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Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2418

 

Der Entropische Zyklon

 

Kolonnen-Geometer vermessen den Kurs – Atlan wagt sich in den Bannkreis des Chaos

 

Arndt Ellmer

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.

Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Der unsterbliche Arkonide Atlan begibt sich auf eine gefährliche Fahrt nach Hangay, an den Brennpunkt des Geschehens. Stets bemüht, nicht in einen offenen Konflikt mit den weit überlegenen Flotten TRAITORS zu geraten, sucht Atlan Informationen und Verbündete in einer Galaxis, die sich immer mehr von den gewohnten Raum-Zeit-Strukturen löst. Dabei begegnet er zu seinem Entsetzen einer im Auftrag des Feindes operierenden SOL, aber er findet auch Dao-Lin-H’ay wieder. Es erreicht sie DER ENTROPISCHE ZYKLON …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide sucht erneut einen Kontaktwald auf.

Farick Gilitt – Ein Kolonnen-Geometer muss feststellen, dass auch die Technik TRAITORS versagen kann.

Trim Marath – Der Kosmos-Spürer hat ein ungutes Gefühl.

Dr. Indica – Die Nexialistin sorgt sich um einen Unsterblichen.

ESCHER – Die Parapositronik legt erste Forschungsergebnisse vor.

Prolog

 

»Hörst du das, Farick Gilitt? Die Mutter aller Eier ruft!«

»Ich höre es, Crespo Gilitt. Lass uns aufbrechen!«

Ein melodisches Singen drang aus Gilitt-Höhe, es breitete sich über das Land zwischen den Metallwänden bis in die Korridore der weitläufigen Etage aus. Farick lauschte freudig diesen hochfrequenten Tönen. Ab und zu mischte sich ein Klacken der Mundzangen und ein Sirren der Hinterbeine dazwischen.

»Kommt schnell zu mir«, verkündete der Gesang. »Die Zeit ist da!«

Der Ruf der Mutter aller Eier, ihrer obersten Brüterin, erklang nur selten. Und wenn, dann kündigten sich bedeutsame Ereignisse an. Bei der Ankunft vor der Galaxis Hangay war das so gewesen, als sie ihnen den Zweck der langen Reise und den Sinn der jahrelangen Ausbildung erklärt hatte. Seither hielten sich Farick Gilitt und seine tausend Brüder viel öfter im Kommunikationskessel als im Bau ihres Volkes auf.

Farick bog den zweigeteilten Körper zur Seite und warf einen Blick zurück. In der Ferne zeichneten sich Korridor-Knoten mit benachbarten Sektoren ab. Dort patrouillierten gewöhnlich Mor’Daer, aber seit geraumer Zeit sah man nur noch Ganschkaren und Yong-Dreq-Kreaturen.

Auch das gehörte zu den Anzeichen einer neuen Zeit, wie sie in INSTERBANE schon lange keine mehr erlebt hatten.

Hangay, das war für die Oahm’Cara mehr als ein Nega-Ziel. Auf diese Ankunft hatten sich Hunderte, ja Tausende von Generationen vorbereitet. Sie hatten keine Koordinaten und keinen Namen gekannt, wussten nur, dass dieses Ereignis irgendwann wieder stattfinden würde. Dann erreichte ihr Abschnitt der Terminalen Kolonne einen Sektor dieses Universums, den die Dunklen Ermittler geprüft und für geeignet befunden hatten.

Farick senkte den Oberkörper, bis er mit allen sechs Gliedmaßen den Boden berührte.

»Du oder ich! Nur einer kann gewinnen.« Seine Mundzangen zirpten es leise, aber entschieden.

»Ich!« Crespo rannte schon.

Farick folgte ihm den Schnellbogen entlang, so gut ihn seine grazilen Beine trugen. Bald schloss er zu ihm auf.

Drei links, drei rechts, ein gleichmäßiges Schaukeln wie auf einem Ozean, das nannten sie in Gilitt-Land den Schwung-Gang.

»Gib dir keine Mühe!«

Faricks Zirpen stachelte den Jüngeren erst recht an. Crespo holte alles aus sich heraus, erreichte als Erster die Mündung in den Ringkorridor. In weiten Sprüngen hetzte er davon, Gilitt-Land entgegen.

Farick geriet ins Stolpern – ein paar absichtlich unkoordinierte Beinbewegungen – und verschaffte Crespo auf diese Weise einen Vorsprung von drei Körperlängen. Diesen Abstand hielt er auch dann noch, als sie den ersten Eingang nach Gilitt-Land erreichten. Wie auf ein geheimes Kommando hin hielten beide an.

»Du hast gesiegt«, zirpte Farick.

»Wundert es dich?«

Ehrfürchtig verharrten sie angesichts des Bauwerks, das in der riesigen Halle aufragte. Gilitt-Höhe war ein Kegel mit ausgedehnter Grundfläche, die fast bis an die Grenzen der Halle reichte. Das obere, steile Ende des zunächst flach ansteigenden Kegels verschwand in einer Öffnung der Decke. Über viele Generationen hatten die Gilitt ihren Bau immer wieder erweitert, bis ein Befehl der Kaibarone alle weiteren Aktivitäten untersagt hatte.

Baustopp! Farick Gilitt wusste nicht, wie lange das gelten sollte. Irgendwann benötigten sie Platz für neue Generationen.

Vorerst aber – das hatten die Verantwortlichen von INSTERBANE damals durchblicken lassen – standen andere Dinge im Vordergrund.

»Beeilt euch!« Die Wächter an den Eingängen zum Bau wedelten mit ihren Traditionslanzen. »Die Mutter aller Eier wartet nicht gern!«

Farick Gilitt wusste es besser. Er kannte die schier unendliche Geduld und Langmut der obersten Brüterin. Nur in wenigen Fällen gestattete sie sich Ausnahmen, dann nämlich, wenn sie Anweisungen der Kaibarone befolgte und die Gilitt in den aktiven Betrieb der Kolonnen-Fabrik integrieren musste.

Crespo stoppte vor dem Eingang. Er ließ dem älteren Nestbruder den Vortritt. Farick schnellte sich in den Gang, folgte dem sich aufwärts windenden Pfad bis hinauf zu den Gemächern der Mutter aller Eier.

Die bunten Muster rundherum verjüngten sich immer mehr, je weiter er in den Bau eindrang. Kunstvolle Verzierungen und Pflanzenensembles gesellten sich dazu. Sie deuteten darauf hin, dass es bis zum Nest der obersten Brüterin nicht mehr weit war.

Sie trafen als Letzte ein. Farick Gilitt erreichte die wartende Menge aus Leibern – starren Chitinkörpern mit zuckenden, weichen Hinterleibern. Der intensive Duft kollektiver Aufregung lag in der Luft.

»Was wird sie uns sagen?«, zirpte es leise in der Menge. »Braucht TRAITOR uns jetzt?«

Welch eine Frage!

In diesem Augenblick erhob die Mutter aller Eier ihre Stimme. Sie hockte im Nest auf der nächsten Brut – für die Zuhörer unsichtbar, irgendwo weiter hinten zwischen den Schlingpflanzen – und sprach nicht besonders laut. Aber ihre Stimme drang dennoch durch alle Gänge bis in die äußersten Räume im Bau.

»Wir sind vor kurzer Zeit im Zielgebiet angekommen, einer Galaxis, die von ihren Völkern Hangay genannt wird. Hier entsteht die neue Negasphäre.«

Sie wussten es schon von den Kalbaronen. Hangay besaß das gewisse Etwas, das den Prozess der Genese erleichterte. Die umliegenden Sterneninseln dienten als Ressourcen-Galaxien. Auch dort hielten sich Flotten TRAITORS auf und sorgten für einen reibungslosen Ablauf der Vorbereitungen.

Eine neue Negasphäre – für die Oahm’Cara bedeutete das Arbeit und eine besondere Art von Verantwortung, die sie nutzten und auch genossen. Nicht jeder Generation widerfuhr das Glück, so etwas zu erleben. Plötzlich zählten die Kolonnen-Geometer wieder etwas, ihr Ansehen innerhalb der Fabriken und der Terminalen Kolonne wuchs.

Wenn es darum ging, eine Negasphäre zu erschaffen, waren die Geometer unerlässlich. Sie vermaßen und erkundeten die Hyperstrukturen am Nega-Ziel, sie arbeiteten aber auch in den Ressourcen-Galaxien bei der Zerlegung von Ressourcen-Welten und der Schaffung von Parzellen, den späteren Kabinetten eines Chaotenders.

Im Alltagsbetrieb hingegen brauchte TRAITOR die Oahm’Cara nie oder höchst selten.

Das Schicksal verwöhnte die jetzigen Bewohner von Gilitt-Höhe, denn manchmal dauerte es Hunderte oder Tausende von Generationen, bis es wieder soweit war. Oft noch länger. In solchen Zeiten widmeten sie sich ausschließlich dem Erhalt ihres Volkes und der Gründung neuer Populationen, sofern die Kolonnen-Fabriken den Platz zur Verfügung stellten.

Die Mutter aller Eier verkündete nun die Namen der Besatzungen, die für die Scouts ausgewählt worden waren. Crespo Gilitt gehörte ebenso dazu wie Falmo Gilitt, Senzo Gilitt, Gadur Gilitt und viele andere. Ganz zuletzt nannte sie auch Farick Gilitt, der eines der Schiffe kommandieren sollte.

Der Oahm’Cara spürte übergangslos eine unbeschreibliche Leichtigkeit in sich, als sei die Schwerkraft seines Körpers aufgehoben. Das freudige Raunen der Menge wogte über ihn hinweg, packte ihn und wirbelte ihn davon – ein subjektiver Eindruck in seinem Gehirn, den er in vollen Zügen genoss.

Das Schicksal meinte es in zweierlei Hinsicht gut mit den Bewohnern von Gilitt-Höhe. Es war einfach wunderbar – sie durften nicht nur die Entstehung einer Negasphäre miterleben, sie waren auch das einzige Oahm’Cara-Volk in INSTERBANE und damit so gut wie unentbehrlich.

1.

Überrumpelt

 

Traue nie dem äußeren Schein!

Der plakative Satz des Extrasinns riss mich aus trüben Gedanken. Ich beschäftigte mich mit dem Schicksal der SOL und ihrer Besatzung. Was war aus Tek, Fee Kellind und ihren Leuten geworden, was aus den Mom’Serimern, falls …?

Falls! Dieses eine Wort sagte alles und nichts.

Bisher verfügten wir über zwei Sichtungen der SOL, die auf Grund der äußeren Umstände den furchtbaren Gedanken nahe legten, die Hantel könnte jetzt in den Diensten TRAITORS stehen. Das war der äußere Schein, den mein Extrasinn meinte. Wir kannten die Zusammenhänge nicht, konnten folglich keine konkreten Schlüsse ziehen. Unsere Einschätzung basierte auf Vermutungen und jener gehörigen Portion Vorsicht, ohne die wir in Hangay nicht überleben würden.

Wir steckten mitten in dieser Spiralgalaxis, schlimmer noch, mitten im Feindesland, wo sich in jüngster Zeit Proto-Chaotische Zellen bildeten, aus denen kein einziges Lebenszeichen mehr drang.

Aber nicht nur Hangay veränderte sich. Unser gesamtes Weltbild stimmte nicht mehr mit dem überein, was wir noch vor ein paar Jahrhunderten gewusst und geglaubt hatten. Einst waren wir den Kosmokraten und ihren Hilfsvölkern begegnet, die das Leben im Universum förderten, durch Sporenschiffe On- und Noon-Quanten verteilten und später die Schwärme schickten, die auf den bewohnten Welten die Intelligenz erhöhten.

Schon damals hatten wir erfahren, dass es auch Gegenspieler gab, die Chaotarchen, die sich aus Materiesenken entwickelten, die wiederum aus negativen Superintelligenzen entstanden waren. Wir waren dem Herrn der Elemente begegnet und den ersten MASCHINEN der Anin-An.

Später waren wir mit Kosmischen Fabriken wie MATERIA konfrontiert worden und mit ihren Gegenstücken des Chaos, den Chaotendern. Wir hatten erste Spuren des Wirkens der Chaosmächte entdeckt, und jetzt steckten wir mittendrin, in einer Zone des Umbruchs, wie sie gefährlicher nicht sein konnte.

Unser Ziel hieß Kuma-Saka. In diesem Sektor, 16.000 Lichtjahre von Kosichi entfernt, hatten automatische Ortersonden der Neuen Kansahariyya ein Hantelraumschiff geortet, das mit der SOL identisch sein musste. Schon im System Koh-Raffat war sie aufgetaucht, das lag ungefähr zwölf Monate Bordzeit zurück.

Die SOL befand sich folglich weiterhin in Hangay, und sie tauchte immer wieder an Brennpunkten des Geschehens auf.

Von diesem Augenblick an hatten wir ein fest umrissenes Ziel in der sich deutlich verändernden Galaxis: die Hantel mit ihrem goldenen Solonium-Überzug.

 

*

 

»Abweichung zehn Bogensekunden!«, hallte die Stimme von Oberst Theonta durch die Hauptzentrale der RICHARD BURTON. »Wir korrigieren den Fehler mit einer Kurzetappe.«

In den vergangenen Wochen hatten wir uns daran gewöhnt, dass in Hangay kein Schiff mehr »geradeaus« fliegen konnte. Laut ESCHER handelte es sich um das Ergebnis einer inhomogen veränderten Raum-Zeit-Struktur. Diese Inkonsistenzeffekte ließen uns um die Sicherheit unserer Schiffe und ihrer Besatzungen bangen. Sie blieben unberechenbar, zeigten von Sektor zu Sektor und von Stunde zu Stunde ein unterschiedliches Verhalten.

Die Abweichung von zehn Bogensekunden auf wenige hundert Lichtjahre – war sie ein verlässliches Indiz? Verstärkte sich der Effekt, je weiter wir uns dem Zentrum Hangays und dem zweiten Grenzwall näherten? Oder gehörte das zu den üblichen Abweichungen?

Ich befasste mich gedanklich mit dem, was hinter dem inneren Wall geschah. Die Impressionen aus dem Kontaktwald Nummer 126 waren nach wie vor in meinem Bewusstsein lebendig.

»KOLTOROC!«, hatte die mentale Stimme des Kontaktwalds geflüstert. »KOLTOROC!«

Wir kannten den Namen längst. So hieß die negative Superintelligenz, die im Auftrag der Chaotarchen den Feldzug TRAITORS koordinierte, um in Hangay eine neue Negasphäre zu installieren.

KOLTOROC war uns von daher in den vergangenen zweieinhalb Jahren zum Synonym für das Böse schlechthin geworden. KOLTOROC steckte hinter allem, was uns in der Milchstraße, in Hangay und den anderen Galaxien der Lokalen Gruppe zu schaffen machte.

Der Kontaktwald im Zentrum Hangays litt unter der extremen negativen Ausstrahlung KOLTOROCS. Lange würde er ihr wohl kaum standhalten. Wir wussten durch seine Gedankenimpulse, dass KOLTOROC eingetroffen war und innerhalb des zweiten Grenzwalls residierte.

Wir dürften irgendwo hier auch Kirmizz treffen, den designierten Piloten des Chaotenders VULTAPHER!, warf der Extrasinn ein.

Kirmizz ist das kleinere Übel, gab ich zur Antwort. Wenn wir den Piloten ausschalten, ersetzt TRAITOR ihn innerhalb kurzer Zeit durch einen neuen. Bei KOLTOROC hingegen dürfte das den Progress-Wahrern schwerfallen.

Der Gedanke, den Lenker dieser tödlichen, fremdartigen Genese aus dem Verkehr zu ziehen, besaß etwas Faszinierendes. Er bereitete mir Vergnügen.

Narr! Wie meist gefiel sich mein Logiksektor in der Rolle des Widerspruchsgeistes. Du überschätzt unsere Möglichkeiten und Fähigkeiten!

Wir kennen sie doch noch gar nicht vollständig. ESCHER zum Beispiel ist längst nicht an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angelangt.

Darauf wusste der Extrasinn kein Gegenargument und schwieg. Inzwischen legte das Hangay-Geschwader aus RICHARD BURTON, den LFT-Boxen ATHOS, PORTHOS und ARAMIS sowie den PONTON-Tendern ERIDANUS XV und FOMALHAUT I bis III die kurze Linearetappe zurück.

»Zielposition erreicht«, meldete Hylmor von Port Teilhard, der Leiter der Funk- und Ortungsabteilung. Der Venusgeborene stemmte sich aus seinem Sessel hoch. »Keine Fremdortung. Wir starten den Sextanten.«

Zwölf Tage war es her, seit die SOL im Sektor Kuma-Saka gesichtet worden war. Es war kaum anzunehmen, dass sie sich noch immer hier aufhielt. Dennoch wollten wir nichts unversucht lassen.

In der Hauptzentrale der RICHARD BURTON verstummten die Gespräche. Die Männer und Frauen auf COMMAND sowie auf ihren Galerie-Stationen hoch oben beobachteten ihre Instrumente und warteten darauf, dass der Logik-Programm-Verbund LPV endlich etwas anzeigte.

Da war nichts, zumindest nichts, was auf die SOL hinwies. Stattdessen orteten wir Schiffsverkehr zwischen den Sonnensystemen des Sektors. Aus den gespeicherten Daten über Hangay ging hervor, dass in Kuma-Saka die Attavennok 16 Planeten erschlossen hatten. Teilweise lebten auf diesen Welten mehrere Milliarden der einen Meter großen Kopfflügler, die wir einst als die Vorfahren der deutlich größeren Vennok kennengelernt hatten.

»In diesem Sektor gibt es eine Reihe von Irrläufern, kleinen Planetoiden, die von den Attavennok als Basen für den interstellaren Raumflug benutzt werden«, erläuterte Hylmor die Daten im Holokubus. »Das dirigistische Zentrum liegt im Lettamas-System.«

Lettamas war eine orangefarbene Sonne der Spektralklasse K mit insgesamt sieben Planeten. Nummer zwei hieß Letta, eine erdgroße, erdähnliche Welt mit einem Mond. Hier residierte die Provinzregierung dieses Sternensektors. Seit dem Hyperimpedanz-Schock vom Jahr 1331 NGZ arbeiteten die Attavennok an der Wiederherstellung einer interstellaren Infrastruktur zwischen den Welten des Kuma-Saka-Sektors. So wie hier sah es in vielen Sektoren Hangays aus.

Wir ließen Lettamas links liegen. Unser Ziel lag weitab der befahrenen Routen.

»Was ist mit Kalifurn?«, fragte ich.

Aus den Daten von Alomendris, der Intelligenz aus 126 Kontaktwäldern, wussten wir, dass der Planet vom derzeitigen Standort des Geschwaders etwa 89 Lichtjahre entfernt lag.

»Wir haben den Planeten und sein Sonnensystem in der Ortung«, bestätigte Hylmor. Auf diese relativ kurze Entfernung war das kein Problem. »Vom Wald fehlt bisher jede Spur.«

»Das will nichts heißen.« Ich war überzeugt, dass die Angaben der Pflanzenintelligenz den Tatsachen entsprachen.

 

*

 

Stiller Alarm in allen Schiffen! Wenige Lichtjahre entfernt tauchten übergangslos Traitanks auf. Erst zählten wir ein paar Dutzend, dann waren es Hunderte, die einen Sammelpunkt ansteuerten. Drei, vier Chaosgeschwader fanden sich zusammen.

Rund um den Kuma-Saka-Sektor orteten wir insgesamt fünf solcher Treffpunkte. Insgeheim hoffte ich darauf, im nächsten Augenblick würden die Orter weit ausschlagen und die Ankunft des Hantelschiffs ankündigen. Es blieb ein frommer Wunsch.

»Die Auswertung des Funkverkehrs ist in wenigen Augenblicken abgeschlossen«, meldete der LPV. »Alle Traitanks verlassen den Sektor, weil sie eine Warnung ihres Flottenkommandos erhalten haben. Ein Entropischer Zyklon wurde angekündigt.«

Die Chaosgeschwader verschwanden und tauchten nicht wieder auf. Vermutlich kehrten sie zu ihren Kolonnen-Fabriken zurück.

Und die SOL?, fragte ich mich. Wo steckt sie?

Sie war hier an diesem Ort nur wenige Tage vor der Zyklon-Warnung aufgetaucht. Und im Segarenis-Haufen hatte sie die Entstehung einer Proto-Chaotischen Zelle verfolgt.

Waren das Zufälle, oder steckte mehr dahinter?

Die SOL beobachtet gezielt solche Vorgänge, die mit der Entstehung der Negasphäre zu tun haben!, merkte der Extrasinn an.

Da sind wir ausnahmsweise mal einer Meinung, dachte ich sarkastisch. Selten genug kam es vor.

Aus Dao-Lin-H’’