Kaylee legt ihre Handflächen auf die Tischplatte. In ihrem Gesicht ein breites Grinsen. Ihre Wangen färben sich rosa. Dann rot. Sie lacht so sehr, dass ihre Titten wackeln.
Verdammt, in diesem engen blauen Kleid, das den gleichen Farbton wie ihre Brille hat, sieht sie umwerfend aus – wie der süße, unschuldige Engel, der sie eigentlich ist, aber gleichzeitig auch wie die Sexgöttin, die ich unbedingt in ihr entfesseln will.
Trotzdem hasse ich dieses Stück Stoff mit jeder Faser meines Körpers.
Ich hasse jede Unze Luft zwischen uns.
Jeden Holzsplitter in diesem Tisch.
Jeder Kerl hier sieht sie so an, wie ich es tue.
Scheiße, wenn ich mich nicht beherrsche, breche ich mir die Arme. Und vielleicht meine Hand. Und ich kann Alex' Rückentattoo, morgen um neun Uhr nicht mit gebrochenen Fingern beenden.
Em legt ihre Arme um Kaylee.
Kaylee lacht, schiebt ihr langes blondes Haar hinter die Ohren und fasst es an einer Seite zusammen.
Ihr Blick huscht durch den Raum.
Trifft auf meinen.
Der Ausdruck in ihren Augen schreit: Ich wünsche mir, dass du mich gleich mit auf dein Zimmer nimmst.
Oder vielleicht ist das nur in meinem Kopf.
Heute ist der Tag.
Sie ist keine Versuchung mehr, die mich ins Gefängnis bringen kann. Nur eine Versuchung, die alles einreißen kann, was mir wichtig ist.
Em lehnt sich an sie und flüstert ihr etwas ins Ohr. Ich kenne meine Schwester. Ich weiß genau, was sie sagt. Ich wünsche mir, dass dich heute Abend jemand fickt.
Das wird nicht passieren.
Nicht, solange ich hier bin.
Ich hasse es, ein Spielverderber zu sein, wirklich, das tue ich, aber ich werde nicht zulassen, dass Kaylee jemanden mit nach Hause nimmt. Nicht, solange ich auf sie aufpasse.
Ich habe keine Ahnung, wie sie es geschafft hat, so lange Single zu bleiben.
Sie ist wunderschön. Schlau. Lustig. Nett. Und unschuldig … Scheiße, wie ihre Wangen rot werden.
Wie sie sich über den Tisch beugt, ihre Augen leicht schließt, ihre Lippen öffnet …
Ich könnte ihr so viele Dinge beibringen.
Ich könnte ihr alles beibringen.
Aber ich kann nicht.
Sie ist die beste Freundin meiner Schwester.
Und auch wenn Em eine freche Göre ist, sie ist alles, was ich an Familie noch habe.
Diese beiden sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben.
Mein Schwanz wird sich damit abfinden müssen.
Er kommt nicht in die Nähe von Kaylee.
Ich liege auf dem grünen Liegestuhl, unter der alten Lampe, deren Glühbirne ein grelles, gelbes Licht verbreitet.
Obwohl wir in einer der überfülltesten Städte Südkaliforniens leben, ist der Strand leer. Immer noch. Die Stimmen, die ich höre, und das Lachen kommen aus dem Haus. Die Geräusche des Ozeans reichen nicht aus, um den Lärm der Party zu übertönen.
Ich sollte reingehen und Emmas Freunde rauswerfen. Darauf bestehen, Kaylee zu ihrer Wohnung zu fahren und beiden einen Vortrag zum Thema „Übermäßiges Trinken“ halten.
Aber ich bin heute nicht in der Stimmung, Dad zu spielen. Ich bin es leid, Dad zu spielen, Punkt. Emma und ich haben uns nie verstanden, nicht so richtig, aber wir hatten eine Abmachung. Wir waren ein Team. Ein „Du bist nervig, aber nicht ganz so nervig wie Mom und Dad“-Team, aber wir waren immer noch ein verdammtes Team.
Jetzt besteht die meiste Zeit meiner Beziehung zu ihr darin, sie zu belehren und etwas wie „Geh auf dein Zimmer“ zu schreien.
Und sie schreit zurück: „Du bist nicht mein Vater.“
Ich zwinge mich, auf den Ozean zu schauen.
Es ist wunderschön hier. Dunkles Wasser. Weicher Sand. Sterne, die hell genug sind, um den schwarzen Himmel zu erleuchten, aber dennoch von der Lichtverschmutzung gedämpft werden.
Nichts davon lenkt mich ab.
Nichts von den acht Millionen Dingen in meinem Leben lenkt mich ab.
Ich brauche einen Weg, um Kaylee aus meinem Kopf zu bekommen. Ich habe alles versucht, Arbeit, Spiel, andere Frauen, mich selbst befriedigen, mich nicht selbst befriedigen.
Nichts hilft.
Ich ziehe mein Skizzenbuch heraus und skizziere ein paar Linien mit dem Kugelschreiber. Dann ein paar mehr. Meine Aufwärmskizze hat eine chaotische, abstrakte Form. Sie bedeutet etwas, da bin ich mir sicher, aber ich habe keine Ahnung, was das sein soll.
Ich blättere um. Umreiße den Tintenfisch, den ich morgen Nachmittag auf Wills Bizeps tätowieren werde. Versuche die Schattierung auszufüllen.
Die Details kommen nicht. Das einzige Bild in meinem Kopf ist Kaylee. Die Helligkeit in ihren grünen Augen, das Lächeln, das sich über ihre rosa Lippen ausbreitet, die schüchterne Art, wie sie ihre Hüften bewegt. Als ob sie wüsste, wie sehr ich meine Hände auf diesen Hüften haben will.
Als ob sie ihr Kleid über ihre Schenkel zieht, ihre Handflächen auf den Tisch legt und mich mit einem „Bitte fick mich jetzt“-Blick anschmachtet.
Ich brauche kein Tattoo-Modell.
Ich brauche sie nackt in meinem Bett.
„Hey.“ Die Seitentür öffnet sich und Kaylee tritt nach draußen. Ihre Schritte sind nicht so leise, wie sie normalerweise sind.
Sie sind chaotisch. Schnell.
Ihre Augen sind heller als sonst.
Mutiger.
Sie macht es sich auf dem Sessel neben mir bequem. Ihr Oberschenkel drückt gegen meinen. Ihre Finger überfliegen die Ränder meines Skizzenbuchs.
Sie lehnt sich über meine Schulter, drückt ihre Brust gegen meinen Arm und sieht mich mit diesen Rehaugen an. „Darf ich mal sehen?“
Nicht das Skizzenbuch. Die Scheiße, die ich von ihr hier drin habe, würde sie erschrecken. Kaylee ist süß. Unschuldig. Ich habe nicht gefragt, aber ich wette, sie ist eine Jungfrau.
Mein Schwanz erwacht bei dem Gedanken, der Erste in ihr zu sein. Scheiße, meine Lippen, meine Zunge, meine Finger – jeder Teil von mir will ihr Erster sein.
Das wird nicht passieren.
„Suchst du ein nautisches Tattoo?“, schieße ich zurück.
Ihr Lächeln breitet sich über ihre Wangen aus. „Vielleicht, was schlägst du vor?“
Ich ziehe meine Fingerspitzen über ihre Schulter und zeichne die Form, die am besten zu ihr passen würde. Es ist eine schlechte Idee, sie so zu berühren. Es tut mir, verdammt noch mal, gar nicht gut.
Und so wie sie ihre Augenlider zusammenpresst und ihre Lippen mit einem Seufzer öffnet, bin ich mir ziemlich sicher, dass es ihr, verdammt noch mal, auch nicht guttut.
Scheiße, ich brauche tausend kalte Duschen.
Selbst wenn Kaylee nicht Ems beste Freundin wäre, ist sie ein süßes Mädchen. Jemand, der einen netten Kerl verdient. Einen Typen, der ihr ein normales Leben bieten kann. Kein Arschloch, das alles zerstört, was es anfasst.
Trotzdem verfolge ich den Umriss einer Möchtegern-Tätowierung bis zur Schulterspitze. „Eine Meerjungfrau.“
„Das hört sich gut an.“
„Ich weiß. Du hast Die kleine Meerjungfrau tausendmal gesehen.“
„Mindestens zweitausendmal.“ Sie sieht zu mir auf. „Was meinst du? Jetzt gleich? Ich bin endlich alt genug, um das Formular zu unterschreiben.“
„Okay.“ Ich nehme ihre Hand und ziehe sie auf die Füße. „Gehen wir zum Studio. Eine oben ohne Meerjungfrau.“
Ihre Augen weiten sich. Sie stottert, drückt ihre Füße zusammen. Das Plastik ihrer Absätze klickt. Ihre Zähne sinken in ihre Lippe. „Ich, äh …“
„Du hasst es wohl, wenn dein Bluff auffliegt?“
„Nein, ich will nur … Ich muss noch ein wenig darüber nachdenken.“
„Blödsinn.“ Ich kann nicht anders, als zu lächeln. Sie ist hinreißend nervös.
„Nein … ähm … deshalb bin ich nicht hergekommen.“
Ich ziehe eine Augenbraue nach oben.
Sie rückt näher. Es ist eine winzige Bewegung. Sie entspricht der Kaylee, die ich kenne. Der nüchternen.
„Nun, es ist mein Geburtstag.“ Ihre Finger umschließen mein Handgelenk. „Und ich will einen Geburtstagskuss.“
Wie wär's mit einem Geburtstagsfick? Wie wäre es mit einem Geburtstag, der auf meinem Gesicht gefeiert wird, bis meine Lippen taub sind?
„Bei mir gibt es nur einen Klaps zum Geburtstag.“ Meine Stimme ist ruhig, obwohl mein Herz wie wild in meiner Brust schlägt. Scheiße, der Gedanke, Kaylee über den Tisch zu beugen und …
„Okay.“ Sie presst ihre Lippen zusammen. „Lass es uns machen. Genau hier, genau jetzt.“
„Glaubst du, du bekommst das hin mit deinen 18 Jahren?“
Sie nickt.
Das würde sie nicht, aber die Vorstellung ist trotzdem verlockend.
„Gehen wir, Brendon.“ Sie nimmt meine Hand und legt sie auf ihre Hüfte. Ihr Blick trifft meinen. Bohrt sich in meinen. So als wollte sie jeden Gedanken in meinem Kopf lesen. Oder zumindest all die, die sich damit beschäftigen, wie ich sie nackt ausziehe. „Oder habe ich jetzt deinen Bluff aufgedeckt?“
„Beug dich vor und leg deine Hände auf den Glastisch, wenn du es herausfinden willst.“ Sie glaubt ich bluffe. Dann werde ich ihr jetzt zeigen …
Nur dieses eine Mal.
Meine Schwester rettet mich vor meinen schmutzigen Gedanken. Sie stürmt aus der Tür und wirft ihre Arme um Kaylee. „Hör auf, dich vor den Typen auf der Party zu verstecken.“
„Dein Bruder ist auch ein Typ.“
Emma rümpft die Nase. Es betont ihre dunklen Augen – das gleiche tiefe Braun wie meine. Sie fährt sich mit den Fingern durch ihr violettes Haar und kann sich kaum zurückhalten, mit den Augen zu rollen.
Kaylees Finger streichen über meinen Handrücken, als sie sich Emma zuwendet. „Tut mir leid, Em, aber es ist unbestreitbar. Sieh ihn dir an.“
Emma streckt ihre Zunge raus und verzieht ihr Gesicht. „Mr. Schau, was für ein tiefgründiger Bad Boy ich bin wird morgen auch noch da sein.“ Sie packt Kaylees Hand und zieht sie zur Tür. „Diese anderen Jungs nicht.“ Emma schaut zu mir. „Du musst nicht bleiben und uns beaufsichtigen.“
„Netter Versuch“, sage ich.
Emma lacht. Sie wirft mir eine Kusshand zu und dreht sich zu ihrer besten Freundin. „Warte nicht auf mich.“
Kaylees Augen treffen auf meine. „War das dein Ernst?“
Ein Teil von mir hat es tatsächlich so gemeint. Der Rest von mir weiß es besser. Ich mache einen auf zurückhaltend und zucke mit den Schultern.
„Ich werde mir den Klaps schon noch holen.“
„Nur an Geburtstagen.“
„Trotzdem.“
Ich beobachte ihre wiegenden Hüften, als sie geht.
Scheiße, das Kleid …
Fuck.
Wie zum Teufel soll ich dieses Mädchen aus meinem Kopf bekommen?