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Über dieses Buch:

Die Welt um sie herum liegt in Schutt und Asche – und nicht nur deswegen hat Greta das Gefühl, am grauen Alltag zu ersticken. Doch da gibt es etwas, was sie erzittern lässt: Der seidige Glanz von Nylonstrümpfen, die sich eng um ihre Beine schmiegen. Wann immer sich die Gelegenheit bietet, gönnt sich Greta dieses Vergnügen – aber Nylons sind im Nachkriegsdeutschland ein nahezu unerschwinglicher Luxus. Es sei denn, man ist sehr mutig …


Erotisch, spannend, verführerisch: Der Auftakt einer prickelnden Trilogie, die mit „Nylons: Verbotenes Spiel“ fortgesetzt wird und in „Nylons: Gefährliches Spiel“ ihren Höhepunkt finden wird.



Über die Autorin:

Nora Schwarz wurde 1982 in Heilbronn geboren. Sie studierte in Stuttgart Germanistik und Kunstgeschichte – und verdiente sich in dieser Zeit ihren Lebensunterhalt als Domina. Über die Erfahrungen im Sado-Maso-Studio schrieb sie den Bestseller Lessons in Lack. Inzwischen arbeitet Nora Schwarz als freie Museumsführerin in modernen Kunstgalerien und als Autorin. Bei venusbooks veröffentlicht sie eine Serie erotischer Phantasien rund um Nylonstrümpfe, über die sie sagt: „Ich liebe dieses Material und war schon immer der Meinung, dass Nylons neben ihrer einzigartigen Erotik auch ein poetisches romantisches Potenzial besitzen. Ich habe mir in Nizza auf einem Antiquitätenmarkt Nylonwerbung aus den 50ern gekauft, und diese Plakate haben mich beim Schreiben inspiriert.“

Nora Schwarz veröffentlicht bei venusbooks auch die folgenden erotischen Phantasien:

NYLONS: Der Schwan

NYLONS: Harte Zeiten

NYLONS: Mademoiselle hat ein Geheimnis

NYLONS: Erziehung eines Diebes

NYLONS: Das französische Mädchen

Die Autorin im Internet: www.nora-schwarz.de

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eBook-Neuausgabe Februar 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2013 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Lizenzausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

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Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Sabine Thiele

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München

Titelbildabbildung: Terence Mendoza / shutterstock.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-085-9

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Nora Schwarz

NYLONS: Gewagtes Spiel

Erotische Phantasien



venusbooks

Berlin, 1947

Kapitel 1

Greta begriff viel zu spät, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie kannte die Risiken, wenn man sich auch nur in die Nähe des Schwarzmarktes am Brandenburger Tor bewegte. Es war egal, ob man den Platz vielleicht nur überquerte – wenn eine Razzia stattfand, kassierten die Schupos alles und jeden ein. Auch Passanten. Die konnten sich zwar später beim Verhör herausreden, aber für alle, die Geschäfte tätigten, wurde es schwierig. Wer etwas bei sich trug, und war es nur ein Knäuel Garn, bekam Probleme.

Als der schrille Pfiff ertönte und einer der Bengel, die Schmiere standen, „Razzia!“ brüllte, war es bereits zu spät. Für einen Moment war Greta wie betäubt. Zuerst glaubte sie, dass es mit der nahenden Ausgangssperre zu tun hatte, die seit letzter Woche noch viel strenger überwacht wurde als ohnehin schon. Seit Ende Oktober waren vier junge Frauen verschwunden, eine davon hatte man gestern aus der Spree gefischt, erdrosselt. Natürlich hatte auch Greta jetzt Angst. Wenn es sich vermeiden ließ, ging sie nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße. Aber ihr heutiges Vorhaben ließ ihr keine Wahl. Sie zuckte zusammen und riss den Kopf hoch.

Um sie herum schien eine Massenszene im Theater urplötzlich zum Leben zu erwachen. Eben noch herrschten überall sparsame Bewegungen, verstohlenes Kopfdrehen, langsame Handzeichen vor – und schlagartig stob alles auseinander. Frauen, Männer, Halbwüchsige, das Pflaster vibrierte von hastigen Schritten. Als hätte ein unsichtbarer Mechanismus alle Hände auf einmal geöffnet, fielen um sie herum Dinge zu Boden. Bündelweise Reichsmarkscheine, Schuhcremedosen mit Butter, Taschen und Koffer, Flaschen mit Selbstgebranntem, Zigaretten, Schuhe, Armbanduhren, Schokoladentafeln … Plötzlich herrschte ein ohrenbetäubender Lärm, Scheppern und Klirren, das Stampfen der Füße, und über allem lag das Schreien der Schupos, die Trillerpfeifen, die Rufe der Leute. Ihr Geschäftspartner, eben noch direkt vor ihr, tauchte in der Menge unter. Greta wusste, dass sie ihren Einkauf fallen lassen sollte, so konnte man ihr nichts nachweisen. Aber etwas ließ sie zögern. Sie brachte es nicht übers Herz, in die Innentasche ihres Mantels zu fassen, um das eben erworbene Päckchen aufs Pflaster zu werfen. Es war ohnehin zu spät. Eine grobe Hand packte sie von hinten und riss sie herum.

„Fräulein, das ist eine Razzia, Sie sind festgenommen!“, brüllte sie ein Polizist an.

Greta riss sich los. Eigentlich hatte sie das gar nicht vorgehabt, denn je unauffälliger und unverdächtiger man sich auf dem Schwarzmarkt gab, desto besser. Doch jetzt rannte sie durch die Menge, den linken Arm fest auf ihren Mantel gepresst, damit ihr kostbares Gut nicht herausfallen konnte. Um sie herum brandeten Schreie hoch, Frauen wehrten sich panisch gegen den Zugriff der Schupos, Jungen versuchten, zwischen den Beinen der Leute durchzuschlüpfen.

Sie wusste nicht, ob sie eine Chance hatte, noch aus dem brodelnden Kessel herauszukommen. Ohne zu wissen, wohin, rannte sie einfach los. Was auf dem zerfetzten Pflaster mit den vielen Schlaglöchern gar nicht einfach war und erst recht nicht in den billigen Damenschuhen mit der dünnen Sohle. Ihr graute jetzt schon davor, mit diesen Schuhen den kommenden Winter zu überstehen. Da, das Palais des Fürsten Blücher, schwer beschädigt von Bombentreffern! Sie sah, wie eine kleine Gruppe Jungen ebenfalls hineinhastete. Das einst ehrwürdige Gebäude hatte seinen Haupteingang zum Pariser Platz, und von dort aus konnte man gewiss entkommen. Sie beschleunigte ihre Schritte. Irgendjemand warf eine Dose Büchsenfleisch, die scheppernd über das Pflaster rollte. Die Jungen waren schon durch eine Maueröffnung verschwunden.

Ich muss es riskieren, dachte Greta und stieg ebenfalls hindurch.

Im Innern hallten noch die Schritte der Flüchtenden. Es war stockdunkel und stank erbärmlich nach Müll, Urin und verbranntem Holz. Wohin jetzt? Die Bengel kannten sich in der Ruine natürlich aus, sie war in der Dunkelheit hilflos.

Greta wagte ein paar vorsichtige Schritte in die Richtung, aus der das Echo der Schritte kam. Ich hätte mich dichter hinter ihnen halten sollen.

Als sie hinter sich ein Geräusch vernahm, wirbelte Greta herum. Zwei schwere Hände legten sich auf ihre Schultern und stießen sie ein Stück zurück. Sie taumelte und blinzelte erschrocken in die Dunkelheit, erkannte aber nur einen sich bewegenden Schatten.

Der ursprüngliche Instinkt, der sie vor dem Polizisten hatte weglaufen lassen, kam kein zweites Mal auf. Sie wurde gegen eine feuchte Wand gedrückt. Atemlos presste sie die Augen zusammen, gelähmt wie ein Lamm in der Gewissheit des Todes. Doch die kräftigen, groben Hände taten ihr nicht weh. In der nächsten Sekunde flammte ein Sturmfeuerzeug auf. Sie blinzelte.

Vor ihr beleuchtete eine kleine Flamme das Gesicht eines Mannes, das in der Dunkelheit zu tanzen schien. Ein breites, etwas zerfurchtes Gesicht mit hellen blauen Augen.

„Sieh an, wer treibt sich denn hier in der Finsternis herum?“, fragte der Mann. Er hatte eine wissende, lauernde Stimme, und in der nächsten Sekunde war sich Greta sicher, dass er sie in die Tiefen der Ruine verschleppen würde. Von draußen erklangen immer noch die dumpfen Schreie der Razzia. Ein schrecklicher Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Was, wenn der geheimnisvolle Mörder, den die Berliner Polizei jagte, gerade hier auf sein nächstes Opfer gewartet hatte, in dem Wissen, dass bei den Flüchtenden vom Schwarzmarkt sicherlich auch eine junge Frau den Weg durch das dunkle Palais nehmen würde? Greta zitterte immer unkontrollierter. Und doch war die Stimme des Mannes so eigenartig höflich und ein wenig … gelangweilt. Klang so ein Frauenmörder? Und sein Gesicht? Dazu waren seine Augen irgendwie zu wach, zu hell.

„Der Platz ist eingekesselt, und dieser Umweg ist nicht gerade der sicherste“, meinte der Mann und musterte sie prüfend. „Da fragt man sich doch, was für eine Art junges Fräulein so etwas macht?“ Er schüttelte missbilligend den Kopf.

„Bitte …“, wisperte Greta, „tun Sie mir nichts.“

Wieder das missbilligende, knappe Kopfschütteln. „Na ja, dafür kann ich nicht garantieren. Denn etwas muss ich schon mit Ihnen tun. Wenn auch nicht gerade das, was Sie da befürchten. Oder erhoffen Sie es?“ Der Mann grinste und bewegte das Feuerzeug vor und zurück. Greta erstarrte. Da fiel ihr die Kleidung des Mannes auf. Keine abgerissenen Lumpen. Er stank auch nicht, wie man es von jemandem, der in einer Ruine haust, erwarten würde. Er trug einen etwas abgetragenen Anzug, Hut und Halstuch. Seitlich der Hutkrempe stand etwas struppiges Haar hervor, kurze Bartstoppeln im Gesicht. Er betrachtete sie auf eine so seltsam intensive Art, dass Greta sich fragte, ob er vielleicht jemanden in der Finsternis erwartet hatte.

„Was trägst du bei dir, Mädchen?“, flüsterte er. Er näherte sein Gesicht dem ihren und schien ihren Geruch aufzusaugen. Seine Augen wirkten im tanzenden Flammenlicht wie leuchtende Glasmurmeln. Und dennoch war der Ausdruck darin nicht gierig, lüstern. Sondern eher überrascht, erstaunt und ein klein wenig freudig.

Er wird mich anfassen, dachte Greta angstvoll. Er wird mich durchsuchen und mir alles wegnehmen. Sie schwieg und schüttelte den Kopf.

„Na, zum Spaß bist du hier nicht reingeklettert, das ist mal klar. Also Schwarzmarkt.“

Wieder schüttelte sie den Kopf. Der Mann berührte mit der Rechten ihre Hüfte, aber nur kurz. Sie hätte an ihm vorbeischlüpfen und fortrennen können. Er hielt sie nicht fest. Doch seine breite Gestalt schüchterte sie derart ein, dass sie glaubte, die Knie würden unter ihr nachgeben. 

Da ergriff er ihre Schulter und zog sie von der Mauer weg.

„So leid es mir tut, aber der Weg ist hier zu Ende.“

Er bugsierte sie zu der Maueröffnung und stieß sie ins Licht zurück. Auf dem Platz herrschte immer noch Chaos. Ein Schupo stand nur fünf Meter entfernt. Der Mann winkte ihn heran.

„Mitnehmen“, lautete sein knapper Befehl.

Greta sah sich hektisch nach dem Mann um. Der stieg ohne einen Blick zurück in die Maueröffnung der Ruine.

„Was …?“