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Inhalt

In der Südsee

Im Land der Mayas

Durchs Baltikum

Am Kilimandscharo

Sumatra

Antarktis

In der Südsee

Riesige Wolkentürme verraten den Standort der höchsten Berge Neuguineas, so den ungefähr viereinhalbtausend Meter hohen Mount Wilhelm. Der Landeanflug läßt uns die Astrolabebucht überqueren. Dann bin ich in Madang, dem früheren Friedrich-Wilhelms-Hafen. Otto Finsch schreibt über die Entdeckung, daß „Kapitän Dallmann gegen Mittag von seiner Bootexkursion mit der frohen Kunde zurückkehrte, daß der bislang vergebens gesuchte Hafen gefunden sei, und zwar ein ganz vortrefflicher. Schnell wurde Anker gehivt, und kaum eine halbe Stunde später lagen wir in dem herrlichen Bassin, das wir zu Ehren Seiner Kaiserlich und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen ‚Friedrich-Wilhelms-Hafen‘ benannten.“ Der Ort ist im letzten Weltkrieg fast vollständig zerstört worden, so daß aus deutscher Zeit nur die Reste des Friedhofs geblieben sind. Madang wirkt recht parkähnlich, ein Eindruck, der durch die Lagune sowie die geschwungene Küstenlinie verstärkt wird. Aber im Park warnt ein Schild am Teich vor Krokodilen! Und allenthalben rote Flecken auf den Straßen lassen mich Schlimmes vermuten, bis ich erkenne, daß es nur der ausgespuckte Brei zerkauter Betelnüsse ist. Im Hintergrund der Stadt erheben sich die Höhenzüge der Albertberge, vorgelagert ist die Vulkaninsel Karkar. Der nordwestlich gelegene Vulkan Manam soll vor kurzem ausgebrochen sein, und auch hier noch, etwa einhundertfünfzig Kilometer entfernt, ein leichtes Erdbeben verursacht haben. Auf einer Landzunge stehen sehr schöne Häuser, am Ufer schaukeln Motorboote. Die Vegetation ist tropisch, in manchen Bäumen hängen fliegende Hunde und geben kreischende Geräusche von sich. Das Klima, das in einigen alten Quellen als „fürchterlich“ bezeichnet wird, unterscheidet sich meines Erachtens nicht wesentlich von dem in Singapur, nur scheint es mir vielleicht nicht ganz so schwül zu sein, was möglicherweise der leichten Seebrise zuzuschreiben ist.

Das Hotel, in dem ich wohne, das „Coast Watchers“, hat seinen Namen von dem gegenüber der Straße, am Meeresufer 1959 errichteten Denkmal für die im letzten Weltkrieg gefallenen Beobachtungsposten der Alliierten. Zum Abendessen begebe ich mich in das Hotel-Restaurant, das, nach der Speisekarte zu schließen, „Bismarck-Restaurant“ heißt. Aus gutem Grund: Man hat einen schönen Blick auf die Bismarcksee. Der Speisekarte ist ferner zu entnehmen, daß hier verständlicherweise Fischgerichte den Vorrang haben. Das Essen ist gut, die Bedienung ebenfalls. Offensichtlich hat es sich unter den Hotelbediensteten zwischenzeitlich herumgesprochen, daß ein Deutscher den Weg zu ihnen gefunden hat – die meisten Reisenden kommen naturgemäß aus dem australisch-neuseeländischen Raum –, denn ein Ober fragt mich, ob „alles gut“ sei, auch als ich die Rechnung quittiere, äußert er ein „Dankeschön“, woraufhin ich mich, als ich gehe, von ihm mit einem „Gute Nacht“ verabschiede, was er erwidert. In meinem Zimmer entdecke ich einen kleinen, nicht unangenehmen Mitbewohner: einen Gecko. Erfreulicherweise verhält er sich ruhig.

Ich besichtige das völkerkundliche Museum, genannt „Haus Tumbuna“. Während „Tumbuna“ etwa so viel wie „traditionelle Kultur“ bedeutet, scheint es sich bei „Haus“ um ein aus dem Deutschen entnommenes Wort zu handeln, denn dessen Bedeutung ist mit der des deutschen „Haus“ identisch. Am nahegelegenen Ufer sehe ich einen Einheimischen auf eine Kokospalme klettern und Kokosnüsse pflücken. Ich komme mit ihm und einigen weiteren Einheimischen ins Gespräch, wobei ich erfahre, daß es reichlich Arbeitslose im Lande gibt, weshalb in Lae und Port Moresby, den größten Städten, eine hohe Kriminalitätsrate zu verzeichnen sei. Madang und Rabaul hingegen seien sicher. Auch wird mir eine Kokosnuß angeboten, die ich dankend annehme. An der Küste zurückwandernd entdecke ich ein Relikt des vergangenen Krieges: eine vor sich hinrostende Kanone. Anstelle von Feinden stürmt heute jedoch nur die Brandung gegen die Korallen.

Vom Marktplatz, wo die Busse ihren Ausgangspunkt haben, fahre ich mit einem Kleinbus nach dem etwa zwanzig Kilometer nördlich von hier gelegenen Alexishafen. Etwas außerhalb vom eigentlichen Alexishafen, an einer schönen Bucht gelegen, befindet sich das Saint Fidelis College, das ich besichtige. Ein dort beschäftigter Amerikaner – auf meine Frage nach seiner Herkunft: „Colorado“! – führt mich auf dem Gelände herum und zeigt mir das Wesentliche, unter anderem zwei alte japanische Kanonen. Auf dem gegenüber befindlichen Ufer ein noch traditionell ausschauendes Eingeborenendorf. Ganz so idyllisch, wie es zunächst scheinen mag, ist es jedoch nicht. Der Amerikaner berichtet mir, daß eines Tages ein Krokodil ans Ufer kam und sich ein Schwein holte. Seitdem wollen die Zöglinge dort nicht mehr baden. Was für ein Wunder! Ich wandere weiter zum eigentlichen Alexishafen, einer noch aus deutscher Zeit herrührenden Missionsstation. Eines der Gebäude soll noch von damals sein. Das Ganze ebenfalls sehr reizvoll gelegen. Was natürlich nicht fehlen darf: Reste eines Panzers. Da ich eine entsprechende Eintragung auf der Karte gefunden hatte, mache ich mich nun auf die Suche nach einem in der Nähe befindlichen Wrack eines japanischen Flugzeuges. Unterwegs sehe ich eine alte, einen Fluß überquerende Brücke. Vielleicht rollte damals der für die Flugzeuge bestimmte Treibstoff über diese Brücke? Ich frage zwei mit Fahrrädern entlangkommende Einheimische nach dem Weg. Antwort: Ob ich Fahrrad fahren könne. Daraufhin bekomme ich eines der Fahrräder, und los geht es. In die Wildnis hinein. Zuletzt ist Fahrradfahren nicht mehr möglich. Also zu Fuß quer über eine ehemalige, mit Bombenkratern übersäte, inzwischen weitestgehend zugewucherte Landepiste. Schließlich stehen wir vor dem Flugzeugwrack. Es ist offensichtlich am Boden zerstört worden. Zurück zu dem wartenden Einheimischen. Der hat in der Zwischenzeit Kokosnüsse gepflückt. Die Milch erfrischt mich, inzwischen völlig durchgeschwitzt, außerordentlich. Sobald man sich nur etwas körperlich betätigt, ist das Klima wirklich „fürchterlich“. Bald finde ich auch eine Rückfahrgelegenheit nach Madang. Auf der Hotelveranda einen Kaffee trinkend und den Blick auf die Bismarcksee genießend, gesellt sich ein heute aus Lae eingetroffener Deutscher zu mir. Als ich ihm vom „gefährlichen“ Lae berichte, ist er doch sehr erstaunt. Das abendliche Essen, ein Curry, ist wieder schweißtreibend. Interessanterweise muß man, wenn man ein Bier bestellt – es gibt üblicherweise Flaschenbier –, immer darauf hinweisen, daß man ein Glas möchte. Die Herren Australier, die das Gros der hiesigen Touristen ausmachen, scheinen feinere Tischsitten zu haben als wir, die „Hunnen“. Insgesamt wieder ein sehr aufschlußreicher Tag. Wo ich gehe und stehe, treffe ich auf Spuren des Pazifischen Krieges. Pazifik – friedlicher, stiller Ozean! Abgesehen von allem Anderen muß es schon die Hölle gewesen sein, in diesem Klima die Härten eines Krieges mitzumachen. Ohne all die Annehmlichkeiten der Zivilisation. Der Tag findet seinen Ausklang mit einigen friedvollen Minuten am Meeresufer. Noch einmal kommen mir die Worte meines heutigen „Flugzeug-Führers“ in den Sinn: „We PNGs respect Whites.“ und nach einigem Besinnen fügte er hinzu: „Some of us.“ (PNG ist eine geläufige Abkürzung für Papua-Neuguinea.)

Auf der Fahrt nach Yabob komme ich mit dem Busfahrer in ein Gespräch, und er bietet mir an, mich zunächst nach Bilbil, einem etwas südlicher gelegenen Dorf, zu fahren. Diese Küstendörfer sind bekannt für ihre Töpferwaren. Auf einfachste Weise werden recht kunstvolle braune Tongefäße hergestellt, die mit eingekerbten Ornamenten und durchbrochenen Partien verziert sind. Unregelmäßige Schwärzungen rühren vom Brennen im offenen Feuer her. In Bilbil habe ich Gelegenheit, einer alten Frau beim Töpfern zuzuschauen. Mein Fahrer reicht mir einen kleinen Topf, und als ich bezahlen will, gibt er mir zu verstehen, daß ich mich darum nicht zu kümmern brauche. Im nächsten Dorf zeigt er mir sein Haus. Als er mich dann schließlich in Yabob absetzt, und ich ihn frage, was er von mir zu bekommen hätte, verneint er dies strikt. Auch mein Hinweis, daß ich doch einer seiner Fahrgäste sei, beeindruckt ihn nicht. Vermutlich hat ihm meine Art des Reisens und mein Interesse an den hiesigen Menschen gefallen. So verabschiede ich mich herzlich von ihm. In Yabob werde ich von einer Dorfbewohnerin herumgeführt – auch hier wird mir das Töpfern demonstriert – und schließlich auf einem kleinen Küstenpfad in einen etwas nördlicher gelegenen Ortsteil begleitet. Hier werde ich der Fürsorge eines weiteren Dorfbewohners übergeben. Man ist gerade dabei, Töpfe zu brennen, so daß ich den gesamten Vorgang verfolgen kann. Da ich mich an allem sehr interessiert zeige, werde ich auch noch in die einheimische Küche eingewiesen. Es gibt Yamswurzeln, Süßkartoffeln, Kochbananen und Fisch. Als Getränk gibt es leider Regenwasser; ich hoffe, daß mir dies nichts schadet. Durch diesen Aufenthalt bekomme ich einen Einblick in die hiesige dörfliche Lebensweise. Sie ist offensichtlich vor allem dadurch gekennzeichnet, daß der Zeitbegriff keine Rolle spielt. Was heute nicht geschieht, hat auch noch Zeit bis morgen. Schließlich verabschiede ich mich auch hier sehr herzlich und danke für die gewährte Gastfreundschaft.

Abends im Hotel – es sind gerade einige australische Soldaten in Uniform eingetroffen, was mich sehr verwundert – gehe ich noch einmal die wenigen Schritte zum Meeresufer und genieße die laue Luft der Bismarcksee, die unter dem fast vollen Mond glitzert. Über dem fernen Finisterre-Gebirge, das heute morgen in wunderbarer Klarheit zu sehen war, wetterleuchtet es. Ein Satellit zieht über mir seine Bahn; es strahlt das Kreuz des Südens.

Der Tag beginnt für mich früh, aber so komme ich in den Genuß des Sonnenaufganges. Während ich frühstücke, tummeln sich Delphine draußen im Wasser. Dann sitze ich im Bus nach Kundiawa. Die Straße, teils geteert, teils Schotterpiste, schlängelt sich zunächst durch das waldbestandene Finisterre-Gebirge, um dann in das breite Tal des Ramu-Flusses abzubiegen, zur Linken das Finisterre-Gebirge, zur Rechten das Bismarckgebirge. Dabei passieren wir auch die ausgedehnten Felder der Ramu-Zuckerrohrplantage. Schließlich biegen wir von der nach Lae führenden Straße rechts ab, und in Serpentinen geht es hinauf in das Hochland. Vor Kainantu wird ein großer Stausee passiert. Ursprünglich sicherlich bewaldet, sind die Hügel und Berge heute weitestgehend kultiviert beziehungsweise Grasland. Nach immerhin achtstündiger Fahrt treffe ich auf gut 1.500 Metern in Kundiawa ein. Der Ort macht keinen herausragend guten Eindruck, und bedauerlicherweise paßt sich das Hotel dem an. Für den horrenden Zimmerpreis eine gehörige Zumutung, aber das zweite Hotel ist abgebrannt. Einziger Lichtblick: Ich lerne im Hotel zwei Australier kennen, die hier für die PNG-Bank arbeiten. Deren Situation erinnert mich ein wenig an die meine im Eisenhüttenstadt unmittelbar nach der Wende. Wir trinken einige Biere zusammen und pflegen eine für mich wegen der australischen Aussprache ziemlich mühsame Unterhaltung, dann ziehe ich mich allerdings recht bald in mein Zimmer zurück. Neben den Anstrengungen der Fahrt, die jedoch wesentlich schlimmer hätte sein können, macht mir vor allem eine Erkältung zu schaffen, die sich schon seit zwei Tagen ankündigte und heute voll zum Ausbruch kommt. Das ist ja oftmals das Problem bei Reisen in die Tropen. Erst der Klimawechsel und dann die Kombination von Hitze und Klimaanlage.

Es ist nicht so ganz einfach, den ungefähr vierzig Kilometer von Kundiawa entfernten, mit 4.509 Metern höchsten Berg Neuguineas und des gesamten pazifischen Raumes, den Mount Wilhelm, zu erreichen. Zu Fuß und mittels zweier Mitfahrgelegenheiten gelange ich schließlich am frühen Nachmittag zu der am Mount Wilhelm gelegenen Mount Wilhelm High School. Der Berg ist wolkenverhangen, und es regnet. Ein einheimischer Führer namens Thomas bietet sich an, mich zu begleiten. Dank der Verständigungsschwierigkeiten – Thomas spricht leidlich Pidgin – weiß ich eigentlich gar nicht so recht, worauf ich mich einlasse. Aber, um es an dieser Stelle gleich zu vermelden, ich bereue es nicht. Das einzige, was mir klar ist, besteht in der Tatsache, daß am Morgen eine bessere Sicht zu erwarten sei, so daß sich die Notwendigkeit ergibt, irgendwo zu übernachten. Wie sich herausstellt, soll dies in einer Berghütte geschehen. In einer Höhe von 2.500 Metern passieren wir den Wachtposten des Nationalparks. Ich bezahle die Übernachtungsgebühr für uns beide und erhalte dafür den Schlüssel für besagte Hütte. Dann beginnt der eigentliche, insgesamt zweieinhalb Stunden in Anspruch nehmende Aufstieg. Zunächst durch schlüpfrigen Regenwald, der seinen Namen heute wirklich verdient hat. Gelegentlich sind die maschinengewehrähnlichen Geräusche der Paradiesvögel zu hören. Nach ungefähr anderthalb Stunden kommen wir in eine Gegend, wo der Wald aufhört und durch riesige Farne ersetzt wird. Diese eigenartige Vegetation erhält ihren besonderen Reiz durch die Wolken, durch die wir schreiten. Der Boden scheint mit Wasser gesättigt zu sein, und wir sehen mehrere nicht allzu große Wasserfälle. Wenn ich Thomas richtig verstanden habe, regnet es hier jeden Tag. Schließlich erreichen wir die am Piunde-See malerisch gelegene Hütte auf 3.480 Metern. Ich bin ziemlich erschöpft. Von oben durch den Regen, von unten durch die Wasserlachen und den quatschnassen Untergrund weitestgehend durchnäßt. Dazu das allemal tropische Klima und die dünne Höhenluft. Während Thomas den Ofen befeuert und das Abendessen bereitet – Reis mit Fisch –, blättere ich in dem in der Hütte befindlichen Gästebuch. Ich staune, daß Bergsteiger hier gar nicht so selten sind. Die letzten waren erst drei Tage vor uns hier. Auch aus dem deutschsprachigen Raum kommen einige Eintragungen; sogar eine Berlinerin ist vor einem Dreivierteljahr hiergewesen. Während für mich hier Endstation ist, weil ich weder über die entsprechende Ausrüstung noch über den notwendigen Enthusiasmus verfüge, sind die meisten natürlich auf den Gipfel gestiegen. Das wären nochmals vier bis fünf Stunden Aufstieg. Meine Sachen hänge ich zum Trocknen über den Ofen; ich soll sie für die kühle Nacht noch nötig haben. Die vorhandenen Matratzen legen wir recht nahe an den Ofen, und Thomas legt mehrmals in der Nacht Holz nach. Die Nachtruhe könnte komfortabler sein, aber es ist erträglich. Allerdings haben wir beide am Morgen Kopfschmerzen vom Rauch. Am Morgen scheint die Sonne, und wäre ich nicht immer noch recht schlapp – vielleicht auch ein Ergebnis meiner immer noch anhaltenden Erkältung –, wüßte ich die schöne Szenerie wohl noch mehr zu genießen. Allerdings ist der Gipfel, der meistens schneebedeckt sein soll, von unserem Standort aus nicht zu sehen. Es folgt der Abstieg. Ich entlohne Thomas und wandere Richtung Kundiawa. Nach einer ganzen Weile habe ich das Glück, daß ein Kleinbus des Weges kommt und mich in die Stadt mitnimmt. Im Hotel dusche und rasiere ich mich erst einmal, schlendere dann über den Markt, und halte anschließend Siesta im Hotel, derweil draußen der Regen niederrauscht. Zu Abend esse ich im Hotel – Restaurants habe ich im Lande noch nirgends gesehen –, und jetzt freue ich mich auf eine geruhsame Nacht. Wenn auch meine Art des Reisens immer recht anstrengend ist, so gibt sie mir doch auch immer wieder Erlebnisse, die diese Anstrengungen wert sind. Für gemütliche Reisen stehen mir noch spätere Jahre zur Verfügung.

Als ich meine Rechnung begleiche, stelle ich fest, daß mir die Besitzerin des Hotels, eine Philippinin, die außerhalb zugebrachte Nacht nicht berechnet, obwohl das Zimmer ja durchaus von mir belegt gewesen ist. Wäre mir in Deutschland wohl kaum passiert.

Da ich keinen direkten Bus nach Madang bekommen kann, fahre ich zunächst nach Goroka. Dort angekommen, warte ich anderthalb Stunden vergeblich auf einen Bus nach Madang und besteige letztlich einen solchen nach Lae, der mich in Watarais absetzt. Hier habe ich wieder zu warten. Währenddessen hole ich mir in einem Kiosk eine Schachtel Zigaretten. Ich lege einen Geldschein auf den Tresen und gehe, werde aber gleich darauf zurückgerufen, weil man mir das Wechselgeld geben will. Ich habe – achtlos – einen zu großen Geldschein hingelegt. Auch diese Anständigkeit wäre mir woanders gewiß nicht begegnet. Nach gut einer Stunde Wartezeit, während der ich schon recht nervös werde – es könnte ja auch sein, daß gar kein Bus mehr kommt – habe ich endlich Anschluß. Es hat den ganzen Tag über schon gelegentlich geregnet, aber auf der Berg- und-Tal-Fahrt durch das Finisterre-Gebirge ist es auf der Schotterpiste zuweilen sehr schlüpfrig. Während ich den Fahrer bis dahin für einen sehr vorsichtigen gehalten habe, muß ich nun feststellen, daß er recht unsicher und ungeübt ist. Er schaltet viel zu spät herunter, nimmt dem Wagen damit unnötig Fahrt, was schließlich dazu führt, daß dieser am Hang stehenbleibt, und die Reifen beim versuchten Anfahren durchdrehen. Einige Männer müssen aussteigen und schieben, bevor es weitergehen kann. So kommen wir erst spät in Madang an. Man fragt mich, wo ich wohnen würde und setzt mich als ersten, ungeachtet der übrigen Fahrgäste, am Hotel ab, sich für die mir zugemutete Ungelegenheit entschuldigend. Normalerweise befindet sich die Bushaltestelle am Marktplatz. Im Hotel habe ich nochmals Glück und bekomme mein altes Zimmer. Ich erfrische mich nur kurz und begebe mich auf die Veranda zum Abendessen. Von den Bediensteten werde ich wie ein alter Bekannter begrüßt. Nach fast zwölfstündiger Fahrt genieße ich Essen, Bier und Abendbrise außerordentlich. Ein großes Glücksgefühl überkommt mich. Obwohl der Tag eigentlich kein überragendes Ereignis zu verzeichnen hatte, bin ich dankbar, ihn so erlebt zu haben. Auch freue ich mich, daß der neuguineische Abschnitt meiner Reise im angenehmen Madang sein Ende finden wird.

An einem ruhigen Tag sitze ich unter einem bewölkten Himmel – was durchaus als angenehm zu betrachten ist – wohl stundenlang am Ufer vor dem Hotel und schaue der heute ungewöhnlich starken Brandung zu. Einmal zieht wieder eine Gruppe Delphine vorbei, oder vielmehr: springt vorbei. Auch Einheimische kommen zuweilen, um dem Wellenspiel zuzuschauen. Man sage nicht, daß sie für derlei Dinge kein Empfinden hätten. Wie oft schon habe ich schöne Gärten gesehen; nicht nur in Madang, auch um Bauernkaten herum. Und auch der Schmuck, der nicht dem europäischen Geschmack entspricht, zeugt doch von einem Sinn für das subjektiv Schöne.

Das Abendessen nach einem kleinen Stadtbummel setzt sich folgendermaßen zusammen: Bier mit Erdnüssen als Appetitanreger, Garnelen mit Beilagen als Hauptgericht – wie selbstverständlich bekomme ich zum Bier ein Glas gereicht! – und als Nachtisch: noch einige Minuten am Ufer. Donnernde Brandung, salzige Seeluft, Palmen, Sterne. Und vor mich hin singe ich das Störtebekerlied dazu. Bei so viel Muße gehen einem allerhand Gedanken durch den Kopf. Manche will ich gar verdrängen, aber dann sage ich mir, daß sie dann nur irgendwann später wiederkommen. Also denke ich über x Dinge ein bißchen nach. Ergebnisse? Keine, ich habe noch wochenlang Zeit!

Nachdem ich mich von dem „deutschsprechenden“ Kellner verabschiedet habe, werde ich mit dem hoteleigenen Kleinbus zum Flughafen gebracht. Pünktlich startet die sechzig Fluggäste fassende Focker F 28. Der insgesamt vierstündige Flug führt mich mit Zwischenlandungen in Wewak, Lorengau auf Manus und Kavieng über den gesamten Bismarckarchipel, so daß ich trotz Wolken einiges sehe. Geradezu atemberaubend ist der Landeanflug auf Rabaul: Der Simpsonhafen mit den „Bienenkörben“ genannten Inselchen sowie die umliegenden Vulkane liegen wunderschön vor mir ausgebreitet.

Nun bin ich also in der Hauptstadt (1910 bis 1914) des ehemaligen Deutsch-Neuguinea auf Neu-Pommern – heute: New Britain – und freue mich riesig auf Entdeckungen. Ein erster Stadtrundgang läßt mich einen erfreulichen Eindruck von Rabaul gewinnen. Nach dem Abendessen lasse ich mir ein Bier im ersten Hotel am Ort schmecken und plaudere danach an der Uferpromenade mit drei Einheimischen. Die folgende Nacht ist allerdings nicht die angenehmste. Ich habe in einem Gasthaus zwar ein Vierbettzimmer, einstweilen für mich allein, und die sanitären Einrichtungen eine Etage tiefer, aber für einen relativ günstigen Preis halte ich das für akzeptabel. Doch werde ich von Moskitos belästigt, und meine Mitbewohner sind rücksichtslos laut. Von Nachtruhe kann demnach nicht die Rede sein. Die anschließende nähere Untersuchung der sanitären Einrichtungen ist ebenfalls wenig erbaulich. So sinne ich schon beim Frühstück auf Abhilfe. Doch dann setze ich erst einmal meinen Spaziergang vom Vorabend fort und gehe zum Touristenbüro, um einige Informationen einzuholen. Dabei erhalte ich unter anderem einen Prospekt mit einem kurzen geschichtlichen Abriß von Rabaul. Bemerkenswerterweise wird darin von deutscher Verwaltung („German Administration“), aber australischer Militärbesatzung („Australian Military occupation“) und ebensolcher japanischer gesprochen. Gewiß finden sich auch heute noch zuhauf australische Gedenktafeln und -steine, die sie sich selbst gesetzt haben, aber es gibt auch die zum ehemaligen Gouverneursgebäude führende „Governor Hahl Drive“. Albert Hahl war langjähriger deutscher Gouverneur.

Ich besichtige den Bunker, in dem sich im Pazifischen Krieg das Oberkommando der japanischen Marine befunden hat. Davor stehen einige Kanonen und ein Panzer, und direkt gegenüber befindet sich der aus dem Jahr 1937 herrührende „New Guinea Club“. Da, wie ich weiß, dort auch Zimmer vermietet werden, frage ich nach. Ich bin von der Eingangshalle sofort gefangengenommen: Koloniale Atmosphäre schlägt mir entgegen; sogar mit Jugendbildnis der gegenwärtigen Königin von England. Binnen einer halben Stunde wechsle ich meine Unterkunft. Was nützt ein relativ günstiger Preis, wenn ich mich nicht wohlfühle? Ich nehme dann erstmal ein schmackhaftes und dabei günstiges Mittagessen zu mir. Derart gestärkt mache ich mich auf den Weg zum Namanula-Hügel, wo sich zur deutschen Zeit das Gouverneursgebäude befunden hat. An der entscheidenden Straßenkreuzung hält ein einheimischer Autofahrer an und nimmt mich mit hinauf. Schon wenige englische Wörter genügen, mich als Deutschen zu identifizieren. Da Rabaul im letzten Krieg durch angloamerikanische Bomber praktisch völlig zerstört wurde, existieren vom Gouverneurshaus nur noch die Toreinfahrt und ein paar Stufen. Die übrigen Ruinen wurden offensichtlich nach dem Kriege abgetragen. Heute befindet sich an dieser Stelle ein kleiner Park, der eine hervorragende Aussicht sowohl auf den Simpsonhafen als auch auf die Duke of York-Insel bietet. Auf dem Weg hinab in die Stadt komme ich an einem Orchideengarten und dem japanischen „Friedensdenkmal“ vorbei. Nun besorge ich mir allerhand Lebensmittel, da im New Guinea Club leider kein Frühstück serviert wird. Diese koste ich in meinem Zimmer gleich einmal, dann halte ich Siesta. Obwohl nur spazierengegangen, bin ich ganz schön erschöpft. Das sind eben die Tropen. Und um das Klischee wieder herzustellen, gehe ich abends noch an die Uferpromenade: Palmen, Kreuz des Südens, laue Seeluft.

Auch die folgende Nacht verläuft nicht so, wie es zu wünschen gewesen wäre. Meine Frischluftneigung nicht bezwingend, lasse ich das Fenster über Nacht einen Spalt breit offen, was man von Moskitoseite als Einladung empfindet. Selbst der wirbelnde Ventilator bewirkt nichts. Dazu kommt, daß die von mir gekauften Lebensmittel nicht allzu bekömmlich sind. Zumindest habe ich bis in den Vormittag hinein ein unbehagliches Gefühl in der Magengegend. Davon lasse ich mich jedoch nicht abhalten, den für heute vorgesehenen Ausflug nach Kokopo vorzunehmen. Die etwa dreißig Kilometer lege ich mit einem Kleinbus zurück. Kokopo, das früher Herbertshöhe hieß und von 1890 bis 1910 den Sitz des Gouvernements darstellte, bietet eigentlich nicht allzu viel. Der Ort ist klein und ohnehin im letzten Krieg zerstört worden. Sehenswert ist der deutsche Friedhof sowie ein weiterer etwas westlich gelegener mit dem Grab des Kapitäns Agustino Stalio, dem – wie gesagt wird – Geliebten von Emma Forsayth, der „Queen Emma“. Sie hatte ein beträchtliches Anwesen in Herbertshöhe, von dem heute aber nur noch wenig zu sehen ist. Gleich daneben allerdings befinden sich das Museum und der Ralum-Club. Im Museum sind einige Photos aus deutscher Zeit und ein paar ethnologische Dinge ausgestellt, aber jede Menge japanisches und amerikanisches Kriegsgerät. Bemerkenswert vor allem, daß vor dem Anwesen einige Flaggen aufgezogen sind. Neben den hiesigen die englische, die australische, die japanische Kriegsflagge und die deutsche kaiserliche Reichskriegsflagge. Der Museumsleiter erklärt mir sofort, ohne daß ich gefragt hätte, daß diese Nationen hier etwas investiert hätten, während die US-Amerikaner – und darum hängt deren Flagge nicht hier – nur den Krieg gebracht hätten.

Anschließend erfrische ich mich im Ralum-Club und genieße die herrliche Aussicht über die Blanche-Bucht zu den Vulkanen von Rabaul. Auf dem Rückweg steige ich am westlichen Ufer vom Simpsonhafen aus dem Bus. Ich lasse mich unter einer Palme nieder und schaue auf die Bucht mit den „Bienenkörben“. Wieder in Rabaul, trinke ich etwas und setze mich auf eine Bank am Ufer und blicke einfach auf das Wasser und die darauf schwimmenden Boote und Schiffe. Derzeit liegen zwei auf Reede: ein PNG-Frachter und ein japanischer Frachter. Erst nach Einbruch der Dunkelheit gehe ich zu meiner Unterkunft. Im Aufenthaltssaal ist der Fernseher angeschaltet. Es laufen australische Nachrichten. Die Auslandsmeldungen kommen aus Kambodscha, Südafrika, USA und Israel. Von Europa keine Spur. Es ist übrigens auch interessant, sich die hiesigen Weltkarten anzuschauen. Sie sind derart gestaltet, daß der australische Raum zentral liegt. Bei uns ist Australien doch irgendwo „rechts unten“ – am Rande. In meinem Zimmer finde ich eine Überraschung vor: Schmutzige Wäsche, die ich achtlos liegenlassen hatte, liegt gewaschen, gebügelt und ordentlich zusammengelegt an der gleichen Stelle. Ja, ich bereue den Umzug hierher wahrlich nicht.

Am nächsten Morgen schlafe ich erst einmal wieder richtig aus. Ich genieße das sehr. Nichts treibt mich hoch, vor allem nicht die Arbeit. Trotzdem ist der Tag noch nicht alt, als er mich schon auf den Beinen sieht Richtung Matupi, der sich südlich an Rabaul anschließenden Insel, die allerdings durch eine Brücke mit dem „Festland“ verbunden ist. Hier fand 1884 die deutsche Flaggenhissung statt. Otto Finsch schreibt: „Die deutschen Besitzungen im Archipel von Neu-Britannien sollten unter den Schutz des Reiches gestellt werden, welcher feierliche Akt am 3. November in Matupi unter den entsprechenden Zeremonien vor sich ging. Es war ein schönes Schauspiel, als 250 Mann in bewundernswerter Eile und Ordnung landeten und in dem weiten Hofe des Hernsheim’schen Etablissements Aufstellung nahmen. Kapitän Schering verlas dann auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers die kurze Proklamation, die Truppen präsentierten und unter den Klängen des ‚Heil dir im Siegerkranz‘, dem Donner der Geschütze und einem dreimaligen Hoch auf Seine Majestät ging die Reichsflagge der deutschen Kriegsmarine in die Höhe!“ Auf Matupi engagiere ich einen Einheimischen, mit dem zusammen ich in einem Einbaum mit Ausleger den Matupi-Hafen überquere, um zum Matupi-Vulkan zu gelangen. Die Fahrt über das warme Wasser ist an sich schon ein Erlebnis. Für den Aufstieg auf den Vulkan bedarf es nur weniger Minuten. Dafür hat man einen schönen Ausblick. Im Vulkan bestimmen Schwefeldämpfe und -ablagerungen die Szenerie. Zuletzt ist der Matupi 1937 ausgebrochen, gemeinsam mit dem am Südwestufer des Simpsonhafens befindlichen Vulkan Mount Vulcan. Letzterer war bis dahin eine Insel und erhielt durch den Ausbruch eine Landverbindung. Die „Bienenkörbe“ senkten sich; in Rabaul starben mehr als fünfhundert Menschen. Daran kann man doch sehr gut die Veränderlichkeit der Welt erkennen, auch wenn der Mensch so gerne am Status quo festhält. Von oben sehen wir auch ein Schiff kommen. Wie mein Weggefährte mir mitteilt, kommt es aus Lae. Wieder zurückgepaddelt entlohne ich ihn. Er will vier Kina; ich gebe ihm fünf, da er nicht wechseln kann, und ich es nicht kleiner habe. Der Rückweg in die Stadt geschieht etappenweise. Zunächst besichtige ich gleich auf dem „Festland“ in einer Kokosplantage recht beeindruckende japanische Flugzeugwracks. Da ich Durst habe, lasse ich mir gegen geringe Bezahlung von dort sich aufhaltenden Einheimischen zwei Kokosnüsse pflücken. Weiter geht es zu den heißen Quellen am Nordufer von Matupi-Hafen. Das dort heraussprudelnde Wasser, das sich direkt ins Meer ergießt, ist kochend heiß. Zum Abschluß meiner Exkursion schaue ich mir noch oberhalb der Schwefelbucht gelegene japanische Verteidigungsstellungen an, besonders beeindruckend ein großes, den Simpsonhafen überschauendes Geschütz. Jugendliche klettern spielend darauf herum.

Im New Guinea Club wieder Siesta, dann Kaffee mit Blick auf den Hafen. Auf der mir von gestern bereits vertrauten Bank genieße ich die Abenddämmerung. Übrigens: So richtig schöne tropische Sonnenuntergänge habe ich bisher noch nicht gesehen. Meistens waren Wolken davor. Die beiden gestern noch ankernden Schiffe sind mittlerweile ausgelaufen. Ansonsten passiert nicht sehr viel. Aber ich benötige diese Augenblicke der Ruhe, um die neugewonnenen Eindrücke mir noch einmal vergegenwärtigen zu können. So kommt mir heute zum Beispiel zum Bewußtsein, daß – im Gegensatz zu Neuguinea – hier auf Neu-Pommern so etwas wie Südsee-Atmosphäre zu spüren ist. Woran es liegt, ist schwer zu sagen. Stevenson schreibt: „Die erste Erfahrung läßt sich niemals mehr wiederholen. Die erste Liebe, der erste Sonnenaufgang, die erste Südseeinsel sind Erinnerungen eigener Art und rühren an eine Jungfräulichkeit der Empfindungen.“ Auch empfinde ich das Klima hier anders, es ist nicht so schwül. Oder habe ich mich einfach daran gewöhnt?

Ich erkunde die Nordküste der Gazelle-Halbinsel. Dazu fahre ich mit dem Bus an die nördliche Spitze Neu-Pommerns. Da das Wasser hier bereits in Ufernähe eine erhebliche Tiefe, um die dreihundert Meter, aufweist, konnten japanische Unterseeboote während des letzten Krieges sicher den hier errichteten Versorgungsstützpunkt erreichen. Zur weiteren Sicherung befindet sich auf den Felsen oberhalb dieser Stelle ein Bunker mit großem Geschütz. Westlich dehnt sich weißer Sandstrand mit schönen Muscheln. Im Norden sind die Gebirge Neu-Mecklenburgs – heute: New Ireland – zu sehen. In der gleich hinter der Küste beginnenden Plantage sehe ich einen Schmetterling, der eine Spannweite von bestimmt fünfzehn Zentimetern hat. Dann fahre ich an die südwestlich sich anschließende Talili-Bucht, wo sich die Kulau-Lodge befindet. Hier esse ich zu Mittag. Einige Einheimische sind dabei, Fische mit einem gezackten Speer zu fangen. Der englische Besitzer der Hotelanlage, verheiratet mit einer Polynesierin aus Tonga, fährt gerade in die Stadt und nimmt mich mit. Als ich am Nachmittag in das Hotel zurückkehre, dringen die Klänge einer Beethoven‘schen Sinfonie an mein Ohr. Der Manager des New Guinea Clubs, Shane Jenkinson, ist, wie er mir sagt, ein großer Freund klassischer Musik. So kommen wir ins Gespräch, und ich frage ihn, ob es möglich wäre, einen der schönen Schlüsselanhänger des New Guinea Clubs – mit einem Paradiesvogel darauf – zu erhalten. Er sagt mir dies zu. Offensichtlich ist diese Bitte schon öfter an ihn herangetragen worden. – Nach meiner Rückkehr nach Deutschland schicke ich Shane Aufnahmen zweier Beethoven‘scher Sinfonien mit den Berliner Philharmonikern unter Wilhelm Furtwängler; begeistert schreibt mir Shane: „I am very familiar with the 5th, it is easily the best version I have heard, what a Maestro Herr Furtwängler must have been, and of course when you consider the circumstance, that the war in Europe was at its height, the musicians are superb, which shows that mans foolishness cannot overcome great works.“ –

Der „Trick“ mit der liegengelassenen Wäsche hat heute wieder funktioniert. Danach verläuft der Tag ähnlich wie gestern: Ausruhen, Kaffeetrinken, am Ufer sitzen. Heute sind drei neue Schiffe eingelaufen, unter anderem ein Containerschiff. Die beiden anderen, davon ein Japaner, sehen wie Forschungsschiffe aus. Als ich den Japaner sehe, denke ich boshaft, daß hier viele japanische Schiffe seien – auf und unter dem Wasser: Im Simpsonhafen sollen vierundfünfzig Schiffswracks liegen! Ich muß in letzter Zeit oft an die Worte eines meiner Professoren denken, der sagte, daß die Japaner nach dem Krieg durch ihre Wirtschaft mehr gewonnen haben, als sie durch einen siegreichen Krieg je hätten gewinnen können. Ich kann mir beispielsweise so gut wie alle Autos anschauen, die hier fahren: japanische Marken.

Als wenn meine gestrige Bemerkung etwas bewirkt hätte, ist die untergehende Sonne heute nicht durch Wolken verdeckt, so daß ein recht schöner Abendhimmel zu sehen ist. Davor die Umrisse der Berge, auf dem Wasser die Boote und Schiffe. Nahe am Ufer paddeln, sich silhouettenhaft abzeichnend, zwei Einheimische im Auslegerboot vorbei. Palmen ragen in den Himmel.

Ich verabschiede mich von Shane, da ich morgen so früh abreisen werde, daß ich ihn kaum noch sehen werde. Ich muß mich in das neue Gästebuch für Übersee-Gäste eintragen, erhalte meinen Schlüsselanhänger und unterhalte mich noch mit ihm. Er ist sechsundfünfzig Jahre alt und war als britischer Soldat in Berlin stationiert. Er ist verheiratet und hat eine sechsjährige Tochter. Nach Europa möchte er nicht mehr zurück. Ist ihm auch kaum zu verdenken. Auch ich habe mich hier in Rabaul ausgesprochen wohlgefühlt. Und wenn man hier eine Weile wohnt, hat man seinen Bekanntenkreis. Weiße gibt es ja genug. Und es geht auch ziemlich schnell sie kennenzulernen, dafür gibt es wenig genug Weiße. So laufe ich heute die Straße entlang, da kommt mir der Engländer von der Kulau-Lodge im Auto entgegen und grüßt mich. War ja im Grunde genommen im südlichen Afrika nicht anders. Das finde ich so angenehm: Der Personenkreis ist überschaubar, aber der Raum ist groß genug, um sich nicht ständig über den Weg zu laufen. Die ideale Kombination der erfreulichen