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Prof. Dr. Rudi Zagst, Michael Huber

FIT FÜR DIE GELDANLAGE

Chancen ergreifen und Risiken vermeiden

Prof. Dr. Rudi Zagst, Michael Huber

FIT FÜR DIE GELDANLAGE

Chancen ergreifen und Risiken vermeiden

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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1. Auflage 2020

© 2020 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

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Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer

Umschlagabbildung: Sau: shutterstock.com/Romolo Tavini, Anzug: shutterstock.com/Jiffy Avril, Spielfeld: shutterstock.com/Puwadol Jaturawutthichai

Layout und Satz: Carsten Klein, Torgau

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-95972-307-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-554-5

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-555-2

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

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Inhalt

Vorwort

Einführung

Kapitel 1: Fit für Anlageklassen

1.1. Fit für Aktien

1.1.1 Allgemeine Funktionsweise

1.1.2 Ausgestaltungsformen

1.1.3 Investieren in Aktien

1.2 Fit für Anleihen

1.2.1 Allgemeine Funktionsweise

1.2.2 Ausgestaltungsformen

1.2.3 Investieren in Anleihen

1.3 Fit für Immobilien

1.3.1 Allgemeine Grundlagen

1.3.2 Ausgestaltungsformen

1.3.3 Investieren in Immobilien

1.4 Dr. Quant

1.4.1 Einführung

1.4.2 Effektivverzinsung

Kapitel 2: Fit für einfache Portfolios

2.1 Fit für Diversifikation

2.2 Fit für Indizes

2.2.1 Aktienindizes

2.2.2 Rentenindizes

2.2.3 Immobilienindizes

2.2.4 Alternative Gewichtungsmethoden

2.3 Fit für Fonds

2.3.1 Allgemeine Funktionsweise von Fonds

2.3.2 Kosten

2.3.3 Ausgestaltungsformen

2.3.4 Anlageschwerpunkte

2.3.5 ETFs

2.4 Dr. Quant: Diversifikationseffekt bei zwei Wertpapieren

Kapitel 3: Fit für Derivate

3.1 Fit für Forwards und Futures

3.1.1 Forwards

3.1.2 Futures

3.2 Fit für Optionen

3.3 Dr. Quant: Bewertung von Optionen

3.3.1 Fit für Black-Scholes-Merton

3.3.2 Fit für Greeks

Kapitel 4: Fit für Zertifikate

4.1 Grundsätzliche Funktionsweise

4.1.1 Lineare Zertifikate

4.1.2 Garantiezertifikate

4.1.3 Discountzertifikate und Aktienanleihen

4.1.4 Expresszertifikate

4.2 Dr. Quant: Renditeverteilungen

Kapitel 5: Fit für strategische Portfolios

5.1 Erfolgsmessung

5.2 Portfoliozusammenstellung

5.2.1 Risikoeinstellung des Anlegers

5.2.2 Grundsätzliche Portfoliostruktur

5.2.3 Ausgewählte Beispielportfolios

5.3 Dr. Quant

5.3.1 Mean-Variance (MV) und robuste MV-Portfolio-Optimierung

5.3.2 Berechnung von Z-Omega

5.3.3 Berechnungen der vorgestellten Portfolios

5.4 Portfolioeigenschaften

Schlusswort

Anhang

Verteilungsfunktion der Standard-Normalverteilung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Glossar

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Vorwort

Geldanlage ist für viele ein leidiges Thema. Der Grund dafür ist häufig fehlendes Fachwissen, gepaart mit einem hohen Maß an Skepsis gegenüber Banken und Anlageberatern. Im Ergebnis ist ein großer Teil des Vermögens auf Tagesgeldkonten geparkt und liefert eine sehr geringe Rendite.

Dieses Buch soll dazu beitragen, ein besseres Verständnis für das Thema Geldanlage zu schaffen. Schritt für Schritt werden zahlreiche Finanzinstrumente erklärt und von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Ziel ist es, die Chancen und Risiken verschiedener Anlageformen aufzuzeigen und ihren Einfluss auf das Anlageportfolio zu beschreiben.

Am Ende werden beispielhaft einige Anlageportfolios vorgeschlagen. Die Zusammenstellung eines solchen Portfolios sollte in der Praxis jedoch stets in Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Anlageberater erfolgen. Im offenen Dialog kann die Kapitalanlage so entsprechend den persönlichen Bedürfnissen ausgerichtet werden.

Einführung

Im Folgenden wird Schritt für Schritt ein solides Grundwissen im Bereich der privaten Geldanlage vermittelt, welches Anlegern dabei helfen soll, ein für sie passendes, ausgewogenes Anlageportfolio zusammenzustellen.

In Kapitel 1 werden mit Aktien, Renten und Immobilien zunächst klassische Anlageklassen getrennt voneinander betrachtet. Sie stellen die wichtigsten Bestandteile der privaten Geldanlage dar und dienen als Grundbausteine für Anlageformen wie Fonds oder Zertifikate.

Kapitel 2 zeigt anschließend, welchen Mehrwert eine Kombination der vorgestellten Anlageklassen in einem Anlageportfolio hat und wie einfache Portfolios in der Praxis durch Fonds und Indizes umgesetzt werden.

Während die Kapitel 1 und 2 Möglichkeiten der direkten Investition in eine bestimmte Anlageklasse beschreiben, werden in Kapitel 3 mit Forwards, Futures und Optionen Wege des indirekten Investments aufgezeigt.

Kapitel 4 umfasst eine Beschreibung der wichtigsten Formen von Zertifikaten. Die jeweilige Funktionsweise wird anhand konkreter Beispiele veranschaulicht. Die Ausführungen beschränken sich dabei bewusst auf einige wenige Standardprodukte, um die Übersichtlichkeit nicht zu gefährden.

In Kapitel 5 werden aufbauend auf den vorhergehenden Kapiteln mögliche Portfoliostrukturen für unterschiedliche Anleger vorgestellt. Zusätzlich wird eine Methode beschrieben, mit deren Hilfe es möglich ist, den Erfolg eines Portfolios entsprechend dem individuellen Anlageziel zu messen.

Ergänzt werden die einzelnen Kapitel jeweils um einen mathematischen Teil, der grau hinterlegt ist. Die mathematischen Teile sind zum Verständnis dieses Buchs nicht zwingend notwendig. Sie sollen versierten Lesern mit mathematischen Vorkenntnissen dazu dienen, ein tiefergehendes Verständnis der Materie zu erlangen.

Um den Zusammenhang der einzelnen Kapitel besser zu verdeutlichen, wird ihre Abfolge durch die Geschichte des angehenden Fußballmanagers Bruno untermalt. So wie ein Anleger ein ausgewogenes Portfolio zusammenstellen möchte, will Bruno eine erfolgreiche Fußballmannschaft aufbauen. Bruno stehen bei seinen Entscheidungen zwei Spezialisten zur Seite: der Trainer Mr. Drill und die Spieltheoretikerin Dr. Quant. Während Mr. Drill wichtige Tipps, Einschränkungen oder Hinweise nochmals explizit hervorhebt und damit leichter auffindbar macht, vermittelt Dr. Quant theoretisches, mathematisch fundiertes Wissen. Abbildung 1 zeigt die drei Akteure im Überblick.

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Abbildung 1: Überblick über die Akteure

Ziel dieses Buchs ist es, Anleger »fit für die Geldanlage« zu machen und ihnen dafür ein grundsätzliches Verständnis zu vermitteln. Dieses anhand ausgewählter Beispiele erlangte Wissen lässt sich dann auf die gesamte Vielfalt der Anlageprodukte anwenden, die am Markt erhältlich sind. Es ist zu beachten, dass alle Betrachtungen vor Steuern erfolgen. Auch auf die Berücksichtigung fremder Währungen wurde verzichtet.

Kapitel 1

Fit für Anlageklassen

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Bruno steht am Beginn seines Vorhabens, zum Manager seiner eigenen erfolgreichen Fußballmannschaft zu werden. Nachdem er bereits einen Trainer und einen Spieltheoretiker eingestellt hat, macht er sich nun mit ihrer Hilfe daran, die richtigen Spieler für sein Team zu finden. Dabei ist es Bruno wichtig, den Sturm, das Mittelfeld und die Abwehr jeweils mit Spielern zu besetzen, die auf diese Positionen spezialisiert sind.

Der Leser befindet sich in einer ähnlichen Situation wie Bruno. Auch er möchte ein erfolgreiches Team (Portfolio) aus Anlagealternativen zusammenstellen und es anschließend managen. In diesem Kapitel werden mit Aktien, Anleihen und Immobilien die wichtigsten Grundbausteine der privaten Geldanlage vorgestellt.

Der erste Schritt in Brunos Teamzusammenstellung besteht in der Auswahl des Torwarts. Dieser muss immer dann einspringen, wenn alle anderen Mitspieler vor ihm versagt haben und der Ball dem eigenen Tor bedrohlich nahekommt. Der Torwart muss deshalb hundertprozentig zuverlässig sein. Innerhalb der Anlagestrategie eines Investors wird die Position des Torwarts von Spareinnlagen übernommen, die in einem ersten Exkurs beschrieben sind.1

 

1.1. Fit für Aktien

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Bei der Auswahl seiner Feldspieler möchte Bruno gleich zu Beginn die Positionen im Sturm besetzen. Bruno ist überzeugt: Weil Stürmer oft spektakuläre Tore erzielen, haben sie den größten Anteil am Ausgang eines Spiels. Dr. Quant weist Bruno darauf hin, dass Stürmer aufgrund ihrer großen Popularität manchmal nur zu völlig überhöhten Preisen zu haben sind. Bruno solle sich deshalb auf Spieler konzentrieren, deren Potenzial noch nicht voll entwickelt ist.

Innerhalb der Investitionsstrategie eines Anlegers nehmen Aktien die Position der Stürmer ein und sorgen für lukrative Renditen. In Deutschland sind börsennotierte Aktien mit einem Anteil von ca. 5 % am Gesamtvermögen privater Haushalte deutlich unterrepräsentiert.4 Die geringe Beliebtheit von Aktien könnte sich daraus erklären, dass viele Anleger nur wenig Erfahrung auf dem Gebiet der Aktienanlage haben. Das folgende Kapitel soll ein solides Grundverständnis für diese Anlageklasse schaffen und Sie damit fit für Aktien machen.

1.1.1 Allgemeine Funktionsweise

Aktien sind Teilhaberpapiere, die Anteile an einem Unternehmen verbriefen.5 Der Kauf einer Aktie macht einen Anleger zu einem Aktionär. Er ist damit Miteigentümer eines Unternehmens und an dessen Erfolgen beziehungsweise Misserfolgen beteiligt. Bietet ein Unternehmen Aktien zum Verkauf an, kann das im Wesentlichen aus zwei unterschiedlichen Motivationen heraus geschehen. Entweder möchten die bisherigen Besitzer ihre Unternehmensanteile und damit auch ihr unternehmerisches Risiko reduzieren oder das Unternehmen benötigt neues Kapital, um zukünftiges Wachstum zu ermöglichen.6 Abbildung 2 veranschaulicht die Funktionsweise von Aktien in vereinfachter Form. Die Position der bisherigen Besitzer bleibt hierbei unberücksichtigt.

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Abbildung 2: Prinzipielle Funktionsweise von Aktien

In Deutschland gibt es zwei Unternehmensarten, die Aktien ausgeben: die Aktiengesellschaft (AG) und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA).7 Da KGaAs für Privatanleger in der Regel keine Rolle spielen, werden sich die folgenden Überlegungen auf von Aktiengesellschaften ausgegebene Aktien beschränken.

Als Miteigentümer des Unternehmens sind Aktionäre durch das Aktiengesetz (AktG) mit bestimmten Rechten ausgestattet. Diese lassen sich in Mitgliedschaftsrechte und Vermögensrechte unterteilen.

Mitgliedschaftsrechte

Zu den Mitgliedschaftsrechten eines Aktionärs gehören alle Rechte, die in Verbindung mit der Hauptversammlung stehen. Neben dem Recht, an Hauptversammlungen teilzunehmen, ist insbesondere das Stimmrecht zu nennen. Dieses Recht ermöglicht es einem Aktionär, die Entscheidungen der Hauptversammlung bei Abstimmungen zu beeinflussen. In der Regel entfällt dabei auf jede Aktie eine Stimme.9

Um den effektiven Einsatz des Stimmrechts zu ermöglichen, besteht außerdem ein Auskunftsrecht bezüglich der Tagesordnungspunkte, die auf der Hauptversammlung angesprochen werden. Auch haben Aktionäre ein Anfechtungsrecht bei Verdacht auf nicht ordnungsgemäß durchgeführte Abstimmungen.10

Hinweis Mr. Drill

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Hat ein Privatanleger nicht die nötige Zeit bzw. Lust, seine Mitgliedschaftsrechte bei Hauptversammlungen auszuüben, kann er diese Rechte entweder einer Bank oder einer Aktionärsvereinigung übertragen, die dann auf der Hauptversammlung seine Interessen vertritt.

Vermögensrechte

Zu den Vermögensrechten zählen alle Rechte, die die finanzielle Stellung eines Aktionärs beeinflussen. Eine besonders wichtige Rolle kommt dabei dem Mitbestimmungsrecht bei der Gewinnverwendung zu. So wird von der Hauptversammlung entschieden, welcher Anteil des Unternehmensgewinns wieder in das Unternehmen investiert wird und wie viel in Form einer Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird.11

Möchte eine AG neue Aktien ausgeben, ändert dies die Anteile der Altaktionäre am Unternehmen und verwässert ihr Mitbestimmungsrecht, was zu Kursrückgängen der Aktien führen kann. Um Altaktionäre davor zu schützen, sind sie mit einem Bezugsrecht ausgestattet, bei dem es sich um ein Vorkaufsrecht auf neu ausgegebene Aktien handelt.12

Im Falle der Auflösung einer AG steht den Aktionären schließlich ein Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös (Auflösungswert) zu, nachdem die Forderungen sämtlicher Gläubiger erfüllt sind.13

Der Handel von Aktien erfolgt in der Regel über die Börse. Ist eine Aktiengesellschaft nicht börsennotiert, sind also ihre Aktien nicht zum Börsenhandel zugelassen, findet der Handel direkt zwischen den beteiligten Parteien statt. Nicht börsengehandelte Aktien sind für Privatanleger meist schwer zu erwerben beziehungsweise zu veräußern, deshalb spielen sie bei den folgenden Erläuterungen keine Rolle.

Der Erwerb von Aktien über die Börse hat in der Regel keine finanziellen Auswirkungen auf das jeweilige Unternehmen. Es erhält lediglich dann Zahlungen, wenn es sich entschließt, neue Aktien auszugeben oder Aktien aus dem eigenen Bestand zu veräußern.

Preis

Aktienkurse bilden sich gemäß dem aktuellen Angebot und der aktuellen Nachfrage. Prinzipiell sollten sie den heutigen Wert aller zukünftigen Gewinne eines Unternehmens darstellen. Die über ein Geschäftsjahr anfallenden Unternehmensgewinne werden laufend in den Aktienkurs eingerechnet. Bei der Ausschüttung von Gewinnen in Form von Dividenden reduziert sich der Wert einer Aktie in etwa um den Betrag der Dividende.14 Damit führt eine Dividendenausschüttung ohne Berücksichtigung von steuerlichen Effekten und Transaktionskosten zu keiner Vermögensänderung des Investors.15 Zusätzlich zu den Gewinnen eines Unternehmens hat auch die allgemeine Marktstimmung einen erheblichen Einfluss auf den Kurs einer Aktie.

Hinweis Mr. Drill

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Theoretisch müsste der Kurs einer Aktie den heutigen Wert aller zukünftigen Rückflüsse aus dem Investment darstellen. Aktienkurse sind jedoch aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren nicht vorhersagbar.

Rendite

Die Rendite von Aktien setzt sich sowohl aus Gewinnausschüttungen in Form von Dividendenzahlungen als auch aus realisierten Kursgewinnen zusammen, wobei Letztere in der Regel deutlich stärker ins Gewicht fallen.

Der auf Dividenden zurückzuführende Renditeanteil darf aber dennoch nicht unterschätzt werden. Betrachtet man beispielsweise ein dreijähriges Investment in die dividendenstarken Stammaktien von BMW, so wird deutlich, dass im betrachteten Zeitraum von 2016 bis 2019 die gesamte erwirtschaftete Rendite auf Dividendenzahlungen zurückzuführen ist. Aus Abbildung 3 ist zu erkennen, dass der Kurs der Aktie von BMW über den Betrachtungszeitraum ca. 5 Euro gestiegen ist, was einem jährlichen Gewinn von ca. 2 % entspricht. Berücksichtigt man jedoch die Dividendenzahlungen desselben Zeitraums, die sich in Summe auf 11 Euro belaufen, so ergibt sich, ohne Berücksichtigung von Steuern und Zinsen, ein jährlicher Gewinn von ca. 6,3 %.

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Abbildung 3: Kursverlauf der Stammaktie der BMW AG von Juli 2016 bis November 2019

Risiken

Aktien ermöglichen es Investoren, hohe Renditen zu erzielen, bergen jedoch gleichzeitig auch hohe Risiken. Besonders wichtig ist das Kursrisiko, das die Gefahr von Kursschwankungen beschreibt. Der Kurs einer Aktie ist abhängig von der Marktnachfrage, die wiederum vom Erfolg des Unternehmens sowie der Marktstimmung beeinflusst wird. Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens hängt unter anderem von der Qualität des Managements, aber auch von den allgemeinen Entwicklungen der jeweiligen Branche ab. Viele Anleger habe dazu eine persönliche Meinung und positionieren sich entsprechend. Die Meinungsbildung im Hinblick auf die Marktstimmung ist meist deutlich schwieriger. Die Marktstimmung kann mit dem Wort »Kauflust« umschrieben werden und hat einen erheblichen Einfluss auf den Kurs einer Aktie. In den Boomjahren der New Economy war die Kauflust der Anleger völlig losgelöst vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen und führte damit zu irrationalen Kursbewegungen.

Bei Aktien besteht außerdem ein Dividendenrisiko, das mit dem Kursrisiko eng verbunden ist. Dieses Risiko beschreibt die Gefahr, dass ein Unternehmen keine Gewinne erwirtschaftet und damit nicht in der Lage ist, Dividenden an seine Aktionäre auszuschütten. Das Dividendenrisiko hängt mit dem Kursrisiko zusammen, da die Unternehmensergebnisse, wie beschrieben, einen starken Einfluss auf den Kurs einer Aktie haben.

Zusätzlich zum Kursrisiko und zum Dividendenrisiko weisen Aktien noch eine Reihe weiterer Risiken auf. Entscheidend ist dabei insbesondere das Liquiditätsrisiko, das sich auf die Handelbarkeit eines Aktieninvestments bezieht. Je nach Marktlage kann es bei der Erteilung von Kauf- und Verkaufsaufträgen zu zeitlichen Verzögerungen kommen, wenn sich kein entsprechender Verkäufer beziehungsweise Käufer findet. Benötigt ein Anleger nun sehr kurzfristig liquide Mittel in Form von Bargeld, so kann eben diese Verzögerung schädlich für ihn sein. Ein Liquiditätsrisiko tritt häufig bei kleinen Aktiengesellschaften (Small Caps) mit geringen Börsenumsätzen auf. Investiert ein Anleger hingegen in große AGs mit hohen Börsenumsätzen (Blue Chips), so ist das Liquiditätsrisiko zu vernachlässigen.16

1.1.2 Ausgestaltungsformen

Entscheidet sich ein Unternehmen für einen Börsengang, stehen bei der Ausgestaltung der Aktien verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Da die Unterscheidung zwischen Stamm- und Vorzugsaktien eine der am häufigsten verwendeten Gestaltungsmöglichkeiten beschreibt, werden sich die folgenden Ausführungen auf diesen Aspekt beschränken.17

Üblicherweise werden Aktien als sogenannte Stammaktien ausgegeben, was bedeutet, dass sie mit allen Aktionärsrechten ausgestattet sind. Möchte ein Unternehmen die Rechte seiner Aktionäre einschränken, so hat es die Möglichkeit, Vorzugsaktien auszugeben.18 Hier sind verschiedene Ausgestaltungsformen denkbar, wobei Vorzugsaktien in der Regel das Stimmrecht der Aktionäre ausschließen. Im Gegenzug erhalten Anleger bei Vorzugsaktien eine bevorzugte Behandlung hinsichtlich der Dividendenausschüttung. Das bedeutet, dass Vorzugsaktionäre eine Dividende in bestimmter Höhe ausbezahlt bekommen, bevor Stammaktien bei der Gewinnverteilung berücksichtigt werden. Ist es einem Unternehmen aufgrund schlechter Ertragslage nicht möglich, Dividendenzahlungen zu leisten, müssen diese für Vorzugsaktien in der Folgeperiode nachgeholt werden. Sollte das nicht geschehen, leben die ausgeschlossenen Rechte für eine bestimmte Zeit wieder auf. Aufgrund der Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte weisen Vorzugsaktien in der Regel einen Kursabschlag gegenüber Stammaktien auf.19 Dies wird auch bei Betrachtung von Abbildung 4 deutlich, die den Kursverlauf der Stammaktien und der Vorzugsaktien der BMW AG zeigt.

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Abbildung 4: Kursverlauf von Stammaktien (St) und Vorzugsaktien (VZ) der BMW AG von Januar 2015 bis November 2019

1.1.3 Investieren in Aktien

Investiert ein Anleger in einzelne Aktien, kann er damit einerseits eine sehr hohe Rendite erreichen, geht andererseits allerdings ein sehr hohes Verlustrisiko ein. Da die Einschätzung der zukünftigen Marktstimmung nur schwer möglich ist, kann ein Anleger seine Chancen bei einem Aktienkauf nur dadurch erhöhen, dass er auf eine besonders positive wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens setzt.

Tipp Mr. Drill

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Möchte ein Anleger direkt in Aktien investieren, ist ihm anzuraten, die tägliche Wirtschaftspresse über einen längeren Zeitraum hinweg intensiv zu verfolgen. Hierdurch kann er sich ein Bild bezüglich der aktuellen Marktlage sowie aktueller Themen verschaffen.

Die Beurteilung der zukünftigen Lage eines Unternehmens ist eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe. So müssen neben der Beurteilung des eigentlichen Unternehmens auch Faktoren wie die Höhe des Aktienkurses, die aktuellen Entwicklungen verschiedener Branchen sowie die gesamtwirtschaftliche Lage berücksichtigt werden. Banken beschäftigen hierfür professionelle Analysten, die Kauf- und Verkaufsempfehlungen aussprechen. Zum Zeitpunkt, zu dem ein Privatanleger von einer solchen Empfehlung erfährt, ist diese jedoch in der Regel bereits in den Preis der Aktie eingeflossen und damit nicht mehr aktuell. Generell lässt sich festhalten, dass Privatanleger gegenüber professionellen Investoren, wie zum Beispiel Banken oder Fondsmanagern, stets ein Informationsdefizit haben. Sie sollten es deshalb vermeiden, kurzfristigen Trends hinterherzulaufen.

Doch auch Investitionen in langfristig stabil erscheinende Unternehmen können hohe Risiken mit sich bringen. Investierte ein Anleger beispielsweise im April des Jahres 2015 in die damals als solide erachtete Aktie der Volkswagen AG, so verlor er als Auswirkung des Abgasskandals, wie aus Abbildung 5 ersichtlich, innerhalb eines halben Jahres bis zu 60 % seines eingesetzten Kapitals. Theoretisch kann der Anleger bei einem Aktieninvestment sogar einen Totalverlust erleiden. Dieser tritt dann ein, wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet und die Aktien, welche Anteile am Unternehmen darstellen, wertlos werden. Als eines der vielleicht berühmtesten Beispiele der Geschichte sei hier die Investmentbank Lehman Brothers erwähnt, deren Insolvenzantrag im September 2008 von vielen Kapitalmarktteilnehmern als einer der Auslöser der Finanzkrise 2008 bis 2009 angesehen wird.

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Abbildung 5: Aktienkursentwicklung der Volkswagen AG 2009 bis 2019
(Quelle: Ariva, 2019)

Dieses Beispiel zeigt, dass André Kostolanys Börsenweisheit, »Kaufen Sie sich ein paar gute Aktien und eine Packung Schlaftabletten und nach einigen Jahren wachen Sie als reicher Mensch wieder auf«, eben nicht zwangsläufig und insbesondere nicht auf Einzelinvestments zutreffen muss.20

Vor schmerzhaften Verlusten kann sich ein Anleger bei Einzelinvestments am einfachsten dadurch schützen, dass er sich beim Kauf einer Aktie über den für ihn maximal akzeptablen Verlust Gedanken macht und diesen dann durch ein sogenanntes Stop-Loss-Limit fixiert. Um ein Stop-Loss-Limit zu setzen, wird ein Verkaufsauftrag unter dem Vorbehalt erteilt, dass er automatisch zur Ausführung kommt, sobald der Kurs der Aktie einen bestimmten Wert erstmals erreicht oder unterschreitet.

Die zweite Möglichkeit, das Risiko eines direkten Aktieninvestments zu verringern, besteht darin, viele unterschiedliche Aktien zu kaufen, sodass sich positive und negative Ausreißer ausgleichen. Dieser Effekt wird als Diversifikation bezeichnet und ausführlich in Kapitel 2.1 beschrieben.

Zusammenfassung Mr. Drill

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1.2 Fit für Anleihen

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Nachdem Bruno den Torwart und die Stürmer ausgewählt hat, möchte er sich als Nächstes nach Mittelfeldspielern umschauen. Dr. Quant gibt Bruno den Hinweis, dass es sich bei Mittelfeldspielern um Allrounder handeln sollte, die je nach Bedarf sowohl den Sturm als auch die Abwehr verstärken können. Mr. Drill merkt an, dass viele ihm bekannte Mittelfeldspieler keine echten Allrounder sind, sondern eine starke Neigung entweder zur Abwehr oder zum Sturm haben, und dass Bruno bei seiner Auswahl sehr sorgfältig vorgehen muss.

Bei der Geldanlage eines Investors übernehmen Anleihen die Rolle der Mittelfeldspieler. Anleihen erwirtschaften meist sehr konstante Renditen, die je nach Marktphase mehr oder weniger zum Gesamtergebnis eines Portfolios beitragen. Entsprechend der Ausgestaltung einer Anleihe bestehen unterschiedlich hohe Renditechancen und Risiken.

1.2.1 Allgemeine Funktionsweise

Anleihen, oft auch Renten(papiere), Bonds oder Obligationen genannt, gehören zur Gruppe der verzinslichen Wertpapiere.21 Es handelt sich um Schuldverschreibungen. Sie dienen öffentlichen Körperschaften, Unternehmen und Banken dazu, sich große Geldsummen am Kapitalmarkt zu beschaffen. Ihre grundsätzliche Funktionsweise ist mit der von Kreditverträgen vergleichbar. Kauft ein Anleger eine Anleihe, so stellt er dem Emittenten der Anleihe, also der Institution, die die Anleihe ausgibt, Geld in Form eines Kredits zur Verfügung.22 Die Anleihe weist dabei eine feste Laufzeit auf,23 innerhalb derer sich der Emittent dazu verpflichtet, dem Anleger Zinszahlungen zu leisten. Am Laufzeitende, also bei Fälligkeit, zahlt der Emittent der Anleihe deren Nennwert in Form einer meist einmaligen Tilgungssumme zurück. Der Käufer einer Anleihe ist somit in der Position des Gläubigers und der Emittent in der Position des Schuldners.

Anleihen können auf Basis unterschiedlichster Kriterien charakterisiert werden.24 Eine einfache Gliederung wäre zum Beispiel: öffentliche Anleihen, Unternehmensanleihen und Bankschuldverschreibungen, je nachdem, wer der Emittent ist. Abbildung 6 veranschaulicht die prinzipielle Funktionsweise von Anleihen am Beispiel einer Unternehmensanleihe mit einmaliger Zins- und Tilgungszahlung am Laufzeitende.

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Abbildung 6: Funktionsweise einer Anleihe am Beispiel einer Unternehmensanleihe

Anleihen entstehen, vereinfacht gesagt, dadurch, dass die gesamte vom Emittenten benötigte Kreditsumme in viele kleine Stücke zerteilt wird, die anschließend einzeln verbrieft werden. Somit bezieht sich jede Anleihe auf einen bestimmten Geldbetrag, der auch als Nominalwert oder Nennwert bezeichnet wird.

Der Vorteil dieses Verfahrens besteht für den Emittenten darin, dass er durch die Aufteilung der Kreditsumme Gelder von verschiedenen Gläubigern bekommt. Dies schwächt zum einen deren Verhandlungsmacht und ermöglicht es dem Emittenten zum anderen, auch sehr große Kredite aufzunehmen.

Doch auch für die Gläubiger bringen Anleihen im Vergleich zu klassischen Kreditverträgen einige Vorteile. Sie schaffen für Privatanleger die Möglichkeit, bereits mit kleinen Summen in lukrative Großkredite der Industrie zu investieren, und bieten dabei aufgrund ihrer Handelbarkeit ein sehr hohes Maß an Flexibilität. So hat der Besitzer einer Anleihe jederzeit die Möglichkeit, durch einen Verkauf seiner Papiere aus einer laufenden Kreditvereinbarung auszusteigen, beziehungsweise sich durch den Kauf einer Anleihe an einer bereits bestehenden Kreditvereinbarung zu beteiligen. Der Handel von Anleihen findet zum einen über Börsen und zum anderen direkt zwischen den beteiligten Parteien statt.25 Privatanleger haben meist nur Zugang zu börsengehandelten Papieren.

Preis

Der Preis einer Anleihe wird nicht als absoluter Betrag, sondern als Prozentzahl des Nominalwerts angegeben. Der Nominalwert entspricht dabei stets 100 %. Liegt der Kurs einer Anleihe bei 100 %, so wird er als »pari« (gleichwertig) bezeichnet. Kurse unterhalb beziehungsweise oberhalb 100 % gelten entsprechend als »unter pari« beziehungsweise »über pari«. Zinsvereinbarungen bei Anleihen beziehen sich stets auf den Nominalwert und werden deshalb auch als Nominalzinsen bezeichnet. Der periodische Zinsanspruch des Anlegers wird in der Regel in sogenannten Kupons verbrieft.