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Für meine Enkel

Juliette

Dennis

Franziska

Friederike

Josefine

Möge Euch die Würde unserer Mutter Erde stets bewußt sein. Seid mit denen, die streben, sie zu erhalten.

Die Schreibweise in diesem Buch entspricht den Regeln der alten Rechtschreibung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Frieling-Verlag Berlin • Eine Marke der Frieling & Huffmann GmbH

Rheinstraße 46, 12161 Berlin

Telefon: 0 30 / 76 69 99-0

www.frieling.de

ISBN 978-3-8280-3034-3 (print)

ISBN 978-3-8280-3244-6 (e-book)

BoD – Books on Demand GmbH

1. Auflage 2012

Umschlaggestaltung: Michael Reichmuth unter Verwendung einer Fotografie des Autors (Brunnenfigur in Bad Meinberg von Jakob Wedel, Schieder-Schwalenberg)

Sämtliche Rechte vorbehalten

INHALT

Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis;

Das Unzulängliche, hier wird’s Ereignis;

Das Unbeschreibliche, hier ist’s getan;

Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan.

J. W. v. Goethe

VORWORT

Im Laufe meines Lebens haben sich Überlegungen zum Verständnis unserer Welt gesammelt, was zunächst genügte. Am Ende der Berufszeit harren diese nun aber einer zusammenfassenden Formulierung. Dieser Schritt soll hier versucht werden. Meine Sicht wird damit für Mitmenschen lesbar, sie soll aber keine Missionierung erfahren. Die Darstellung betrifft entsprechend dem Anliegen fast immer übergreifende Zusammenhänge, sie soll verständlich bleiben, Details oder Beispiele dienen einzig der Stützung des Verständnisses. Unter Welt verstehe ich alles Natürliche, in den Weiten des Kosmos Vorhandene, womit ich die Gesamtheit aller vom Menschen geschaffenen Wissensgebiete wie Ökonomie, Jurisprudenz, Ethik und weitere ausschließe. Meine Gedanken basieren nicht auf philosophischen Studien und schließen damit auch nicht an bereits bestehende Weltsichten an. Sie bauen einzig auf wissenschaftlich Bekanntes, d. h. aus Kompendien, Lehrbüchern, Berichten, Vorträgen sowie aus der Presse Erfahrbares und auf meine Sicht des darüber Hinausgehenden. Ich wählte diesen Weg, um frei zu sein von bereits gedachten Pfaden, was jedoch nicht ausschließt, daß hier anderenorts gedachte Zusammenhänge wiederkehren. Meine Betrachtungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, was immer diese Aussage heißen mag. Naturwissenschaftliche Kenntnisse werden einzig benannt, nicht aber erläutert. Bei weniger Bekanntem folgt ein Literaturhinweis. Den größeren Kapiteln sind die Schwerpunkte vorangestellt, diese sind im Text hervorgehoben.

Fritz Thom

Berlin im Dez. 2011

Zur Erleichterung des Verständnisses ist die textliche Fassung der Print-Ausgabe – Eine Weltsicht – in der vorliegenden EBook-Ausgabe an wenigen Stellen überarbeitet. Dies betrifft auch den Titel einschließlich des Untertitels. Damit bleibt, dies sei hervorgehoben, die vorliegende Ausgabe inhaltlich identisch zur Print-Ausgabe. Obwohl wünschenswert, gelang die Überarbeitung für das Kapitel – Erkennbarkeit der Welt – nicht. Der Leser kann die verbale Erläuterung physikalischer Sachverhalte auf den Seiten 85, zweiter Absatz, bis Seite 97, erster Absatz, aber getrost überschlagen, ohne die Aussage dieses Kapitels vermissen zu müssen. Auch ist jedes Kapitel in sich abgeschlossen.

Fritz Thom

im Juni 2014

NEUGIER

Ein Häschen, aus dem Wald hoppelnd, erreicht die Lichtung. Es macht Männchen, steift die Ohren, wendet den Kopf und überstreicht mit seinem Blick die Lichtung. Mag wohl fragen, wo bin ich hier.

So fragt ein Mensch, wenn er aus dem Dunkel die Erde betritt und die Neugier ihn erfaßt.

Meine Großmutter mütterlicherseits erzählte mir aus nicht mehr herholbarem Anlaß, vor meiner Einschulung war es, im Wohnzimmer in Karolinenhorst bei Stettin, daß wir auf einer Kugel leben, die sich dreht. Das erregte mich wohl sehr, und ich entsinne mich an meine Frage, was denn passiert, wenn wir dabei nach unten gelangen. Dann fallen wir herunter, meinte ich. Oma erklärte mir aber, wir bleiben immer fest auf der Erde, egal wohin sie sich gerade gedreht hat. Ich erinnere mich auch, nach wiederholter Beruhigung durch die Großmutter weiter gefragt zu haben: Wenn wir aber doch herunterfallen, wo gelangen wir hin? Ihre Antwort war, wir fallen nicht, aber wenn, dann nirgendwohin, wir fallen und fallen, ohne anzukommen. Nur wenige Erinnerungen meines Lebens sind heute noch so deutlich wie diese, nach nunmehr 70 Jahren. Ich deute sie als Quelle meiner nie versiegten Neugier.

SUCHE

Getauft bin ich evangelisch und erhielt die Einsegnung 1945 verfrüht im Februar wegen der nahenden Ostfront. Geblieben ist von diesem kirchlichen Unterricht nichts. Wir lasen und lernten Bibeltexte und Psalmen. Unser Pastor verwendete viel Aufmerksamkeit auf die Sauberkeit unserer Hände und Schuhe. Unmittelbar nach diesem Abschluß folgten ein Einsatz hinter der Front nahe der Oder, die Flucht und nach einem halben Jahr die Heimkehr.

Mein Elternhaus liegt am Stadtrand. Der Hausgarten geht nach Norden in Wiesen und Felder über. In Wintermonaten und nahe der Phase des Neumondes herrschte hier Dunkelheit, wenn das Licht der Fenster erloschen war. Nur das funkelnde Licht des Sternenhimmels drang zu mir. Damals wußte ich noch nicht, wie alt das Licht war, das mich gerade erreichte. Dieses herrliche Firmament faszinierte mich mehr und mehr. Heute noch, wenn ich diese Einsamkeit wohl finde. Die Sternenbilder des Winterhimmels setzte ich mir zusammen und verfolgte ihren Lauf. Zweimal sah ich auch den Vorhang dieser einzigartigen Bühne, das Nordlicht.

Der Astronomieunterricht der Schule war kurz. Die übrigen Naturwissenschaften zogen mich stark an, obwohl ich eher technischen Interessen zugetan war. In dieser Zeit nahm ich an philosophischen Nachmittagsseminaren teil, einmal bei dem mir bereits bekannten Pastor. Hier erfuhr ich nun bewußt von der christlichen Schöpfungslehre des Alten Testamentes und in Seminaren anderer Lehrer auch etwas über ein Verständnis des kosmischen Raumes.

Die näherkommende Abiturprüfung drängte mich zu einer Entscheidung über meine beruflichen Absichten. Diese fällte ich aber erst nach der Schulzeit während eines Lehrjahres im Großschiffbau. Danach studierte ich Physik, in der Hoffnung, den Hunger nach einem Weltverständnis einst stillen zu können. Tätig war ich nach der Diplomarbeit in der Forschung, etwa die Hälfte meiner aktiven Zeit in der Festkörperphysik und Thermodynamik, danach in der Biophysik und dort in der Zellkryobiologie. Überwiegend gelang mir die Bearbeitung eigener Themen an der Humboldt-Universität Berlin.

Erste Studien naturphilosophischer Werke lehrten mich, daß eine Weltsicht wohl nur mit eigenem Streben zu suchen sein wird, aus zwei Gründen. Einmal, weil sich die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zu Lebzeiten mehren und der wesentliche Teil eines Weltbildes, die philosophische Sicht, in ihrem Ursprung immer eine persönliche ist.

Der Schöpfungslehre wie den Evangelien der Bibel stand ich von Anbeginn sehr kritisch gegenüber, weil in ihrem Ansatz oder in Teilen mystisch. Am ehesten zu verstehen ist die Schöpfung als eine Weltdeutung von vor ca. 3000 Jahren. Die Schöpfung verbindet irdisch Vorgefundenes mit einer göttlichen Führung. Nur so läßt sich auch der unverständliche Sündenfall des soeben erstandenen ersten Menschenpaares in die Lehre einordnen. Eine Verknüpfung oder Ursächlichkeit der geschöpften Elemente, wie Tag, Nacht, Licht, Sterne, liefert die Lehre nicht, konnte sie auch nicht. Das Vorgefundene ist, wie wir wissen, zudem älter als die Lehre und auch älter als der daraus ableitbare Zeitpunkt der Schöpfung. Eine Schöpfung aus dem Nichts konnte vor 3000 Jahren und auch noch später durchaus für die Entstehung unserer irdischen Welt vorstellbar sein, sie ist mit den überwiegend sehr viel später entstandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen über Welt und Natur jedoch nicht vereinbar.

Für den vor 3000 Jahren nach einem Weltverständnis fragenden Menschen ist die Schöpfungslehre ganz gewiß eine Erklärung. Sie kann es auch heute noch sein für Menschen, die fern von jeder Naturerkenntnis leben. Wird letztere aber einbezogen, weitet sich der Blick auf die Welt. Dieser Weg verspricht, der Wirklichkeit näherzukommen. Hier drängt sich sofort eine grundlegende Frage auf: Kann ein Mensch die Schöpfung der Welt und die wissenschaftlich erkannten Naturgesetze gleichermaßen anerkennen? Sicher dann, wenn er die Naturgesetze als nicht deklarierten Teil der Schöpfung vermutet. Damit erhebt sich aber die Folgefrage: Darf dieser an die Schöpfung glaubende und seinen Gott untertänigst verehrende Mensch sich dann erdreisten, die inneren Mechanismen dieses überirdischen Werkes Gottes aufzuhellen und damit dessen Handwerk offenzulegen? Gerade die Sicht eines Gottes muß diesem wohl auch eine Intimsphäre zugestehen, und diese kann nur uneingeschränkt unverletzlich sein. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage erhielt ich von Gläubigen niemals. Unangenehm berührt da eine Äußerung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton im Jahre 2000, auf die Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes eingehend, indem er sagte: „Heute lernen wir die Sprache, in der Gott das Leben erschaffen hat.“ Konsequent wäre, die Schöpfung alleine in dem schriftlich Überlieferten zu sehen, die sich naturwissenschaftlich öffnende Welt ist dagegen der Mystik fern, beruht allein auf menschlicher Beobachtung und den daraus gefolgerten logischen Schlüssen. Eine Anerkennung der Weltschöpfung bei gleichzeitiger naturwissenschaftlicher Betätigung erscheint mir nicht vereinbar. Dies ist der Ansatz für mein Suchen nach einem eigenen Weltverständnis.

Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der zurückliegenden Jahrhunderte haben uns der Natur innewohnende Gesetzmäßigkeiten verständlich gemacht, ein umfassenderes Erkennen unserer Welt können sie jedoch nicht liefern. Dazu gehören weitere Aussagen: Wie entstand das Universum, oder ist es objektiv gegeben? Wann war sein Anfang, und wohin geht es? Welches ist die Gesamtheit des Kosmos? Vieles davon existiert bereits als Hypothese und harrt der Beweise. Und ferner: Wie nimmt der Mensch das Universum wahr? Reicht seine Verstandesleistung für ein Erkennen der Welt im Sinne des Wortes aus? Ja, die Welt besteht aus Kosmos und lebender Natur auf der Erde. Von den Gesetzen des Kosmos wissen wir einiges, von den Gesetzen des Lebens und seiner Entstehung ist aber fast nichts bekannt. Der Mensch ist zudem das einzige die Welt bewußt wahrnehmende Wesen. Er ist selbst Teil, besser Produkt, der Natur dieser Welt, was selten beachtet ist. Mein Bild unserer Welt will ich nun versuchen darzulegen.

HERKUNFT DES KOSMOS

Die von der jüdischen Religion mitgeteilte und von der christlichen Religion übernommene Geschichte der Schöpfung der Welt beschreibt irdisch Vorhandenes wie Tiere und Pflanzen und von der Erde Einsehbares wie die Gestirne und das Licht als Schöpfung durch den Gott dieser beiden Religionen. Jeder Schöpfungsakt ist pauschal genannt und erfolgt aus dem Nichts, nur Eva entsteht aus einer Rippe von Adam. Menschen östlich des Mittelmeeres kreierten und schrieben diese Weltvorstellung vor etwa 3000 Jahren in einer Zivilisation, die noch frei war von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Erstaunlich ist es daher nicht, wenn ihr Weltbild deutlich an menschliche Fähigkeiten angelehnt ist, all das, was im täglichen Leben und Handwerk erforderlich ist, nach eigenen Ideen mit der Hand herzustellen, d. h. selbst zu schaffen. So, stellte man sich damals wohl vor, könnte auch die Welt von einer höheren Macht erschaffen sein! Diese Schöpfungslehre zeigt das Verlangen damaliger Menschen nach einer Kenntnis, was diese Welt, ihre Umwelt, ist, und woher sie kommt. Letztendlich steckt dieses Verlangen bereits in allen heidnischen Mythen wie in verschiedenen späteren religiösen Vorstellungen. Aber alle diese Weltbilder sind gedankliche Konstrukte ohne jede Beweisbarkeit und damit Mythen. Sieht man sie so, sind es beachtliche und auch schöne Vorstellungen, die menschliche Vorfahren von ihrer Welt hatten. Erhebt man den jüdischen Schöpfungsmythos jedoch in den Stand einer Wahrheit im Sinne dieses Wortes, wie es das Christentum bisweilen tut, dann betritt man ganz sicher den Pfad einer Fehldeutung dieser Welt. Denn wie schon gesagt, Beweise gibt es nicht, und jener des Zeitpunktes der Schöpfung, der aus der Lehre ableitbar ist, stimmt mit astrophysikalischen Erkenntnissen der Gegenwart bei weitem nicht überein. Der Kosmos, aber auch unser Planet Erde sind viel älter als der Schöpfungszeitraum, womit eine Zeit vor einer vermeintlichen Kosmosentstehung noch gar nicht einbezogen ist.

Nicht jede wissenschaftliche Kenntnis zwingt jedoch, von der Vorstellung einer Schöpfung Abstand zu nehmen. Etwas naheliegender dafür wäre vielleicht die Zeit des Urknalls. Derartige Andeutungen lassen sich manchmal in populären wissenschaftlichen Übersichten finden. Danach befragt, lassen Wissenschaftler mitunter auch eine gedankliche Einheit von Schöpfung und wissenschaftlicher Tätigkeit erkennen. Das schließt dann einen Zusammenhang mit dem jüdischen Schöpfungsgedanken aber gänzlich aus. Und es wäre die Frage zu stellen, was denn für unseren Kosmos, wie wir ihn kennen, damals zu schöpfen gewesen wäre. Diese gedankliche Möglichkeit sei hier nur erwähnt, nicht aber verfolgt.

Für das Suchen nach einer Antwort zur Herkunft der Welt öffnet sich zwanglos aber ein alternativer Weg. Nach besagter Antwort fragt in dieser Welt einzig der Mensch, nur dieser ist mit einem Verstand ausgerüstet. Denkt man sich diese Kreatur einmal weg aus der Welt, was in einigen tausend Jahren real sein könnte, dann existiert die kosmische Welt mit all ihrer Dynamik auch ohne den Menschen, so wie sie vor seiner Entstehung bereits Milliarden Jahre Bestand hatte, was astrophysikalisch nachgewiesen ist. Dieser Fortbestand ohne Verstandeswesen kennt dann aber auch keine Frage nach der Herkunft der Welt. Denn der Kosmos ist ganz sicher vom Menschen unabhängig, der nur ein zeitlicher Bestandteil irdischer Natur ist. Das heißt, die Welt existiert, in welchem Zustand, sei dabei vollkommen offen. Sie muß nicht das sein, was Menschen in ihrem relativ kleinen Zeitfenster erfahren. Die Welt manifestiert sich als Gegebenheit, sie hat keine Herkunft. Gäbe es sie nicht, gäbe es auch keinen Raum und keine Zeit. Erst die vorhandene stoffliche Daseinsweise der Welt, wir sagen, das Vorhandensein von Energie und/oder Masse, erfüllt einen Raum, der mit ihrer Expansion ebenso wächst. Außerhalb dieses Raumes, der auch alle vorhandene Strahlung, z. B. Licht, umfaßt, gibt es keinen Raum. Und die Dynamik dieses stofferfüllten Raumes verlangt auch eine Zeitskala. Deren Anfang muß aber nicht der Urknall sein, wie manchmal wissenschaftlich argumentiert wird. Denn wenn es dieses kosmische Ereignis gab, muß es auch eine Ursache, eine Vorgeschichte, gehabt haben. Unsere kosmische Welt wird in allen ihren uns unbekannten Ausbildungen als natürliche Gegebenheit ewig existieren, dies zwingt sich auf, so sehe ich es. Denn auch kosmische Energie wird nicht vernichtbar sein.

Nun könnte ja ein Mensch daherkommen und weiterhin behaupten, die beschriebene Welt wäre auch ohne ein menschliches Wesen Resultat eines Schöpfungsaktes. Ihm ist dann zu entgegnen, ohne das Verstandeswesen gibt es den Gedanken einer Schöpfung gar nicht, und in den Weltgesetzen (s. u.) taucht ein Begriff „Schöpfung“ nicht auf. Die Welt ist jedoch existent. Der Schöpfungsgedanke ist eine Kreation des Menschen, entstanden in seinem Suchen. Der menschlose Kosmos enthält keinen Hinweis auf eine Schöpfung.

Diese Sichtweise enthält das Potenzial für einen noch einige tausend Jahre wiederkehrenden Streit für und wider die Schöpfung. Toleranz, die allzu oft vernachlässigte Eigenschaft des Menschen, ist hier angesagt. Mag doch jedermann an das Bild der Welt glauben (s. Kap. „Glaube“), welches seiner Seele Friede bereitet.

DIE WELT UND IHRE NATURGESETZE

Menschen beobachteten wahrscheinlich schon in früher Zeit ihre Umwelt unter dem sich bewegenden Sternenhimmel und fragten nach der Herkunft. Schöpfungsmythen sind seit etwa 700 vor unserer Zeitrechnung aus Mesopotamien überliefert. Aus der griechischen Antike ist das Wachsen dieses Interesses bekannt. Bis etwa 500 v. u. Z. wurde die Erde als Scheibe von Wasser umgeben gesehen, später als Kugel im Zentrum des Alls. Diese Weltsicht hielt sich als geozentrisches Weltbild (Ptolemaios, um 100 u. Z.) bis ins Jahr 1543, in dem Kopernikus sein heliozentrisches Weltbild veröffentlichte. Beobachtungen von Galilei und J. Kepler (Anfang 17. Jh.) stützten diese Hypothese. Seit der griechischen Antike sind die Fragen nach dem Woher und den Mechanismen der Welt nie mehr erloschen.

Beobachtungen des Menschen in der Natur lehren drei grundlegende Erscheinungen (oder Merkmale) der örtlichen und zeitlichen Daseinsform seiner nahen und fernen Umwelt. Zunächst: Alles in der Welt ist in ständiger Bewegung, Stillstand ist relativ, bezogen auf die sich bewegende Umgebung. In dieser Aussage sind zwei Erscheinungen enthalten, die bereits in der Philosophie und später durch die Wissenschaft als Wesensmerkmale der Welt formuliert worden sind. Die erste Erscheinung betrifft die Aussage, „Alles“ bewegt sich. Unter „Alles“ wird die Materie verstanden, mit der sich die Welt manifestiert, was sagt, beobachtbar macht. Materie ist zum einen die Substanz aller sichtbaren Körper bis hin zu deren unsichtbaren Bausteinen, den Atomen. Diese Substanz besitzt eine Trägheit gegenüber auf sie wirkende Kräfte und zugleich eine anziehende Wirkung auf ihresgleichen. Sie wird in der Mechanik als (träge und schwere) Masse bezeichnet und als solche in der Naturwissenschaft als eindeutiger Begriff verwendet. Eine andere Daseinsform der Materie ist die Energie, deren Bewegung an die der Massen gebunden sein kann, aber auch eigenständig erfolgt. Alles vereint sagt, die Welt, der Kosmos, ist gegeben durch die Gesamtheit der Materie, die sich in permanenter, multivalenter Bewegung befindet. Die Materie ist vom Menschen sehbar, faßbar oder nur meßbar und damit für ihn objektiv vorhanden. Somit ist sie auch ohne den Menschen objektiv gegeben. Aus Materie mit all ihren Bewegungen und Wechselwirkungen besteht die Welt, das ist ihr Inhalt, ihre Existenzgrundlage. Das erste Merkmal heißt somit: „Die Welt ist von Materie erfüllt, die ihre Existenz begründet.“ Gesagt ist hiermit zugleich, die Welt in ihrer Gesamtheit ist keine Vision, kein gedankliches Konstrukt des Menschen.

Das zweite Merkmal betrifft die Bewegung der Materie. Der Terminus „Bewegung“ bezieht sich aber nicht nur auf sich bewegende Massen, sondern auch auf entstehende und vergehende Strukturen. Beispielsweise sind das verwitternde Gesteine ebenso wie in der Tiefe der Erde aufschmelzende mineralische Massen und deren Formierung neuer kristalliner Gesteine während der Erkaltung. Auch das Entstehen lebender molekularer Strukturen gehört hierzu bis hin zu den höchstentwickelten Lebewesen sowie deren Erscheinen und Verschwinden, das Entstehen neuer Arten. Die biologische Art selbst erhält sich durch Fortpflanzung, durch Geburt und Absterben des Individuums. Ähnliche Prozesse kennen wir aus dem Universum. Sterne entstehen und vergehen, ebenso auch Galaxien. Alles ist mit der Bewegung von Materie verbunden, sowohl im Mikrokosmos, in den atomaren wie molekularen Strukturen, als auch in den Weiten des Kosmos als Bewegung der Fixsterne und wahrscheinlicher dunkler Materie in Richtung der Galaxienzentren. Das zweite Wesensmerkmal lautet somit: „Sich wiederholendes Werden und Vergehen“. Zwangsläufig ist hierzu eine Aussage über den Zeitraum der Abläufe unumgänglich. Da ein Erhaltungssatz für Masse und Energie im Universum weder widerlegbar noch beweisbar sein wird und der materieerfüllte Kosmos als objektiv gesehen wird, bleibt nur, dessen Existenz von Ewigkeit zu Ewigkeit anzunehmen. Damit kann (könnte) die Endformulierung heißen: „Ewiges Werden und Vergehen“. Nichts sei damit aber über den Zustand des Universums in all seinen zeitlichen Bereichen ausgesagt. Eine monotone Entwicklung wird es sicher nicht sein. Vorhandenes kann durchaus ganz verschwinden und Neues erscheinen. Werden und Vergehen bezieht sich jedoch alleinig immer auf Erscheinungsformen des Komplexes von Masse und Energie.

Das dritte Merkmal ist die sich „real“, nicht ideal manifestierende Welt, in der wir unsere Beobachtung anstellen. Weitgehend gehorchen Bewegungsabläufe nicht genau den Gesetzmäßigkeiten, die wir ihnen zuschreiben. So folgen Planeten nicht streng der Bahn, die durch Anfangsbedingung und Zentralgestirn vorgegeben ist, sie unterliegen zusätzlichen Einflüssen anderer Planeten, oft auch denen unbekannter Massen. Kristalline Strukturen werden niemals im wahrsten Sinne „rein“ angetroffen, sie enthalten immer Fehler in ihrer Struktur, entweder einen eigenen Besetzungsfehler oder eine partielle Besetzung durch Ionen anderer Substanzen, wir sagen Verunreinigungen. Dieser Realstruktur von Kristallen verdanken wir die Farbenpracht der Halbedelsteine. Paralleles kommt bei Lebewesen durch Fehlbesetzungen in der Erbsubstanz vor, die beim Menschen als Erbkrankheiten im weitesten Sinne oder als Mißbildungen erkennbar sind. In diesen Bereich gehören auch von der Norm abweichende Charaktermerkmale, das sind Fehlinformationen im Hirn oder in den Genen, wozu wohl abweichende sexuelle Orientierungen zählen. Möglicherweise gehört auch hierher, daß die gesamte materielle Welt des Universums ihre Entstehung einem Symmetriefehler während ihrer Entstehung nach dem Urknall verdankt, falls dessen Hypothese wie auch die des Symmetriefehlers Beweise finden (s. u. sowie1). Hier ist aber anzumerken, daß das dritte Merkmal auch eine subjektive Komponente der Wahrnehmung durch den Beobachter, den Menschen, enthält. Der Mensch besitzt eine Vorliebe für das Vollkommene, das Ideale. Die vordergründig ideale Beschreibung der real vorhandenen Welt ist andererseits ein wissenschaftliches Erfordernis. Da der Mensch jedoch alleinig der Beobachter wie Beschreiber der Welt ist, muß diese grundlegende Erscheinung auch mit gleichem Rang genannt werden. Das dritte Merkmal heißt somit: „Die Welt ist überwiegend real aufgebaut.“

Betrachten wir nun die dritte Erscheinung etwas eingehender. Sie hat im Vergleich zur Sicht auf das Wirkungsfeld der zweiten keinen eigenen Wirkungsraum. Wirken kann sie überall dort, wo die zweite Grunderscheinung gegenwärtig ist, und auch nur dort kann sie Spuren hinterlassen. Das Reale wirkt gewissermaßen wie ein auf untergeordnete Störungen weisender Schleier über der umfassenden Dynamik. Eine idealisierte Beschreibung der realen Welt basiert wie bereits ausgedrückt auf einer menschlichen Wesensart wie auch auf handwerklicher Notwendigkeit, zunächst grundlegende, überschaubare und damit idealere Naturvorgänge zu erforschen. Menschen formulieren Naturgesetze (s. a. u.), das sind die Ursache-Wirkung-Beziehungen, für weitgehend von Nebenwirkungen befreite Untersuchungsgegenstände. Wollen sie z. B. die Bewegung eines Planeten um die Sonne beschreiben, dann erfolgt das nicht, indem gleich die Wirkung eines weiteren Planeten auf den betrachteten einbezogen wird. Das System muß einfach, überschaubar und von geringer Zahl der mathematisch zu formulierenden physikalischen Variablen bleiben. Auch die experimentelle, d. h. meßtechnische Prüfbarkeit des formulierten Gesetzes erfordert dies. Das o. g. Zweikörperproblem ist zudem mathematisch lösbar; kommt der dritte Körper hinzu, schwindet diese Möglichkeit. Es ist also eine physikalisch-mathematische Notwendigkeit dieser Vorgehensweise, zunächst idealere Verhältnisse zu wählen. Einzig das Erscheinungsbild der Natur in seiner multivalenten Funktionsweise weicht von den Gesetzen der idealeren Grundstrukturen ab und muß somit als real bezeichnet werden. Die Natur „bemerkt“ ihren vom Menschen gesehenen realen Aufbau aber nicht, sie will sich nicht beschreiben. Sie funktioniert eben gemäß ihrer sich überlagernden Abläufe. In ihrer Gesamtheit ist sie nur für den Menschen „real“, nicht ideal. Menschen sind es, die eine Beschreibung der Natur für ihr Verständnis brauchen. Neben dieser handwerklichen Notwendigkeit bringt der Mensch aber auch ein charakterliches Merkmal mit, er erklärt und präsentiert Dinge eher in ihrer reinen, überschaubaren, ästhetischen Form. Dieses Moment schwingt sicher bei der vordergründig auf Grundsätzliches gerichteten Beschreibung der Natur mit. Überschaubare Naturgesetze wirken weit ästhetischer im Vergleich zu solchen mit vielen Parametern und nicht sofort übersehbaren mathematischen Abhängigkeiten.

Die Fähigkeit des Menschen, das Reale zu erkennen, wie seine Eigenart, aus verschiedenen Gründen nach Vollkommenem und Feinem zu trachten, tritt weit ausgeprägter in Tätigkeiten außerhalb der Naturerkenntnis in Erscheinung. Dies kann ihn selbst, aber auch sein Tagewerk wie sein Handwerk betreffen. Am auffälligsten ist des Menschen Streben nach seiner eigenen äußeren Vollkommenheit, weg von der gegebenen Natürlichkeit, hin zum Schein. Nicht übersehen sei jedoch, auch an ihrer inneren Vervollkommnung arbeiten Menschen, das eine schließt aber oft das andere aus. Immer wenn der Mensch zum Idealen neigt, liegt in Wahrheit Reales vor. Die Betrachtung des dritten Merkmals können wir somit hier nicht verlassen. Auf seine Gegenwart wird an den zutreffenden Stellen eingegangen.

Wenden wir uns nun dem zweiten Merkmal der Welt, der fortwährenden Bewegung der Materie, zu und versuchen zu verstehen, wie diese verursacht sein könnte. Hierzu geht die Kosmologie hypothetisch von zwei im Weltraum meßbaren Erscheinungen aus. Das sind die Rotverschiebung der Spektren sichtbarer Sterne wie auch Galaxien und eine elektromagnetische Strahlung niederer Frequenz, die aus dem gesamten Weltraum zu uns auf die Erde dringt und Hintergrundstrahlung genannt wird. Rotverschiebung des Lichtes der Sterne bedeutet eine Verlagerung aller Spektrallinien zu niederen Frequenzen, Starken und der Schwachen Kraft (oder auch Wechselwirkung).