Ich bedanke mich erneut bei
Frank Ralf,

für die Zeit, die er in das Erscheinen
dieses Buches investierte,

für die vielfältigste Unterstützung
und vor allem für die Geduld.

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1. Auflage Oktober 2019

©2019 Anita Lehmann

©2019 Cover und Layout Frank Ralf

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Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7504-8368-2

Inhalt:
  1. Viel bereiste Gardasee Region
    1. Garda und Sirmione … zum wievielten Mal?
    2. Auf dem Monte Baldo
    3. Von Torri del Benaco nach Riva, Limone und Malcesine
    4. Malcesine und die Funiva
  2. Vom Adige zum Arno und zum Brenta-Fluss
    1. Pisa und Florenz im Herbst
    2. Verona erlaufen
    3. Venedig bei Regen und Sonne
  3. Erlebtes Italien von Nord nach Süd
    1. Alpenpässe
    2. Parkplatzsuche in Caserta
    3. Capri
  4. Späte Liebe - Kroatien
    1. Dalmatien
    2. Olivensonntag in Opatija und das Ende der Reise im Krankenbett
    3. Kennen Sie Baška?
    4. Die Plittwitzer Seen
    5. Im Süden Istriens - Poreč, Rovinj und Pula
  5. Zwischen Ticino und den Alpen
    1. Trauminseln
    2. Der Brotbaum in den Bergen
    3. Bezwinger des Monte Mottarone
    4. Erlebnisse rings um den Lago Maggiore
I. VIEL BEREISTE GARDASEE REGION

1.GARDA und SIRMIONE ... zum wievielten Mal?

Aus dem Etschtal kommend, fahren wir mit dem Reisebus durch die Weinberge von BARDOLINO.

Es ist Anfang Oktober, die Landschaft färbt sich täglich mehr und gibt den Herbstfarben Raum.

Am Tag zuvor waren wir schon einmal in dieser Gegend - zur Weinverkostung. Auch heute machen wir uns wieder gegenseitig aufmerksam auf Weingüter inmitten von Feldern, auf Weinpressen, Weinfässer, malerische, alte Olivenbäume, Zypressen … Nach der jeweils nächsten Kurve oder Kehre bot sich uns ein ähnliches Bild, ebenfalls Weingüter, Olivenhaine …

Immer deutlicher wurden die Konturen der Rocca, ein steiler Felsen, der den Beginn der Bucht von Garda markiert. Die Rocca ist nach Süden ein steiler, alles überragender Felsen, nach Norden etwas flacher abfallend und bewaldet.

Ich erinnere mich an den Ausspruch eines italienischen Literaten oder Philosophen, der sinngemäß etwa folgendes gesagt haben soll: Der Gardasee ist der schönste Ort Italiens, die Bucht von Garda ist der schönste Fleck des Gardasees und die Halbinsel San Vigilio ist wiederum das Schönste von der Bucht von Garda.

Folglich schaue ich jetzt auf den beeindruckendsten Teil Italiens.

Zielstrebig lief ich in Garda nach dem Aussteigen los.

Ich hatte noch niemals den gesamten Hafen von einem Ende zum anderen durchlaufen. Eis schleckend, fotografierend und die Sonnenstrahlen genießend, gelangte ich in kurzer Zeit in das Zentrum des kleinen Ortes und nahm auf einer der vielen Bänke Platz.

Die Vegetation war vielfältig. Ich saß unter alten Platanen, daneben standen ebenso ehrwürdige Mittelmeer-Pinien, hinter mir, in den kleinen Gärten der Einwohner, gab es Orangen- und Zitronenbäume, Yucca, Lorbeerbüsche, Oleander … eben alles, was zu einem Gefühl führt, als sei man am Mittelmeer.

Am anderen Ende des Platzes entdecke ich ein Haus, nicht sehr groß, dessen Wände in zwei Stockwerken nur aus Bögen und Säulen zu bestehen schienen. Ein frei stehender Treppenaufgang komplettierte den Eindruck der Leichtigkeit. „Villa Carlotti” lese ich, ein Renaissancebau. Durch antike Häuser, alte Gewölbe, schmale Gassen führt mein eigentlich kurzer Weg zum Stadtturm. Schwalbenschwanzzinnen krönen einen zum großen Teil aus Feldsteinen erbauten Turm, dessen Verputz fast überall fehlt. Turmuhr, Rundbogenfenster und ein ebenso geformter Durchgang verweisen auf die dicken Mauern des Stadt-Turmes, der zwischen kleinen, alten Häusern eingezwängt ist.

Zwischen den Straßenseiten sind blau-weiße Fahnen oder an anderer Stelle rötliche Fischernetze zu sehen. Das sind die Hinweise auf einen Wettstreit Mitte August, ein Ruderrennen zwischen den verschiedenen Ortsteilen, „Palio delle Contrade”. Leider konnte ich nicht mehr darüber in Erfahrung bringen.

Von fern höre ich Musik und folge den Klängen zur Piazza Carlotti. Hier ist der offizielle Tango-Treffpunkt. An den beiden Seiten des Platzes stehen Stühle, auf denen die tanzwilligen Damen und Herren sitzen. Nicht nach Geschlechtern getrennt, wie es zu der Zeit war, als ich die Tanzschule besuchte. Aber ein bisschen erinnert es mich schon daran. Hier sind jedoch alle in reifem Alter. Die Damen tragen festliche Kleidung, nicht zu hohe Absatzschuhe und ziemlich starkes Makeup, die Herren Alltagskleidung, aber besondere Tanzschuhe. Kopf an Kopf, Stirn an Stirn nehmen sie den Rhythmus auf. Die Paare tanzen nicht einfach nur Schrittfolgen, sondern heben und senken Beine und Füße, kreuzen sie mit denen des Partners, gehen in die Knie und bewegen sich immer ganz eng am Körper des jeweils anderen. Scheinbar müssen sich alle konzentrieren oder aber es ist nicht üblich, beim Tango zu lachen und zu scherzen, denn alle Tanzenden bleiben ernst. Nur ich lächelte bei der Betrachtung des Tango-Spektakels.

Am Abend stellten wir fest, dass nicht nur ich von den Rhythmen des Tangos gefesselt worden war.

Meist wird von den Veranstaltern der Ausflug nach Garda mit dem südlichsten Zipfel des Sees verbunden, mit dem Ort SIRMIONE. Genauer gesagt, wir durchfahren den langgestreckten Ort und interessieren uns ausschließlich für das historische Zentrum der Halbinsel.

Jeder, der den Ort betreten möchte, kann nur über die Zugbrücke ins Innere der Skaligerburg und den Ort. Auf diesem mit Blumen geschmückten Übergang ist immer ein starkes Begängnis. Besonders dann, wenn zusätzlich noch Autos, wenn auch im Schritttempo, das Tor in die Stadt passieren wollen.

Auch Sirmione hat sich aus einem Fischerort zu einem Touristenort entwickelt. Durch den Ort bummeln täglich Massen von Touristen. Über eine einzige durchführende Verbindung erreicht man, etwas abseits vom Trubel, die Nordspitze der Insel.

Rechts und links von dieser ,,Hauptstraße“ führen schmale, verwinkelte und mit Blumen geschmückte Gassen irgendwann ans Wasser. Cafés, Eisdielen, verschiedenste Läden und Boutiquen verführen zum Stehenbleiben und Schauen, mitunter auch zum Kaufen.

Am beliebtesten sind bei unseren Gästen die Fahrten mit kleinen Ausflugsbooten um die Insel:

Wir fahren vom Busparkplatz zur Burg, dann durch die Zugbrücke und um den ganzen historischen Teil der Halbinsel, vorbei an den Ruinen der römischen Villa, die ,,Grotten des Catull” genannt werden.

Der römische Poet Catull, der in Verona lebte, hat diese mehrstöckige Villenanlage nicht errichten lassen. Wahrscheinlich hat er auch nur einen Vorgängerbau der Villa kennengelernt, aber er schrieb über die beeindruckende Schönheit dieses Landstrichs in seinen Poemen. Der eigentliche Erbauer ist nicht namentlich genannt.

Fasziniert war ich, als die Fahrer der Boote uns die Stellen im See zeigten, wo die heißen Thermalquellen (69 Grad) auf dem Grund des Sees entspringen. Auf der Wasserfläche perlten die Bläschen, und wir erfuhren, dass schon zur Römerzeit eine Wasserleitung vom Seegrund zu den Bädern im Ort führte.

Während meines Besuchs nutzte ich die freie Zeit, um auf einen der drei kleinen Hügel zu steigen, auf denen das historische Sirmione gebaut wurde. Gleich hinter der Wasserburg führt ein schmaler Weg leicht bergan zu einem mit Olivenbäumen bepflanzten kleinen Freizeitpark. Von hier ist der Blick über den See zum Monte Baldo-Massiv ebenso beeindruckend wie der über die Dächer der unter mir liegenden Stadt.

2. Auf dem Monte Baldo

Meine Aufenthalte auf dem Monte Baldo waren bisher immer von besonderen Erlebnissen geprägt.

Anfänglich waren es Zwischenübernachtungen in POLSA, einem winzigen Ort im Norden des 80 Kilometer langen und 10 Kilometer breiten Kalkmassivs. Aus dem Etsch-Tal kommend, fuhren wir mit dem Bus hinauf, länger als eine halbe Stunde. Die Gäste ,,moserten” wegen der vielen Kurven und Kehren. Je höher wir kamen, desto ruhiger wurde es im Bus, denn der Blick, der sich von hier oben bot, war unbeschreiblich schön.

Ich freue mich, wenn in meinem Fahrauftrag eine Übernachtung in den Bergen vorgesehen ist. Mehrfach weilte ich mit meinen Reisegruppen in SAN ZENO DI MON-TAGNA, aber jeweils nur zu einer Übernachtung. Ich wusste dann, dass ich oberhalb von Torri del Benaco war, sozusagen auf dem Balkon des Berges.

Die Auffahrt ist nicht nur reich an Kurven und Kehren, sie dauert auch ziemlich lange.

In meinem ersten Buch habe ich beschrieben, wie unser Bus in einer der mehr als 20 Kurven und Kehren schlapp machte, einfach stehen blieb und ein Ersatzbus aus Deutschland gebracht werden musste.

Während meines Sommeraufenthaltes in Torri del Benaco, direkt am See, hatte ich mir tagtäglich vorgenommen, am Abend hinauf zu steigen. Ich verschob es von einem Tag auf den anderen. Mittlerweile weiß ich, dass die Fahrstraße mehr als sieben Kilometer steil bergan führt. Selbst wenn ich es doch getan hätte, so wären um diese Uhrzeit all die Highlights des Ortes nicht mehr zu erleben gewesen, kein Horse-riding, kein Trekking, kein Tarzaning, kein Tandemspringen…

Jetzt, am Ende der Saison, wohne ich erstmals in den Bergen, schlafe vier Nächte in 583 Meter Höhe.

Auf dem Weg von Costermano hinauf verändert sich nicht nur die Landschaft. Aus den Wein- und Olivenplantagen werden halbhohe Büsche und Mischwald.

Aber der Reisende beachtet das alles überhaupt nicht. Sein Blick geht hinunter zum See; nach jeder Kehre verändert sich der zu sehende Ausschnitt. Mal sieht man nordwärts den schmaler, fjordartig werdenden Streifen, mal südlich das breiter werdende Becken und auf der gegenüberliegenden Seite immer die Bergkette, die die Reiseleiterin Rocchetta nannte und die eine Höhe von 1 900 Meter erreicht. Der Ort SAN ZENO, der auf einer Terrasse liegt, ist nicht groß und seine Straßen sicherlich gebaut, als noch keine Busse zu den Hotels kamen..

Unser Fahrer konnte die Übernachtung nicht auf direktem Weg anfahren, der Zugang war mit dem Bus nur aus der entgegengesetzten Richtung möglich. Es war also bei jeder Fahrt vom beziehungsweise zum Hotel eine ,,Rundfahrt” durch den Ort notwendig.

Und dennoch hatten wir einige Stellen zu passieren, wo am Balkon im ersten Stock und an einem Torbogen schon Ecken abgefahren worden waren oder aber auf der anderen Straßenseite mehr als nur die Farbe der Hausmauer abgekratzt war. Ganz, ganz langsam schlichen wir durch diese Straßenverengungen und waren jedes Mal erleichtert, wenn die Durchfahrt ohne Folgen blieb.

Erleichtert war in jedem Fall auch der Fahrer unseres Busses, der sich für die Durchfahrt durch diese Straßenverengungen absolute Ruhe ausgebeten hatte. Den Beifall der Gäste danach hatte er verdient.

Unser Hotel auf dem Berg wird mir in liebevoller Erinnerung bleiben. Die Besitzer hatten bei unserer Ankunft geheizt. Oftmals hatten wir abends in italienischen Hotels schon die Kälte des Herbstes spüren müssen.

Verständigungsschwierigkeiten gab es nicht, wenn man will, kann das meiste mit Gesten gesagt werden. Als ich, wie gewöhnlich, die Kurtaxe für den Aufenthalt bezahlte, erhielt ich eine Quittung für ,,Kurt Taxe”. Aber was soll‘s. Ich kenne dafür das Wort nicht in italienischer Sprache.

Wir fühlten uns wohl. Und nur ein Gast beschwerte sich täglich darüber, dass es kein Schwarzbrot gab. Aber es gab die Möglichkeit, welches zu kaufen. Und ich ärgerte mich über mich selbst, dass ich es nicht für ihn getan habe.

,,Nach den Touristen kommt die Olivenernte.” So formulierte es unser örtlicher Guide. Sie, die Olivenernte, löst sozusagen im Herbst die ,,Arbeit” mit den Touristen ab. Wir waren die letzten Touristen, die letzten Arbeitgeber, in diesem Jahr.

Auf dem südlichen Bergrücken des Monte Baldo hatte ich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch niemals ein Hotel zugewiesen bekommen. Der Ort der Übernachtung hieß SPIAZZI.

Als ich den Standpunkt des Hotels auf der Karte suchte, entdeckte ich, dass er der Ausgangspunkt für eine der bekanntesten Wallfahrtsstätten der Region ist, Madonna della Carona, die ,,Kronenmadonna”. In der Gardasee-Zeitung vom September 2018 wird der Besuch der Wallfahrtsstätte als ,,Pflicht-Etappe und lohnendes Ziel” bezeichnet. Das war, wie wir sagen, der Wink mit dem Zaunpfahl.

Unmittelbar nach der Ankunft im Hotel reihe ich mich in die Zahl der Pilger ein, die jährlich die Einsiedelei besuchen. 270 000 sollen es sein.

Ein Hinweisschild an der Straße vor dem Hotel verweist darauf, dass der Weg hinab nur 10 Minuten dauern würde. Diese Zeitvorgabe überschritt ich nur geringfügig. Der Weg führte zunächst über einen Wanderweg, dann entlang einer Fahrstraße und zum Schluss über eine Steintreppe und durch einen in den Felsen gehauenen Tunnel, den die Gläubigen schon vor Jahrhunderten nutzten.

Aus dem Etschtal, von der Autobahn aus, hatten wir vor wenigen Stunden schon zur Wallfahrtsstätte hinauf geschaut. Zunächst hatten wir den Eindruck, die Kirche versteckt sich zwischen den einzelnen Felsen einer 500 Meter langen Felswand. Und als wir sie dann endlich entdeckt hatten, die Sonne schien gerade noch in diese Felsenenge, sah es aus, als schwebe sie sozusagen zwischen Himmel und Erde. Nach oben ging es steil hinauf und nach unten steil hinunter. Ungefähr in der Mitte der steilen Felswand, in 774 Meter Höhe, schien sie am Berg zu hängen bzw. zu kleben.

Und nun stand ich hier direkt vor der Freitreppe. Ich kam ja sozusagen aus dem Fels, den ich zu meiner Linken hatte. Rechts blickte ich tief hinunter ins Etschtal und auf den Verlauf der Autobahn.

Die Geschichte des Klosters geht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Damals waren die Wege hierher noch unzugänglich und gefährlich. Zugangsstraßen und eine neue Kirche entstanden im 17. Jahrhundert. Im Verlauf der Jahre gab es Erneuerungen und Erweiterungen der Wallfahrtsstätte. Die Kirche mit ihrem schlanken Turm wurde erst 1978 eingeweiht. Hier stehend empfand ich auch das Ziel des Ganzen: Ruhe und innere Einkehr.

Aber ich stand allein hier. Wirklich ganz allein.

Auch im Inneren des Santuario war ich allein. Vorbei an 15 holzgeschnitzten Türen, hinter denen sich die Beichtstühle befanden, um diese Zeit, vor dem Abend, alle ungenutzt, lief ich zur legendären Treppe mit den 28 Stufen, die dem Haus des Pontius Pilatus in Jerusalem nachgebaut worden war. Kein Pilger, kein Besucher, der die Stufen der Treppe auf Knien zurücklegt!

Neugierig schlenderte ich weiter durch das Gebäude, entdeckte sogar den ,,Gemüsegarten” der Eremiten, aber ich versuchte nicht, das Refugium der Männer zu betreten.

Erst auf dem Titelbild des Prospektes sah ich, dass da am

Hang nicht nur die Kirche klebte, sondern mehrere Wohntürme, ein kleiner Häuserkomplex, dessen Bestimmung ich nicht nachträglich herausfinden konnte.

Es waren beeindruckende Momente, die ich erleben durfte.

Schade, von einem Bus mit 48 Gästen waren nur fünf neugierig genug, diesen kleinen Ausflug zu wagen.

3. Von Torri del Benaco nach Riva, Limone und Malcesine

2018 übernahm ich erstmals eine Fahrt zum Gardasee im Winter.

Eigentlich erklärte ich meine Bereitschaft nur, weil eine Kollegin ausgefallen war.

Der erste Tag, die Anreise, erfolgte wie bei jeder anderen Fahrt. Kein Schnee, kein Glatteis, dafür aber gleich mehrere Staus. Trotzdem kamen wir gut voran.

Als wir vom Brenner hinunter nach Sterzing fuhren, fiel mir wieder die Geschichte mit dem ,,Angurten” ein: Jeder von uns weiß, dass sich alle Insassen des Busses, einschließlich Fahrer, anzugurten haben. Bei einer unserer Fahrten im Sommer diesen Jahres wurden wir von italienischer Polizei angehalten.

Der Fahrer hatte den Gurt nicht umgelegt. Nun sollte er Strafe zahlen. ,,120 Euro”, lautete die Forderung. Der Fahrer, der ausgestiegen war, kam in den Bus zurück, um seine Geldbörse zu holen.

,,Ohne Quittung nur die Hälfte”, bedeutete ihm der Uniformierte. Da die Fahrer ohnehin alle Strafzettel selbst zahlen müssen, ging der Fahrer selbstverständlich auf den Deal ein. Und die italienischen Polizisten hatten ein fürstliches Trinkgeld, ohne selbst etwas getan zu haben.

Diesmal gab es keinerlei Verzögerungen. Nach 12 Stunden Fahrzeit waren wir im Hotel in TORRI DEL BENACO.

Als Reiseleiter glaubt man, alles schon einmal erlebt zu haben, was beim Einchecken ins Hotelzimmer zu kritisieren ist. Diesmal fehlten Kleiderbügel, Nähzeug, ein Schuhlöffel …, dafür gaben tote Käfer und ein Zimmer auf der Rückseite des Hotels Anlass zur Kritik.

Erstmals am Gardasee ein Tag ohne Programm! Ein Freizeit-Tag auch für mich!

Unser Hotel befindet sich unterhalb des Monte Baldo, zwischen Malcesine und dem Ort Torri del Benaco. Was lag näher, als zur Stadt zu laufen, zu der unser Hotel territorial gehörte, also nach Torri del Benaco.

Vorbeigefahren bzw. durchgefahren war ich schon mehrfach. Kommt man mit dem Bus von Süden, dann präsentiert sich die Skaligerburg majestätisch am Ufer. Das Herrschergeschlecht der Skaliger errichtete während seiner Zeit vier Wohnburgen am Gardasee. Die von Malcesine und Sirmione kenne ich schon, und heute würde ich mir, zumindest von außen, die Burg von Torri del Benaco ansehen.

Die Schwalbenschwanzzinnen und das Gemäuer des Turmes wurden aus Feldsteinen gebaut. Nur an den Spitzen der Zinnen schimmert es ziegelrot. Das Schloss, auf den Grundmauern einer römischen Burg errichtet, wurde am Ende der Herrschaftszeit der Skaliger ausgebaut. Vor allem die Seeseite wurde verstärkt, um vor möglichen Eroberern geschützt zu sein. Das aber änderte nichts am Untergang des Herrschergeschlechts und nichts daran, dass die Republik Venedig 1405 die Garda-Bucht eroberte.

In der Burg erweckt das ,,Limonaia”, die Limonen-Anlage bzw. das Limonen-Gewächshaus aus dem 18. Jahrhundert, mein besonderes Interesse.

Seit 1760, seit mehr als 250 Jahren, werden hier die köstlichsten Limonen angebaut. Ich erfahre, dass sich hier mehr als 20 Limonen-Bäume befinden, die bis zu dreimal im Jahr blühen. Einige dieser Pflanzen sind bis zu hundert Jahre alt. Sie wachsen bis zu neun Meter in die Höhe und werden von Kastanienpfählen und Säulen gestützt. Das Gewächshaus wird jedes Jahr im November geschlossen.

Das Öffnen und Schließen ist eine besonders heikle und auch teure Angelegenheit.

Der sich daneben befindende Hafen ist idyllisch. Äußerlich, von oben betrachtet, hat er die Form eines Ohres. Boot an Boot, eben eng nebeneinander, sind die unterschiedlichsten Schiffe verankert. Nur die schmale Zufahrt zum See wird respektiert.

Eine Gruppe von Laien-Malern hat sich hier niedergelassen, um das beeindruckende Szenario festzuhalten. Vertreter dieser Gruppe der Urlauber treffe ich wiederholt in der Stadt und bitte jedes Mal, ihre Arbeit ansehen zu dürfen. Wenn ich dann ihrem geschulten Blick folge, stelle ich fest, dass sie für diesen Ort sicherlich typische Szenen festhalten: das Panorama des Hafens, ein altes Stadthaus, einen steinernen Torbogen in der Altstadt, einen Schlossturm … Benaco hat eine ganz besondere Atmosphäre. Man schlendert hier. Der Ort erwacht erst am späten Vormittag, dann kommen die Touristen, aber bei weitem nicht so viele, wie in den Nachbargemeinden Garda und Malcesine. Immer wieder treffe ich auch auf die Gäste meines Busses; die Zahl der Besucher ist überschaubar. Ich finde es angenehm, dass ich sogar auf den Bänken am See jederzeit einen Platz finde.