein Liebes!


Wird es einen fünften Kurt geben? Ich weiß es im Moment nicht. Zu Kurt gehört Humor, und der vergeht mir immer mehr, so schnell, wie es mit uns momentan bergab geht. Ganz davon abgesehen, dass aktuelle Bezüge einfach zu schnell diese Aktualität verlieren. Grenzten sich AfD, Pegida und NPD während der Arbeit an Band 3 offiziell noch gegeneinander ab, war kurz darauf der Schulterschluss öffentlich vollzogen. So schnell kann man kein halbwegs ordentliches Buch auf den Markt bringen, wie die Realität weiter durchdreht. Deshalb wird Kurt nun zumindest mal etwas ruhen.

Aber Sie haben es sicher bemerkt: Der Grundstein für weitere Geschichten um diese Figuren ist gelegt. Wann diese kommen? Wie sie aussehen werden? Das weiß ich selbst noch nicht.


Deshalb ist es nun wirklich mal Zeit, auch meinen Lesern zu danken. Einige von ihnen durfte ich ja schon mehrfach persönlich treffen, und ihr Lob hat wirklich verdammt gut getan. Für dieses Lob schreiben wir Autoren am Ende doch alle. Danke!


Was immer ich auch als nächstes ausbrüte, ich hoffe, sie bleiben mir treu.


Sascha Raubal

im Februar 2019




Von Sascha Raubal sind im Machandel Verlag erschienen:


Kurt – In göttlicher Mission (Oktober 2015)

Kurt 2 – Götter in Gefahr (Oktober 2017)

Kurt 3 – Nützliche Idioten (März 2018)

Kurt 4 – Teile und herrsche (März 2019)


Kurt 4

Teile und herrsche

Sascha Raubal


Urban-Fantasy-Krimi


Für alle friedliebenden Menschen.

Lassen wir uns nicht

gegeneinander

aufhetzen!


Machandel Verlag

Charlotte Erpenbeck

Coverbild: Bob Alex / www .shutterstock .com

Haselünne

1. Auflage 2019

ISBN 978-3-95959-150-8


Alle handelnden Personen dieses Romans sind frei erfunden.

Wenn auch nicht alle von mir.


Homepage des Autors mit Hintergrundinformationen:

http://Fantasy.Raubal.de


EPILOG



Happy birthday to you,

Marmelade im Schuh,

Aprikose in der Hose,

und noch Ketchup dazu!


Tommi strahlte über das ganze Gesicht, als Sonja zum Gesang der Gäste die Geburtstagstorte hereinbrachte. Seine Schwester Aminata brüllte bei dem Lied aus voller Kehle mit, und Klein Leif stand etwas wacklig daneben und beobachtete die Szene mit großen Augen.

„Na, Boss?“ Li gesellte sich zu Kurt, der im Türrahmen lehnte und die Feier verfolgte. „Am Ende ist ja nun doch noch alles gut gegangen.“

„Ja“, antwortete er erleichtert. „Ist es. Aber ich werde nie vergessen, was dieser Bastard meiner Familie antun wollte.“

„Und dabei haben wir ihn beide anfangs so nett gefunden.“

„Ich schätze, er war irgendwie wahnsinnig. Ein Psychopath. Eben noch ganz lieb und freundlich, im nächsten Moment ein eiskalter Mörder.“

„Mit etwas Glück sind wir ihn los.“

Kurt legte einen Arm um seine Assistentin und drückte sie kurz. „Hoffen wir's. Ich hab auf jeden Fall die Schnauze gestrichen voll von Irren, die meine Familie umbringen wollen. Und spätestens, wenn dieser Zirkus heute rum ist, brauche ich erst mal ganz dringend einen längeren Urlaub.“

„Den sollst du haben, Kurt. Den sollst du haben.“

Tatsächlich hatte Fikret eingewilligt, in Zukunft wirklich für die Detektei zu arbeiten. Hatte er sich zuerst auch nur im Auftrag seines Großvaters Baal-Hammon eingeschlichen, wollte er den Job nun aus eigener Entscheidung machen. Und Li war nach den Geschehnissen der letzten Tage ebenfalls einverstanden damit. Die beiden würden den Laden auch mal für zwei, drei Wochen alleine schmeißen, da war Kurt sicher.

„Li!“, krähte Tommi. „Komm her! Du sollst auch was vom Kuchen essen.“

Sie folgte dem Ruf und überließ Kurt seinen Gedanken.



Kurt Odensen war kein Mann, der schnell weinte. Nun jedoch, während er sein Zuhause, seine Familie, sein ganzes Glück betrachtete, das er schon verloren geglaubt hatte, schämte er sich seiner Tränen nicht.



ENDE



Prolog


Kurt Odensen war kein Mann, der schnell weinte. Nun jedoch mischten sich Tränen mit dem Blut am Boden seines Wohnzimmers. Blicke aus brennenden Augen wanderten ruhelos von den Scherben der Vase über die Blutflecke zum Fernseher, der weiterhin die Bilder der verwüsteten Fassade des Münchner Pantheon Instituts zeigte.

„Tja, mein Lieber!“ Die Frau mit der Waffe grinste böse. „Zu spät, würde ich sagen.“ Ihre Stimme troff vor Zynismus. „Hättest mal besser gleich tun sollen, was wir verlangen.“

Hätte er? Wäre dann alles anders gekommen? Hätte er nicht vor allem früher Verdacht schöpfen müssen? Gleich zu Anfang? Wäre dann seine Familie noch hier, die Bombe nie hochgegangen?

Er dachte zurück an den Tag, mit dem der ganze Wahnsinn begonnen hatte; den Tag des Vorstellungsgespräches, als er diesem verfluchten Kerl zum ersten Mal begegnet war; den Tag, der so normal angefangen hatte.




Donnerstag – Kapitel 1



„Morgen, Mama! Morgen, Papa Kurt!“ Tommi kam in die Küche gerannt, wo Mutter und Stiefvater gerade die letzten Reste ihres Frühstücks verzehrten.

Kurt schloss den Knirps in die Arme. „Na, du Biest? Was machst denn du schon so früh auf den Beinen? Du hast doch Ferien!“

„Papa Charly will doch heute zu Besuch kommen.“

Ach ja, der leibliche Vater von Tommi und der zwei Jahre jüngeren Aminata hatte sich ja angekündigt. Der Journalist musste in zwei Tagen auf eine längere Recherchereise in seine ehemalige Heimat Gambia fahren. Leider ausgerechnet über den zehnten Geburtstag seines Sohnes hinweg. Also wollte er wenigstens heute noch vorbeischauen, das Geschenk abliefern und mit seinen beiden Kindern Pizza essen gehen.

Sonja war das nur recht, so konnte sie einige Stunden in Ruhe mit Leif verbringen, ihrem und Kurts gemeinsamen Sohn. Der machte inzwischen die ersten freien Gehversuche und musste entsprechend mehr beaufsichtigt werden.

„Da freust du dich natürlich drauf, logisch.“ Kurt gab dem Jungen einen dicken Schmatz.

„Pizza!“, krähte der Bengel. Na, das war klar, die Pizza war wichtiger als Papa Charly.

„Und ich muss sie nicht backen, das ist das Beste daran“, bemerkte Sonja. Sie streckte die Arme aus, und Tommi lief hinein.

Da stand auch schon Ami verschlafen in der Tür. „Tommi hat mich geweckt“, beschwerte sie sich.

Kurt winkte sie heran, drückte sie ebenfalls und strich ihr über die schwarzen Wuschelhaare. „Oh je, du Arme. Hast du nicht genug Schönheitsschlaf bekommen?“

Sie knuffte ihn in die Seite. „Papa Kurt! Du bist gemein!“

Er lachte. „Ach was. Du bist hübsch genug, noch mehr Schönheitsschlaf, dann blendest du uns ja alle.“

„Und doof bist du auch.“ Sie latschte zu ihrer Mutter hinüber und ließ sich von ihr den Guten-Morgen-Kuss geben. Danach enterte sie ihren Platz am Tisch, sah sich um und fragte: „Wo ist denn das Nutella?“


Zehn Minuten später klingelte es an der Haustür. Kurts Assistentin holte ihn wie so oft für die gemeinsame Fahrt ins Büro ab.

„Ich muss dann mal los“, sagte Kurt und schnappte sich seine Jacke. Er drückte Sonja, den beiden Großen und dem kleinen Leif, der gerade wieder Gehübungen am Laufstall entlang machte, je einen Schmatz auf den Kopf. „Viel Spaß euch allen miteinander!“

„Gruß an Li“, rief Sonja ihm noch nach. „Und erinnere sie an nächsten Samstag. Tommi wäre beleidigt, wenn sie nicht kommt.“

„Und wie“, bestätigte der.

„Mach ich.“

Damit war er auch schon an der Haustür. Li, klein, zierlich und unübersehbar asiatischer Abstammung, stand einen Meter davor. „Moin, Boss!“

„Moin auch.“ Er schnappte sich noch schnell den Schlüsselbund und schloss die Tür hinter sich. „Bereit für den nächsten Kandidaten?“

Li nickte. „Schauen wir ihn uns an.“

Sie stiegen ein und fuhren gen München. Um zehn sollte der Bewerber da sein. Die Detektei bestand schon viel zu lange nur aus Li und Kurt, das reichte einfach hinten und vorne nicht. Kurt hoffte, nach den ganzen Nieten seit Fritzens Weggang endlich mal jemand Vernünftigen gefunden zu haben. Der Lebenslauf zumindest sah ziemlich gut aus.



Kapitel 2



„Na dann, Herr … Çoban“ Kurt sah den knapp dreißigjährigen Mann fragend an, der vor ihm saß. „Spreche ich den Namen richtig aus? Fikret Çoban?“

Sein Gegenüber nickte knapp. „Korrekt.“

„Fein. Sie waren also bis vor kurzem Mitglied der türkischen Polizei. Durchaus ein Pluspunkt, wenn man sich in einer Detektei bewirbt.“

Wieder ein Nicken. Ein Ausbund an Redseligkeit war der nicht.

„Und Sie haben warum genau den Dienst quittiert?“

„Spricht das gegen mich?“

Kurt schüttelte den Kopf. „Nicht prinzipiell. Ein alter Freund und ehemaliger Mitarbeiter von mir war selbst lange bei der Kripo und ist dort aus sehr guten Gründen gegangen. Ich möchte nur gerne erfahren, warum Sie diesen Beruf aufgegeben haben. Vor allem, da Sie kein Zeugnis vorweisen können.“

Çoban zögerte einen Moment, das einzige Anzeichen von Unsicherheit hinter seiner sonst absolut beherrschten Fassade. „Sie wissen, was seit dem Putschversuch in der Türkei passiert?“

Kurt lächelte schmallippig. „Das bekommt man nun wirklich ausreichend mit, wenn auch natürlich nur aus Sicht der deutschen Medien. Eine Säuberungswelle nach der anderen, und seit der Einführung des Präsidialsystems ist es noch schlimmer geworden. Haben Sie Verbindungen zur Gülen-Bewegung?“

Ein spöttischer Zug erschien um Çobans Augen. „Ich bin nicht einmal religiös. Wie Sie aus meinem Lebenslauf ersehen können, bin ich in Deutschland geboren und aufgewachsen und erst mit siebzehn Jahren mit meinen Eltern zurück in deren alte Heimat gegangen. Vater übernahm das Geschäft seiner Schwiegereltern in Ankara. Meine gesamte Familie zählt sich zu den säkularen und aufgeklärten Teilen der Bevölkerung, wir sind weder Gülen-Anhänger noch Freunde der AKP.“

„Dann ist Ihnen wohl Letzteres zum Verhängnis geworden?“, schaltete Li sich ein.

Der Blick, mit dem der Bewerber Kurts Assistentin bedachte, war schwer zu deuten. Kühl, distanziert, nicht direkt herablassend, aber ganz offenbar vollkommen unbeeindruckt davon, dass ihm hier eine bildhübsche junge Frau gegenübersaß. Die meisten männlichen Kandidaten waren durch ihre Gegenwart noch nervöser geworden als wegen des Bewerbungsgespräches selbst.

„Nein.“ Çoban seufzte leise. „In Ordnung. Dann muss ich wohl etwas weiter ausholen.“

Er sammelte sich einen Moment, bevor er weitersprach. „In der Türkei hat jeder junge Mann seine Wehrpflicht zu leisten. Es gibt da keinen Ersatzdienst wie früher in Deutschland. Ich habe meine fünfzehn Monate früh abgeleistet, kurz nach meinem zwanzigsten Geburtstag. Die Kaserne lag weit im Südosten, in Şemdinli. Vor acht Jahren wurden wir von kurdischen Terroristen überfallen, die über die Grenze aus dem Irak herübergekommen waren.“ Nun geriet seine beherrschte Miene doch etwas ins Wanken. „Ohne mich in Einzelheiten zu verlieren: Mehrere Kameraden starben direkt neben mir, ich selbst kam unverletzt davon. Sie können sich vorstellen, welche Gefühle das in einem hinterlässt.“

Das konnte Kurt nur allzu gut. „Allerdings. Ich bin als Soldat in Afghanistan von einer Bombe lebensgefährlich verletzt worden.“ Er bedeutete Çoban fortzufahren.

„Nun, das hat mich damals dazu bewogen, nicht wieder ins Geschäft meines Vaters zurückzugehen, in dem ich bis dahin gearbeitet hatte, sondern stattdessen zur Polizei. In den Jahren zuvor hatte es ja schon eine Reihe von Anschlägen gegeben, auch auf Zivilisten, und dieses sehr persönliche Erlebnis gab dann den Ausschlag. Ich wollte etwas gegen die Verbrecher tun, die meine Kameraden ermordeten und ebenso harmlose Menschen auf der Straße.“

„Das war der Grund, der Polizei beizutreten“, warf Li ein. „Aber wir wollen ja wissen, warum Sie wieder gegangen sind.“

Kurt sandte ihr einen tadelnden Blick hinüber. Sollte der Mann ruhig sein eigenes Tempo anschlagen, das ganze Bild sagte viel mehr über die Person aus, die er eventuell einstellen würde.

Çoban schwieg einige Sekunden, ehe er fortfuhr. „Ich lernte die andere Seite kennen.“ Ein kalter Blick streifte Li, bevor Çoban seine Aussage präzisierte. „Anfangs war ich überzeugt, bei der Polizei etwas Sinnvolles tun zu können, meine Mitmenschen zu schützen vor Terroristen ebenso wie vor sonstigen Verbrechern. Und die ersten Festnahmen von irgendwelchen Kleinkriminellen waren natürlich auch Erfolgserlebnisse. Ich brannte richtig darauf, endlich gegen Terrorverdächtige vorzugehen. Mein Eifer war bei den Vorgesetzten gerne gesehen, man versetzte mich zügig in die entsprechende Einheit.“

Kurt sah es dem Mann an den Augen an: Dort kam die Ernüchterung.

„Die Einsätze im Kurdengebiet waren dann allerdings ganz anders, als ich mir das gedacht hatte“, fuhr dieser fort. „Natürlich bekamen wir es mit Bewaffneten zu tun, wie ich erwartet hatte. Aber noch öfter gingen wir gegen Zivilisten vor. Wir stürmten Häuser, schlugen jeden nieder, den wir dort antrafen. Sogar Frauen und Kinder.“ Nun sah man ihm seine Gefühle doch an.

„Das war nicht das, wofür ich zur Polizei gegangen war. Mein Wunsch war, die Wehrlosen zu schützen, stattdessen fühlte ich mich manchmal kaum besser als die, die ich bekämpfen wollte. Ganz zu schweigen von den Dörfern und Städten, die von unseren eigenen Leuten in Schutt und Asche gelegt worden waren, ohne Rücksicht auf Opfer.“

Der Mann schwieg, sichtlich um Beherrschung ringend. Diesmal übte auch Li sich in Geduld. Es dauerte eine halbe Minute, dann straffte Çoban die Schultern und fuhr fort. „Ich ließ mich nach Ankara versetzen, um nicht mehr an Einsätzen teilnehmen zu müssen, die ich mit meinem Gewissen kaum vereinbaren konnte. Die offizielle Begründung war, dass es Mutter gesundheitlich schlecht ging. Zum Glück hatte ich einen verständnisvollen Vorgesetzten, der mich darin unterstützte. Das war im Mai 2016. Im Juni dann der Putsch. Wieder dachte ich, auf der richtigen Seite zu stehen. Bis die Säuberungen begannen. Ich musste mehrmals Menschen abführen, die ich seit Jahren persönlich kannte. Von denen ich wusste, dass sie nichts mit dem Putsch zu tun hatten. Sie hatten nur ein paar unvorsichtige Äußerungen gemacht oder schon früher die eine oder andere Kritik an der Regierung geübt. Das hatte gereicht. Und ich fürchte, man hat mir nur zu deutlich angemerkt, was ich davon hielt.“

Ein leises, wehmütiges Lächeln huschte über Çobans Gesicht. „Wieder hatte ich Glück mit meinem Vorgesetzten. Der Mann würde zwar nie im Leben gegen Anweisungen verstoßen oder offene Kritik üben, aber vor drei Monaten ließ er mich unerwartet zu sich kommen. Er fragte mich, ob ich meinen deutschen Pass noch besitze und ob ich womöglich Verwandtschaft in Deutschland habe. Dann schlug er mir vor, doch mal einen kleinen Besuch bei diesen Verwandten zu machen, und zwar sofort. Einige meiner Äußerungen der letzten Zeit ließen angeblich auf Überarbeitung schließen. Er hatte schon einen Urlaubsantrag für mich ausgefüllt und unterschrieben. Der Urlaub sollte am nächsten Tag beginnen. Ich verstand den Wink, packte schnell ein paar Sachen und besorgte mir ein Flugticket.“

„Gerade noch rechtzeitig, nehme ich an?“, fragte Li.

Çoban zuckte die Schultern. „Ich war kaum bei meinem Onkel und seiner Familie eingetroffen, da rief mein Vater an. Kollegen einer anderen Einheit hatten vor seiner Tür gestanden, um mich mitzunehmen.“

Kurt kratzte sich an der Nase. „Eine andere Einheit. Aber Ihr Vorgesetzter hatte Wind davon bekommen?“

„Ach, in der türkischen Polizei gibt es vermutlich ebenso viele undurchsichtige Beziehungsspielchen wie im Militär. Irgendjemand hat ihm wohl was gesteckt, und da er mich zu gut kannte, um in mir einen Verräter zu sehen …“

„Da hat er mal eben seinen Posten riskiert, eine Anklage wegen Verrat von Dienstgeheimnissen, oder wie immer das da drüben heißt, und womöglich sogar eine wegen Landesverrats?“

„Nun …“ Çoban zögerte einen Moment. „Es könnte eine Rolle gespielt haben, dass er an meiner Schwester interessiert ist. Außerdem ist sein Schwager wiederum einer seiner eigenen Vorgesetzten, der kann sicher auch eine schützende Hand über ihn halten. Wie gesagt: Beziehungen. Ich hoffe, das bleibt unter uns.“

Kurt schwieg dazu und las sich noch einmal in Ruhe den Lebenslauf des jungen Türken durch. Alles stimmte mit seiner Geschichte überein, soweit so gut, aber … Er wechselte einen Blick mit Li. Auch sie schien nicht restlos überzeugt zu sein.

„Also gut, Herr Çoban“, brach Kurt endlich sein Schweigen. „Sie scheinen mir in vielerlei Hinsicht ein geeigneter Kandidat für die Stelle zu sein. Lassen Sie uns noch einige Tage Bedenkzeit. Wir melden uns, sobald eine Entscheidung gefallen ist.“

Çoban verstand offensichtlich genau, warum Kurt im Plural sprach, das machte dessen kurzer Seitenblick zu Li klar. Der junge Mann erhob sich, reichte zuerst Kurt, dann Li die Hand, die diese Reihenfolge mit einem leicht säuerlichen Blick quittierte, und verließ nach einem kurzen Dank das Büro.


Li sah ihm noch einen Moment aus dem Fenster hinterher und wandte sich dann zu Kurt um. „Ein putziges Kerlchen. So charmant und humorvoll. Willst du ihn wirklich einstellen?“

Kurt schmunzelte. „Bist du sauer, weil er auf dich nicht so fliegt wie die meisten anderen?“, frotzelte er, wohl wissend, dass es daran nicht lag.

Sie schnaubte verächtlich. „Pah! Ich finde nur, wenn man in Deutschland aufgewachsen ist, sollte man auch die hiesigen Manieren kennen. Erst gibt man der Dame die Hand.“

„Oder dem Ranghöheren, in diesem Falle also dem Chef.“ Er deutete grinsend mit dem Daumen auf sich selbst und gab ihr einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. „Na komm, das wird doch jetzt kein Grund sein, ihn gleich rundweg abzulehnen.“

„Und seine Geschichte? Fast zu rührselig, oder? Der Mann von Ehre, der seine Mitmenschen vor dem Bösen schützen will und dann erkennt, dass die eigene Seite kaum besser ist? Die guten, verständnisvollen Vorgesetzten, die sogar ihren Hintern riskieren, um ihn zu warnen?“

„Und außerdem ein Auge auf die Schwester geworfen haben“, ergänzte Kurt. „Ja, alles in allem wirkt das schon etwas dick aufgetragen. Andererseits: Erinnere dich an Fritz! Er hat damals auch alles hingeschmissen, weil in seiner Bude zu viel Filz herrschte und er es mit seiner Ehre nicht vereinbaren konnte, dass man das Nazigesindel immer wieder hat laufen lassen. Und in den letzten zwei Jahren sind ein Haufen Türken nach Deutschland geflohen, weil man ihnen daheim irgendwas angehängt hat. Regimekritiker sind nun mal nicht gerne gesehen, ganz besonders bei Diktatoren und solchen, die es werden wollen.“

„Also glaubst du ihm?“

„Mal sehen. Ich schätze, Hermes hat genug Verbindungen, um die Geschichte zu überprüfen.“ Kurt schnappte sich das Telephon und wählte die Nummer des Pantheon Institut für Politik- und Gesellschaftsforschung. Nach wenigen Minuten legte er wieder auf. „Thor gibt alles an Hermes weiter. Sobald der was hat, kriegen wir Bescheid.“

„Ich bin gespannt.“

Er lachte. „Ach, Li! Ich weiß ja, ein Charmebolzen ist der Typ nicht, aber mit den netten Jungs sind wir bisher auch nicht weit gekommen. Wichtig ist, dass er was als Ermittler taugt.“

„Ach, sag bloß.“ Sie zog einen zweifelnden Flunsch und wechselte das Thema. „Sag mal, wann ist jetzt Tommis Geburtstagsfeier?“

Kurt spielte mit. Sie war vernünftig genug, seine Argumente anzuerkennen, es dauerte nur etwas. „Nächste Woche Samstag. Er ist immer noch total happy, dass seine Freunde dann fast alle schon wieder aus dem Urlaub zurück sind. Geburtstag in den Sommerferien ist in der Hinsicht ja auch Mist. Deshalb feiern wir halt ein paar Tage später. Aber immerhin, drei der Jungs kommen dieses Jahr zur Party. Ach, und übrigens …“ Kurt strahlte sie an, wohl wissend, wie begeistert sie gleich sein würde. „Er wünscht sich einen Kuchen von dir. Einen selbstgebackenen.“

Li starrte ihn konsterniert an. „Kuchen? Backen? Ich?“ Sie schüttelte vehement den Kopf. „Vergiss es! Ich komme gerne, mache auch Quatsch mit seinen Kumpels, aber backen? Nein. Ich kaufe von mir aus einen Kuchen. Wenn ich mich selbst am Backen versuche, kann man die gesamte Gesellschaft nachher mit Lebensmittelvergiftung ins Krankenhaus einliefern.“

Kurt prustete los. „Na, nun mach es mal nicht schlimmer, als es ist. Vergiften würdest du keinen. Aber okay, ich hab dich geleimt. Sonja backt schon genug, du brauchst einfach nur mit deiner Anwesenheit zu glänzen, dann ist der Kurze absolut glücklich.“

„Blödmann!“, maulte sie ihn an, lachte jedoch gleich darauf. „Natürlich bring ich ihm auch was mit. Aber nix Selbstgebackenes!“

„Einverstanden.“



Kapitel 3



„Michaela, Goldstück, wie geht’s dir?“ Kurt lehnte sich lässig auf den Empfangstresen.

„Wie soll's mir schon gehen, wenn du Charmeur hier auftauchst? Bestens!“ Michaela Goldhuber, seit vielen Jahren das Gesicht, das Mitarbeiter und Gäste des Pantheon Instituts als Erstes zu sehen bekamen, sobald sie das Gebäude betraten, strahlte ihn an. „Schön, dass du mal wieder reinschaust. Gibt's was Besonderes oder hast du nur Sehnsucht nach mir?“

„Beides, meine Liebe, beides. Ich muss oben ein paar Papiere abholen und nutze natürlich die Gelegenheit, dir in deine Strahleaugen zu schauen.“ Kurt genoss dieses Ritual jedes Mal, wenn er hier hereinkam. Ein Flirt auf Teufel komm raus, ein Mordsgaudi. Dabei war Michaela mindestens ebenso glücklich verheiratet wie Kurt, und das schon weitaus länger; sie hatten also die beste Basis für ungeniertes Schäkern.

„Willst du gleich nach oben, oder versüßt du mir erst noch ein bisschen den Tag?“, fragte sie mit klimpernden Wimpern.

Ehe Kurt antworten konnte, beanspruchte ein Besucher ihrer beider Aufmerksamkeit, der soeben die Empfangshalle betrat. Er schien um die fünfzig zu sein und strahlte eine ungewöhnlich starke Präsenz aus, die Kurt sofort fesselte. Etwas war besonders an diesem Mann.

Der Fremde sah sich einen Moment um und trat dann forsch, aber mit einem ausgesprochen gewinnenden Lächeln an den Tresen heran.

„Wunderschönen guten Tag, junge Frau“, begrüßte er Michaela und schenkte danach auch Kurt einen freundlichen Seitenblick. „Würden sie wohl einem Mitglied des Vorstandes melden, dass Herr Luke Denkosh ihn zu sprechen wünscht? Vorzugsweise Herrn Auki oder Herrn Gamall?“

Sichtlich von der jungen Frau geschmeichelt erwiderte Michaela das Lächeln. „Herr … Denkosh. Aha. Und sie möchten jemanden vom Vorstand sprechen.“

„So ist es.“

Sie gestattete sich einen kurzen Blick zu Kurt. Der traut sich ja was zu, sagten ihre Augen. Kurt nickte kaum merklich. Er war gespannt, was man im Olymp, wie die Chefetage inoffiziell genannt wurde, von diesem selbstsicheren Herrn halten würde.

„Nun …“, fuhr Michaela zögernd fort. „Dann können sie mir sicher auch das Anliegen nennen, mit dem sie bei den Herren Gamall und Auki vorsprechen möchten.“

Denkosh machte ein entschuldigendes Gesicht. „Leider nein. Das ist einzig für die Herren ganz oben bestimmt. Doch glauben Sie mir, wenn man dort meinen Namen hört, wird man sicherlich sofort mit mir reden wollen.“

Soso. Das war nun aber besonders interessant. Jetzt war Kurt noch viel neugieriger.

Michaela zuckte mit den Schultern. „In Ordnung. Ich muss sowieso einen weiteren Besucher melden.“ Sie setzte ihr Headset auf, griff zur Maus und klickte etwas an. Einige Sekunden lauschte sie, bis sich am anderen Ende jemand meldete.

„Herr Gamall, hier sind gleich zwei Besucher für Sie. Zum einen Herr Odensen, er will etwas abholen. Aha. Ja. Sage ich ihm. Zum anderen ist hier noch ein Herr, der entweder Sie oder Herrn Auki sprechen möchte. Sein Name ist Denkosh. Wie? Moment bitte.“ Sie wandte sich an den Fremden. „Wie war noch mal der Vorname?“

„Luke“, gab dieser zurück. „Wie Luke Skywalker, der aus dem Krieg der Sterne.“

Zum Glück schaute der Typ Michaela an und sah Kurts spöttisches Grinsen nicht.

„Luke Denkosh“, gab die Empfangsdame den Namen weiter. „Wie Luke Skywalker, nur eben Denkosh. Ja, genau.“

Jetzt musste sich Kurt dann doch ein Lachen verkneifen. Wie schaffte sie es nur, so ernst zu bleiben?

Wieder lauschte sie einige Sekunden, dann nahm sie ihr Headset ab und reichte es Kurt. „Er will mit dir reden.“ Ein Blick zu Denkosh. „Kleinen Moment bitte, ja?“

Kurt klemmte sich das Ding verwundert ans Ohr. „Kurt hier, was gibt’s?“

„Weiß ich noch nicht“, klang Wodans brummige Stimme aus dem winzigen Lautsprecher. Unter dem Namen Wotan Gamall bekleidete der vielen als Odin bekannte alte Gott den Posten des Vorstandsvorsitzenden dieser Einrichtung. „Du stehst neben dem komischen Kauz?“

„Ja.“

„Kommt er dir irgendwie seltsam vor?“

Kurt machte eine entschuldigende Geste zu Michaela und entfernte sich einige Meter von ihr und dem Fremden. „Inwiefern?“, fragte er leise.

„Könnte er einer von uns sein?“

Oha. „Möglich. Ausstrahlung hat er, und Selbstsicherheit en masse. Soll ich ihn mit der Gedankenfessel checken?“

„Nein“, wehrte Wodan sofort ab. „Ich will es nicht so offensichtlich machen. Timo ist im Haus, der kann das viel besser übernehmen. Bring den Typ mal in Besprechungsraum A-2, ich schicke Timo unter irgendeinem Vorwand rein. Er wird dir dann schon unauffällig mitteilen können, ob das ein Gott ist.“

„Mach ich. Also sagt der Name dir was?“

„Ist zumindest interessant. Luke könnte man auch als Lugh, den Keltengott verstehen, und 'den kosh' heißt auf Bretonisch 'Alter Mann'. Bretonisch ist eine der wenigen verbliebenen Sprachen mit keltischen Wurzeln.“

„Ihr seid ja alles so was von phantasievoll bei euren Namen“, witzelte Kurt, wohl wissend, dass sein Humor an den Alten ziemlich verschwendet war. „Ich bring ihn in A-2. Was soll ich ihm sagen?“

„Dass ich dich drum gebeten habe, ihm ein paar Minuten Gesellschaft zu leisten.“

„Alles klar.“ Kurt kehrte zu Michaela zurück, überreichte ihr das Gerät und wandte sich an den vermeintlichen Keltengott. „Herr Denkosh, wären Sie wohl so freundlich mir zu folgen?“

„Sie bringen mich zu Herrn Gamall?“

Kurt schüttelte den Kopf. „Nicht sofort. Er hat mich gebeten, Ihnen ein paar Minuten Gesellschaft zu leisten, bis sich jemand ausführlich um Sie kümmern kann.“

„Sind Sie von der Security?“

Er machte eine gleichermaßen abwehrende wie beruhigende Handbewegung. „Nein, nein, keine Sorge, ich soll mich wirklich nur für ein paar Minuten um Sie kümmern, nichts weiter.“

Allzu besorgt sah der Fremde auch nicht aus. „In Ordnung. Gehen Sie voraus!“

Kurt führte Denkosh in den von Wodan genannten Besprechungsraum und bot ihm einen Stuhl an. „Wasser? Saft?“

„Nichts, danke.“

Dann eben nicht. Kurt setzte sich dem Besucher gegenüber und musterte ihn einen Moment. Die ehemals dunklen Haare im Ergrauen begriffen, aber gerade so, dass es auf viele Frauen besonders interessant wirkte, in einem für das Alter nicht übertrieben sportlichen Schnitt. Die Kleidung lässig aber geschmackvoll, weder betont nobel noch Billigware. Etwas kleiner als Kurt, knapp einen Meter achtzig, mit recht athletischer Figur. Bei weitem nicht so breit wie Thor, Wodan oder auch Kurt selbst, eher in Richtung Hermes.

Denkosh merkte wohl, dass Kurt ihn unter die Lupe nahm, und schaute fragend. Kurt lächelte beruhigend. „Ich denke, es wird nicht lange dauern. Anscheinend sind die Herren dort oben noch in einer kleinen Besprechung, und man wollte Sie nicht so lange am Empfang herumstehen lassen.“

„Ach, in so hübscher Gesellschaft stehe ich gerne herum“, gab Denkosh zurück, um dann schnell hinzuzufügen: „Also, nicht, dass mir Ihre Gesellschaft unangenehm wäre!“

Kurt lachte. „Aber ich bin bei weitem nicht so hübsch. Da bin ich ganz Ihrer Meinung.“

„Dann bin ich ja beruhigt, Herr …“

„Odensen.“ Kurt sah keinen Grund für Geheimniskrämerei, und Michaela hatte seinen Namen sowieso schon am Telephon genannt. „Ich bin ein alter Bekannter von Herrn Gamall und arbeite gelegentlich fürs Institut. Da ich gerade so praktisch herumstand …“

„Schon klar.“ Denkosh hatte ein ausgesprochen sympathisches, offenes Lachen. „Odensen, soso. Eventuell sogar mehr als ein Bekannter, könnte man meinen.“

Ehe Kurt fragen konnte, was der Mann damit meinte, öffnete sich die Tür, und ein etwas dicklicher Typ mit langen Haaren und Vollbart stürmte herein. Wie angewurzelt blieb der Störenfried stehen, als er sah, dass der Raum besetzt war.

„Ach Gott, Entschuldigung!“, platzte es aus dem Langhaarigen heraus. „Ich wusste nicht, dass hier jemand ist.“ Er wandte sich zum Gehen, drehte sich dann erneut zu ihnen um. „Ich … ich brauche eigentlich nur kurz das Beamerkabel, danach bin ich gleich wieder weg. Darf ich …?“

Kurt winkte ihm lässig zu. „Schon gut, kein Thema. Holen Sie das Ding!“

Der Kabelsucher nickte kurz, rauschte zu einem Schränkchen und riss die Türen auf. „Ach Gott, ach Gott, was ein Kabelsalat! Wo ist das Ding denn nur?“ Sein Kopf steckte inzwischen tief in dem Kasten. Nach einigen weiteren gemurmelten Worten tauchte er wieder auf und schwenkte das gesuchte Utensil. „Gott sei Dank, da hab ich's.“ Er eilte zur Tür, trällerte noch ein „Dankeschön“ und entschwand.

Denkosh sah ihm nach und brach in prustendes Gelächter aus. Einen Moment später fiel Kurt mit ein.

„Herrlich, der Mann“, japste Denkosh nach einer Weile und ahmte den Kabelsucher nach: „Ach Gott, ach Gott!“

Ja, Timo war schon eine Marke für sich. Kurts Schwager brachte die Leute gerne zum Lachen, aber hatte er es diesmal nicht etwas übertrieben?

„Wenn er noch einmal Gott gesagt hätte“, fuhr Denkosh fort, „hätte ich ihn aufgefordert, auf der Stelle einen Altar für mich zu errichten.“

Kurts Lachen endete abrupt. „Wie bitte?“

Luke Denkosh lächelte ihn verschmitzt an. „Der Mann mag ja eine ganz bemerkenswerte Fähigkeit haben, wenn er auf einen Blick sehen kann, was ich bin. Aber als Schauspieler ist er vollkommen untalentiert. Sein ständiges Ach Gott war etwa so unauffällig wie ein Muezzinruf von einem Kirchturm. Habe ich den Test jetzt bestanden und darf nach oben zu Odin, Thor und den anderen?“



Kapitel 4



„Lugh!“ Thor legte dem anderen die Hände auf die Schultern. „Bist du's wirklich, alter Gauner?“

„Natürlich bin ich's“, gab der Kelte lachend zurück. „Thor wie er leibt und lebt! Ich freue mich, dich zu sehen.“

Kurt stand schmunzelnd daneben, während sich die beiden alten Götter nach offenbar sehr langer Zeit über ihr Wiedersehen freuten. Er griff sich derweil die Mappe, die Thor bei seinem Eintreffen einfach nur auf den Tisch geworfen hatte, und sah den Donnergott fragend an.

Der drückte Lugh noch einmal kurz und wandte sich dann an seinen wesentlich jüngeren Freund. „Das Dossier, das du haben wolltest. Hermes sagt, der Mann ist sauber. War wohl ganz leicht und schnell rauszufinden.“

Da war was dran. Vom frühen Vor- bis zum späten Nachmittag ein komplettes Dossier über Çoban anzufertigen, war mehr als flott. Kurt warf nur einen kurzen Blick hinein und legte die Papiere dann wieder beiseite. Er würde sie sich abends daheim genauer ansehen.

„Warum habt ihr mich denn so lange warten lassen?“, fragte Lugh und ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken. „Ich hab euch schon auf der Straße gespürt; ihr hättet doch merken müssen, dass einer von uns kommt.“ Dass sie nach wie vor im Besprechungsraum waren und nicht etwa hinauf in die Chefetage fuhren, musste ihn mindestens ebenso wundern, dazu jedoch sagte er nichts.

Thor setzte sich neben ihn. „Meinst du? Wir sind da oben immer zu mehreren, der eine kommt, der andere geht, es ist für uns inzwischen wieder völlig normal, dass sich was an der Zahl der anwesenden Götter ändert. Und in dem ganzen Wirrwarr ist es auch schwer, die kleinen Unterschiede festzustellen, an denen wir uns früher noch sehr gut erkannt haben. Vergiss nicht, damals waren wir um einiges stärker, da war das alles wesentlich einfacher. Jetzt, so aus der Nähe, merke ich eindeutig, dass du es bist, aber da oben?“

„So viele von uns halten sich hier auf?“

Kurt kannte Thor gut genug, um einen Rest von Misstrauen in seiner Haltung zu erkennen. „Ach, je nach dem. So viele sind wir ja nun auch nicht mehr.“

Eine kurze, unangenehme Pause entstand. „Seit den Morden an Belenus und einigen anderen noch weniger“, führte Lugh den Gedanken schließlich leise zu Ende.

Die Hochstimmung der Wiedersehensfreude war damit fühlbar erloschen. Kurt konnte sich vorstellen, dass gerade Belenus' Tod Lugh besonders hart getroffen hatte, stammten sie doch beide aus demselben Pantheon, waren quasi direkte Brüder. Auch, wenn die Götter, mit denen er zu tun hatte, einander sowieso allesamt als Geschwister betrachteten. Immerhin waren sie alle im Geiste ihrer Gläubigen geboren worden, Kinder der Menschheit, von der sie umgekehrt als Schöpfer verehrt worden waren – und teils immer noch wurden.

Nach einigen Augenblicken brach der Detektiv das beklommene Schweigen. „Das haben wir ja nun zum Glück hinter uns. Diese Bande hat sich seit damals nicht mehr bemerkbar gemacht.“

Thor brummte zustimmend, während Lugh aufseufzte. „Ja, wenigstens das. Und ihr habt danach also dieses Institut hier gegründet, ja?“

„Haben wir.“ Thor war sichtlich froh, nicht weiter über die Mordserie sprechen zu müssen. „Da ja offenbar sowieso schon genug Leute wussten, dass wir uns noch auf der Erde rumtreiben, sahen wir keinen Grund mehr, uns weiter so extrem unauffällig zu verhalten. Klar hängen wir nicht an die große Glocke, dass der Vorstand aus Göttern besteht. Aber wir versuchen mit unserem Institut halt doch, wieder ein bisschen im Lauf der Welt mitzumischen und ein paar der schlimmsten Auswüchse einzudämmen. Grad Jahwe ist da ja ganz übel dran. Was in seinem Namen alles für Sauereien passieren, das geht auf keine Kuhhaut mehr. Aber so viel besser haben’s die Devas auch nicht, die fanatischen Hindus sind ja auch eine Plage.“

„Jahwe …“ Lughs Gesicht verriet, dass er keine sonderlich große Sympathie für diesen speziellen Verwandten hegte. „Ich habe läuten hören, dass er gar nicht dafür verantwortlich war, was seine Anhänger uns angetan haben. Stimmt das?“

„Allerdings. Er war schon von seinen eigenen Leuten ausgebootet worden, lange, bevor unsere Probleme mit ihnen begannen. Ich werde dir die Geschichte mal bei Gelegenheit erzählen.“

Lugh schaute erwartungsvoll. „Das hat Zeit. Jetzt freue ich mich erst mal drauf, all die anderen wiederzusehen. Odin ist ja da, das habe ich schon mitbekommen. Wer noch?“

Kurts Eindruck von vorhin bestätigte sich: Thor war zurückhaltend, seine Miene verschloss sich ein wenig. „Ähm … das wird heute noch nichts.“

„Was?“, fragte Lugh irritiert. „Wieso das denn?“

Der Germanengott zögerte einen Moment mit der Erklärung. „Weil wir nach einigen Ereignissen der letzten Zeit wachsam sein müssen.“ Ehe der andere seiner Enttäuschung Luft machen konnte, fuhr Thor fort. „Bitte nimm das jetzt nicht persönlich, aber es gibt gute Gründe, warum wir nicht jeden mit offenen Armen empfangen können, der zu uns hereinschneit. Wir müssen erst einiges überprüfen.“

Die folgende Stille war eisig.

„Du meinst, ihr müsst mich überprüfen“, präzisierte Lugh schließlich.

„Ja.“ Thor erhob sich. „Wie gesagt, nimm es nicht persönlich! Das hat nichts mit dir im Speziellen zu tun. Dieselbe Antwort würde absolut jeder Gott bekommen, wenn er so plötzlich hier auftaucht – und jede Göttin.“

„Ich verstehe“, kam es weiterhin eingeschnappt zurück. „Plötzlich auftauchen. Ja. Na schön. Ist ja nicht so, dass ihr vor ein paar Jahren einen Rundruf gemacht hättet, man soll sich euch doch anschließen.“

Thor legte seinem Götterkollegen besänftigend die großen Pranken auf die Schultern. „Du hast ja recht. Und ich versteh dich auch. Aber in diesen paar Jahren ist einiges passiert, von dem wir damals noch nichts wissen konnten. Nun sei nicht sauer! Gib uns ein paar Tage, dann ist alles geklärt. Okay?“

Auch Lugh stand nun auf und rang sich ein Lächeln ab. „Na schön. Was sind schon ein paar Tage, nachdem wir uns Jahrhunderte nicht gesehen haben?“

„Eben, meine ich doch auch.“ Thor drückte den Kelten nochmals kurz. „Auf jeden Fall freue ich mich riesig, dass du wohlauf bist. Wir hatten ja keine Ahnung, ob von euch noch jemand am Leben ist. Apropos: Weißt du noch von anderen?“

Lughs Kopfschütteln wirkte ziemlich traurig. „Nein, leider nicht. Auch Belenus hatte ich lange nicht mehr gesehen, und dann kam irgendwann die Nachricht von seinem Tod. Ich habe keinerlei Informationen, ob sonst noch jemand von uns in der Welt unterwegs ist.“

„Tja, schade.“ Thor stand einen Moment unschlüssig herum, gab sich dann einen Ruck. „Na komm, ich bring dich noch raus. Du hast doch sicher eine Nummer, unter der wir dich erreichen können, oder?“ Während er Lugh aus dem Raum dirigierte, bedeutete er Kurt, noch einen Augenblick zu warten. Als der Donnergott Minuten später wieder erschien, hielt er eine Visitenkarte in der Hand. Er trat an den Tisch, schnappte sich einen der bereitliegenden Blöcke und schrieb die Daten ab. Dann wandte er sich an Kurt.

„Nimm mal!“

Kurt nahm das Kärtchen entgegen. „Soll ich ihn checken?“

Thor winkte ab. „Nein, das übernehmen Hermes und Bastet, die haben wesentlich mehr Möglichkeiten als du. Ich schätze, Lugh wird sich in den letzten Jahren nicht ausgerechnet hier in der Gegend aufgehalten haben, sonst hätte er sich doch schon viel früher gemeldet.“

„Was dann?“

„Wäre schön, wenn du und Li ihn etwas im Auge behalten könntet. Einfach nur um zu sehen, mit wem er so Kontakt hat. Falls überhaupt. Passt das bei euch grad zeitlich?“

Es passte, den letzten laufenden Fall hatten sie vor einer Woche abgeschlossen, und ein neuer Auftrag war noch nicht in Sicht. Da kam so eine kleine Observierung gerade recht. Vor allem, da das Institut immer gut und verlässlich zahlte. Ein Problem gab es aber doch. „Dir ist schon klar, dass für uns zwei Hansel eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung schwierig wird? Das bedeutet Schichten von zwölf Stunden, da wird man irgendwann unaufmerksam.“

„Rund um die Uhr muss es meiner Ansicht nach auch nicht sein. Wenn er ins Bettchen geht, könnt ihr das auch. Ich möchte nur ungefähr wissen, wo er sich so überall rumtreibt. Zusätzlich zu unseren eigenen Nachforschungen.“

Kurt zuckte die Schultern. „Na schön, wenn dir das langt, soll’s mir recht sein.“

„Fein“, freute sich Thor. „Auf der Rückseite hat er sein Hotel und die Zimmernummer notiert.“

„Dann sollte ich mich mal auf die Ringelsöckchen machen, bevor er ganz verschwunden ist.“

„Tu das.“

Kurt schielte nach draußen. In der Empfangshalle war Lugh zumindest nicht mehr zu sehen. Michaela entdeckte ihn und winkte. Er erwiderte die Geste und eilte zum Ausgang. Wohin war Lugh wohl gegangen?

„Zur U-Bahn“, rief Michaela.

„Du bist eben mein Goldstück“, antwortete er lachend, verließ das Gebäude und lief in die angegebene Richtung. Ah ja, da vorne, das war doch der Kelte. Na schön. Kurt hielt gerade so viel Abstand, dass er den Gott nicht aus den Augen verlor, und rief derweil daheim an. Sonja würde begeistert sein. Der Feierabend war somit dahin, und wenn Hermes nicht schnell arbeitete, auch das Wochenende. Oh, und Li war auch noch mit der Nachricht zu beglücken, dass eine kleine Observierung anstand.



Kapitel 5



Irgendwie hatte Lugh sich das doch etwas einfacher vorgestellt. Was waren Thor und die anderen denn gar so misstrauisch? Na schön, dass dieser Odensen ihm erst einmal ein wenig auf den Zahn fühlte, war ja in Ordnung, aber nun wussten sie doch alle, wer er war! Man hätte ihn zumindest zu Odin hinauflassen können, statt ihn nur in einem Besprechungsraum abzufrühstücken. Ärgerlich.

Nun ja, das war nicht zu ändern. War trotzdem nett gewesen, den alten Thor wiederzusehen. Und wenn sie demnächst alles überprüft und ihn als vertrauenswürdig eingestuft hatten, würde sich der Rest auch noch geben.

Jetzt war erst einmal ein kleiner Stadtbummel angesagt, und dann würde er wohl etwas früher zu Bett gehen. Er nahm die U-Bahn zum Marienplatz und besah sich die Gebäude dort. Als er das letzte Mal in München gewesen war, hatte alles ein wenig anders ausgesehen. Wann war das noch gleich? Schon im neunzehnten Jahrhundert oder noch im achtzehnten? Ach, wie doch die Zeit verging!

Da gab es aber leckere Sachen an diesen Ständen. Die deutsche Küche hatte ihm schon damals zugesagt. Viel näher an den deftigen Speisen seiner großen Zeit als das, was man nun in weiten Teilen Frankreichs servierte. Und England … nun ja, er dachte lieber nicht darüber nach. Obwohl … Pizza? Crêpes? Eigentlich gar nicht so deutsch. Egal, für den kleinen Hunger zwischendurch nicht schlecht, und später würde er sich um was Ordentliches kümmern.


Dieses Ordentliche fand er dann auch in einem Lokal mit dem vielversprechenden Namen Haxnbauer. Oh, wie das duftete! Da drehten sich die Schweinshaxen am Grill und lockten ihn verführerisch. Er nahm Platz und sah sich die Speisekarte durch. Eine halbe Haxe? Ach, naja, nach den kleinen Zwischenmahlzeiten vorhin reichte das doch eigentlich. Dazu Kartoffelknödel. Tja, die hatte es seinerzeit noch nicht gegeben, aber so war das mit der Globalisierung: amerikanische Knollen als bayrisches Traditionsgericht. Er lächelte versonnen. Dazu ein Weißbier? Och, wenn man schon im Heimatland der besten Biere der Welt war …


Als Lugh die Wirtschaft wieder verließ, sah er sich unauffällig um. Ach, da schau her. Da stand doch jemand Großes, Breites in einem Hauseingang und studierte konzentriert einen altmodischen Stadtplan aus Papier. Na sowas …

Er ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Es war ja zu erwarten gewesen, dass man ihn beschattete. Mal sehen, wie zäh der Bursche war. Lugh schlenderte in aller Gemütsruhe in Richtung seines Hotels. Der Bayerische Hof war eines der teuersten Etablissements in München, aber das scherte ihn wenig. Als Gott sollte man doch wenigstens einigermaßen standesgemäß residieren. Leisten konnte er es sich allemal, nach Jahrhunderten, in denen er beträchtliche Vermögen auf sämtlichen Kontinenten angesammelt hatte.

Er betrat die überwiegend in warmen, goldenen Tönen gehaltene Lobby. Am Empfang saß eine entzückende junge Dame in der schnieken Uniform des Hotelpersonals. Er schenkte ihr sein strahlendstes Lächeln. „Guten Abend, junge Frau.“