Dunkle Seiten

II

Horror, Mystery und Dark-Fantasy

 

 

 

 

 

 

 

 

Twilight-Line Medien GbR

Obertor 4

D-98634 Wasungen

 

www.twilightline.com

 

2. Auflage, August 2016

ISBN 978-3-941122-62-8

 

© 2010-2016 Twilight-Line Medien GbR
Alle Rechte vorbehalten.

 

Inhalt

 

 

 

Two crude Ones

Marc Gore

 

Ajda – Kopfgeldjägerin der Hölle

Nadine Ueding

 

Der Prometheusspiegel

Vincent Voss

 

Der Wald

Nicolas Wezel

 

Ein bisschen Leben

Jürgen Wagner

 

Mister Allgegenwärtig

Marcus Borchel

 

 

Two crude Ones

 

Marc Gore

 

 

„You are the One we despise
Day in Day out your Words compromise Lives

I will love watching you die

Soon it will be and by your own Demise“

(„Kill the Christian“-Deicide)
 


„Er wird jeden Moment hier sein...“ murmelte Janet Alvarez aufgeregt und voll Vorfreude auf diesen Abend. Sie hatte alles bereitgestellt für die finstere Party, in deren Verlauf sie zusammen mit ihrem Ehepartner Andres Alvarez das lang geplante Ritual vollstrecken wollte. Die 24jährige schwarzhaarige Schönheit erschien wie immer in ihrer ebenso bizarren wie erotischen Aufmachung. Das Gesicht war bleich und die Lippen schwarz. Ihre schwarze Haarpracht war an der linken Schläfe wegrasiert. Auf der Schläfe war ein umgedrehtes Kreuz tätowiert. Die Augenbrauen waren ebenfalls rasiert. Weißer Puder, schwarzer Eyeliner und getuschte Wimpern gehörten zu den Merkmalen. Der weite schwarze Pullover glitt stets lässig über ihre Schultern und gewährte dem Betrachter ein tätowiertes Geflecht aus satanischen Symbolen auf Schultern und Oberarmen. Die Fingernägel waren lang und schwarz lackiert. Ihr Freund Andres Alvarez, den sie vor einigen Tagen standesamtlich geheiratet hatte, war ein 28jähriger Halbmexikaner. Sein Vater war irgendwann Anfang der 1970er Jahre über die Grenze nach Texas geflohen und hatte in einem kleinen Kaff eine junge Frau kennengelernt, bei der er untergetaucht war. Irgendwann kam dann Andres zur Welt. Im Alter von 2 Jahren musste Andres dann mit ansehen, wie bewaffnete Polizisten die verkommene kleine Wohnung, in der er mit seiner Mutter und seinem Vater, dem illegalen Einwanderer, lebte, stürmten und den flüchtenden Vater mit mehreren Schüssen durchsiebten. Es war ganz klar, dass zumindest einer der Cops rassistisch gesinnt war und den Mexikaner mit dem härtesten seiner zur Verfügung stehenden Mittel an der Flucht gehindert hatte. Die Mutter wurde nach diesem Vorfall wahnsinnig und kam in eine Psychiatrie. Andres wuchs seitdem im Heim auf. Es gab niemanden, der sich um ihn kümmerte und er hatte sich immer weiter in die Isolation zurückgezogen. Vor 2 Jahren hatte er dann Janet kennengelernt, ein Mädchen aus gutem Hause, welches aber aufgrund seiner Neigung zu bizarren sexuellen Praktiken und Hang zum Okkultismus, beziehungsweise Satanismus, aus dem Elternhaus geschmissen worden war. Sie zogen sofort zusammen in diese Wohnung im texanischen Houston und vor 4 Tagen hatten sie schließlich amtlich geheiratet. Seit sie zusammen waren, feierten sie mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter regelmäßig schwarze Messen auf Friedhöfen. Das Geld zum Leben verdiente Andres als KFZ-Mechaniker. Er war an diesem Abend ebenfalls herausgeputzt. Er trug seine hohen Gladiatorboots, eine schwarze Lederhose mit Patronengurt, ein schwarzes, unbedrucktes T-Shirt und um den Hals zwei Ketten, ein Pentagramm und ein umgedrehtes Kreuz. Seine Unterarme waren mit Killernietenarmbändern geschmückt. Sein Gesicht war weiß angemalt und die Augen schwarz umrandet. Andres hatte heute seinen 31jährigen Kollegen Will Bishop eingeladen. Dieser hatte aus reiner Neugier schon immer mal vorgehabt, seinen düsteren Kollegen zu besuchen, um etwas mehr über ihn und seine Lebensgefährtin zu erfahren. Und heute war der große Abend! Janet und Andres hatten einen genauen Plan, wie sie heute vorgehen würden. Das Zimmer war nur spärlich beleuchtet, durch ein paar Kerzen auf dem Wohnzimmertisch. In den Regalen der Schränke lagen Totenschädelattrappen, an den weißen Wänden waren antichristliche Symbole, wie Pentagramme und umgedrehte Kreuze, gemalt, sowie die Logos sämtlicher Death- und Black Metal-Bands. Die Fenster waren sowieso immer verdunkelt, tagsüber genauso wie Nachts. Besonders Janet war sehr lichtscheu. Tagsüber das Haus zu verlassen und unter die strahlende Sonne zu treten, war für sie eine unbeschreibliche Qual. Sie beschäftigte sich ausgiebig mit Vampiren und lebte in Gedanken voll und ganz in der Welt dieser finsteren Geschöpfe. Sie war davon besessen Blut zu trinken, der Gedanke ließ sie nicht zur Ruhe kommen. Sie wusste, heute würde sie ihre Gier befriedigen können. Zu diesem Zweck setzte sie sich schnell noch die künstlichen Eckzähne auf die obere Zahnreihe und betrachtete sich zufrieden im Badezimmerspiegel, als es auch schon an der Haustür klingelte. Es war soweit!


Andres öffnete die Tür und begrüßte seinen Gast: „Hi Will, alles klar?“

„Sicher. Au Mann, Du siehst ja wirklich heftig aus. Genauso hab’ ich mir das immer vorgestellt“, antwortete Will, der seinen Kollegen nun nicht gerade in schmieriger Mechanikerkluft vorfand.

Als Andres seinen Gast ins Wohnzimmer führte, erschrak dieser ein Bisschen über die Einrichtung. Er hatte sich schon ein wenig vorgestellt, wie das Zimmer wohl eingerichtet sein würde, trotzdem staunte er.

„Hi! Du bist also Andres’ Kollege. Er hat mir schon viel von dir erzählt“, sagte Janet, die jetzt ebenfalls das Wohnzimmer betrat.

Während sie sprach, blitzten ihre Eckzähne. Will konnte nur staunen. Andres hatte nicht übertrieben, als er ihm von seiner Frau erzählt hatte. Sie sah wirklich imposant aus. Die beiden Gastgeber übten allmählich eine große Faszination auf Will aus. Er kam sich im Vergleich zu den beiden schon regelrecht mauerblümchenhaft vor mit seiner schlichten blauen Jeans und grauem T-Shirt. Er erwiderte den Gruß und setzte sich auf das schwarze Sofa. Die Klänge der Black Metal-Scheine „A Blaze in the northern Sky“ von DARKTHRONE hallten durch den Raum, während Janet und Andres ihrem Gast viel über die satanischen Rituale erzählten. Alle drei tranken Rotwein aus hohen Gläsern und Will war immer faszinierter von dieser vorgeblichen Welt des Satanismus, mit all den Orgien auf dem nachtdunklem Friedhof und Opfern kleinerer Tiere, vorzugsweise Katzen, von deren Blut Janet unermüdlich schwärmte.
Etwas Zeit verging, bis Janet schließlich fragte: „Sag’ mal, Will, weißt du eigentlich wie wohltuend menschliches Blut ist? Und wie schön es ist, dem allmächtigen Satan ein Opfer zu bringen?“

Will schluckte etwas, als er antwortete: „Du trinkst menschliches Blut? Dein eigenes?“

„Ja, manchmal schon...“, lachte Janet und nahm ein Klappmesser vom Wohnzimmertisch. „Pass’ genau auf, was ich jetzt tue...“, sagte sie mit vor Erregung bebender Stimme und ließ die Messerklinge in ihren Oberarm eindringen.
Langsam, geradezu feierlich fuhr sie mit dem Messer ihren Unterarm herunter. Die Klinge zog eine beachtliche Blutspur hinter sich her. Janet grinste dabei den geschockten Will an. Als sie das Messer zurück auf den Tisch legte, presste sie ihre Lippen an die Schnittwunde und schlürfte.
„Das tut gut“, sagte sie seufzend.

Will war wie erstarrt. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Plötzlich sagte Janet: „Weißt du, was mir noch fehlt? Die Erfahrung, das Blut eines hilflosen Opfers zu trinken, und meinem Herrn ein Menschenopfer darzubringen...“

Will hatte sich voll und ganz auf die unheimliche Frau neben sich konzentriert, und dabei nicht auf Andres geachtet, der die Musik ausgeschaltet und kurz das Wohnzimmer verlassen hatte und nun mit einem Werkzeughammer im Türrahmen stand. Janet öffnete ihren Mund und gewährte Will einen Blick auf die blutverschmierten Eckzähne. Sie fauchte regelrecht wie ein Tier: „Ich brauche Blut. Dein Blut. Und Satan braucht ein Opfer. Wenn wir ihm ein Opfer gebracht haben, werden wir ihm, dem Gehörnten, nach unserem Tode gegenüberstehen.“

Will geriet in Panik! Er wusste, dass dies keine Show war. Schon schnappte Janet nach seinem Arm und schlug ihre Eckzähne hinein. Will schrie auf und riss sich los. An seinem Arm klaffte eine tiefe Bisswunde, aus der Blut strömte. Entsetzt sprang Will hoch. Andres baute sich drohend im Türrahmen auf. Will musste an ihm vorbeikommen! Er versetzte Janet, die jetzt ebenfalls aufgestanden war, einen Stoß, so dass sie zurück auf das Sofa fiel, und hastete los. Auf Andres zu. Dieser riss nur den Hammer hoch und schlug ihn Will an den Unterkiefer. Schreiend ging der Getroffene in die Knie. Sein Unterkiefer knackte und gehorchte ihm kaum noch. Er war zertrümmert! Blut, Speichel und auch ein paar Zähne der unteren Kauleiste rannen ihm über die Lippen. Andres stieß einen regelrechten Kampfschrei aus und setzte zu einem weiteren Hammerschlag an. Jetzt drosch er gegen die linke Backe seines Opfers. Will flog auf die Seite. Noch mehr Zähne verließen seinen Mund und noch mehr Blut floss heraus. Janet hatte sich neben Andres aufgebaut.

„Verdammt, der ist zäh!“, fluchte Andres.

Will robbte vor seinen Peinigern her. Wieder schlug Andres zu, diesmal traf er die rechte Schulter und verursachte dabei ein lautes Knacken. Will schrie vor Schmerz und Panik. Andres versetzte ihm einen Tritt mit den schweren Boots, so dass er sich auf den Rücken drehte.

„Jetzt bin ich wieder an der Reihe! Ich brauche Blut! Sein Blut! Er wird mich nähren!“, keuchte Janet, besessen von ihrem Blutrausch, der sie in eine Furie verwandelte.
Sie warf sich auf den Schwerverletzten, der noch immer um sein Leben rang, und schlug ihm endgültig die Eckzähne in die Kehle. Will hatte keine Kraft mehr zur Gegenwehr! Er gurgelte und zappelte hilflos, während die blutdürstige Angreiferin ihre Zähne in seinem Hals vergrub und hastig saugte. Je mehr Blut ihres Opfers in ihren Rachen strömte, desto manischer wurde sie. Sie stöhnte wie bei einem Orgasmus, solch intensive Lustgefühle verspürte sie. Das Blut war wunderbar warm und pulsierte so schön. Sie trank sich satt. Will hatte längst sein Leben ausgehaucht. Als Janet ihren Kopf anhob, riss sie ein Stück Ader an ihrem linken Eckzahn mit. Blut tropfte von ihren Lippen, rann am Kinn hinunter und bildete auf der unter ihr liegenden Leiche einen Bach. Sie leckte sich die Blutreste von den Lippen und wischte mit dem Handrücken über ihr besudeltes Kinn, um auch den letzten Tropfen der roten Köstlichkeit in sich aufzusaugen. Die Wunde an Will’s Hals legte schon den einen oder anderen Halswirbelknochen frei. Janet hatte ihre Zähne nicht nur so tief wie möglich in den Hals des Mannes gebohrt, sondern diese auch so wild bewegt, das ganze Fleischfetzen herausgebrochen waren. Ein Kampfhund hätte es nicht besser hingekriegt. Der Kopf des Toten war nur noch durch einen bluttriefenden, zerfetzten Klumpen mit dem Körper verbunden. Viel Kraftaufwand gehörte wohl nicht mehr dazu den Schädel endgültig abzutrennen. Janet keuchte erschöpft. Unter dem bleichen Schädel der Leiche bildete sich eine Blutlache, aber Janet war vorerst befriedigt. Sie kniete neben dem toten Körper und keuchte und röchelte. Sie hatte sich total verausgabt.

„Los jetzt, wir sind noch nicht fertig. Ich habe auch noch etwas vor“, sagte Andres.

Er nahm eine Machete aus dem Wohnzimmerschrank.
„Du machst seinen Bauch frei. Ich spreche derweil die Beschwörungsformel...“, murmelte er.