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 Cornelia Mack • Kleiner Unterschied– große Wirkung | So verstehen sich Mann und Frau • SCM Hänssler

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ISBN 978-3-7751-7242-4 (E-Book)
ISBN 978-3-7751-5210-5 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:
CPI books GmbH, Leck

7. Auflage 2013
Überarbeitete Neuauflage in neuer Rechtschreibung.
Dieser Titel erschien zuvor unter der ISBN 978-3-7751-2945-9.

© der deutschen Ausgabe 2002 und 2010
SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH & Co. KG · 71088 Holzgerlingen
Internet: www.scm-haenssler.de; E-Mail: info@scm-haenssler.de

Die Bibelverse sind folgender Ausgabe entnommen:
Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, ©
1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Umschlaggestaltung: OHA Werbeagentur GmbH, Grabs, Schweiz; www.oha-werbeagentur.ch
Titelbild: shutterstock.com
Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach
Illustrationen: Saskia Klingelhöfer

Meinem Mann in großer Dankbarkeit für 33 Jahre Ehe.

Inhalt

Vorwort

Für ein besseres Miteinander von Mann und Frau

Teil 1 – Beobachtungen zum Thema Mann und Frau

Die verunsicherte Beziehung

Abwertungen

Gleichmacherei der Geschlechter

Ebenbild Gottes

Was meint Ebenbildlichkeit?

Die Chance der Unterschiedlichkeit

Teil 2 – Die Unterschiede

Der Körper

Das Gehirn

Die Sinneswahrnehmungen

Berührungsempfindlichkeit

Räumliche Orientierung

Erregungsbereitschaft

Belastungsfähigkeit

Sexualität

Wahrnehmung der Welt

Innenwelt – Außenwelt

Personen oder Sachen

Komplexität oder Vereinfachung

Körper als Teil meiner selbst oder der Körper als Werkzeug

Gefühle offen oder eingesperrt

Gestaltung des Lebens

Bindung – Unabhängigkeit

Kleine Netzwerke – große Netzwerke

Beziehung und Erfolg

Selbstabwertung oder Selbstsicherheit

Nähe und Distanz

Gespräche

Beziehungspflege oder Informationsaustausch

Unterstützung – Konfrontation

Mehrgleisig oder eingleisig

Mittel zur Klärung oder Austausch von Ergebnissen

Private Gespräche und öffentliche Gespräche

Indirekt oder direkt

Schlussfolgerungen

Teil 3 – Mann und Frau gemeinsam – ein starkes Team

In der Gesellschaft

Nicht werten

Gemeinsam sind wir stärker

In der Ehe

Der Liebe Ausdruck verleihen

Ja zur Unvollkommenheit

Versöhnung und Vergebung

Die Ergänzung gestalten

Dankbarkeit

In der Erziehung

Die notwendige Ergänzung von Vater und Mutter

Vater und Mutter als Gottesbild

Bibel und Ehe

Das Eheprinzip der Bibel – verlassen, anhangen, eins sein

Die Frau – eine Gehilfin?

Das Geheimnis der Unterordnung (Epheser 5,21-33)

Literatur

Anmerkungen

Vorwort

Für ein besseres Miteinander von Mann und Frau

Mann und Frau in unserer Welt – ein weites Thema, ein spannendes und manchmal auch ein brisantes.

Dass Mann und Frau verschieden sind, wird niemand bezweifeln. Aber die Frage, wie wir mit diesem Wissen umgehen, ist damit noch lange nicht gelöst.

Es kann sein, dass wir von der Andersartigkeit des anderen Geschlechts fasziniert sind, möglicherweise sind wir aber auch bestürzt und betroffen. Es kann sein, dass die unterschiedliche Herangehensweise an die Welt zu Unverständnis führt oder aber überraschende und positive Lerneffekte in sich birgt.

Je mehr wir voneinander wissen, desto besser. Auf diese Weise bekommen wir einen neuen Blick aufeinander und viele Missverständnisse erübrigen sich. Das Miteinander von Mann und Frau wird erst dann schwierig, wenn Misstrauen einkehrt, wenn die gegenseitige Wahrnehmung nur noch negativ gefiltert ist und daraus dann ein täglicher Kleinkrieg wird.

Die Grundidee Gottes ist eine andere: Frauen und Männer können einander auf hervorragende Weise ergänzen, nicht nur in der Ehe und in der Familie, sondern auch in allen anderen Bereichen des Lebens.

Immer neu komme ich ins Staunen darüber, wie exzellent es Gott sich ausgedacht hat, dass Frau und Mann nicht gleich sind, sondern unterschiedlich. Wie wir erleben, fühlen, reagieren, denken, nach Lösungen suchen und die Welt wahrnehmen, hängt ganz stark davon ab, ob wir ein Mann oder eine Frau sind. Das macht das Miteinander so spannend und die Ergänzung so notwendig.

Mit diesem Buch will ich dazu verhelfen, dass wir eine neue Sichtweise aufeinander bekommen, mehr Sensibilität für die Andersartigkeit des anderen Geschlechts gewinnen und möchte dazu ermutigen voneinander zu lernen und uns ergänzen zu lassen.

Die Neuauflage dieses Buches ist eine erweiterte und überarbeitete Fassung des bereits 2002 erschienenen Buches. Die wissenschaftliche Forschung hat in der Zwischenzeit noch weitere interessante Ergebnisse zutage gefördert, die ich zum Teil mit eingearbeitet habe.

Darum hat dieses Buch drei Teile: In Teil 1 möchte ich beleuchten, in welchem ideologischen und biblischen Themenkreis wir die Thematik ansiedeln müssen. In Teil 2 beschreibe ich Erkenntnisse über die Unterschiede.

In Teil 3 ziehe ich Schlussfolgerungen, vertiefe einige biblische Aussagen zum Thema Mann und Frau und gebe Hilfestellungen für den Umgang mit diesem Thema in Ehe und Familie.

Um einer flüssigen Lesbarkeit willen habe ich auf die inklusive Sprachregelung verzichtet: Ich weiß, dass es nicht nur Psychologen und Seelsorger, sondern auch Psychologinnen und Seelsorgerinnen gibt. Natürlich sind immer beide Geschlechter gemeint.

Das Inhaltsverzeichnis ist so ausführlich gehalten, dass man auch einzelne Themenbereiche überspringen kann und sich auf das konzentrieren kann, was einem persönlich gerade am wichtigsten oder interessantesten erscheint.

Ich wünsche allen Lesern, dass sie das Aufregende und Herausfordernde am anderen und am eigenen Geschlecht neu entdecken und dadurch begeistert werden für Gottes Grundidee der Ergänzung.

Ich danke meinem Mann für viele Gespräche zu diesem Thema und die hilfreiche Begleitung der Texte dieses Buches. Ich bin dankbar für den Weg, den wir miteinander in bisher 33 Jahren Ehe gehen konnten, und dass wir darin etwas von dem wunderbaren Geschenk Gottes an uns Menschen entdecken konnten.

Cornelia Mack

Teil 1 – Beobachtungen zum Thema Mann und Frau

  
Die verunsicherte Beziehung

Schon immer war das Verhältnis von Mann und Frau spannend. Im Lauf der Geschichte hat es häufig für Irritationen und Diskussionen gesorgt. Bereits in der Bibel ergab es reichlich Gesprächsstoff. Selbst der Umgang von Jesus mit den Frauen führte gelegentlich zu heftigen Auseinandersetzungen.

Werfen wir einen Blick auf die jüngere Geschichte, lassen sich zwei Fehlentwicklungen im Denken über das Verhältnis von Mann und Frau ausmachen. Zum einen ist da eine gegenseitige Geringschätzung und Kampfansage mit dem Ziel der Abwertung des anderen Geschlechts. Zum anderen gibt es den Versuch einer völligen Gleichmacherei und Aufweichung der Unterschiede.

Abwertungen

Wenn wir den Ursprungsgedanken Gottes aus den Augen verlieren, sind wir schnell dabei, uns über das andere Geschlecht zu erheben und dieses schlechtzumachen. Dies schlägt sich dann in einem gestörten Verhältnis – sowohl im alltäglichen Miteinander als auch in ideologischen Auseinandersetzungen – nieder. Zwei gegensätzliche Denkrichtungen spiegeln das wider.

Abwertung 1:
Mannsein ist schlecht, Frausein ist gut

Oder: Frau soll Frau werden, um Mensch zu sein. So lautet die Kurzthese des Differenzfeminismus1 (Luce Irigaray).

Besonders deutlich wurde dieser Denkansatz in den Studentenprotesten der 1968er-Jahre. Darin entwickelte sich ein kritischer Blick auf die traditionelle Rollenverteilung von Mann und Frau und das »patriarchale System« der Gesellschaft. Männer wurden dafür angeklagt, dass sie Mann waren. Frauen versuchten, sich von der Männerherrschaft zu befreien, um ihr ureigentlich Weibliches wieder leben und gestalten zu können. Der Mann wurde zum Feind und Unterdrücker und geriet somit in eine Verteidigungsposition.

Bis heute eignen sich viele Frauen als Folge davon Negativurteile über »die Männer« an: unreif, verspielt, unsensibel, verantwortungslos, machthungrig. Sie legen eine Negativfolie über ihren Blick auf »den Mann« und denken: Männer müssen kontrolliert und erzogen werden. Ein Klima des Misstrauens kehrt dadurch in die Beziehungen ein. So geraten Frauen in ständige Empörungsbereitschaft gegenüber dem Mann. Viele Frauen sind auf diesem Gebiet in eine erstaunliche Intoleranz abgekippt und missdeuten jedes Verhalten eines Mannes als Bestätigung ihrer Vorurteile oder Urteile über den Mann.

Der Mann erscheint als Feind, der erst einmal beweisen muss, dass er (wenn er lieb ist) eventuell doch noch zum Freund werden könnte.

Zusätzlich wird unterschwellig vermittelt: Ihr Männer seid schuld daran, wenn es den Frauen schlecht geht.

Heute werden eher Männer von Frauen unterdrückt als umgekehrt.

Die Folge aufseiten der Männer: Sie müssen ihre Männlichkeit unterdrücken, um es den Frauen recht zu machen. Sie werden zu »Sitzpinklern« und Machos degradiert.

Männer wagen oft gar nicht mehr, höflich und respektvoll mit Frauen umzugehen, weil sie Angst haben, als Unterdrücker oder Gewalttäter abgestempelt zu werden. So kommen sie zu dem Ergebnis: »Egal, wie ich es mache, es ist immer falsch!«

Irgendwann kündigen sie ihre Verantwortung auf und entziehen sich dem System Ehe und Familie, werden zu Alleingängern und wollen in Ruhe gelassen werden.

Wenn die Beziehung zu einer Frau verbindlich wird, kommt es zum offenen Kampf: die Aufgabenverteilung muss verhandelt, Freizeitaktivitäten müssen gemeinsam geplant werden.

Viele erleben dies als eine Aufforderung zum Konkurrenzdenken. Diesen Stress wollen manche Männer nicht, sondern leben dafür lieber unverbindliche Teilzeitbeziehungen.

»Mädchen sind die neue Elite«, stellte die Shell-Jugendstudie bereits 2006 fest. Der Mann ist vom weiblichen Geschlecht »überholt« worden; die Arbeitslosenquote bei Männern steigt stetig und stärker an als bei Frauen. Dass Mädchen besser in der Schule sind, sie halb so oft die Schullaufbahn abbrechen und an den Universitäten in der Mehrheit sind, ist bekannt. Frauen rauchen weniger als Männer, nehmen nicht so häufig Drogen, leiden nicht so sehr unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, leben länger und sind seltener kriminell.

Die Rolle des Familienoberhauptes, ja überhaupt einen positiven Blick auf ihr Mannsein, haben Männer heute vielfach verloren. So erleben heute viele Jungen die Väter und Männer nicht mehr als prägende Vorbilder, denn zu Hause, in den Kindergärten und Grundschulen werden sie von Frauen erzogen. Diese wiederum erwarten von allen gleichermaßen eine harmonische und friedfertige Atmosphäre, fürsorgliches Verhalten und Einfühlsamkeit. Das Schulversagen vieler Jungen ist auf diesem Hintergrund verständlich und macht ein tiefer liegendes Problem sichtbar: die Krise der Männer als Folge der Abwertungen des Mannseins durch den Feminismus. Was ursprünglich im guten Sinn als »typisch Mann« galt, wird heute abgewertet und als krankhaft bezeichnet.2

Es war erklärtes Ziel der Frauenbewegung, die Bedeutung der Väter herunterzuspielen. Sie durften noch als Erzeuger und Unterhaltszahler herhalten, alles andere sollten Mütter alleine bewältigen. Die Abschaffung der Väter war ein notwendiger Schritt im Kampf gegen die Männerherrschaft. Gleichzeitig überforderten sich die Mütter mit dem Anspruch, den Kindern zugleich Mutter und Vater sein zu können.

Der Psychotherapeut Jörg Bopp analysierte es so: »Es kommt nicht selten vor, dass Kritik an der Männerherrschaft in unserer Gesellschaft dazu herhalten muss, mütterliche Besitzansprüche auf die Kinder zu vertuschen … Das Bild von der grandiosen und alles könnenden Mutter und den überflüssigen Männern behinderte die Kinder in der Suche nach ihrer eigenen geschlechtlichen Identität«.3

Abwertung 2:
Frausein ist schlecht, Mannsein ist gut

Oder: Frau muss Mann werden, um Mensch zu sein – so die Kurzthese des Egalitätsfeminismus4 (Simone de Beauvoir).

Dieses Denken war auch in der wissenschaftlichen Literatur weitverbreitet: Sowohl in der medizinischen als auch in der psychologischen Literatur war die Frau lange Zeit ein Wesen mit Defiziten. Es herrschte in der Medizin ein sogenannter »Androzentrismus« vor: Das medizinische Denken und Forschen ging vom Mann als dem Normalen aus, Frauen waren Abweichungen von der Norm. Noch im 19. Jahrhundert galt das Frausein an sich schon als Krankheit.5

In der Psychologie (Piaget, Kohlberg, Erikson), aber auch in der Medizin nahm man lange Zeit immer nur männliche Probanden für die Forschungen und kam dann zu dem Ergebnis, dass Frauen, wenn sie in den Tests nicht die Höchstwerte erreichten, eben von der »männlichen« Norm abweichen oder nicht an die männlichen Fähigkeiten heranreichen können. Der dahinterliegende Denkansatz lautet: Wären Frauen wie Männer, wären sie normal. Oder: Frauen sollten eigentlich wie ein Mann sein, um vollwertig zu sein.

Interessanterweise hat der Egalitäts-Feminismus dieses Denken noch durch Aussagen verstärkt wie: »Weiblichkeit bzw. Mütterlichkeit zählt nicht, der Kinderwunsch ist altmodisch, Mütter sind Heimchen am Herd.« Was Männer leisten, können Frauen auch: Geld verdienen, Politik treiben, Firmen leiten. Wenn Männer ihren Selbstwert aus der Arbeit und der beruflichen Leistung beziehen, dann dürfen Frauen darin nicht zurückstehen. Bewusst oder unbewusst folgte das feministische Denken damit einer marxistischen Maxime: Der Mensch verwirklicht sich nur mit all seinen Fähigkeiten, wenn er arbeitet – wobei manche bisher frauentypische Aufgaben, z. B. Kindererziehung, nicht von vornherein als sinnvolle und erfüllende »Arbeit« verstanden wurde.

Dieses Gedankengut führte dazu, dass viele Frauen versucht haben, sich der männlichen Welt anzupassen und ihr Frausein zu unterdrücken.

• Mütterlichkeit, Fürsorglichkeit und Beziehungspflege waren plötzlich out. Der Wert einer Frau definiert sich über ihren beruflichen Erfolg, Karriere, Leistung und Aufstieg.

• Der Wert der Familienarbeit wurde nur noch am materiellen Ertrag gemessen. Dass Kindererziehung auch Prägung einer kommenden Generation und damit gesellschaftspolitische Arbeit ist, wird bis heute viel zu sehr unterschätzt.

• In der Kleidung und im Aussehen glichen sich viele Frauen den Männern an, trugen Anzüge, rauchten Zigarillos, hatten Kurzhaarschnitte und kamen mit der Aktentasche zur Arbeit.

Frauen erreichten damit zwar teilweise materielle Unabhängigkeit und Freiheit von als lästig empfundenen Verpflichtungen und konnten bisher vernachlässigte Talente entwickeln. Sie merkten dann aber oft zu spät, dass ihnen dadurch wesentliche Bereiche wie Mütterlichkeit, Weiblichkeit, Personenbezogenheit und schöpferische Gestaltungsfreiheit verloren gegangen waren. Anneliese Fuchs analysiert es so: »Sie begibt sich aus dem Gefängnis der weiblichen Einseitigkeit, um sich im Gefängnis der männlichen Einseitigkeit wiederzufinden.«6 Die Folge der Abwertung des Frauseins war, dass es keine Möglichkeit zur Ergänzung gab, der Gegenpol zur männlichen Welt fehlte.

Für viele Frauen war die Folge dieses Lebensstils eben nicht Zufriedenheit, sondern Einsamkeit und Enttäuschung. Aber auch Verunsicherung, Schuldgefühle und innere Zerrissenheit, denn sie blieben in allen Bereichen immer etwas schuldig. Ihren Kindern konnten sie nicht in dem Maß gerecht werden, wie sie es sich gewünscht hätten – und umgekehrt im Beruf waren sie oft zu stark in Gedanken bei den Kindern und konnten sich deswegen auch dort nicht wirklich voll einbringen.

Ende September 2009 veröffentlichten amerikanische Zeitungen Daten über die Zufriedenheit von Frauen. Der Unternehmensberater Marcus Buckingham stellte anhand der Daten die These auf, Frauen seien im Lauf der vergangenen 40 Jahre weniger zufrieden geworden. Seine Schlussfolgerung: Der Feminismus mit all seinen Freiheiten und Wahlmöglichkeiten hat die Frauen tatsächlich unglücklicher gemacht, denn die Anforderungen an die Frauen sind dadurch nur noch gestiegen.

Die Grundidee, alles zu können und zu wollen, mündete in einer ständigen Überforderung und inneren Unruhe. Die Töchtergeneration der Frauenbewegung setzt ihre Ansprüche an sich selbst gnadenlos hoch an. Die Folgen der Selbstverwirklichung sind nicht mehr Selbstachtung und Selbstwertgefühl, sondern überzogen hohe Ansprüche, die nur weitere Unzufriedenheit nach sich ziehen.7

Gleichmacherei der Geschlechter

Die Verunsicherung in den Geschlechterrollen zeigt sich nicht nur im Versuch der gegenseitigen Abwertung, sondern auch im Versuch der Gleichmacherei der Geschlechter.

Zurzeit wird der Denkansatz »Gender-Mainstreaming« viel diskutiert und zitiert. Er geht zurück auf die Feministin Judith Butler. Sie führt in ihrem Buch »Das Unbehagen der Geschlechter«8 aus, Geschlecht sei keine biologische Vorgabe, sondern von der Gesellschaft geprägt und geformt, also konstruiert, und könne somit jederzeit auch wieder »dekonstruiert« werden. Sie behauptet, es gebe kein biologisches Geschlecht (sex), sondern nur ein sozial und kulturell zugeschriebenes Geschlecht (gender).

Der Mensch ist also – so Butler – nicht von Geburt an auf ein Geschlecht festgelegt, sondern wird zu Mann oder Frau gemacht