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Autor: Charlie Dombrow        
Herausgeber: Ulrich Dorn
Programmleitung: Jörg Schulz


Prolog

Das interessanteste, reizvollste und vielseitigste Fotomotiv ist der menschliche Körper. Befreit man ihn weitgehend von den Hüllen der Mode und den Fesseln der Moral, nähert sich der Fotograf dem Kern des menschlichen Seins – mit der Chance auf großartige Bilder und dem Risiko herber Enttäuschungen. Kleidung ist nicht nur Schutz und Schmuck, Kleidung ist auch Maske. Entblättert sich der Mensch, entblößt er stets mehr als nur seinen nackten Körper.

In der Aktfotografie zählen vornehmlich die äußeren Werte. Anders als bei einem Porträt geht es hier nicht um die Darstellung der Persönlichkeit eines Modells. Das Modell schlüpft aus seiner Unterbuxe und hinein in eine Rolle, die mit dem wahren Ich nicht viel gemeinsam haben muss. Trotzdem manifestiert sich in einem Aktfoto immer auch ein wenig die innere Haltung des oder der Dargestellten. Aus einer prüden, gehemmten grauen Maus wird auch trotz größter Mühen des Fotografen keine schillernde Sexgöttin.

Das Thema dieses Buchs ist nicht die Visualisierung prickelnder Erotik oder die explizite fotografische Zurschaustellung der menschlichen Fortpflanzungsorgane und deren Interaktion. In diesem Buch geht es um die ästhetische Darstellung des überwiegend unbekleideten menschlichen Körpers. Ganz genau gesagt, geht es hauptsächlich um die ästhetische Darstellung des überwiegend weiblichen unbekleideten menschlichen Körpers, da der Fotograf und Autor sich für die Körper seiner Geschlechtsgenossen kaum interessiert.

Trotzdem hoffe ich, allen fotografisch Interessierten gleich welchen Geschlechts und gleich welcher geschlechtlichen Präferenz Anregungen und Anleitungen vermitteln zu können, die zu neuen aufregenden Fotos animieren. Hier werden nicht aufwendige professionelle Produktionen für die Werbung oder für Hochglanzmagazine beschrieben, sondern simple Shootings mit einfachen, bezahlbaren Mitteln, für jeden nachvollziehbar und finanzierbar. Konzipiert ist dieses Buch für alle ambitionierten Amateurfotografen, die schon einige Erfahrung im Umgang mit ihrer Kamera und in der Bildbearbeitung haben und sich nun auch zutrauen, in der Königsklasse der Fotografie mitzumischen.

Sie werden sehen: Tolle Aktfotos selbst zu machen ist kein Akt!

1. Der moralische Aperitif

Aktfotografie ist ein Stück weit Befreiung von den Zwängen religiöser Vorgaben und gesellschaftlicher Konventionen. Die fotografische Darstellung des unbekleideten menschlichen Körpers schwankt heute zwischen medialer Omnipräsenz und individueller Ablehnung. Moralische Instanzen haben an Autorität eingebüßt, Zwänge und Verbote wurden gelockert und fesseln nur noch jene, die sich ihnen mehr oder weniger freiwillig unterwerfen. Trotzdem gilt die Aktfotografie leider vielen noch immer – oder schon wieder – als zumindest anrüchig.


Zucht und Ordnung

Moral ist laut Duden die »Gesamtheit von ethisch-sittlichen Normen, Grundsätzen, Werten, die das zwischenmenschliche Verhalten einer Gesellschaft regulieren, die von ihr als verbindlich akzeptiert werden«. Verändert sich die Gesellschaft, wandeln sich auch die moralischen Grundsätze (bzw. vice versa). Die Römer feierten Orgien und hockten gemeinsam auf der Latrine. Im Mittelalter saß man vereint im Zuber, Bauern und Mägde, Recken und Hübschlerinnen, nackt und vergnügt. Vor 100 Jahren regierten in Deutschland strenge Zucht und Ordnung. In den Sechziger- und Siebziger-Jahren des letzten Jahrhunderts lüftete die sexuelle Revolution den »Muff von tausend Jahren unter den Talaren«. Heute ist fotografierte Nacktheit allgegenwärtig, außer in den von US-Prüderie geprägten sozialen Netzwerken.

NIKON D300 44 MM :: F/9 :: 1/60 S :: ISO 200 :: VintageScene App

Klassischer Akt im Vintage-Look.

Ambivalenz

In unserer ambivalenten Gesellschaft hat die moderne Aktfotografie ­einen unsicheren Stand. Von den einen als sexistisch verdammt, fehlt den anderen die freie Sicht auf den G-Punkt. Selbst junge Damen, die sich im Internet als Fotomodelle bewerben, vermerken in ihrem Profil häufig, nur an »seriösen Angeboten« interessiert zu sein, womit sie in der Regel meinen, für Aktaufnahmen nicht zur Verfügung zu stehen. Andere wiederum erweisen sich dagegen als sehr zeigefreudig. Für die ästhetische Aktfotografie ist die detailreiche Darstellung der Fortpflanzungsorgane allerdings oft zu viel des Guten. Will man als Fotograf nicht in die Pornoecke gedrängt werden, empfiehlt sich eine klare Abgrenzung, was man auf den Bildern sehen darf und was nicht. Ich persönlich empfinde Genitalien in vielen Fällen nicht wirklich als so schön, dass ich sie unbedingt auf meinen Fotos präsentieren müsste. Es gibt eben einen profunden Unterschied zwischen »geil« und »schön«. Ich versuche nicht, sie krampfhaft zu verstecken, rücke sie aber auch nicht in den Fokus meiner Aufnahmen. Was man ganz natürlich sieht, kann natürlich auch im Bild bleiben. Die heutzutage meist fehlende Haartracht im Intimbereich erschwert ohnehin schon den gestalterischen Ansatz, verdeckten Akt auch verdeckt zu lassen.

Grenzen

Wo endet die ästhetische Aktfotografie, und wo beginnt die Porno­grafie? Was unter den abwertenden Begriff der Pornografie fällt, wird in Hamburg auf der Reeperbahn vermutlich ganz anders beurteilt als in Lörrach am Rhein. Eine neunzigjährige Oma hat eine andere Definition für »Schweinkram« als eine Neunzehnjährige. Daher halten wir uns besser an die gesetzlichen Grenzen. Der Duden definiert Pornografie als »sprachliche u/od. bildliche Darstellung sexueller Akte unter einseitiger Betonung des genitalen Bereichs u. unter Ausklammerung der psychischen und partnerschaftlichen Aspekte der Sexualität« (jedenfalls in meiner Ausgabe vom September 1989). Ich kann in diesen Darstellungen nichts Verwerfliches oder irgendeine Gefahr für Psyche oder Gesundheit erkennen und halte die Anmaßung, mit der uns mancher Moralapostel den Spaß am eigenen und anderen Körpern vermiesen will, für weitaus unanständiger als jedes Aktbildchen. Glücklicherweise haben die moralischen Konventionen in Zentral­europa in den vergangenen Jahrzehnten einen tief greifenden Wandel erfahren und dulden zumindest unterschiedliche Bewertungen der Sexualität. Im Rahmen eines fotografischen Anleitungsbuchs beschränke ich mich in den Darstellungen jedoch auf Ansichten, die man tagtäglich ohne Beanstandung in jedem Magazin, an jedem ­Kiosk, in jedem TV-Sender und ganz gewiss überall im Internet sehen kann. Ich meine, dass die einzigen Körperöffnungen, die auf einem der Pornografie unverdächtigen Aktfoto sichtbar sein sollten, Mund, Nase und Ohren sind. Natürlich ist es Ihnen und Ihrem Modell überlassen, wo Sie Ihre Grenzen ziehen.

NIKON D300 60 MM :: F/7.1 :: 1/320 S :: ISO 400 :: Orton-Effekt

Kompostierbare Schamgrenze.

Neid der Gesichtslosen

Die meisten Fotografen erträumen sich oder wählen für ihre Aktaufnahmen schöne junge Frauen als Modelle. Das ruft gelegentlich Nörglerinnen auf den Plan, die den Fotografen Sexismus, die Unterdrückung und Ausbeutung des weiblichen Geschlechts vorwerfen. Erfahrungsgemäß echauffieren sich hauptsächlich jene Damen, die kaum jemals selbst in Gefahr geraten dürften, vor eine Kamera gebeten zu werden, sogar wenn sie versprechen, sämtliche Klamotten anzubehalten.

NIKON D200 44 MM :: F/5.6 :: 1/60 S :: ISO 400

Das schönste Produkt des Sozialismus sind die unverkrampften Beautys aus den Ostlanden.

Bewertungen

Jenseits von ideologischen und religiösen Ansichten unterwirft sich jeder Fotograf, der seine Fotos der Öffentlichkeit präsentiert – dazu gehört auch schon das Herzeigen im Freundes- und Familienkreis –, künstlerischen, geschmacklichen und allgemeinen moralischen Bewertungen seiner Arbeiten. Diese können sehr unterschiedlich und unerwartet ausfallen, je nachdem, wer die Bewertung trifft und wie dessen Kompetenz aussieht. Fotografen untereinander mögen darüber hinaus technische Bewertungen der Bilder abgeben, doch auch im Kreis der lieben Kollegen gehen die Ansichten oft weit auseinander. Eine Erkenntnis allerdings kann ich als gesichert bezeichnen: Ein Aktbild weckt deutlich mehr Inte­resse als jedes andere Sujet, seien die Gründe dafür künstlerischer oder eher hormoneller Natur. Nicht wenige Knipser sind so empfänglich für optische Reize geschlechtlicher Herkunft, dass sie angesichts nackter Haut jede Kritikfähigkeit einbüßen. Ein simples Handyfoto wird selbst in Fotoforen im Internet deutlich besser bewertet, als die technische und künstlerische Note des Fotos objektiv betrachtet erlauben würde, sofern auf diesem Foto primäre weibliche Geschlechtsorgane zu erkennen sind. Je mehr zu sehen ist, umso mehr Forenmitglieder sehen es sich an; je mehr es offenbart, umso besser sind oft die Bewertungen. Das mag für den »ernsthaften Fotokünstler« betrüblich sein, letzten Endes ist es aber nur natürlich.

NIKON D300 50 MM :: F/6.3 :: 1/125 S :: ISO 400

Dieses schöne, aber fotografisch eher anspruchslose Bild wurde auf  dreimal häufiger angeklickt als das gleichzeitig hochgeladenen Foto der Getreideernte in der Wetterau.

NIKON D300 55 MM :: F/11 :: 1/250 S :: ISO 200

Dieses stimmungsvolle Foto wurde zeitgleich mit dem Bild der Elfe im Birkenwald hochgeladen. Da kein nacktes Fleisch darauf zu sehen ist, wurde es deutlich seltener angeklickt als die Aktaufnahme.

2. Das Kamerasutra

Das richtige Werkzeug und der geübte Umgang damit sind Voraussetzung für jede künstlerische Arbeit. So vielseitig die Aktfotografie ist, so vielfältig ist auch der technische Bedarf, um die Bilder im Kopf in Bilder auf der Speicherkarte umzusetzen. Im folgenden Abschnitt erhalten Sie von einem erfahrenen Praktiker Tipps, welche Geräte Sie benötigen und worauf Sie achten sollten.

Geeignete Geräte

Grundsätzlich genügt für Aufnahmen des nackten Körpers jedes Smartphone. Vermutlich werden damit auch die meisten Aktaufnahmen tagtäglich weltweit geknipst. Selfies und Sexties fluten das Netz, und so mancher Tor wundert sich später, weshalb alle seinen nackten Hintern kennen. Konnte man ja schließlich nicht ahnen, dass sich jeder diese ­Fotos ansehen würde, wenn sie erst mal in den Netzwerken kursieren. Die Objektive der Smartphones sind stecknadelgroß, die Möglichkeiten, die Aufnahmeparameter nach eigenem Gusto einzustellen, so minimal wie die Brennweiten. Für Erinnerungs- und Partybildchen reicht das allemal, für ernsthafte Aktaufnahmen eher nicht.

Selbst ist die Frau: Edel-Selfie mit Fernauslöser.

Ansonsten gilt auch für Ihre Kamera: Es kommt nicht auf die Größe an, auch nicht auf die Marke oder den Preis, sondern darauf, was man damit machen kann. Ganz gleich, ob Sie mit einer kompakten Sucherkamera, einer Bridgekamera, einer APS-C- oder einer Vollformatspiegelreflex­kamera arbeiten oder ob Sie gar noch analog fotografieren (für die jüngeren Leser: auf Film!) – entscheidend ist, dass Sie Kamerafunktionen wie die Belichtungszeit, die Blende, die Fokussierung und die Brennweite selbst beeinflussen und nach Wunsch einstellen können, sonst kommen Sie über simple Ritschratsch-Knipserei nicht hinaus. Die beste Kameraautomatik ist immer die, die man auch abschalten kann.

Ansonsten gilt auch für Ihre Kamera: Es kommt nicht auf die Größe an, auch nicht auf die Marke oder den Preis, sondern darauf, was man damit machen kann. Ganz gleich, ob Sie mit einer kompakten Sucherkamera, einer Bridgekamera, einer APS-C- oder einer Vollformatspiegelreflexkamera arbeiten oder ob Sie gar noch analog fotografieren (für die jüngeren Leser: auf Film!) – entscheidend ist, dass Sie Kamerafunktionen wie die Belichtungszeit, die Blende, die Fokussierung und die Brennweite selbst beeinflussen und nach Wunsch einstellen können, sonst kommen Sie über simple Ritschratsch-Knipserei nicht hinaus. Die beste Kameraautomatik ist dabei immer die, die man auch abschalten kann.

Elementares!

Dieses Buch wendet sich an Amateurfotografen, die mit ihrer Kamera schon umgehen können und über elementare Erfahrungen im Fotografieren von Menschen und in der digitalen Bildbearbeitung verfügen. Es ist keine Fotoschule für Anfänger. Sollten Sie sich eher zu Letzteren zählen, empfehle ich Ihnen das Buch „Digitale Fotografie heute“ von Christian Haasz und Ulrich Dorn, in dem die Grundlagen der digitalen Fotografie und Fototechnik ausführlich und leicht verständlich dargelegt werden. „Digitale Fotografie heute“ ist wie das vorliegende Werk im Franzis Verlag erschienen.

NIKON D300 55 MM :: F/7.1 :: 1/320 S :: ISO 200

Die Bewegungsstudie einer Geisterelfe, aus mehreren Einzelbildern zusammengesetzt, basiert auf einer schnellen Bildfolge und der Hoffnung, dass der Zwischenpuffer der Kamera nicht im falschen Augenblick voll sein möge.

Auslösung

Da Sie es in der Aktfotografie mit lebenden Modellen zu tun haben, ist die Auslöseverzögerung Ihrer Kamera von besonderer Bedeutung. Manche Kompaktkameras sind da eher gemütlich zugange; drücken Sie auf deren Auslöser, kann es noch ein Weilchen dauern, bevor es tatsächlich »klickt«. Ihr Modell hat sich in der Zwischenzeit vermutlich schon wieder bewegt, schaut ganz anders oder zieht sich bereits wieder an. Solche Kameras sind für unsere Zwecke völlig nutzlos. Digitale Spiegelreflexkameras (DSLR) haben in aller Regel eine kaum mehr feststellbare Auslöseverzögerung. Sobald Sie aufs Knöpfchen drücken, wird das Bild auch schon belichtet. Bei diesen Kameras hängt es nur von Ihrer eigenen Reaktionsgeschwindigkeit ab, ob Sie den magischen Blick Ihres Modells einfangen oder ob sie oder er gerade blinzelt.

Die meisten DSLR-Kameras können eine ganze Anzahl von Einzelbelichtungen sehr schnell hintereinander aufnehmen; steigern Sie sich aber in den Knipsrausch, weil Sie vor Begeisterung Ihren Zeigefinger nicht mehr stoppen können, verweigert der Auslöser irgendwann vorübergehend seinen Dienst. Dann ist der Pufferspeicher voll, in dem die Bilddaten im Kameraprozessor zwischengelagert werden, bevor sie auf dem in die Kamera geschobenen Datenchip aufgezeichnet werden. Nach ein paar Sekunden kann es weitergehen, bis auch der Speicherchip randvoll zugeballert ist. Erfahrungsgemäß machen Modelle immer dann die besten Posen und Gesichter, wenn einer dieser beiden Zustände in der Kamera erreicht ist und die Mimik des Fotografen daher kurzzeitig entgleist.

Fotografieren Sie mit externen Blitzgeräten, müssen Sie meistens ein bis zwei Sekunden lang warten, bis der Blitz wieder geladen ist und „mitgeht“, sobald Sie auf den Auslöser Ihrer Kamera drücken. Nur wenige Kompaktblitzgeräte sind für sehr schnelle Bildfolgen geeignet. Das sind dann meistens auch die teuren, die sich Amateure nur selten leisten können. Bei akkubetriebenen Blitzgeräten wird die Blitzfolge rasch länger, je stärker sich die Akkus leeren. Um externe Blitzgeräte überhaupt einsetzen zu können, sollte Ihre Kamera einen Synchronanschluss haben; ein Blitzschuh reicht schon aus, muss aber durch einen „Synchronschnubbelaufsatz“ ergänzt werden – den man gern auch mal zu Hause vergisst.

Auflösung

Nicht so wichtig ist die Auflösung des Kamerachips. Ein Vollformatsensor kann natürlich weitaus mehr Bilddetails festhalten als ein nur etwa halb so großer APS-C-Sensor. In der Aktfotografie heißt das allerdings, dass sich auch alle Pickel, Falten und sonstigen Hautprobleme des Modells auf den Fotos deutlicher bemerkbar machen als bei Aufnahmen mit Kameras geringerer Auflösung. Nutzen Sie eine DSLR mit hoher Auflösung, sollten Sie keinesfalls an den Objektiven sparen, die Sie an dieser Kamera einzusetzen gedenken. Eine billige Plastikscherbe wird den technischen Möglichkeiten einer solchen Kamera nicht gerecht. Schon für eine Vollformatkamera mit 24 Megapixeln Auflösung gibt es nur wenige wirklich leistungsfähige Objektive; ist die Auflösung noch höher, ist sie mit den meisten Objektiven nur theoretisch nutzbar. Bevor Sie also viel Geld in eine Vollformatausrüstung stecken, die Sie für die Aktfotografie nicht unbedingt benötigen, investieren Sie das gesparte Geld lieber in die Honorare von Aktmodellen – die brauchen Sie nötiger.

Roh

Die tollste Auflösung und die beste Hardware bringen nur wenig Nutzen, wenn die Software vernachlässigt wird. Eine Digitalkamera verwandelt Ihre Fotos in einen Datensatz. Kameraprozessoren komprimieren diese Datensätze, wobei einige Informationen verloren gehen. Daher bieten die meisten Kameramodelle die Option, Fotos in völlig unveränderter Version als sogenanntes RAW abzuspeichern, als digitales Negativ. Gleichzeitig können Sie denselben Datensatz in einer Zweitversion als komprimiertes JPEG speichern. Das RAW ist das optimale Dateiformat, um das Bild zu speichern und zu bearbeiten. Das JPEG-Format eignet sich am besten, wenn man das Bild ansehen und auswählen möchte.

Die meisten Kameras bieten Ihnen für die Bilddatenspeicherung mehrere Optionen zur Auswahl. Sofern Ihre Kamera über diese Möglichkeit verfügt, speichern Sie digitale Bilder am besten immer gleichzeitig als JPEG+RAW ab, und zwar in der maximal möglichen Auflösung und mit der geringsten Kompressionsstufe. Damit belegt zwar jede Aufnahme deutlich mehr Speicherplatz als ein JPEG allein, das RAW-Format als digitales Negativ bietet aber immer ein sicheres Backup für den Fall, dass Sie bei der manuellen Belichtungseinstellung patzen oder die Belichtungsautomatik Ihrer Kamera eine Lichtsituation falsch interpretiert. Die RAW-Datei ist zudem die optimale Basis für die Bildbearbeitung.

NIKON D200 48 MM :: F/5.6 :: 1/250 S :: ISO 100

Auch bei schwierigen Lichtverhältnissen kann man aus einer RAW-Datei meist noch ein optimales Bildergebnis herauskitzeln – mit Zeichnung in den Tiefen und in den Lichtern.

Sollten Sie bislang Fotos gewohnheitsmäßig immer nur als JPEG abspeichern, beispielsweise um Speicherplatz zu sparen, bedenken Sie bitte Folgendes: Jedes Aktshooting kostet Zeit und Geld. Speicherkarten dagegen sind mittlerweile so preisgünstig, dass Sie sich auch mehrere davon oder eine besonders kapazitätsstarke Karte zulegen können. Schon ein 16-GByte-Speicher reicht für Hunderte JPEGs und ihre RAW-Dateien. Jedes JPEG ist eine bereits komprimierte und durch die Firmware Ihrer Kamera interpretierte Version der Original-RAW-Datei. Was in dieser JPEG-Version an Informationen fehlt, können Sie später auch mit der besten Bildbearbeitung nicht mehr hinbekommen. Die RAW-Aufnahme dagegen beinhaltet alle Bildinformationen ohne Kompression und ohne Interpretation, abhängig von den eingestellten Parametern wie Blende, Fokus und Belichtungszeit. Mithilfe von RAW-Entwicklungsprogrammen wie Adobe Lightroom oder Silkypix Developer Studio Pro ermöglichen RAW-Dateien ganz erstaunliche Bildergebnisse, die ein JPEG gar nicht liefern kann.

Linsen

Für Aktbilder gelten die gleichen fotografischen Prinzipien und Techniken wie für die Porträt- und Peoplefotografie; der Unterschied besteht eigentlich nur darin, dass die Modelle deutlich weniger anhaben. Haben Sie bisher schon einzelne Menschen kunst- und eindrucksvoll abgelichtet, verfügen Sie vermutlich bereits über die nötigen Objektive, um auch nackte Menschen ohne hässliche Verzerrungen und optische Verkürzungen vorteilhaft in Szene zu setzen – ganz nach Wunsch mit scharfem oder unscharfem Hintergrund (Bokeh). Je nach beabsichtigter Bildwirkung und vorhandenem Platz im Studio oder in der Location erfordern Aktaufnahmen eine Palette von Objektivbrennweiten, die Sie theoretisch auch durch den Einsatz sogenannter Superzooms (z. B. 18 bis 300 mm) abdecken könnten. Diese haben oft eine halbwegs akzeptable Bildqualität; die Bildschärfe ist jedoch bei Zoomobjektiven mit einer geringeren Brennweitenspanne meistens besser, bei Festbrennweiten sowieso. Kostengünstige Zoomobjektive und Superzooms haben im Allgemeinen auch eine eher geringe Lichtstärke; ein schönes Bokeh lässt sich mit solchen Linsen kaum erzielen.

Bokeh Okay?

Als „Bokeh“ bezeichnet man im fotografischen Fachchinesisch (eigentlich ist es Fachjapanisch) einen durch geringe Schärfentiefe in Unschärfe aufgelösten Hintergrund hinter einem scharf abgebildeten Modell im Vordergrund. Durch diese Maßnahme löst sich das Modell vom Hintergrund und zieht den Blick des Bildbetrachters auf sich.

NIKON D300 55 MM :: F/2.8 :: 1/2500 S :: ISO 200

Gestalterische Unschärfe am Beispiel eines langen Teleobjektivs, fotografiert mit offener Blende.

Nicht jede Unschärfe im Hintergrund ist auch ein Bokeh. Genau genommen, ist ein Bokeh eine schöne Unschärfe, also ein subjektiv als angenehm empfundener Auflösungseffekt. Meistens wird ein Bokeh bei Hintergründen erzielt, die sich in flächige, runde, eher sanfte Strukturen auflösen.

Schroffe Linien, die auch in der Unschärfe noch durch das Modell zu schneiden scheinen, werden indes meist als unangenehm empfunden und ergeben daher nur eine unscharfe störende Struktur im Hintergrund, aber kein Bokeh. Erzielen lässt sich ein Bokeh am besten mit längeren Brennweiten bei offener Blende oder niedrigen Blendenwerten. Die Distanz des Hintergrunds zum scharf abgebildeten Modell im Vordergrund entscheidet über den Grad der Auflösung. Je weiter entfernt die Strukturen im Hintergrund sind, umso stärker werden sie aufgelöst.

Besser als ein solches »Immer-drauf-all-in-one« ist ein gutes lichtstarkes Zoom im mittleren Brennweitenbereich, zum Beispiel entsprechend einem 35–85-mm-Objektiv an einer klassischen Kleinbildkamera/Vollformatkamera. Bei einer Lichtstärke von f/2.8 ergeben solche Linsen ein brauchbares Bokeh bei Blendenwerten zwischen f/2.8 und vielleicht f/5.6.

NIKON D300 82 MM :: F/5.6 :: 1/160 S :: ISO 400

Durch eine relativ lange Brennweite und eine geringe Schärfentiefe aufgrund einer relativ großen Blende ist dieses Porträt haarfein vom unscharfen Hintergrund gelöst.

Weitwinkelobjektive können unschöne Verzerrungen des Modells bewirken, insbesondere in den Randbereichen eines Fotos. Solche Verzerrungen kann man in manchen Fällen per Computer beheben; besser ist es natürlich, wenn sie gar nicht erst auftreten. Für verzerrungsfreie Porträts und Ganzkörperaufnahmen von Modellen setzen Sie am besten Teleobjektive ein, sofern der vorhandene Platz dies erlaubt. Weitwinkelobjektive eignen sich kaum zur Bokeh-Erzeugung.

Ausgefallene Praktiken

Die meisten Amateurfotografen benutzen vermutlich eine digitale Spiegelreflexkamera für ihre »ernsthaften« Aufnahmen. Wollen Sie sich allerdings ein wenig von anderen abheben und Ihr eigenes Ding durchziehen, vielleicht sogar Bilder schaffen, die man als »Kunst« deklarieren könnte, gelingt dies womöglich am einfachsten, indem Sie aus den Konventionen ausbrechen und spezielle Kameras einsetzen, um besondere Bildwerke zu kreieren. In den Zeiten analoger Fotografie erfreuten sich Sofortbildkameras großer Beliebtheit. Die Bildqualität der Polaroids und ihresgleichen ließ zwar zu wünschen übrig, und billig war der Spaß auch nicht wirklich, doch hatten Sofortbilder besondere Vorteile für die Aktfotografie.

Zum einen ersparten sie den Gang zu einem Labor, das die üblichen Filme entwickelte, wobei die Labormitarbeiter natürlich auch mitbekamen, wen man da in welcher Art und Weise abgelichtet hatte. Das konnte mitunter peinlich werden. Das Sofortbild entwickelte sich ganz diskret selbst, sobald es aus der Kamera flutschte. Während der Entwicklungsphase konnte man allerhand verrückte Sachen mit dem Polaroid anstellen, um ein individuelles und einzigartiges Kunstwerk zu erzeugen. Man konnte es mit Gegenständen bearbeiten, man konnte darauf herummalen, man konnte es quetschen und biegen. Heraus kam immer und auf jeden Fall ein Unikat, ein kleines Kunstwerk.

Heute erfreuen sich Sofortbilder wieder einer gewissen Beliebtheit, um besondere Bilder im Retrolook zu erschaffen, die man dann immer noch einscannen und vervielfältigen kann. Diverse Anbieter stellen geeignete Kameras und Filme her, wobei die Kameras meist recht simpel und preiswert sind, das Filmmaterial aber zu Buche schlägt. Es gibt auch Sammler im Internet, die sich für derartige Kleinkunst begeistern. Interessant und ausgefallen ist der Einsatz von 3-D-Kameras im Aktbereich. Gelegentlich fotografiere ich mit meiner kleinen Fuji-3-D-Kamera besonders »plastische« Modelle, doch leider hat diese Kamera keinen Synchronanschluss und versagt zudem kläglich im Nahbereich. Damit fotografierte Stereografien kann man in sogenannte Anaglyphen umwandeln und mittels einer Spezialbrille mit zwei verschiedenfarbigen Gläsern betrachten oder auf einem 3D-fähigen TV-Gerät ausgeben.

Fujifilm Finepix Real 3D

In ein Anaglyphenbild umgesetzte 3-D-Fotografie, die, mit einer einfachen Zweifarbenbrille betrachtet, sehr plastisch wirkt.

Fujifilm Finepix Real 3D

Ein Motiv mit Tiefgang, in ein Anaglyphenbild verwandelt.

Egoshooter

Selfies überschwemmen die sozialen Netzwerke mit Milliarden von Grinsebildchen aus hochgehaltenen Smartphones und Tablets. Vornehmlich die egozentrische Jugend scheint täglich dem Freundeskreis beweisen zu müssen, wie sie aussieht und wo sie war – auch wenn es möglicherweise gar keinen interessiert. Wer gut aussieht, zeigefreudig und immun ist gegen die Blicke und Kommentare der Nachbarn, produziert Aktbilder in Personalunion von Fotograf und Modell. So spart man sich das Honorar für ein Fotomodell, kann machen, was man will, und so lange experimentieren, bis das gewünschte Ergebnis erzielt wurde. Einige Fotografinnen gelangten sogar als ihr eigenes Modell zu internationaler Berühmtheit, zum Beispiel Natacha Merritt, deren schon im Jahr 2000 erschienenes Buch »Digital Diaries« zum Bestseller wurde. Barhäutige Bewerber aus der Lümmelfraktion waren bisher allerdings weniger erfolgreich.

NIKON D300 38 MM :: F/5.6 :: 1/60 S :: ISO 200 :: Lightroom Crossentwicklung

Smartphone-Snapshot.