München 21.10.85

Diese Geschichte die ich euch hier erzählen werde, ist keine Geschichte, es ist die Wahrheit, und auch Geschichte, bloß aus der Vergangenheit heraus geschrieben. Was sich dort abgespielt hatte ist aber tatsächlich passiert. Sie ist mir passiert.
Jetzt da ich 37 bin, und vor einigen Wochen auf einmal, wieder daran erinnert wurde, ganz einfach so, also 27 Jahre später, erschien das Gedächtnis ins Bewusstsein, ist der Abstand doch lang genug, das war mein Resümee zu dieser Sache. Weiter nichts.

Doch dann fing an, sich ein überlegen einzumischen, weil, möglicherweise als Lebenserfahrung, sich da doch wohl etwas in mein Verhalten eingeschlichen haben könnte. Ich fragte mich wie ist mein Verhältnis zum Mitmenschen.

Gestört oder harmonisch.

Die Antwort erscheint dann in Teil Zwei dieses Manuskripts.

Teil Zwei ist Fiktion.

Jedoch hat Teil Eins mich mitgeformt.

also,

bis dann.

Wolfgang Schorat

Ich lebte damals in Heiligenhaus natürlich in einer Familie.. Wir lebten in der Nonnenbrucherstrasse 20 seit 1955 und nun ist’s 1958.. 80 Quadratmeter zwei Erwachsene und drei Kinder.. Manchmal vermieteten meine Eltern sogar ihr Schlafzimmer. Meine Familie, Eltern, war eine Wohlstandsarme Familie eine Geldarme Familie. Als Kind war einem das unwichtig denn das Leben in der Familie war für mich sowieso unwichtig denn da draußen außerhalb der Stadt da waren die Felder die Wälder. Sage ich mal so lapidar dahingeschrieben, in Bezug zur Familie.

Damals war die Nonnenbrucherstrasse und einige anderen Strassen im Nonnen- Bruch das einzige an dieser neuen Siedlung - die Flüchtlinge lebten alle dort.

Hundert Meter weiter von der Strasse fingen schon die Felder an. Da standen die Weizengarben zusammengestellt zum aufpacken auf die Getreidewagen.

Interesse hatte ich zu der Zeit an der Schule so gut wie keine. Aber das Lernen ging leicht und ich war mit Freude dabei.

Die Lehrerin Frau Wartemann schrieb aber unter mein Zeugnis „Wolfgang steigt.“

Verhalten in der Schule hatte sie als „Gut“ bezeichnet.

„Häuslicher Fleiß“ wurde mit „befriedigend“ bezeichnet.

„Beteiligung am Unterricht“ wurde mit „nicht gleichmäßig rege“ bezeichnet. „Schulbesuch“ Regelmäßig Religionslehre befriedigend, Deutsch befriedigend schriftlicher Ausdruck ausreichend. Heimatkunde befriedigend. Rechnen befriedigend. Musik befriedigend. Zeichnen Werken befriedigend. Leibesübungen gut. Schrift ausreichend.

So war mein Zeugnis damals.

Ein Jahr zuvor hatten wir dann den Rektor Steinbacher als Lehrer bekommen. Steinbacher legte absoluten Wert auf „Schönschrift“.

Wer schön schreiben konnte bekam in allem anderen „Gute Noten“.

Natürlich war man nun als Schüler aufgeschmissen. Bei dieser Lehrerin kam’s auf einmal nicht mehr auf „Schönschrift“ an.

Rektor Steinbacher war wohl der idiotensicherste Lehrer den ich „Je“ gehabt hatte.

Das Gefummel mit den Vorlieben der Lehrer ging einem als Kind schon auf die Nerven. Lehrer entwickelten sich durch ihre eigene Person zu unbeliebsamen Menschen. Man fing an auf ihren Köpfen herumzutanzen.

Das Gerede interessierte einen nicht sondern die Lebensqualität unter den MitSchülern war viel wichtiger.

Ich war von dieser Zeit an mehrere Jahre Klassensprecher. Klassen - Sprecherin war Ursel Küster. Eine der besten in der Klasse doch provinzial geblieben.

Wir spielten auf dem Schulhof viel zusammen. Sie und Erika Teichmann, die mir sehr gut gefiel da sie rundere Formen hatte und lieblicher aussah, wir spielten kriegen oder fangen. Doktorspiele hatten wir nicht zusammen da wir uns nur in der Schule sahen und die beiden nicht in der Umgebung von mir wohnten.

Zu den Klassenkameraden gehörte Erwin Lies. Klaus Westphal. Wolfgang Behmenburg. Erhard Wetzel. Friedhelm Behmenburg. Die Behmenburgs und Küsters waren alte Heiligenhauser Familien. Ebenso Klaus Orb.

Helmut Vavers dagegen war sogar „Staatenlos“. Und Helmut Seel der war der wildeste von allen. Nein Hermann Seel hieß er.

Hermann Seel schlug einmal unseren Klassenlehrer Witt den wir im nächsten Jahr bekommen sollten ins Gesicht nachdem Lehrer Witt ihm eine ins Gesicht gehauen hatte. Natürlich war er der „Held“ der nächsten Wochen. Und Lehrer Witt war damit auf sein Verhalten reduziert worden. Das „echte göttliche“ kam dort in Hermann Seel durch, flink, spontan, und Angstlos.

Und auch Ich wurde von diesem Lehrer Witt ins Gesicht geschlagen, weil ich mich weigerte Schillers Glocke auswendig zu lernen. Dieser Schlag ins Gesicht würde mich Jahrzehnte verfolgen, bis zu den Fantasien: So, jetzt ist die Uhr Zeit so weit fortgetickt, das Lehrer Witt Alt ist und Ich in meiner physischen Stärke. Nun werde ich zu ihm gehen und ihm den Schlag ins Gesicht, ein Geschenk das ich nie verlangt hatte, zurückschenken.

Als Klassensprecher hatte ich den Zugang zum Schlüssel für den Biologieraum. Zuvor, als wir Steinbacher den Idiotenrektor hatten, schlichen sich manchmal drei vier aus der Klasse ohne das er es merkte - der schaute nie auf, er gab uns eine Stunde lang etwas zum abschreiben auf, in welcher er dann seine Bücher las.

Wir drei oder vier gingen dann in den ersten „Selbstbedienungsladen“ direkt in der Nähe der Schule auf der Hauptstrasse und kauften eine Stange Kaugummi - kamen aber mit einer Dose Würstchen wieder raus, die wir dann im Biologieraum aufwärmten und aßen.

Als Kind wusste man schon wenn es wirklich um etwas ging in der Schule oder wenn es nur das Leiden der Lehrer war.

Mädchen interessierten uns mehr.

Johannes Bellwied, auch eine Heiligenhauser Familie, war der einzige Bauernsohn in unserer Klasse. Mit Johannes kam ich gut klar. Mir gefiel es sehr gut auf dem Hof da draußen zwischen den Feldern.

Das Leben in dieser Kleinstadt hatte mich nie interessiert. Bloß Häuser Strassen Teer und Beton. Alles viel zu Öde zu unbelebt viel zu unnatürlich diese Enge der Bewegungsfreiheit.

Heiligenhaus hatte damals ungefähr 18000 Einwohner. Von der Stadtschule musste ich dann auf dem Südring gehen um zurück zur Wohnung zu kommen. Direkt vom Südring geht die Nonnenbrucherstrasse zuerst ziemlich steil herunter und war damals links und rechts mit den schönsten Kastanienbäumen verziert. Dort wohnte auch der „dicke Gräbe“ dem ich einmal meine „silberne Pistole“ die ich zu Weihnachten bekommen hatte geliehen hatte .Die sah ich nie wieder. Es gab sehr urige Menschen in Heiligenhaus. Der „Gräbe“ war einer. Aber er war immer freundlich.

Unten am Ende der steilen Nonnenbrucherstrasse hörten dann die Kastanienbäume auf und man hatte einige Felder als Bauland bebaut. Da standen dann die Billigbauten der Gagfah. Alles für die Flüchtlinge. Tausende sollten noch kommen. Danziger Strasse, Breslauerstrasse Königsbergerstrasse Leipzigerstrasse und so weiter.

Ich war damals verliebt in eine blonde Fee die Rita. Sie wohne am Südring und war eine Klasse weiter als ich. Sie war wunderschön. Hatte natürliches blondes Haar und meines war noch Silbrigweißblond. Ich himmelte sie an. Manchmal ging ich Abends insbesondere im Herbst wenn es früher dunkel war zum Haus am Südring und schaute zu ihrem Fenster auf. Dort wohnte sie die geliebte Fee. Ich hatte nie mit ihr irgendwelchen nennenswerten Kontakt. Meine ekstatische Liebe war so stark das ich ganz in den Hintergrund schmolz. Ich konnte sie eben nur anhimmeln. Das wusste sie und wenn sie zurücklächelte war ich einfach fantastisch glücklich. Sie hatte langes blondes Haar.

Naja zuhause war’s mir damals schon zu eng.

Auch durchschaute man als Kind schnell das es mit der Familie dem Familienleben nicht das war wie man selbst war. Da waren zu viele Reibereien innerhalb der Verwandtschaft das machte mich sehr hellhörig und schon damals war das Familienleben für mich eine Farce. Freiheit da draußen das war das echte Leben für mich.

Wir spielten viel Fußball. Sehr oft wurden dann auch Straßenspiele gemacht. Die Nonnenbrucher gegen die Danziger Straße. Es wurde hart gekämpft. Das machte Laune. Die Energie muss fließen und das tat sie auch auf alle erdenklichen Möglichkeiten.

Mein Vater war ein Schlosser bei der Firma Glittenberg. Wie der bloß so lange in solchen Firmen klargekommen ist? Glittenberg war damals noch in Velbert. Später fuhr er dann nach Krefeld um in einem Röhrenwerk zu arbeiten direkt am Rhein. Dort wurden Stahlrohre produziert. Jahrzehntelang das Getöse der Stahlrohre - Wahnsinn.

Bei uns in der Familie wurde dann noch ein Kind geboren. Und tatsächlich als ich schon 17 war noch eines. Das war mir dann endgültig zu viel. Ich kam mir vor als ob ich da ersticke.

Nun als 10 jähriger war man wach und hörte sehr viel.

Bei den Eltern waren Abends die Freunde die bekannten. Dann wurde getrunken und die Erwachsenen feierten. Es wurde viel vom Krieg geredet und man bekam mit wie schlimm es gewesen sein soll. Auch Sex wurde oft erwähnt in ihren Gesprächen. Die Kunst des Lästerns über andere wurde mitgehört. All das gefiel mir gar nicht sonderlich doch beim Sex wurden die Ohren viermal so lang.

Meine beiden Geschwister Brigitte 4 Jahre jünger und Marlies 5 Jahre jünger, schliefen im gleichen Zimmer wie ich. Brigitte war wild frei und vieles passte ihr nicht. Sie Nörgelte viel und heulte aber auch oft wenn man ihr die Haare kämmte, und sie hatte sehr schönes langes Haar. Die Marlies eine dünne, von der Welt um sie herum schon mehr als erstaunt aussehende, war die sensibelste von uns dreien. Sie weinte oft beim Sonntagsessen wenn die Familie zusammen saß. Mein Vater bestand darauf dass sie ihren Teller leer aß. Das war schlimm und er bekam Wutanfälle. Die Schorats sind von der Wut geplagt. Das sah man als Kind sofort. Und diese Wut wurde natürlich dann auch auf die Kinder übertragen und zwar durch Schläge. Der Bruder meines Vaters hatte mich mal als wir noch in Hennstedt lebten in einem Wutanfall ins Gesicht geschlagen so dass ich einen blutigen Mund hatte. So wird durch Gewalt die Gewalt auf andere Menschen übertragen und zwar überträgt man den Astralkörper in den Körper des Opfers also mich damals. Das ist Besessenheit. Und was bedeutet das nun für denjenigen der geschlagen wurde. Es bedeutet das ich diese Wut in mein System übertragen bekam und diese Wut als der Astralkörper meines Onkels sich durch mein Schönheitssein Freiraum schaffte und ich ein Wutverhalten Kampfverhalten in mir mit mir trug. Nach ca.17-18 Jahren als ich in Berlin in der Holsteinischen Straße lebte und in der Küche am kochen war, fiel plötzlich dieser Astralkörper meines Onkels Werner der Bruder meines Vaters der 8 Jahre älter war als ich „Aus Mir heraus“. Ich sah wie der Werner aus meinem System herauskam als Astralkörper. Also eine identische Kopie seines physischen Körpers und ich war sofort von einer großen Belastung befreit spürte ich, auf meinem Weg zu mir selber. Und so, wird durch Gewalt auch durch Kriege der Astralkörper der Sieger auf die Verlierer übertragen und sie werden nicht sie selber sein können sondern sind immer mit der Einflussnahme durch Gewalt, Kriege, Schläge, Missbrauch, Fehlgeleitet durch die Energetische Übertragung auf die Verlierer. So werden ganze Nationen entfremdet und überfremdet und Missbraucht. Deswegen ist Friede und Liebe deinen Nächsten das Höchste Gebot, die Höchste Form des Seins, weil nämlich dadurch der Gottgegebene Freie Wille Frei bleibt, was unverzichtbar ist für saubere Ent-Wicklung und nicht Ver-Wicklung. Sonst entstehen Roboter und keine Liebe.

Die Marlies war das Aschenbrödel der Familie. Sie ging auch mit ihren Füßen etwas watschelig nach innen, als ob sich die Zehen berühren sollten. Oft beim Spazieren stolperte sie über ihre eigenen Beine oder sie lief gegen einen Laternenposten. Sie war ziemlich verträumt. Jeder wächst aber auf seine eigene Art einer schnell andere langsam und verträumt.

Mit den beiden Geschwistern kam ich gut klar. Wir hatten ein nettes Leben zusammen. Wenn meine Eltern weg waren schmolzen wir uns Zucker in der Pfanne und machten uns „Klümpchen“. Geld für Taschengeld oder so was hatte es zu unserer Zeit nie gegeben.

Geld - was war das überhaupt - Geld war mir völlig fremd.

Ich war dazu auserkoren, da ich ja der älteste war immer Einkaufen zu gehen. Und zwar auf „Pump“. Anschreiben. Bis der Wochenlohn wieder kam. Die Frau Zepner am Ende der Nonnenbrucherstrasse hatte einen kleinen Lebensmittelladen. Dort war ich dann sicherlich als derjenige bekannt der immer auf „Pump“ einkauft.

Meine Mutter sah dünn und abgearbeitet aus. Trotzdem pfiff Sie noch bei der Arbeit. Das sollte später aber aufhören. Das Leben war mit seinen Vorstellungen wie auch immer einfach sie waren zu „zäh“ für sie geworden.

Unten im Keller baute ich mir dann meine Schwerter und Schild das Grün bepinselt wurde, wie Sigurd. Dass Schwert wurde geschnitzt.

So waren wir dann selbst mittelalterliche Schwertkämpfer und trugen unsere Schlachten aus. Das Fechten gehörte zu unseren speziellen Tätigkeiten. Wir bauten uns auch Flitzebogen und gingen auf Jagd. Hasen oder Tauben. Aber nie wurde was getroffen.

Aus Haselnuss Ästen die so schön gerade wuchsen und für Bögen gut geeignet waren wurden dann die Bögen geformt. Diese Bogenspiele diese Schwertspiele oder Pistolenspiele spielten sich in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses ab. Ab und zu schlugen wir jemanden eine Beule oder hatten ein Loch am Kopf gehauen bekommen.

Am treffsichersten waren aber unsere „Flitschen“, oder „Katapulte“ genannt Mit Flitschen da hatten wir schon gefährlichere Waffen. Außerdem konnte man zur Firma Schlechtendahl gehen die ihre Stanzreste direkt in Behältern am Südring lagerte. Dort packten wir die Taschen voller kleiner runder Lochstanzreste und legte dann so eine Art „Schrot“ ins Katapult. Da waren dann 10-20 Kugeln drin. Das war gefährlich.

Einmal bekam ich das auch zu spüren. Erhardt Wetzel, die beiden Behmenburgs, und Erwin Lies und Ich, waren beim Johannes Bellwied wieder mal auf dem Hof. Wir waren in der Strohscheune oben- ganz fantastisch da oben. Es hatten sich zwei Gruppen geformt und ohne die Köpfe über die Strohballenbarrikade zu heben beschossen wir uns mit diesen Blechkugeln. Dann passierte eine weile gar nichts. Ich heb dem Kopf hoch und in dem Moment schießt Friedhelm Behmenburg eine Ladung los. Und hier passierte etwas „wunderbares“. Bevor die Blechkugel mein linkes Auge traf schloss sich noch das Augenlied und der Augenapfel wurde dadurch nicht beschädigt. Einfach fantastisch wie man sich so selbst rettete. Natürlich traf die Kugel mit voller Flitschenwucht und ich sah schwarz von dem Moment an.

Ich musste zum Augenarzt und trug eine zeitlang eine Augenbinde. Ich hatte „Glück“ gehabt. Konnte nach zwei Wochen wieder Sehen. Doch meinen Eltern erzählte ich dass mir beim Waldspaziergang ein Ast ins Auge schlug.

Der Bauernhof von Bellwieds war für mich sowieso zum erleben, herumtoben, neues zu erkundschaften das höchste. Johannes Bellwied und ich trafen uns oft. Wenn die Zeit zum Kartoffelernten kam, dann kamen die Bauern, Bellwieds auch, schon mal in die Schule, wer dann Lust zum Kartoffel Sammeln hatte der bekam einige Stunden früher schulfrei.

70 Pfennig bekam man die Stunde. Es war einfach fantastisch dort draußen auf dem Kartoffelfeld zu sein. Man bekam einen Drahtkorb der Trecker wurde durch die Furchen gefahren - die Kartoffeln nach draußen geschleudert und schon ging das Sammeln los.

Keiner trieb dich an - außer wir selber - wir steigerten uns in die Höhepunkte des schnellsten Einsammelns. Einfach so, weil’s Spaß machte. Die Erde war schön weich und formbar. Die Kartoffeln dufteten und man war immer guter Stimmung. Nachmittags gab’s dann was zu Essen. Die Bauern hatten dann ihre Bauernschnitten und Kaffee gebracht. Das war auch was neues. Da schmeckte die Wurst anders. Das Brot auch. Und man saß da auf der dunklen Erde und freute sich.

Wenn die Sammelei ein Ende hatte blieben einige noch länger auf dem Feld. Wir machten dann ein Feuer um das Kartoffelkraut zu verbrennen und rösteten in der Glut dann die frischen Kartoffeln. Sie wurden dann mit einem Ast aus der Glut gestochert und mit einem anderen Ast abgeklopft oder die verkohlte Schale damit abgekratzt. Aber ein bisschen verkohlter Schale musste dran bleiben denn das schmeckte interessanter. Die Kartoffeln waren absolute Klasse.

Johannes Bellwied und ich, fuhren dann auch schon mit dem Trecker auf die Felder und pflügten sie. Genau so „eggten“ wir sie. Wenn die Heuernte war, war ich oft auf dem Heuwagen und platzierte das mit der Heugabel hochgehobene Heu in Positionen. Der Duft des Heus brachte Schönheit. Da draußen zu sein auf einem alten Heuwagen mit runden aus Holzstämmen Seitenplanken und alten eisenbeschlagenen Holzrädern war einmalig. Manchmal zogen die zwei Pferde die sie noch hatten den Wagen. Hoch auf dem gelben Wagen traf dort für mich noch richtig zu.

An manchen schönen Tagen wenn wir uns mit gelben Stachelbeeren den Bauch vollgeschlemmert hatten gingen wir dann aufs Feld und legten uns gegen die Heuballen die um das Dreistangengerüst aufgebaut waren zum trockenen. Man lag einfach so da und tat gar nichts.

Das schlimmste am Bauernhof war der riesengroße Wachhund den sie hatten. Man wusste vorher nie ob er angekettet war oder ob er lose war. „Tell“ war sein Name. Tell war schwarz Schäferhundartig und gefährlich. Größte Vorsicht aus meiner Sicht war geboten wenn man sich dem Bauernhof näherte. Einmal stand ich vorne am Eingang der Bauernhaus Tür, das noch ein altes Fachwerkhaus war, und wartete denn die Tür war um Mittags abgeschlossen und ich wollte nicht zu laut sein. Der Johannes war bestimmt in seinem Zimmer um Schularbeiten zu machen und die Mutter döste wohl - also stehe ich dort im Türrahmen - und dann kommt der Tell auf einmal um die Ecke – wenn Bellwieds schliefen dann war der Hund loseverdammt er kam ganz ruhig auf mich zu – dann stand er vor mir und schnüffelte mich aus- und er muss wohl gespürt haben das ich Angst hatte, denn auf einmal biss er zu- und zwar in meinen Schuh. Er hätte genau so gut ins Bein beißen können. Aber nein, in den Schuh wo man gar nichts spürte. Sofort lief der Tell weg. Das war die einzige brenzlige Situation die ich mit ihm hatte. Ansonsten schlichen wir beide doch mehr oder weniger voneinander mit Abstand um den Bauernhof herum.

Als 10 Jähriger hatte ich nun eine neue Lederhose bekommen. Diese glänzenden dunkelgrünen. Sehr schöne Hose. Einmal gehe ich Mittags über den Hof und auf einmal wird der Ganter ganz böse auf mich und fängt an zu zischen und macht die anderen Gänse auch ganz wild und alle Gänse fangen an hinter mir herzurasen im Gänserasen. Also fange ich auch an wegzulaufen stolpere und reiße mir an der neuen Hose einen Knopf ab den linken der zum Trägerfestbinden war. Manchmal drehten die Gänse einfach durch.

Hinten auf dem Hof stand auch noch ein riesiger Schleifstein unmittelbar vor dem Küchenfenstern. Wir Kinder schliffen dort unsere Waffen. Oder manchmal spielten wir auch mit dem Schleifstein. Nun, dieser Schleifstein war aber über einen Meter im Durchmesser. Und 35 Zentimeter dick. Also ein schwerere Brocken. In der Mitte hatte man einen Griff angemacht, und er lag auf einem Gestell, so das man ihn mit dem Griff‘ in der Mitte drehen konnte. Den erst mal in Schwung bringen dauerte schon lange da er bestimmt mehrere Hundert Pfund wog. Und wenn die in Schwung sind dann kann man längere Zeit schleifen ohne ihn zu drehen. Er dreht mit Eigenschwung. Natürlich war auch das eine Quelle der Gefahr. Nämlich an einem sonnigen Nachmittag - zu oft hatte seine Mutter uns schon von dem Schleifstein weg gejagt- sollten da einfach nicht mit spielen - hatten wir den Stein so richtig in Schwung gebracht – das war Laune sich da abzurackern bis der sich zehnfünfzehn Minuten selber drehte. Bloß,,, im vollsten Schwung verhedderte sich meine Hosenträger in dem Griff des Schleifsteins. Im „Nu“ wurde ich als ob ich ein Stückchen Papier für den Stein wäre, von der Geschwindigkeit ergriffen und zweimal völlig hilflos durch die Luft und auf den Boden geschleudert.

Ziemlich lädiert sah ich aus als mich die Freunde doch noch schnell wegreißen konnten. Dieser Schleifstein in Schwung war extrem gefährlich. Die Sicheln wurden dort geschliffen und auch die Blätter für den Grasmäher.

Manchmal schlichen wir uns auch auf den Dachboden des Hauses. Da konnte man nicht so leicht hinkommen weil man da direkt ins Wohnhaus musste und sich ganz vorsichtig die Treppen hoch schleichen musste um an den Erwachsenen vorbeizukommen.

Der alte Boden-oben-einfach toll - voller Gerümpel – Webstühle - altes Pferdegeschirr alte Holzharken alte Stühle - Tontöpfe alte Kisten mit sehr alten Zeitschriften und Briefen und alte Briefmarken. Ganz alte Kleidung und so weiter und alles in diesem diffusen Licht. Aber von dort konnte man in den Hühnerstall sehen durch die Spalte in den Dielen. Viele Ratten hatten dort auch ihre Galadinner Plätze und Mäuse auch und natürlich die Hühner und wir wollten die Hühnereier haben. Erwin Lies war bei diesen Hühnerstallabenteuern dabei. Wir bauten uns also eine Strickleiter - brachen die Dachdielen offen die sowieso schon mehr offen als fest waren und mal der Johannes mal Ich oder der Erwin kletterten in den Hühnerstall in dem dann ab und zu die Hühner durchdrehten und wild gackerten aber wir bekamen immer frische Eier. Diese Eier die kochten wir uns dann hinterm Hof unter dem großen Holunderbusch in einer Konservendose und verspeisten sie schließlich. Dabei wurden wir niemals erwischt. Unsere Schleichkunst war perfekt.

Natürlich gab’s auch zwei Knechte auf dem Hof. Einer war ein echterer Knecht in meinen Augen als der andere. Der Niklas so hieß er, der war verheiratet und wohnte in der Stadt Heiligenhaus. Er war mehr ein Landarbeiter. Aber der Paul, der sah schon etwas beschränkt aus, war kräftig gebaut und konnte nicht richtig Sprechen. Er wohnte auch bei den Bellwieds und hatte ein Zimmer im Haus das ich nie gesehen hatte.