Cover Image

Herrmann/Schwittek
Projekte und Prozesse managen

Karriere in der Verwaltung

Herausgeber der Reihe

Thomas Miltkau

Brandenburgische Kommunalakademie
Potsdam

Roswitha Pfeiffer

Bayerische Akademie für Verwaltungs-Management
München

Prof Dr. Josef Konrad Rogosch

Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung
Altenholz

Dr. Ludger Schrapper

Ministerium für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen
Düsseldorf

Dr. Claudia Stöckle

Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen
Ludwigsburg

Projekte und Prozesse managen

Methodische Kompetenzen für Führungskräfte
in der Verwaltung

von

Dorothea Herrmann

Dipl.-Psychologin,
Wirtschaftsinformatikerin (M.Sc.)

Sabine Schwittek

Wirtschaftsinformatikerin (M.Sc.), Dipl.-Informatikerin (FH)

Kommunal- und Schul-Verlag · Wiesbaden

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1

Einführung: Der Methodenkoffer der Führungskraft

1.1

Projektarbeit und Prozessmanagement – zentrale Bestandteile der Führung

1.2

Zur Orientierung im Buch

2

Projektmanagement

2.1

Was Projekte kennzeichnet und was Sie brauchen, um sie erfolgreich zu bearbeiten

 

2.1.1

Wann ein Vorhaben ein Projekt ist

 

2.1.2

Projektmanagement – und was Sie dafür brauchen

 

2.1.3

Wie organisieren Sie ein Projekt? Ihre Hauptaufgaben

2.2

Die Reiseroute für ein Projekt

2.3

Geburtshilfe bei der Organisation eines Projekts: Projektentwicklung

 

2.3.1

Ein erster Entwurf zum Gedanken-Sortieren: Die Projekt-Skizze

 

2.3.2

Die Organisation der Beteiligten: Projektaufbauorganisation

 

2.3.3

„Projektarchitektur“: Die Beteiligten, ihre Aufgaben und ihr Zusammenspiel

 

2.3.4

Die grobe Zeitplanung

 

2.3.5

Benötigte Ressourcen

 

2.3.6

Zusammenfassung im Projekt-Auftrag

 

2.3.7

Nach dem Start-Schuss: „Kick off“-Workshop des Projektteams zum Einstieg

2.4

Projektplanung: Große Investition für die spätere Ernte

 

2.4.1

Was soll sein, wenn es fertig ist? Die Zielbeschreibung für das Projekt

 

2.4.2

Was ist zu tun? Projektstrukturplan

 

2.4.3

Was in welcher Reihenfolge – und wie lange braucht was? Projektablaufplanung mit Aufwands- und Terminplanung

 

2.4.4

Wen und was brauchen wir? Ressourcenplanung

 

2.4.5

Mit wem? Kommunikations- und Kooperationsplanung

 

2.4.6

Mitbestimmungs-/Aushandlungsprozesse mit dem Personalrat

 

2.4.7

Projektplanung: Fallstricke und Planungsrealismus

2.5

Die Arbeit im Projektteam

 

2.5.1

Die Rolle der Projektteamleitung

 

2.5.2

Die Zusammenarbeit im Projektteam

 

2.5.3

Den Projektalltag meistern – Routinen entwickeln

 

2.5.4

Besprechungen – Kristallisationspunkte der Teamarbeit

2.6

Die Zusammenarbeit des Projektteams mit dem „Auftraggeber“

 

2.6.1

Meilensteine und Berichte

 

2.6.2

Ansprechperson aus dem Lenkungskreis

2.7

Projektsteuerung: Die Mühsal der Ebene

 

2.7.1

Projekt-Monitoring

 

2.7.2

Die ungeliebteste Tätigkeit in Projekten: Dokumentation

 

2.7.3

Projektkommunikation: „Tue Gutes und sprich darüber!“

 

2.7.4

Betroffene beteiligen – Mitgestaltung ermöglichen

 

2.7.5

Krisen in Projekten

2.8

Endlich am Ziel

2.9

Projekte, bei denen das Ziel (noch) nicht gut fassbar ist

 

2.9.1

Was Projekte zur Organisationsentwicklung von „normalen“ Projekten unterscheidet

 

2.9.2

Wie man auch im Nebel gut gerüstet losgehen kann

2.10

Geht es auch eine Nummer kleiner? „Projektmanagement light“

3

Prozessmanagement

3.1

Um- und Querdenken gefragt: Prozessmanagement in zukunftsorientierten Verwaltungen

3.2

Prozesse und Prozessmanagement – Grundlagen

 

3.2.1

Begriffsentwirrungen

 

3.2.2

Strategisches und operatives Prozessmanagement

 

3.2.3

Ziele von Prozessmanagement

 

3.2.4

Die Reiseroute: Ein Vorgehensmodell für das Prozessmanagement

3.3

Die Vorbereitung zur Prozessoptimierung

 

3.3.1

Prozess auswählen

 

3.3.2

Ziele festlegen

 

3.3.3

Wer ist beteiligt? Stakeholder analysieren – andere zum Mitmachen gewinnen

 

3.3.4

Der erste Überblick: Den ausgewählten Prozess abgrenzen und strukturieren

3.4

„(Wie) Passt ein Prozess auf ein Blatt?“ Methoden, um Prozesse zu beschreiben und zu dokumentieren

 

3.4.1

Elemente der Prozessdarstellung

 

3.4.2

Darstellung als „Tabelle“

 

3.4.3

Darstellung als „Zuständigkeitsdiagramm“

 

3.4.4

Darstellung als „Schwimmbahnen“

 

3.4.5

Darstellung als „Flussdiagramm“ – am Beispiel der „Ereignisgesteuerten Prozessketten“ (EPK)

 

3.4.6

Prozessbeschreibung als Text

3.5

Den Prozess erfassen und Schritt für Schritt darstellen

 

3.5.1

Woher und Wohin? Auslöser und Ergebnis des Prozesses

 

3.5.2

Was? Der Fluss der Aktivitäten

 

3.5.3

Wer? Die durchführenden Organisationseinheiten

 

3.5.4

Was von wem und was an wen? Nahtstellen und Informationsobjekte

 

3.5.5

Was verarbeiten Sie womit?

3.6

Ergänzende Hinweise zur Erfassung des Ist-Prozesses

 

3.6.1

Hintergrundinformationen zum Prozess dokumentieren

 

3.6.2

Kennzahlen zum Ist-Zustand erheben

 

3.6.3

Informationen anreichern – verschiedene Quellen nutzen

 

3.6.4

Fallstricke bei der Prozessdarstellung

3.7

Kleine Haken, große Baustellen: Den Ist-Prozess analysieren

 

3.7.1

Prozessergebnisse bewerten

 

3.7.2

Aktivitäten bewerten – Wertschöpfungsanalyse

 

3.7.3

Zuständigkeits- und Nahtstellenanalyse – Rollen, Verantwortlichkeiten und Zusammenarbeit bewerten

 

3.7.4

Den Prozess systematisch prüfen anhand von Kriterien und Prüffragen

3.8

Neue Wege durch bekanntes Terrain: Prozesse verbessern

 

3.8.1

Optimierungsansätze zusammenstellen – Voraussetzungen klären

 

3.8.2

Den Soll-Prozess ableiten und darstellen

 

3.8.3

Wie hoch legen wir die Messlatte? Prozessziele definieren

 

3.8.4

Prozessverantwortliche und Eskalationswege festlegen

3.9

Entscheidend ist „auf‘m Platz“: Den SOLL-Prozess umsetzen

 

3.9.1

Den Maßnahmenplan zusammenstellen

 

3.9.2

Den Stein ins Rollen bringen

 

3.9.3

Umgang mit den Themen „unter dem Tisch“

 

3.9.4

Nachbesserungen auf dem Weg: Die Balance aus Konsequenz und Offenheit

3.10

Der Weg und das Ziel: Die Prozessoptimierung evaluieren

3.11

Der Ball rollt, aber nicht von allein: Prozesse im Tagesgeschäft steuern und laufend verbessern

3.12

Die „kleine Nummer“: Tipps für Prozessoptimierung in kleinen Dosen

3.13

Eine Nummer größer: Das große Rad statt kleiner Rädchen

 

3.13.1

Wenn Sie an der eigenen „Prozesslandschaft“ arbeiten wollen

 

3.13.2

Prozessoptimierung als Projekt: Wann Projektmanagement im Prozessmanagement sinnvoll ist

4.

Projekte steuern und Prozesse optimieren – die Quintessenz

Literatur

Links und andere nützliche Hinweise

Abkürzungen

Stichwortverzeichnis

Die Autorinnen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:

Vorgehensmodell zur Durchführung eines Projekts

Abb. 2:

Projektarchitektur – das Grundmodell

Abb. 3:

Projektarchitektur für das Projekt „JuBe“

Abb. 4:

Beispiele für die typische Strukturierung eines Projektverlaufs

Abb. 5:

„Ishikawa-Diagramm“ (Ursache-Wirkungs-Diagramm) als Analyse-Instrument für das JuBe-Projektteam

Abb. 6:

Projektziele und langfristige Wirkungsziele

Abb. 7:

Das „magische Dreieck“ im Projektmanagement

Abb. 8:

Projektstrukturplan (PSP) – das Grundmodell

Abb. 9:

Projektstrukturplan für das Projekt „JuBe“

Abb. 10:

Die Abfolge von Arbeitsphasen und Meilensteinen in einem Projekt (exemplarisch gefüllt)

Abb. 11:

Beispiel für einen Projektablaufplan als Gantt-Diagramm

Abb. 12:

Projektablaufplan (PAP) für das Projekt „JuBe“

Abb. 13:

Die Dimensionen der Kräftefeld-Analyse und einige typische Rollen im Projektumfeld

Abb. 14:

Phasen der Teamentwicklung (nach Tuckman)

Abb. 15:

Struktur für einen Standard-Projektbericht

Abb. 16:

Typische Motivationsschwankungen in Projekten mit und ohne Meilensteine (MS)

Abb. 17:

Produktivitätskrisen in Projekten

Abb. 18:

Unterschiedliche Projekttypen

Abb. 19:

Dynamisches Effectuation-Modell

Abb. 20:

Geschäftsprozess

Abb. 21:

Strukturierungsgrad und Gestaltungsmöglichkeit von Verwaltungsprozessen

Abb. 22:

Hauptprozess und Teilprozesse

Abb. 23:

Zusammenspiel von strategischem und operativem Prozessmanagement

Abb. 24:

Vorgehensmodell für das Prozessmanagement

Abb. 25:

Verschiedene Detaillierungsebenen bei der Prozessbetrachtung

Abb. 26:

Skizze der Stakeholderanalyse im Fallbeispiel

Abb. 27:

Zwei Beispiele für die Grobstrukturierung von Prozessen (Prozessüberblick)

Abb. 28:

Prozessüberblick „Ausstellung Reisepass“

Abb. 29:

Darstellung eines Prozesses als Zuständigkeitsdiagramm

Abb. 30:

Darstellung eines Prozesses als „Schwimmbahnen“

Abb. 31:

Darstellung eines Prozesses als Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK)

Abb. 32:

Auslösende und abschließende Ereignisse im Beispielprozess „Reisepass ausstellen“

Abb. 33:

Kontrollfluss des Prozesses „Ausstellung Reisepass“

Abb. 34:

Ergänzung der EPK-Darstellung um Organisationseinheiten (Ausschnitt)

Abb. 35:

Input- und Output-Elemente im Beispielprozess (Ausschnitte)

Abb. 36:

Die vollständige Darstellung des Ist-Prozesses im Fallbeispiel

Abb. 37:

Ableitung von Kennzahlen und Messmethoden im Fallbeispiel

Abb. 38:

Ergänzung von Kennzahlen im Beispielprozess (Ausschnitte)

Abb. 39:

Typen von Leistungen und Aktivitäten

Abb. 40:

Darstellung des Soll-Prozesses im Fallbeispiel

Abb. 41:

Zielgrößen im Fallbeispiel

Abb. 42:

Maßnahmenplan für die Realisierung des Soll-Prozesses

Abb. 43:

Trendkarte zum Verfolgen der Umsetzung – Basis für die Evaluierung

Abb. 44:

Prozesslandkarte eines Bürgerbüros

Tabellenverzeichnis

Tab. 1:

Einsatzfelder für Projektmanagement und Prozessmanagement

Tab. 2:

Projektauftrag

Tab. 3:

Stufen der Beteiligung

Tab. 4:

Projekttypen: Kennzeichen und das notwendige Werkzeug

Tab. 5:

Darstellung eines Prozesses als Tabelle (Auszug)

Tab. 6:

Elemente der EPK-Notation (vorgeschlagene Auswahl)

Tab. 7:

Leistungsarten und Strategien zu ihrer Handhabung

Tab. 8:

Zusammenstellung der Optimierungsideen im Fallbeispiel

[1]1

Einführung: Der Methodenkoffer der Führungskraft

Beim Stichwort „Führung“ ist häufig zunächst die Führung von Mitarbeitenden als Aufgabe im Blick mit den dafür notwendigen sozialen Kompetenzen (Gesprächsführung, Umgang mit Konflikten usw.). Zu den Führungsaufgaben gehört aber auch, Vorgehensweisen und Abläufe zu steuern: für sich selbst als Führungskraft, aber ebenso für den eigenen Verantwortungsbereich insgesamt: das Team, die Abteilung, den Fachbereich.

Um diesen Anteil der Führungskompetenzen – Abläufe zu steuern – geht es in diesem Buch. Zwei Methodenpakete stehen im Mittelpunkt: Projektmanagement und Prozessmanagement.

In diesem einführenden Kapitel

•    stellen wir Ihnen diese Methodenpakete zunächst kurz vor und stellen sie in den Zusammenhang der Verwaltungsorganisation,

•    geben wir Ihnen einen Überblick über das Buch und einige Hinweise als „Gebrauchsanleitung“,

bevor es dann in den beiden Hauptteilen des Buches um das genaue Vorgehen bei der Umsetzung von Projekten und in der Verbesserung von Prozessen geht.

1.1

Projektarbeit und Prozessmanagement – zentrale Bestandteile der Führung

Wer ist wofür zuständig? Diese inzwischen gern auch mal kabarettistisch aufs Korn genommene Frage zielt auf die klassische Aufbauorganisation, dargestellt im Organigramm; sie bestimmt noch immer das Bild vieler Organisationen und Verwaltungen. Inzwischen machen aber immer mehr Verwaltungen die Erfahrung, dass sie sich keinen Gefallen tun, angesichts der Komplexität von Aufgaben auch die Organisation noch komplexer zu machen und weiter zu zergliedern. Entscheidungen und Kooperationen zwischen Fachbereichen werden so eher noch verzögert als beschleunigt. Wenn dann außerdem besondere Vorhaben zu stemmen sind, in denen unterschiedlichste Fachbereiche Hand in Hand arbeiten müssen, ist das noch oft ungewohnt und „sperrig“, weil unklar ist, wie man sich organisiert, wie die verschiedenen Arbeitsweisen ineinandergreifen, wer Entscheidungen trifft usw.

Zugleich wachsen die Anforderungen an Verwaltungen und verschärfen sich auch ihre Rahmenbedingungen:

•    Bürger/innen erwarten ausgeprägte Kundenorientierung und Innovationsbereitschaft ihrer Verwaltungen, z. B. hinsichtlich der erwarteten Reaktionsgeschwindigkeit bei Anträgen und Auskünften oder auch erweiterter Kontakt- und Zugangswege (Stichwort E-Government).

•    Verwaltung muss und will sich auch immer kürzer getakteten Veränderungsnotwendigkeiten und neuen Aufgaben stellen – wobei diese Veränderungen nicht mehr einzelne herausgehobene Kraftakte darstellen, sondern einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess erfordern.

[2]•    Komplexe öffentliche Aufgaben erfordern die enge Kooperation unterschiedlichster Fachbereiche. Ziele wie Inklusion zu realisieren oder Bildungschancen für alle zu erhöhen, können nur in enger Abstimmung unterschiedlichster Fachämter sinnvoll umgesetzt werden.

•    Der finanzielle Druck der öffentlichen Haushalte zwingt zum wirtschaftlichen Handeln; der hohe Aufwand für Abstimmungen über viele Stationen hinweg ist häufig fehlerbehaftet und genauso wenig zu rechtfertigen wie eine ineffiziente Arbeitsweise oder Arbeiten mit ungeeigneten Werkzeugen innerhalb eines Sachgebiets. Und bei besonderen Vorhaben stellt – nicht zuletzt aufgrund leidiger Erfahrungen bei öffentlichen Großprojekten – die Realisierung innerhalb des gesetzten Finanz- und Zeitrahmens eine bedeutende Anforderung dar.

•    Mitarbeitende erwarten ihrer Qualifikation und den an sie gestellten Anforderungen entsprechend zu Recht, Einfluss ausüben und die Arbeitsprozesse mitgestalten zu können.

Zugleich muss natürlich weiterhin der Anspruch an die Verwaltung auf transparente, gesetzeskonforme und die Bürger/innen gleich behandelnde Verfahren eingelöst werden.

In einigen Verwaltungen ergänzen deshalb schon jetzt neue Arbeitsformen die bisherige Arbeitsweise:

Projektmanagement

Wenn eine Verwaltung sich völlig neuen Aufgaben stellen muss, wenn komplexe Vorhaben erfordern, dass viele Fachbereiche zusammenarbeiten, dann ist zu Beginn der Weg oft noch gar nicht klar. Um solche neuen, einmaligen, komplexen Vorhaben systematisch zu planen und zu steuern, hat sich das Handwerkszeug des Projektmanagements etabliert – in Unternehmen schon recht selbstverständlich, in Verwaltungen noch in sehr unterschiedlicher Ausprägung: Auch wenn jedes Projekt einmalig ist und immer etwas anders verläuft, so haben sich doch bestimmte Verfahrens- und Vorgehensweisen als hilfreich für unterschiedlichste Arten von Projekten erwiesen.

Das Denken und Arbeiten in Prozessen

Häufig wiederkehrende Abläufe werden entlang der Leistungserbringungskette betrachtet. Die Frage, wo diese Aktivitäten jeweils erledigt werden, ist damit nicht überflüssig, verschiebt sich aber in die zweite Reihe. Zunächst geht es darum, wie die Abläufe am besten hintereinander weg erledigt werden, und erst dann wird zugeordnet, wer das am besten erledigt. Daran schließt sich die Frage nach den Arbeitsmitteln an. Gefordert ist das Denken über den eigenen Tellerrand hinaus. Auch wenn am Ende eine vernünftige Arbeitsteilung für abschnittweise Durchführungsverantwortung sorgt, so ist doch jede/r Mitarbeitende gefordert, zum Gelingen des gesamten Zusammenspiels beizutragen. Damit kommen auch bestehende Arbeitsweisen auf den Prüfstand und werden verändert.

Die Orientierung auf Prozesse und deren stete Verbesserung wird in Verwaltungen oft noch erschwert, weil gesetzliche Regelungen Verfahren teilweise im Detail festschreiben, weil Wirtschaftlichkeit und Effizienz noch nicht überall als wesentliche Ziele akzeptiert sind und das Handeln noch nicht überall prägen. Trotzdem machen sich mehr und mehr Verwaltungen auf den Weg, in Prozessen zu denken, zu planen und zu agieren.

[3]Die beiden Methodenpakete kommen also in unterschiedlichen Situationen zum Einsatz:

Projektmanagement

Prozessmanagement

 für einmalige, besondere, komplexe Vorhaben ohne Vorbild

 meist mit Beteiligten aus unterschiedlichen Fachgebieten

 für immer oder häufig wiederkehrende Abläufe, die in zuverlässig gleicher und effizienter Weise vollzogen werden sollen

 für seltene Abläufe, die dann aber in einer festgelegten Weise vollzogen werden müssen (z. B. Notfalleinsatz)

Tab. 1: Einsatzfelder für Projektmanagement und Prozessmanagement

Beide Methodenpakete sind nicht neu – sie haben sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt und ausdifferenziert. Sie sind auch nicht völlig neu in Verwaltungen. Nach unserer Erfahrung sind sie aber noch oft Spezialeinsätzen vorbehalten und werden vor allem von Mitarbeitenden angewandt, die mit besonderen Aufgaben in der Organisation betraut sind. Lediglich in technischen Fachbereichen und insbesondere in der IT ist Projektmanagement bereits deutlich mehr verbreitet und wird im Alltag praktiziert. Prozessmanagement ist dort schon breiter verankert, wo es um systematisches Qualitätsmanagement geht (z. B. in Laboren).

Sie als Führungskräfte sind die zentralen Akteure und Akteurinnen, diese Arbeitsweisen in der Verwaltung zu etablieren. Wenn Ihre Ausbildung noch nicht so lange zurückliegt, werden Sie vermutlich dabei schon beide Methoden zumindest kurz kennengelernt haben. Für andere von Ihnen sind vielleicht beide Methoden noch wenig vertraut – oder wenig bewusst, wo Sie ggf. bereits intuitiv mit einzelnen Verfahrensweisen aus diesen Paketen arbeiten. Dann ist dieses Buch gut geeignet, Ihre Erfahrungen und gewachsene Praxis zu systematisieren und so Ihr Führungsrepertoire zu erweitern.

Was übrigens beide Methoden trotz aller Unterschiedlichkeit verbindet: Beide stellen strukturierte, systematische Vorgehensweisen dar. Zu beiden Methoden gehört als wichtiges Mittel, sich selbst und den Mitarbeitenden Überblick zu verschaffen. Und dazu sind Visualisierungen, Bilder, Zeichnungen in besonderer Weise geeignet. Deshalb finden Sie in diesem Buch auch viele Abbildungen als Beispiele für dieses Vorgehensprinzip.

Mit beiden methodischen Arbeits- und Organisationsweisen geht es darum, gute Ergebnisse auf effiziente Weise zu erzielen. Aber es geht zugleich auch darum, besser und damit zufriedenstellender zu arbeiten – und durch methodisch sinnvolles und optimiertes Vorgehen Entlastung zu schaffen. In der öffentlichen Verwaltung geht diese Entlastung nicht als Einsparung in die Auszahlung der Aktionäre, sondern sie verschafft Ihnen und Ihren Mitarbeitenden den Raum, sich anderen sinnvollen öffentlichen Aufgaben zu stellen.

1.2

Zur Orientierung im Buch

Dieses Buch richtet sich an Führungskräfte der mittleren Ebenen: Teamleitungen, Sachgebiets- und Abteilungsleitungen, Amts- und Referatsleitungen – wie immer in den verschiedenen öffentlichen Verwaltungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene diese mittleren Führungsfunktionen bezeichnet sind.

[4]Ihnen wollen wir mit diesem Buch methodisches Handwerkszeug für den systematischen Umgang mit Projekten und Prozessen vorstellen: Wie können Sie sicherer werden im methodischen Vorgehen, um Ihre Aufgaben im Sachgebiet, in der Abteilung oder in der Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen besser, kräftesparender und im gemeinsamen Schwung mit Ihren Mitarbeitenden zu erfüllen? Das heißt: Wir haben eher kleine bis mittelgroße Fragestellungen und Vorhaben im Blick, so wie sie typisch sind für diese mittleren Ebenen. Wir stellen Ihnen das Methodenrepertoire auch so vor, dass Sie es in Ihrem Alltag anwenden können, selbst wenn Ihre Verwaltung noch nicht als Gesamtorganisation diese Methoden anwendet oder gar systematisch im eigenen Haus verankert hat.

Das Buch richtet sich also ausdrücklich nicht gezielt an Spezialist/innen in zentralen Organisations- oder Steuerungsabteilungen, die mit Fragen der Neuorganisation von Prozessen und der Durchführung verwaltungsweiter Vorhaben und Umstrukturierungen betraut sind und für die dieses methodische Handwerkszeug in vielen Fällen bereits seit längerem selbstverständlich ist. Das heißt nicht, dass nicht auch „Fortgeschrittene“ vielleicht noch das eine oder andere Neue, Ergänzende erfahren – aber vermutlich weniger in den Grundlagen, die ihnen schon vertraut sind, sondern eher in den weiterführenden Hinweisen oder vielleicht auch über die konkreten Beispiele.

Und so sind die beiden Hauptteile des Buches jeweils aufgebaut:

•    Eine Einführung zeigt Grundlagen auf und klärt Begriffe, insbesondere für diejenigen, denen „Projekte“ und „Prozesse“ noch fremd sind.

•    Dann folgt ein Reiseplan – für die Durchführung eines Projektes im eigenen Verantwortungsbereich bzw. für die Optimierung eines einzelnen Prozesses; dabei sind Projekte und Prozesse in einer Dimension im Blick, die zu Ihrem Alltag als Führungskraft auf einer mittleren Ebene passt. Dieser Reiseplan ist gedacht für diejenigen, die erste Erfahrungen machen wollen, oder für diejenigen, die sich das grundsätzliche Vorgehen noch einmal in Erinnerung rufen wollen.

•    Schließlich folgt ein Teil „für Fortgeschrittene/Erfahrene“, die systematischer ihren Bereich durchforsten oder sich an komplexere, bereichsübergreifende oder die ganze Verwaltung durchziehende Prozesse machen wollen oder die umfassendere Projekte in diffusen Situationen durchführen wollen. Da sich das Buch aber nicht in erster Linie an Organisator/innen und andere Spezialist/innen, sondern an Führungskräfte mittlerer Ebenen wendet, gibt es dazu keinen detaillierten Leitfaden, sondern nur noch einen Überblick und Ausblick. Alles Weitere ist dann vertiefender Spezialliteratur oder einer Weiterbildung vorbehalten.

Mit dieser Vorausschau können Sie hoffentlich gut entscheiden, ob Sie sich eher von vorn bis hinten durcharbeiten oder wo Sie – wenn Sie schon mit den Grundlagen vertraut sind – an einer späteren Stelle quer einsteigen möchten.

Unser Anspruch ist, Ihnen mit diesem Buch nicht nur die methodischen Schritte vorzustellen, die inzwischen in mannigfachen Veröffentlichungen nachzulesen sind, sondern über konkrete Beispiele die Umsetzung in der Verwaltungspraxis lebendig werden zu lassen. Zwei Arten von Beispielen machen das Buch – hoffentlich – anschaulich und anregend:

In beiden Hauptteilen des Buches haben wir für Sie zur Veranschaulichung jeweils ein Fallbeispiel herausgegriffen, das als Fallgeschichte über eine ganze Strecke verfolgt wird: im „Projektmanagement“ ein Vorhaben im Jugend- und Sozialbereich, im „Prozessmanagement“ [5]die Verbesserung von Vorgängen rund um die Ausstellung von Pässen. So können Sie die Anwendung der Methode kontinuierlich anhand einer Fallgeschichte verfolgen – und das ist hoffentlich alltagsnäher und für Sie interessanter, als ausschließlich eine Reihe schlaglichtartiger Beispiele zu erhalten. Schwierigkeiten lassen wir dabei übrigens auch nicht aus, denn im wahren Leben geht auch nicht immer alles glatt „nach Lehrbuch“.

Sie erkennen diese durchgehenden Fallgeschichten am grauen Balken am linken Rand.

Beispiele:

Diese ergänzenden Beispiele aus den unterschiedlichsten Fachbereichen zeigen plastisch, wie allgemeine Vorgehenshinweise im Einzelfall konkret ausgestaltet wurden – über die jeweilige Haupt-Fallgeschichte hinaus werden so weitere Einsatzfelder anschaulich. Sie sind wie hier durch einen Kasten mit der Überschrift „Beispiel“ erkennbar.

Die Beispiele basieren auf konkreten Erfahrungen aus Verwaltungen, wie wir sie bei Beratungen und in Organisationsentwicklungsprozessen selbst erlebt haben, wie wir sie im Rahmen unserer Führungskräftequalifizierungen mit Teilnehmenden bearbeitet haben oder indem Führungskräfte uns an ihren konkreten Erfahrungen und Vorhaben teilhaben ließen. Wir haben sie im Einzelfall auf die Aspekte hin zugeschnitten, die im jeweiligen Kapitelkontext im Fokus stehen, und wir haben sie natürlich anonymisiert.

Über die Beispiele hinaus wollen wir Sie durch zwei weitere Elemente möglichst praxisnah begleiten:

Hinweise geben Ihnen konkrete Tipps zur Durchführung – weil die Tücke eben manchmal doch im Detail liegt, wenn es an die ganz praktische Umsetzung geht.

Sie erkennen diese Tipps am grau hinterlegten Kasten.

Checklisten

sind am Kasten mit den „Check-Kästchen“ zu erkennen und

geben Ihnen Schritt für Schritt konkrete Handlungsanleitung.

Abschließend noch eine Erläuterung, wie wir in diesem Buch geschlechtergerecht mit Sprache umgehen werden: Weil wir wollen, dass weder Frauen noch Männer nur „mitgemeint“ sind, bemühen wir uns um eine geschlechtergerechte Sprache, die zugleich gut lesbar bleibt: Wir wählen, wo immer es sie gibt, Bezeichnungen, die für alle passen (z. B. Mitarbeitende). Wo wir beide Geschlechter meinen, nennen wir sie auch beide oder kürzen das wegen des besseren Leseflusses mit „-/innen“ ab. In Fallbeispielen und überall dort, wo Formulierungen ansonsten zu kompliziert würden, wechseln wir die Geschlechter der handelnden Personen ab.

[6]Bevor es nun hinein in die Sache geht, möchten wir Danke sagen …

den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Fortbildungen und den Verwaltungen, mit denen wir gemeinsam an Prozessen und in Projekten gearbeitet haben, die nicht nur von uns gelernt haben, sondern auch wir von ihnen, indem sie uns teilhaben ließen an der Vielfalt und Komplexität des realen Alltags und der Besonderheit öffentlicher Aufgaben,

… unseren Teamkolleginnen und -kollegen, mit denen wir gemeinsam unsere eigenen Prozesse optimiert und viele Projekte durchgeführt haben; gemeinsames Lernen und gemeinsame Erfahrungen verbinden uns nun schon über viele Jahre,

… insbesondere Knut Hüneke, der seine reichen Projekterfahrungen und vor allem den klugen Umgang mit sozialer Komplexität und Interessensunterschieden in Projekten in unser Team und damit auch in dieses Buch eingebracht hat,

… sowie Andrea Rohrberg und Widura Schwittek, die als erfahrene Berater/ innen nicht nur manchen inhaltlichen Aspekt zum Themenfeld beigesteuert haben, sondern sich auch als engagierte, wohlwollend-kritische Korrekturlesende in den Dienst des Buchprojekts gestellt haben,

Wilfried Sauter, der beharrlich für eine bessere Verständlichkeit des Textes gesorgt hat,

… und dem Verlag, insbesondere unserer Lektorin, Stefanie Lörsch, für die unkomplizierte, freundliche und unterstützende Zusammenarbeit!