Über das Buch

Miss Graham und die Kunst der Spionage.

Deutschland im Jahr 1946. Für den britischen Geheimdienst ist Edith Graham die perfekte Spionin – sie ist jung, alleinstehend und spricht Deutsch. Ihre heikle Aufgabe: Sie soll den Arzt Kurt von Stavenow finden, ausgerechnet den Mann, mit dem sie vor dem Krieg eine Liebesaffäre hatte. Bald erkennt Edith, dass von Stavenow ein Kriegsverbrecher ist – und dass die Briten ihn nicht suchen, um ihn vor Gericht zu stellen, sondern dass sie sich vor allem für seine Forschungsergebnisse interessieren. An eine Freundin beim Geheimdienst schickt Edith daher codierte Berichte, um dafür zu sorgen, dass von Stabenow nicht davonkommt. Doch damit bringt sie sich in höchste Gefahr.

Ein packender Roman über eine junge Frau in einem Netzwerk von Spionen. Eine Geschichte über Verrat, Liebe und Freundschaft.

Über Celia Rees

Celia Rees ist einer der erfolgreichsten Jugendbuchautoroinnen Großbritanniens; ihre Bücher wurden bisher in 28 Sprachen übersetzt. »Der geheime Code der Frauen« ist ihr erstes Buch für ein größeres, erwachsenes Publikum.

Matthias Frings, 1953 in Aachen geboren, war Journalist und Fernsehmoderator und lebt als Schriftsteller in Berlin. Er studierte Anglistik, Germanistik und Linguistik. In den 80er Jahren veröffentlichte er mehrere erfolgreiche Sachbücher, darunter »Liebesdinge. Bemerkungen zur Sexualität des Mannes.« Ab 1986 arbeitete er als Radiomoderator beim SFB. Von 1993 an war er Redaktionsleiter und Fernsehproduzent. Bekannt wurde er als Moderator der Sendung »Liebe Sünde«.

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Celia Rees

Der geheime Code Der Frauen

Roman

Aus dem Englischen
von Matthias Frings

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

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Speisesaal: Grand Hotel Mirabeau

London: 1945/46

1 Regierungsbüros: Marylebone

2 34 Cromwell Square: Paddington

3 Cromwell Square: Paddington, W2

4 Savoy Grill: London

5 Cromwell Square: Paddington

Deutschland: 1946

6 Blauer Zug: Hoek van Holland-Hamburg

7 Hotel Atlantic: Hamburg

8 British Officers’ Club: Hamburg

9 Außenalster Café: Hamburg

10 CCG Messe: Lübeck

11 CCG Unterkunft: Lübeck

12 CCG Messe: Lübeck

13 CCG Unterkunft: Lübeck

14 Mietshaus Moltkestraße: Lübeck, British Hospital, Hamburg

15 CCG Unterkunft: Lübeck

16 Schule Landstrasse: Lübeck

17 CCG Unterkunft: Lübeck, Travemünde

18 CCG Unterkunft: Lübeck

19 CCG Messe: Lübeck

20 CCG Unterkunft: Lübeck

21 CCG Messe: Lübeck

22 Möllnstraße 44: Lübeck

23 Möllnstraße 44: Lübeck

24 Atlantic Hotel: Hamburg

25 Sanatorium Langenhorn: Hamburg

26 Restaurant Fischhaus: Hamburg-Blankenese

27 British Officers’ Club: Hamburg

28 Lübeck Unterkunft/Atlantic Hotel: Lübeck/Hamburg

29 CCG Unterkunft: Lübeck

30 Apartment 2a Schillerstraße: Lübeck

31 Apartment 2a Schillerstraße: Lübeck

32 Hotel am Zoo: Berlin

33 Russischer Sektor: Berlin

34 Bauhaus-Apartment: Wannsee, Berlin

35 Alte Küche: Berlin

36 Apartment 2a Schillerstraße: Lübeck

Italien: 1946

37 Amerikanischer Militärzug

38 Hotel Aquila nerA/Schwarzer Adler: Vipiteno Sterzing

39 Hotel Aquila Nera/Schwarzer Adler: Vipiteno Sterzing

40 Pensione Sterzberg: Vipiteno Sterzing

41 Verona

42 Grand Hotel Savoia: Genua

Grand Hotel Mirabeau, Lausanne

Impressum

Speisesaal
Grand Hotel Mirabeau,

Lausanne, 10. November 1989

Gebratener Barsch …

Filets vom Barsch in Eigelb wälzen, dann mehlieren, pfeffern und salzen und mit einem Hauch Paprika in Butter braten …

Spezialität des Hauses. Ein heikler Fisch – kaum den Aufwand wert – Gräten wie Nadeln. Schmeckt nach Flussbett.

Sie legte den Füller nieder und schob ihren Teller von sich weg. Sie war nicht hier, um zu essen oder Wein zu trinken. Sie hatte sowieso keinen Appetit. Sie hatte einen Umweg über Natzweiler-Struthof gemacht, ein Konzentrationslager etwa dreihundertzwanzig Kilometer nördlich von hier. Eine Nacht-und-Nebel-Aktion. Passender Name. Vier britische Mädchen waren dort gestorben, von der Welt nahezu vergessen, versteckt in der Gesäßtasche eines Geheimkrieges.

Vier rote Rosen hatte sie in den schwarzen Schlund eines rostigen Ofens gelegt. Eine Art Pilgerfahrt.

If these do not die well, it will be a black matter …

Sie waren nicht gut gestorben.

Wilder Jubel brach in der Küche aus. Durch die Schwingtüren konnte sie weiß gekleidete Rücken vor einem tragbaren Fernsehapparat ausmachen. Aus dem Foyer dumpf und blechern ein Kommentarton, Publikumsgeschrei, Gläserklirren und Zurufe, vermischt mit dem angeregten Geplauder von Gästen und Personal, die sich um einen größeren Bildschirm versammelt hatten, weil sie unbedingt Zeugen des Dramas in Berlin werden wollten, Geschichte, die sich ins Heute entlud und die gedämpfte Förmlichkeit dieses Grand Hotels durchbrach. Ein Ende? Ein Anfang? Beides? Unmöglich zu sagen.

Nicht, dass es eine Rolle spielte. Wenig spielte noch eine Rolle.

»Sind Sie fertig, Madame?« Der ältliche Kellner zögerte, bevor er den Teller abräumte. »Hat es Ihnen nicht geschmeckt?«

»Ich habe keinen Hunger.« Sie schraubte ihren Füller zu und zündete sich eine Zigarette an.

»Waren Sie schon einmal hier?«, fragte er und füllte ihr Glas erneut. Ein Chasselas. Schweizer Wein, dafür gar nicht schlecht.

»Früher einmal. Vor langer Zeit.«

Gleich nach dem Krieg. Sie bezweifelte, dass er sich erinnern würde. Wie viele Menschen traf er? Sie war hier unter einem anderen Namen abgestiegen. Eine andere Person. Eine andere Zeit. Sie erinnerte sich an ihn. Sein Name war Joseph. Sie hatte ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Das brauchte sie in ihrem Geschäft. Ein schlanker, ernster, anmutiger junger Mann, dunkelhaarig, schmales Gesicht mit einem Menjoubärtchen. Sein Haar war jetzt Silber, sein Bärtchen immer noch vorhanden – eine dünne Linie wie gezeichnet. Französisch, wie sie sich erinnerte, und jüdisch. Er hatte hier in der Schweiz Sicherheit gefunden. Sie fragte sich, ob seine Familie genauso viel Glück gehabt hatte.

»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Madame? Ein kleines Dessert vielleicht? Kaffee?«

»Nein, vielen Dank.« Sie stieß das Glas um, ihre Hand plötzlich nutzlos wie ein Stock. Wein ergoss sich über den Tisch. Joseph sprang nach vorn, um den Schaden zu beheben. »Bemühen Sie sich nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Wie ungeschickt von mir.«

Sie ließ die Hände im Schoß ruhen und blickte auf die makellos gedeckten Tische um sich herum, die schweren, gestärkten Tischdecken, der Glanz des schweren Silberbestecks, die schimmernden Gläser, die anderen Gäste. Einige von ihnen gebrechlich in Rollstühlen, wie sie bemerkte. Die Bedienung musste an die verschiedensten Stufen der Altersschwäche gewöhnt sein. Sie schob ihren Stuhl zurück. Da er voraussah, dass sie gleich aufbrechen würde, war Joseph sofort zur Stelle, zog den Stuhl weg, bot seinen Arm an.

Sie lehnte seine Hilfe ab und ging langsam los. Joseph eilte voraus und nickte den jungen Kellnern auffordernd zu, die Doppeltüren zu öffnen. Er verbeugte sich, als sie den Raum verließ. Sie lächelte ihm zu und verabschiedete sich. Es war das letzte Mal, dass sie hier essen würde oder auch sonst irgendwo. In etwas weniger als vierundzwanzig Stunden würde Stella Snelling, Restaurantkritikerin und Kochbuchautorin, gleichermaßen gefeiert wie gefürchtet, nicht mehr leben.

Sie hatte eine Suite mit Seeblick genommen. Die Art-déco-Einrichtung war abgeschabt genug, um authentisch zu sein. Sie verschob den schwarz lackierten Schreibtisch so, dass er sich von dem schonungslosen, kannelierten, fächerförmigen Spiegel abwandte. Sie empfand ihre Erscheinung als befremdlich. Nie hatte sie damit gerechnet, so alt zu werden, so lange zu leben. Sogar mit den zehn weggeschummelten Jahren auf Stellas Pass sähe sie jetzt nach ihrem wahren Alter aus. Sie trug kein Make-up, ihr Haar, ihr schwarzes Haar war eine zerstrubbelte Mähne, die dunklen Augen, tiefliegend und verhangen, hatten zu viel gesehen, die tiefen Runzeln auf der Stirn und um den Mund kündeten von zu viel Schmerz. Sie erkannte die Person kaum, zu der sie geworden war. In ihren Träumen war sie immer jung.

Sie öffnete die Reisetasche, die sie mitgebracht hatte, und entnahm ihr eine kleine grüne Reiseapotheke. Sie entfernte die obere Ablage, die Pflaster, Scheren, eine antiseptische Creme, Paracetamol und Antihistaminika enthielt, die jede Reisende dabei haben könnte, um an mehrere Einwegspritzen zu gelangen, Ampullen mit Diamorphin und mehr von dieser Droge in Kapselform. Sie legte die Medikamente in den kleinen Kühlschrank und nahm den Koskenkorva-Wodka heraus. Sie schenkte sich ein Glas ein, zündete sich eine Zigarette an und trat auf den Balkon.

Es war fast dunkel, der See ein einziges zinnfarbenes Lila. Gegenüber lagen die Berge im kalten, bläulichen Schimmer verborgen. Nebel war aufgezogen, zerstreute das letzte Licht des Sonnenuntergangs und bedeckte den See mit blutbeschmierter Gaze.

Sie nippte an ihrem Getränk, genoss den scharfen, klaren Alkohol. Es gab Kliniken hier in der Schweiz, die zum Ende des Lebens hin einen diskreten Service anboten. Solche Einrichtungen wurden nicht öffentlich beworben. Sie war reich, hatte keine lebenden Verwandten und glaubte fest an das Recht des Menschen, entscheiden zu dürfen, wie oder wo man sterben will. Arrangements waren getroffen worden, Geld überwiesen (für gewisse Dienstleistungen verlangte die Klinik Vorkasse). Morgen um 10:30 Uhr hatte sie einen Termin. Eine beachtliche zusätzliche Spende verschaffte ihr die persönliche Behandlung durch den Direktor. Nichts würde dem Zufall überlassen werden. Daher das Diamorphin. Der See hatte sich inzwischen in glitzernde Schwärze verwandelt. Die bunten Uferlichter tanzten auf seiner rastlosen Oberfläche. Zeit, wieder nach innen zu gehen.

Sie öffnete einen Attachékoffer und begann, dessen Inhalt auf dem Tisch auszulegen. Eine Broschüre der Endymion-Klinik am wunderschönen Ufer des Genfer Sees, die bewährten Anti-Aging-Behandlungen sowie unvergleichliche Kompetenz in den Bereichen Fruchtbarkeit und sexuelle Gesundheit anpries. Der Name des Direktors war eingekreist worden. Weitere Dienste auf Anfrage, doppelt unterstrichen. Die Broschüre war in ihrer Pariser Wohnung mit einer angehefteten Notiz von Adeline aus New York angekommen. Darauf haben wir gewartet! in Adelines arthritischem Gekritzel mit der Aufforderung, sich zu kümmern und Vorkehrungen zu treffen. Sie würden es gemeinsam machen, hatte Adeline gesagt, aber sie tat es allein. Tage später, wie es ihr vorkam, las sie Adelines Nachruf.

ADELINE CURTIS CROFT PARNELL, die gefeierte Kriegskorrespondentin, die über jeden großen Konflikt vom Zweiten Weltkrieg bis zu San Salvador berichtete, starb am Sonntag im Alter von 79 Jahren in ihrem West Village Apartment in New York.

Adeline Parnell war eine der ersten Journalistinnen, die zusammen mit den Alliierten nach Deutschland kamen. Ehrlich und furchtlos dokumentierten ihre Reportagen die Ereignisse, während sie sich zutrugen, einschließlich der Befreiung von Buchenwald und Dachau. Sie berichtete von den Nürnberger Prozessen und gewann einen Pulitzer-Preis für ihre Reportagen aus Korea. Sie schrieb über den Krieg in Vietnam und den Konflikt in San Salvador, bis ihre Gesundheit ihren Tribut forderte. Sie fotografierte weiterhin ihre Heimatstadt New York, die sie als »ihre Kriegszone« beschrieb.

Als Adeline Curtis Croft 1910 in Poughkeepsie im Staat New York geboren, erhielt sie ihre Ausbildung am Bryn-Mawr-College und der Columbia University. Sie schrieb für diverse Zeitungen, einschließlich der New York Times und Herald Tribune, wie für das Life-Magazine. Im Jahr 1942 heiratete sie den Journalistenkollegen Sam Parnell, der 1944 getötet wurde. Sie heiratete nie wieder und hinterlässt keine engeren Verwandten. Ihr Vermächtnis und ihr beträchtliches Archiv überließ sie der Columbia University.

Es war keine Überraschung. Das letzte Mal hatte sie Adeline ungefähr einen Monat zuvor in ihrem New Yorker Apartment gesehen. Sie hatte versucht, sich angesichts ihrer alten Freundin nichts anmerken zu lassen, die so geschrumpft, zusammengefallen und verdreht in ihrem Rollstuhl gesessen hatte, so dünn, dass ihre blaue Bluse und beigen Cordhosen leer zu sein schienen, wie die Kleidung einer Puppe. Ihre Ringe hingen lose an den klauenhaften Fingern, die sich um die Steuerung ihres elektrischen Gefährts krallten.

»Ziemlich abgetakelt, was?« Adeline sah auf, ihre blauen Augen, früher so scharf, milchig vom Grauen Star. Sie wussten beide, dass dies ihr letztes Treffen sein könnte. Sie hatte sich abgewandt, um ihre Tränen zu verbergen.

»Ist okay.« Adeline ließ einen Hauch ihres alten Lächelns aufblitzen. »Solange wie das hier noch arbeitet,« sie tippte sich an die Schläfen, »ist es mir egal. Gott gewähre mir die Gelassenheit, die Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann und all das Blabla. Komm, komm hierher ins Licht.« Sie kurvte durch ihr »Archiv«. Stapel von Zeitungen, Akten und Ausschnitten türmten sich vom Boden bis zur Decke. Sie hielt vor dem hohen Fenster ihres eleganten Stadthauses an, von dem man aufs West Village blickte. »Ich möchte, dass du dir das anschaust.«

Der schwere Holztisch in der Fensternische war aufgeräumt. Eine Tiffanylampe stand neben einer Favrile-Vase in Gold und Elfenbein mit Canna Lilien auf einem verblassten lila Tischläufer aus Samt. Mitten auf dem Tisch lag ein Buch, dessen brauner Einband beschädigt und fleckig war, der Titel in verblasstem Gold.

THE RADIATION COOKERY BOOK

Zur Benutzung mit den »New World«

Regulo-Gaskochern.

Die vordere Umschlagseite war schmutzig und mit Rostflecken übersät. Dort stand ein Name, dazu Ort und Datum:

Lübeck, britische Besatzungszone, Deutschland, Januar 1946.

Der Name kaum leserlich. Von der Zeit ausgelöscht.

»Es lag auf einem Stapel von anderem Zeug, als ob jemand es gerade erst dort abgelegt hätte. Am Tag zuvor war es noch nicht da, ich schwöre es … Dann habe ich die hier gefunden.« Adeline zeigte auf einen Umschlag mit Fotografien. »Einfach so auf den Boden geschmissen. Nach all den Jahren. Muss etwas zu bedeuten haben …«

Sie öffnete den Umschlag und spürte denselben Schauder. Sie wussten beide, dass Fügung, Synchronizität, Zufall, wie immer man es nennen mochte, nicht zu unterschätzen war, dass Intuition mehr zählte als kalte Logik. Ihrer Erfahrung nach konnte es den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.

»Ich habe mir noch einmal angeschaut, was passiert ist, weißt du?«, sagte Adeline in die Stille hinein. »Ich glaube, ich bin da einer Sache auf der Spur.« Ihre Augen funkelten ein wenig wie früher. »Ich warte auf eine Bestätigung. Jetzt gieß uns einen Drink ein. Da drüben steht Bourbon. Trinken wir darauf!« Adeline erhob ihr Glas mit beiden Händen. »Wenn ich richtig liege, machen wir es zusammen.«

Adeline hatte es nicht geschafft. Jetzt lag es an ihr. Sie legte das Kochbuch auf den lackierten Tisch und öffnete den braunen, mit Stoff bezogenen Umschlag. Ein nichtssagendes Äußeres, abgegriffen und voller Wasserflecken, selbst jetzt noch ein schwacher Geruch von Rauch. Es gab handgeschriebene Rezepte, Ausschnitte aus Zeitschriften – Stella Snellings fabelhafte Ideen für Canapés – Rezeptkarten, immer noch fettig und mit einem Hauch Mehl, wie Souvenirs zwischen die Seiten geschoben. Jede von ihnen vollkommen harmlos aussehend und doch vor Bedeutung triefend, als wären sie mit Blut geschrieben. Alles befand sich zwischen diesen beiden Buchdeckeln, nicht zuletzt der Grund dafür, warum sie hier war.

Sie ließ das Buch sinken, dunkle Tropfen auf dem Einband. Tränen kamen heutzutage schneller als früher.

Sie kniff kurz die Augen zusammen, um ihren Blick zu schärfen, schüttelte die Fotos aus einer braunen Versandtasche und fächerte sie auf dem Tisch wie Spielkarten auf.

Was sie in Deutschland gefunden hatte, was sich daraus ergeben hatte, war hier zu sehen.

Bilder einer zerstörten Stadt: Kilometer um Kilometer der Verwüstung; Berge von Trümmern unter einer Schneedecke; in der Ferne einige zahnlose schwarze Gebäude gegen den Himmel; die Hausnummer 24 auf eingestürztem Mauerwerk … Ein Mann starrte auf wirr verdrehte Stahlträger, die sich ihm entgegenstreckten wie ein gefallenes Stahlmonster. Gekenterte Schiffe lagen im Hafen, halb versunken, Trichter voller Wasser. Schnappschüsse einer grauenerregenden Dystopie, aufgenommen im Deutschland des Jahres 1946. Das zugefrorene Meer in einem Bild von Caspar David Friedrich, die Ostsee wahrscheinlich, vom Frost geschäumte Wellen, die so unheimlich wie schneebedecktes Mauerwerk aussahen, das zu scharfkantigen Stapeln zusammengeschoben war. Niflheim, das Königreich von Eis und Kälte.

Das Foto von Adeline war dasselbe wie im Nachruf, aufgenommen von jemand anderem auf irgendeinem Schlachtfeld. Adeline, den Kragen ihrer Kampfjacke aufgestellt, blonde Locken unter eine Kappe gestopft, ein Großteil des Gesichts von ihrer Leica verdeckt, im Hintergrund ein Panzer.

Adeline war nie ohne Kamera unterwegs. Sie hatte ein Auge für ein gutes Bild, war berühmt dafür, aber da war noch etwas. Es war, als sähe sie sich genötigt, im Netz der Zeit Erinnerungen einzufangen. Hier waren sie alle. Klick. Sie hatte sie alle eingefangen.

Und da war sie, lächelnd, glücklich, wie sie an einem Tisch auf einem sonnenbeschienenen Platz saß, das Foto ein Dreiviertelprofil, blaugraue Augen, die nach rechts blicken, Lichtflecken auf ihrem Gesicht, die Flugzeuge und Schatten zeigten und das Schimmern der Sonne im Haar. Es war eine gute Aufnahme. Die letzte, die von ihr gemacht wurde.

Und ein jüngeres Ich, glamourös in einem tief ausgeschnittenen Schiaparelli-Kleid, das sie von einer Pariser Gräfin gekauft hatte, die in einer Wohnung mit fließend kaltem Wasser in Maida Vale lebte. Silvester 1945.

Da war der attraktive Harry Hirsch auf derselben Silvesterparty. Jüdische Brigade und später Mossad, jungenhaft aussehend, wenn auch ein wenig hohläugig, leicht zerzaust, schwarzes Haar, das ihm in die Augen fiel, lose Krawatte und die Hemdsärmel hochgekrempelt. Er hatte den Barkeeper gegeben, hatte Fusel an die Lebenskünstler ausgeschenkt, die Emigranten, Militärs und Tunichtgute, die dort versammelt waren. Dann der Amerikaner, Tom McHale, verkatert und unrasiert, das Foto am Tag darauf geschossen, immer noch jungenhaft, aber irgendwie aalglatt und hinterlistig, was er natürlich auch war. Dann Leo Chase. Endete übel. Starb in irgendeinem grässlichen Loch in Moskau, Leber, die zu Foie gras wurde. Sie lächelte ein wenig, stolz auf ihren Anteil an seinem Abgang. Adeline hatte Glück gehabt, ihn erwischt zu haben. Leo wurde nicht gerne fotografiert. Inzwischen wusste jeder, warum, aber hier war er, die spätere Schande noch in ferner Zukunft, den Kragen hochgestellt gegen den Nieselregen an Silvester, glitzernde Regentropfen auf Bowler und Mantelkragen, fotografiert, wie er die Party betritt, blasse Augen, die hinter Brillengläsern verschlagen zur Seite blicken, weichlicher Mund, irgendwo zwischen Grimasse und Lächeln.

Als Nächstes die von Stavenows. Elisabeth im Abendkleid, Kopf zur Seite geneigt, große Augen, die ins Leere starren, so bezaubernd wie ein nordischer Filmstar. Sie legte sie neben das erste Foto und schaute von einem zum anderen. Elisabeths Glamour abgezogen, hätte man sie für Schwestern halten können. Abgesehen von den Augen. Ihre waren eisig, die der anderen gütig. Dann kam Kurt als Sturmbannführer, hübsch wie eine Viper in seinem Schwarz und Silber. Darunter ein weiteres Bild. Ein junger von Stavenow, sehr einnehmend im Cricketpullover, ganz Blondhaar und gemeißelte Wangenknochen. Kein Wunder, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Das Foto hatte die Größe eines Passbilds und war von einer Büroklammer gehalten worden: Ein langer Haken aus rotbraunen Punkten verunzierte seine weiße Schulter. Automatisch rieb sie mit dem Daumen darüber, wohl wissend, dass es nichts bewirken würde. Manche Flecken ließen sich nicht entfernen.

Sie hatte die Fotos wie ein Tarotspiel in Pyramidenform ausgelegt. Sie legte die lächelnde Frau auf das sonnenbeschienene Viereck an der Spitze, ordnete die anderen darunter ein. Interpretation unmöglich. Hier gab es keine guten Karten.

Oh, mein liebes Mädchen, was haben wir dir angetan?

Eine Rechnung musste aufgemacht werden, eine Schuld beglichen.

London

1945/46

1

Regierungsbüros
Marylebone

31. Dezember 1945

Kennen Sie diesen Mann?«

Edith Graham erwiderte den Blick aus unerbittlichen Augen, der sie musterte, blickte dann nach unten auf das Foto. Ein griechischer Kouros im Cricketpullover, ein junger Mann in der Blüte seiner Jugend, hatte sie gedacht, als sie sich an diesem Nachmittag in ihn verliebte. Sie erinnerte sich, dass das Foto 1932 aufgenommen worden war. Die Parks in Oxford. Er stand an der Ecke des Spielfeldes, Hände in den Hosentaschen, Gesicht im Profil, blondes Haar, das von einer hohen Stirn geweht wurde. Schatten formten sich unter seinen Brauen und akzentuierten seine hohen Wangenknochen. Die Stirn leicht gerunzelt, war sein Mund ein gerader Strich.

»Doch, ja, ich kenne ihn. Das ist Kurt von Stavenow.«

»Sind Sie sicher?«

»O ja, ganz sicher.«

»Und ihre Beziehung

»Wir … wir waren eine Weile lang ein Paar …«

Die Frau machte sich mit ihrem grün marmorierten Sheaffer eine Notiz. Edith beließ es dabei. Sie würde sich dieser strengen Fremden mit ihren kalten, abschätzenden Augen nicht anvertrauen.

»Wie lange?«, fragte sie im Ton von jemandem, der die Antwort längst kannte.

»Nicht lange. Ein Jahr vielleicht«, antwortete Edith. Er war ihre erste Liebe gewesen, die einzige wahre Liebe, um genau zu sein. Merkwürdig, dass ihre Zeit so kurz bemessen war. In ihren gesammelten Erinnerungen nahm sie einen viel größeren Platz ein.

Die Frau machte sich noch eine Notiz, legte ihren Stift beiseite und musterte Edith wieder, Kopf zur Seite geneigt. Sie war außerordentlich gutaussehend, schwarzes Haar, aus einem bleichen Porzellangesicht nach hinten gekämmt, große, dunkle Augen, schräg und leicht verhangen. Sie trug roten Lippenstift, den Farbton, den Ediths Schwester Louisa bevorzugte, ansonsten nur sehr wenig Make-up. Ihr Mund ließ vermuten, dass sie selten lächelte. Ihr dunkelgraues Kostüm war mit der Strenge einer gutgeschneiderten Uniform geschnitten. Jeder Anflug von Maskulinität wurde von einer elfenbeinfarbenen Seidenbluse zerstreut, deren Peter-Pan-Kragen mit einer kleinen Perlenbrosche durchstochen war. Edith bewunderte die Raffinesse. Ich bin eine Frau von gewissem Rang in einer Männerwelt, sagte das Outfit.

Die Frau führt eine Hand zum Hals, als würde sie sich unbewusst gegen Ediths prüfenden Blick zur Wehr setzen.

»Ich frage mich«, durchbrach Edith die Stille, »was das alles zu bedeuten hat?«

»Sie sind hier, um Fragen zu beantworten, nicht, um welche zu stellen.«

Edith hatte keine Vorstellung, warum sie hier war oder wo auch nur »hier« war.

Sie war von der Kontrollkommission, Germany Headquarters in Kensington, hierhergebracht, ohne Erklärung aus ihrem abschließenden Briefing geholt und wortlos von einem jungen Mann in Doppelreiher und Wächterkrawatte abgeliefert worden. Er hatte lediglich auf den Eingang mit den Säulen gewiesen.

»Erster Stock, Gang links.«

Es handelte sich wohl um Regierungsbüros, obwohl die Proportionen für Büros unpassend waren: der Gang zu breit, die Decken zu hoch. Der Raum, in dem sie sich befanden, könnte einmal ein herrschaftliches Wohnzimmer gewesen sein. Ein Gasofen hockte winzig in einem ausladenden Kamin, der durch seinen höhlenartig gähnenden Abzug sämtliche Wärme schluckte, und man hörte durch eine dünne Trennwand aus Sperrholz das gedämpfte Geklapper einer Schreibmaschine. Keine Namensschilder an den Büros, keine Nummern an den Türen. Musste irgendetwas mit Cousin Leo zu tun haben. Edith würde darauf wetten. Sie waren Cousin und Cousine zweiten Grades, aber zusammen aufgewachsen, weil ihre Mütter sich sehr nahestanden. Leo blieb bei seiner Arbeit für die Regierung immer vage, aber jeder wusste, dass sie streng geheim war.

Edith blickte auf einen leeren Schreibtisch, darauf nichts als ein Schreibblock, ein Füller und zwei braune Umschläge. Die Frau dahinter öffnete den zweiten Umschlag, und Edith erhaschte einen Blick auf ihr eigenes Passfoto.

»Sie werden bald nach Deutschland gehen, um eine Stellung bei der Kontrollkommission, Abteilung Erziehung, aufzunehmen«, las die Frau aus der Akte vor. »Trifft das zu?«

Sie sprach jetzt Deutsch. Edith antwortete in derselben Sprache. Die Befragung nahm eine andere Richtung.

»Vorher haben Sie an einer Oberschule für Mädchen gearbeitet und Moderne Sprachen unterrichtet?«

Edith stimmte wieder zu.

»Wie lange?«

Edith beantwortete die Frage und ging die Stationen ihrer Ausbildung durch: ihr Abschluss in Deutsch am Bedford College in London. Die Zeit, die sie in Deutschland verbracht hatte, Daten und Orte. Schließlich kehrte sie zu ihrer Bewerbung für die Kontrollkommission Deutschland zurück. Warum?

»Warum was?«

»Warum haben Sie sich beworben? Das ist eine einfache Frage, Miss Graham.«

»Das sind oft die schwersten«, sagte sie. Ihr Lächeln wurde nicht erwidert. »Ich habe den Krieg in der Heimat verbracht. Für mich ist das eine Gelegenheit, mich nützlich zu machen, einen Beitrag zu leisten.«

Sogar in ihren Ohren klangen ihre Worte trivial, banal. Wie konnte diese Frau mit ihrer wichtigen Arbeit, beschäftigt mit Wunder was, auch nur ansatzweise die Langeweile einer leitenden Lehrerin einer Oberschule für Mädchen in der Provinz verstehen, mit ihrer Zuständigkeit für Sprachen, alte und neue, und für die Unterstufe. Und wenn sie damit nicht beschäftigt war, kümmerte sie sich um ihre Mutter, während scheinbar alle anderen unterwegs waren und etwas taten. Gefährlich, vielleicht sogar lebensgefährlich, aber wenigstens aufregend.

Im Rückblick wirkte diese Zeit, die Kriegszeit, wie eine geballte Masse, wie die erstarrten Klumpen von Metall und Glas, die man nach einem Angriff fand, unmöglich festzustellen, wo ein Teil anfing und ein anderes aufhörte. Und so war es auch mit der Aufeinanderfolge der Tage. Selbst die Angriffe waren von ermüdender Gleichförmigkeit. Das trostlose Heulen der Sirenen, Mutter in den Schutzraum bringen und wieder zurück, das Horchen auf das Dröhnen der Bomber mit ihrer nervenaufreibenden Mischung aus Grauen und Langeweile, weil man nicht wusste, wann sie erneut kommen würden, wie lange es dauern würde und wann es vorüber war. Dann ein, zwei Stunden unruhigen Schlafes, bevor wieder der anstrengende Arbeitsweg zu Fuß oder mit dem Rad anstand, bei dem Gips- und Ziegelstaub in der Luft hing, der überall einen feinen Film hinterließ und Mutters unermüdliches Staubwischen und Putzen sinnlos erscheinen ließ. In manchen Nächten, wenn sie ihre Mutter im Schutzraum in Sicherheit gebracht hatte, kehrte sie in ihr Bett zurück, unbekümmert darum, ob sie in tausend kleine Stücke gebombt würde, manchmal sich regelrecht danach sehnend. Die einzige Abwechslung waren ihre seltenen Ausflüge nach London zu Leo gewesen.

»Und wie sind sie auf die Kontrollkommission gekommen?«

»Ein Kollege, Frank Hitchin.«

»Wer ist er?«

»Meine Entsprechung in der Abteilung für Sprachen in der Jungenschule.«

»Sie suchen Lehrer«, hatte Frank gesagt, »Leute, die Deutsch sprechen und dorthin gehen, um in dem Kuddelmuddel zu helfen, das dort herrschen muss, nachdem alles vorüber ist. Ich werde es versuchen. Wahrscheinlich nehmen sie auch Frauen. Junggesellinnen, weißt du? Keine Bindungen und nichts, was sie hält. Frei und ungebunden.« Er blinzelte. »Warum bewirbst du dich nicht?«

Frei und ungebunden? Wenn der wüsste!

Sie war an diesem Abend nach Hause geradelt, hatte ihr Rad in der Garage abgestellt, während Mutter schon am Gartentor wartete. Dann Kakao und die Sechs-Uhr-Nachrichten im Radio. Weitere V2-Raketen über London, aber die Alliierten hatten den Rhein überquert, die Russen standen an der Oder. Der Krieg war doch sicher bald zu Ende? »Dann wird alles wieder normal«, hatte ihre Mutter zufrieden verkündet, als sie bei ihrer Strickarbeit eine neue Reihe begann. Damit hatte sie gemeint wie früher. Für Edith fühlte sich die Aussicht auf Frieden wie eine zuschnappende Falle an. Die Kontrollkommission bot einen Ausweg. Für eine Junggesellin und Lehrerin in ihren Dreißigern kamen solche Gelegenheiten nicht oft. Sie war ebenso qualifiziert wie Frank Hitchin und hatte vor dem Krieg einige Zeit in Deutschland verbracht, mehr als er jedenfalls.

Ihrer Familie gegenüber hatte sie kein Wort davon erwähnt. Sie hätten sie nur abgehalten.

Sie hatte umgehend Antwort erhalten, Formulare zum Ausfüllen, ein Bewerbungsgespräch. Niemand zu Hause hatte auch nur die geringste Ahnung. Sie sagte es ihnen nicht, bis es zu spät war und sie die Kündigung eingereicht hatte.

»Und was wird Ihre Arbeit umfassen? Unterrichten?«

»Unterrichten werden die Deutschen«, antwortete Edith und bezog sich damit auf die Einsatzbesprechung an diesem Tag. »Wir sind dort als Verwalter. Inspektoren. Unsere Arbeit wird darin bestehen, zerstörte Schulen wiederaufzubauen und ans Laufen zu bringen. Personal zu überprüfen, Kinder einzuweisen.«

»Ich verstehe.« Die Frau blickte wieder in die Akte. »Und eine hohe Position. Senior Officer entspricht dem Rang eines Lieutenant Colonel.« Sie lehnte sich zurück, Fingerspitzen aneinandergelegt, abwägend. Dann lächelte sie. »Sie sprechen sehr gut Deutsch«, sagte sie auf Englisch. »Sehr flüssig mit einem guten Akzent.«

Edith nickte dankend für das Kompliment. Sie hatte ein gutes Ohr für Sprachen und Akzente. Etwas in der Sprechweise der Frau verriet ihr, dass sie keine Britin war. Es hatte am College einen Lehrbeauftragten gegeben, der ihr Bruder hätte sein können.

»Dasselbe könnte ich auch sagen. Ich habe versucht, Ihren Akzent einzuordnen. Rumänisch vielleicht?«

Ein Zufallstreffer. Die Frau errötete leicht. Es entstand eine Pause. Dann nickte sie leicht, als hätte sie einen Entschluss gefasst.

»Ich hätte gerne, dass Sie das lesen und unterschreiben.« Sie entnahm ihrer obersten Schreibtischschublade ein Formular und schob es zu Edith hinüber.

»Was ist das?«, fragte Edith und nahm es entgegen.

»Der Official Secrets Act«.

Edith blickte kurz auf die Seite mit den Vorschriften.

»Worum geht es genau?«, fragte sie erneut.

Die Frau gönnte sich ein schmallippiges Lächeln. »Wir können nicht in die Tiefe gehen, bevor Sie nicht unterschrieben haben.« Sie bot ihr ihren Füller an. »Hier. Und noch einmal dort, wenn ich bitten darf. Und ihr Name in Druckbuchstaben. Danke.« Sie griff nach dem Dokument und steckte es in einen Ordner. »Ich bin Vera Atkins.« Der Name sagte Edith nichts, obwohl er offensichtlich Respekt hervorrufen sollte und als bekannt vorausgesetzt wurde. »Alle weiteren Vorgänge unterliegen nun der Geheimhaltung und dürfen weder jetzt noch in Zukunft jemand anderem zugänglich gemacht werden. Haben Sie das verstanden? Vielleicht benötigen Sie noch etwas Zeit, um darüber …?«

Edith schüttelte ungeduldig den Kopf, weil sie wissen wollte, was hier gespielt wurde.

»Nun zurück zu Kurt von Stavenow. Oder soll ich ihn Graf von Stavenow nennen? Ein Mann mit vielen Titeln, wie es aussieht.« Miss Atkins schob seine Akte über den Tisch. »Erkennen Sie ihn hier?«

Edith hätte ihn gern nicht erkannt, wollte ihn nicht wiedererkennen. Sein außerordentlich gutes Aussehen wurde von dem teuflischen Glanz seiner schwarzen SS-Uniform noch unterstrichen: die silbernen Epauletten, die Rune mit den Blitzen auf dem rechten Kragenspiegel und den vier silbernen Sternen auf dem linken, die seinen Rang anzeigten. Aber natürlich erkannte sie ihn. Sein blondes Haar sah dunkler aus und war anders frisiert, zur Seite gekämmt und kürzer geschnitten. Sein Gesicht war voller geworden, zeigte aber immer noch diese gewisse Jungenhaftigkeit; diese hohen Wangenknochen, dieses Grübchen im breiten kantigen Kinn. Er schaute nicht direkt in die Kamera, sondern ein wenig nach rechts, der Inbegriff resoluter Unnahbarkeit, seine tiefliegenden blauen Augen hell unter den dunklen, schwungvollen Augenbrauen.

»Wussten Sie, dass er in der SS einen hohen Rang innehatte?«, fragte die Frau mit einem schneidenden Lächeln.

»Nein, natürlich nicht.«

Edith merkte, wie ihre Wangen zu glühen begannen. Sie war kurz davor, bei diesem Begutachten und Abklopfen die Geduld zu verlieren, aber das war es nicht, was sie rot anlaufen ließ. Ihr Griff um das Foto wurde fester, verbeulte die Ecken. Sie hatte ihn gekannt. Gut gekannt. Sie waren ein Liebespaar gewesen. Was auch immer zwischen ihnen geschehen war, sie hatte ihn für grundsätzlich gut gehalten. Sie hatte sich oft gefragt, was er wohl arbeiten würde, aber so etwas hätte sie sich niemals vorstellen können. Das Glanzpapier knitterte unter ihren Fingern. Ein Offizier der SS? Das Gegenteil, wenn überhaupt. Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass er in etwas verstrickt war, in einem Konzentrationslager enden würde. Das hätte sie nie von ihm gedacht. Nicht im Traum. Wie konnte er nur? Wie konnte das sein? Ihr starrer Blick verstärkte sich noch, als könne das Foto zu ihr sprechen. Sie schaute weg und wieder hin. Vielleicht lag ein Irrtum vor. Vielleicht war er es nicht. Aber das war noch alberner. Sie spürte, wie etwas in ihrer Gewissheit über die Beschaffenheit der Welt und ihren Platz darin ins Wanken geriet. Er war es, ganz eindeutig.

»Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit Sturmbannführer Kurt von Stavenow?«

»Ich kannte ihn nicht als Sturmbannführer von Stavenow.«

Die Frau seufzte frustriert, aber Edith hatte das Gefühl, darauf hinweisen zu müssen.

»Nun gut, wann haben sie Kurt von Stavenow zum letzten Mal gesehen?«

Edith dachte kurz nach. »Das muss 1938 gewesen sein.«

»Sie scheinen sich nicht so sicher zu sein.«

»Es war 1938. Im Sommer.«

»Seither nicht mehr?«

»Natürlich nicht!«, fauchte Edith. »Wir waren im Krieg.«

Vielleicht hat er nichts Schlimmes gemacht, versuchte ein Teil ihres Verstandes zu argumentieren, während sie die Fragen beantwortete. Vielleicht war er irgendwie im Widerstand engagiert, eine Verschwörung gegen Hitler. Vielleicht war das der Grund für das momentane Interesse an ihm. Und doch war da etwas in diesen schräg stehenden schwarzen Augen, in diesem geschürzten Mund, das von einer tiefen Geringschätzung kündete, sogar von Hass auf jeden, der diesem Mann auch nur nahestand, der ihn jemals einen Freund genannt hatte. Solche Abscheu wurde nicht durch Unschuld geweckt. Was hatte er getan?

»Ah, da sind Sie ja!«

Die Verbindungstür zum nächsten Büro öffnete sich, und Leo trat in großer Eile ein. Edith hatte das Gefühl, dass er die ganze Zeit über dort gewesen war.

»Tut mir leid, dass ich so spät dran bin! Das Treffen wollte nicht aufhören. Wie kommen Sie beide miteinander zurecht? Prächtig, nehme ich an.« Er rieb sich die Hände, entschlossen, die frostige Atmosphäre zu ignorieren, oder er nahm sie tatsächlich nicht wahr.

»Ich denke, wir sind durch.« Vera schraubte ihren Füller zu.

»Alles zu Ihrer Zufriedenheit? Edith hat alle Hürden mit fliegenden Fahnen genommen?«

»Perfekt.« Die Frau erhob sich. »Und ja.«

»In diesem Fall, vielen Dank, Vera«, sagte Leo von oben herab. »Dann wollen wir Sie nicht länger aufhalten. Sie haben sicher eine Menge zu tun, allerlei Aufräumarbeiten und so weiter.«

Vera blickte sich im leeren Zimmer um. »Schon geschehen, wie Sie sehen.«

»Hm, ja, nun …« Leo rieb sich wieder die Hände. »Lassen Sie sich nicht aufhalten, wie ich schon sagte …«

Vera hielt kühl seinem Blick stand, bevor sie ihren Füller in die Aktenmappe steckte. Es war nicht ganz klar, wer hier wen entließ.

»Oh, und lassen Sie die Akten bitte liegen?«, fügte Leo hinzu.

»Ich hatte durchaus die Absicht«, sagte Vera, als sie ihren Mantel anzog, »da sie nicht mehr meine Angelegenheit sind.« Etwas unerwartet wandte sie sich um, als sie zur Tür ging, und streckte Edith die Hand hin. »Auf Wiedersehen, Miss Graham«, sagte sie auf Deutsch. Ihr Handschlag war fest und stark. »Sie haben in der Kontrollkommission eine wunderbare Aufgabe vor sich. Eine große Verantwortung.« Ihr Griff wurde emphatischer. »Darf ich Ihnen Glück dafür wünschen?«

»Du musst dich um unsere Miss Atkins nicht scheren«, sagte Leo, als die Tür sich hinter ihr schloss. »Sie hat ein gutes Auge, die liebe Vera. Gute Instinkte.« Er sammelte die Akten vom Schreibtisch ein. »Besonders gut bei den Mädchen. Gibt keine bessere. Wenn du den Vera-Test bestehst, steht dir nichts mehr im Weg.«

»Auf dem Weg wohin?«, fragte Edith, als sie Leo auf den Gang folgte. Etwas fahrig und immer noch schockiert über das, was sie über Kurt erfahren hatte, nahm sie seinen Arm. »Was mache ich hier, Leo? Was wird hier gespielt?«

»Als du sagtest, dass du nach Deutschland gehst, hatte ich so eine Idee, das ist alles. Es herrscht ziemliches Durcheinander da drüben. Chaos beschreibt es nicht einmal ansatzweise. Unsere Zone ist voll bis zum Platzen, Gott weiß von woher auch immer – die bedauernswerten Bürger der ausgebombten Städte, die aus dem Wehrdienst entlassenen Soldaten, ehemalige Zwangsarbeiter, Flüchtlinge von überallher aus dem Osten, die vor Väterchen Stalin geflüchtet sind, und wer kann es Ihnen verdenken?« Er runzelte die Stirn. »Unter ihnen sind ein paar schlimme Finger, ein paar sehr schlimme Finger, die sich das Chaos und Durcheinander zunutze machen. Tauchen unter, passt ihnen ausgezeichnet. Unser Job dabei ist, sie auszusondern. So einfach ist das. Offengestanden brauchen wir dabei jede Hilfe, die wir kriegen können.« Er blickte sie an, seine blauen Augen durch die Brillengläser vergrößert. »Da du dorthin gehst, dachte ich mir, du könntest uns einen kleinen Gefallen tun.«

»Ist Kurt einer dieser schlimmen Finger?«

»In hohem Maße, fürchte ich.«

»Aber was hat er getan?« Sie griff nach seinem Arm, wollte, musste eine Antwort hören. Wie konnte das möglich sein? Der Kurt, den sie kannte, verwandelt in einen Sturmbannführer von Stavenow?

Leo blickte umher. »Nicht hier. Ich werde es dir später erklären.«

Edith blickte den menschenleeren Flur entlang, das Parkett stumpf und abgetreten, überall Brandflecken von Zigaretten. Die hohen Fenster voller Ruß, immer noch kreuz und quer mit Folien beklebt.

»Wo sind wir, Leo?«

»Dieser Ort hat offiziell nie existiert und es wird ihn bald nicht mehr geben.« Er wies mit dem Kopf auf einen Stapel Kartons neben der Tür.

»Geheim, meinst du?«

Er nickte.

»Was mache ich hier? Was genau willst du von mir?«, fragte Edith mit einer plötzlichen Ahnung. »Soll ich eine Art Spionin werden?«

»So weit würde ich nicht gehen. Nicht im üblichen Sinn.«

»Der Official Secrets Act?«

»Oh!« Leo winkte ab. »Jeder unterschreibt das. Die Leute denken sich weiß Gott was beim Thema Geheimdienst. Das meiste wird von ganz normalen Menschen erledigt: Geschäftsleute, Reisebüroangestellte, Lehrer, Angestellte, Schreibkräfte, Verkäufer, eigentlich jeder. Ganz gewöhnliche Männer – und Frauen. Meist ist es eine Sache von Augen und Ohren offenhalten, Informationen weitergeben. Frauen sind sehr gut darin. Überlegene Intuition.«

Elizabeth legte die Stirn in Falten. »Woher weißt du, dass ich mich dazu eigne?«

»Oh, du wärst perfekt.« Er schaute auf seine Uhr. »Du machst dich besser auf die Socken. Der Fahrer wird auf dich warten.« Er küsste sie auf die Wange. »Ich werde dich bei Dori so um acht abholen. Zieh was Hübsches an. Ich habe einen Tisch im Savoy bestellt.«

Edith saß auf der Rückbank. Der Fahrer schien auch ohne ihre Anweisung zu wissen, wohin es ging. Was war hier los? Sie hatte Leo schon früher den einen oder anderen Gefallen getan. Versammlungen an der Universität besucht, ein Päckchen hier oder dort abgegeben, selbige angenommen. Auf einer ganz bestimmten Parkbank gesessen, bis ein Mann mit einem Hund vorbeikam. Noch ein Park in einer anderen Stadt. An der Blumenuhr gewartet. Derselbe Mann, anderer Hund. Was wollte Leo von ihr? Der Official Secrets Act legte etwas Ernstes nahe. Ediths Erfahrung war: je protziger der Ort, desto größer der Gefallen, und protziger als das Savoy an einem Silvesterabend ging es nicht.

2

34 Cromwell Square
Paddington

31. Dezember 1945

Canapés auf Bezugsschein

Schnell gemacht mit leicht erhältlichen Zutaten, köstliche Appetithappen, zu Drinks oder vor dem Essen zu servieren. Bieten Sie gebratene Würfel von Dosenfleisch aufgespießt auf Zahnstocher an; Dreiecke von dünn geschnittenem heißem Toast, Krusten entfernen, mit gebratenem Corned Beef oder Hecht aus der Dose belegen, mit Pfeffer und Essig verfeinern. Bewahren Sie die Kruste für Croutons auf.

Stella Snellings Zwölf zauberhafte Canapérezepte
Women’s Journal, Wochenende 23. Januar 1943

Der Platz, an dem Dori wohnte, lag in der Nähe des Bahnhofs Paddington. Eine Seite war nur noch ein großes, gähnendes Loch. Die Gebäude rechts und links davon wurden mit Balken abgestützt. Doris Häuserreihe war mehr oder weniger intakt, obwohl einige der Gebäude mit Brettern verbarrikadiert waren. Sie waren entweder baufällig oder warteten auf die Rückkehr ihrer Besitzer. Das von Dori war das zweite am Ende. Ein Großteil des Stucks fehlte, und die cremefarbene Front benötigte dringend einen Anstrich. All dies war eine Auswirkung der Bombe, die Edith überhaupt erst hierhergeführt hatte.

Edith bedankte sich bei dem Fahrer und stieg die Stufen zur Küche im Basement hinab. Sie war noch nicht so weit, sich zur Party zu gesellen, die oben stattfand. Doris Partys fingen früh an und endeten spät.

Zur Osterzeit 1941 war sie genau diese Stufen hinabgestolpert, überall Glockengeläut und schreiende Luftschutzhelfer, der halbe Platz nichts als rauchender Schutt und brennende Bäume. Nach einem Wochenende in Leos Wohnung hatte sie versucht, nach Hause zu kommen, als sie in einen Angriff geriet und in einen Schutzraum des U-Bahnhofs Paddington gelotst wurde. Adeline hatte auf dem Bahnsteig gestanden und Fotos gemacht. Eine unverkennbare Gestalt, ihre Fliegerjacke mit Kameras behängt, ihr weißblondes Haar unter eine weiche Schirmmütze gesteckt. Edith hatte die amerikanische Journalistin zuerst über Leo kennengelernt. Sie hatten sich sofort gemocht und stets getroffen, wenn ihre Wege sich in London kreuzten. Edith winkte, erleichtert, ein freundliches Gesicht unter so vielen Fremden zu entdecken. Adeline lächelte, ebenso froh, Edith zu sehen. Adeline reichte ihr einen kleinen Flachmann aus Silber gefüllt mit Bourbon, und sie ließen sich häuslich nieder, um den Angriff abzuwarten und darüber zu reden, wen sie getroffen hatten, wo sie gewesen waren und so weiter.

Nach der Entwarnung hatten sie draußen gesehen, wie das Feuer tobte. Dann, aufgeschreckt durch eine Art Vorahnung, hatte Adeline Edith just in dem Moment in einen Hauseingang gezerrt, als in der Nähe eine weitere Bombe hochging. Eine verspätete Zündung, ein Nachzügler, der seine letzte Ladung abwarf. Die Explosion hatte sämtliche Luft aufgebraucht. Sie hatten sich aneinandergeklammert, während das Vakuum sie wie mit riesigen Händen zusammenpresste und Ziegel wie Kinderspielzeug vorbeiflogen. Adeline hatte sie bei der Hand genommen, und sie waren zwischen zusammengefallenen Gemäuern und verlassenen Autos zum Platzeingang gestolpert. Ein Helfer brüllte: Sie können hier nicht weiter! Edith hatte gezögert, aber Adeline griff ihre Hand nur umso fester und zog sie die Stufen hinab, während der Helfer immer noch schrie.

Das Basement wurde vom halben Platz bevölkert. »Straßenkinder, Heimatlose und Waisenkinder!« Dori winkte zur Begrüßung mit einer Flasche Gin. »Kommt und trinkt etwas, meine Lieben. Was können wir sonst tun?«

Adeline war gleich wieder zurückgelaufen. Sie musste festhalten, was sie gerade gesehen hatte: die Zerstörung des Platzes, die Flammen in den Bäumen, die Gesichter der Feuerwehrleute und Krankenwagenbesatzungen, kreidebleich und angespannt im grellen Blitzlicht. Sogar der wütende Luftschutzwart würde auf amerikanischen Frühstückstischen in den Seiten der News Illustrated zu finden sein. Edith war einfach nur froh, es geschafft zu haben, freute sich über die Zuflucht und die improvisierte Party. So viel besser, als im eiskalten Bahnhof darauf zu warten, bis wieder ein Zug fuhr, so viel vergnüglicher, als im Luftschutzkeller zu Hause zu sitzen. Bis zu dem Zeitpunkt, wo die Bahnen wieder fuhren, hatte Dori Edith schon liebgewonnen. »Du kannst kochen! Komm jederzeit!«, hatte sie gesagt und es auch so gemeint. Edith mochte Dori ebenfalls, ihre Überschwänglichkeit, ihre Extravaganz. Sie war auf faszinierende Weise anders als alle anderen, die sie kannte. Sie gewöhnte sich an, immer vorbeizuschauen, wenn sie in London war, und wenn sie einen Platz zum Übernachten brauchte, gesellte sie sich zur ewig wechselnden Gruppe von Leuten, die bei Dori logierten. Es war nie lange, ein oder zwei Tage, ein Wochenende hier und da, höchstens eine Woche, aber Dori wurde ihr Rettungsanker.

Edith öffnete die Tür zur Küche und traf auf ein paar junge Dinger, die am Küchentisch standen und verdutzt aufsahen.

»Bist du das, Edith?« Dori kam nach unten. »Ich dachte, ich hätte dich reinhuschen sehen.« Sie lallte ein wenig, als hätte die Party schon früh begonnen, aber als sie im Kücheneingang auftauchte, sah sie entzückend aus. Ein tief ausgeschnittenes Kleid aus grüner Seide und schwarzes Haar, das sich in weichen Wellen ergoss. Eine leichte Schicht Puder gab ihrer blassen Elfenbeinhaut einen Hauch von Farbe. Die Augenbrauen waren so akzentuiert, dass sie die Schrägstellung ihrer Augen betonten. Ein Lidstrich und der großzügige Gebrauch von Mascara ließen sie noch dunkler erscheinen. »Das hier sind Pam und Frankie.« Die beiden Mädchen neigten kurz den Kopf, als gehörte Dori zu den Royals. »Du könntest ihnen nicht helfen, eben ein paar Canapés zu zaubern, Liebes?« Sie schenkte Edith ihr schönstes Lippenstiftlächeln. »Ich schmeiß den Boiler an und lass dir ein Bad ein.« Sie verschwand nach oben. »Und wirf einen Blick auf mein Gulasch!«

Die Mädchen wandten sich ihr erwartungsvoll zu. FANYs höchstwahrscheinlich. Dori hatte viele Freunde in der »First Aid Nursing Yeomanry«, einer ausschließlich weiblichen Wohltätigkeitsorganisation, die sowohl in der Krankenpflege als auch für den Nachrichtendienst tätig war. Was immer auch ihre Pflichten waren, Kochen gehörte anscheinend nicht dazu. Edith ging zum Herd und klappte den Deckel auf. »Du meine Güte! Was ist denn das?«

»Gulasch?«, schlug das größere Mädchen vor.

Edith betrachtete den dünnen Eintopf, der auf dem Herd vor sich hin köchelte. Dori war stolz auf ihr Nationalgericht, aber sie war keine Köchin. »Was sollen wir tun?«, fragte das andere Mädchen maulig.