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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

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15.

16.

17.

18.

19.

Epilog

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2599

 

Der letzte Tag

 

VATROX-VAMU greift nach dem PARALOX-ARSENAL – und ein Totgeglaubter kehrt zurück

 

Marc A. Herren

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit einiger Zeit tobt der Kampf um die Polyport-Höfe, der mehrere Galaxien umspannt.

Die sogenannten Polyport-Höfe sind Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, mit denen sich gigantische Entfernungen überbrücken lassen. Als die Frequenz-Monarchie aus einem jahrtausendelangen Ruheschlaf erwacht, beanspruchen ihre Herren, die Vatrox, sofort die Herrschaft über das Transportsystem und mehrere Galaxien.

Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – und schlagen die Frequenz-Monarchie zuerst in Andromeda und später auch in Anthuresta. Aber dann schaltet sich eine weitere Macht in das Geschehen ein, einst den Vatrox eng verbunden, aber mittlerweile ihr Todfeind: VATROX-VAMU.

Letztlich dreht sich aber alles um ES, die Superintelligenz von Wanderer und Mentor der Menschheit. ES erstarrt in tödlichem Eis und benötigt dringend die Psi-Energie des PARALOX-ARSENALS, um zu überleben, aber gerade als es in greifbare Nähe rückt, kommt es zum Zusammenprall von ES und VATROX-VAMU. VATROX-VAMU gewinnt – und so bricht er für die Welt des alten Freundes und Mentoren der Menschheit an: DER LETZTE TAG …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Unsterbliche muss sich mit neuen Gegebenheiten abfinden.

Mondra Diamond – Die Mutter von Rhodans Kind sucht nach ihrem Sohn Delorian.

Lloyd/Tschubai – Das Konzept zeigt sich ein letztes Mal.

Icho Tolot – Der Haluter folgt dem Weg der Jaranoc.

Am 11. Mai 1463 NGZ um 18.53 Uhr griff das Geisteswesen VATROX-VAMU die Superintelligenz ES und deren Kunstwelt Wanderer direkt an, den Anker von ES im Standarduniversum. Keine fünf Minuten später, um 18.57 Uhr, stieß die Superintelligenz ihren Todesschrei aus.

Danach brach »der letzte Tag« an; eine Bezeichnung der folgenden Stunden, die in die Annalen der Menschheit eingingen.

Aus: Hoschpians Chroniken

 

 

1.

Der letzte Tag

11. Mai, 18.57 Uhr

 

Das Unfassbare war geschehen.

Sie alle hatten den Todesschrei von ES vernommen.

Automatisch ging Rhodans Hand an die linke Schulter. Eine größtenteils symbolische Handbewegung, da er unter der Panzerung des SERUNS weder Haut noch Zellaktivator-Chip ertasten konnte.

Rhodan wusste aber, dass das Leben verlängernde Gerät nach wie vor unter seinem linken Schlüsselbein saß und dort seinen Dienst verrichtete. Er spürte das sanfte Pochen; es beruhigte und gab Halt in dieser Stunde der Niederlage.

Alles war verloren.

Nicht nur, dass sich VATROX-VAMU nun ungehindert das PARALOX-ARSENAL einverleiben konnte. Nein, Rhodan hatte tatsächlich versagt. Wie ein vollkommen Unbeteiligter hatte er über die Holosphäre von MIKRU-JON den Angriff des Rubin-Avatars mitverfolgen müssen. Dann war das so typische homerische Lachen aufgeklungen – und übergegangen in den Todesschrei.

Dieser hallte in seinen Gedanken nach, ließ immer neue Bilder aus der gemeinsamen Geschichte von Rhodan und ES an die Bewusstseinsoberfläche spülen. Für einen Moment verstieg er sich in die Hoffnung, dass es sich nicht um einen Nachhall handelte, sondern um das richtige ES-Lachen, aber er verscharrte diesen Gedankengang sogleich wieder.

Er riss sich zusammen. »Zustandsmeldungen aller Einheiten!«, befahl er laut. Mondra, deren Hand er immer noch hielt, zuckte zusammen.

Mikru bestätigte.

»VATROX-VAMU wird der Tod von ES nicht verborgen geblieben sein«, sagte Rhodan, ohne den Blick von der Holosphäre zu nehmen. Die Kunstwelt Wanderer war nach wie vor zu sehen, wenngleich sie immer wieder ihre Konsistenz verlor, flackerte wie eine Kerze im Wind.

Erste Daten der Einheiten kamen herein.

Rhodan wandte sich an Lotho Keraete, der wie ein desaktivierter Roboter neben ihnen stand und aus leeren Augen auf die Holosphäre starrte.

»Fühlst du ES' Präsenz noch, Lotho?«

Unendliche Sekunden benötigte der Bote, um den Kopf zu drehen. »Nein, Perry. Es ist alles so … leer.«

Rhodan sah sich in der Zentrale um: Die beiden Mutantinnen Shanda Sarmotte und Lucrezia DeHall saßen an der Wand.

Die Sessel, auf denen sie zuvor gesessen hatten, waren bei Rhodans wildem Flug mit MIKRU-JON durch den Psi-Sturm weggeschleudert worden.

»Wo sind Lloyd/Tschubai?«, fragte er scharf. »Jemand, der mir den Standort des Konzepts mitteilen kann?«

»Wenn ES tot ist …«, begann Mondra mit dumpfer Stimme.

»Ich weiß«, sagte Rhodan. »Dann kann es sie auch nicht mehr geben.«

»Sie befinden sich in den Maschinenräumen«, sagte Mikru lakonisch. »Sie leben.«

Rhodan sog scharf Luft ein. War dies ein Umstand, der ihn hoffen lassen durfte? Oder vermochte ein Konzept zu überleben, selbst nachdem sein Erschaffer nicht mehr existierte? Er hatte nie eine vergleichbare Situation erlebt.

Über den SERUN nahm Rhodan Funkverbindung mit Lloyd/Tschubai auf. Keine zwei Sekunden später hörte er Ras Tschubais Stimme.

»Wir leben noch, Perry.«

»Kommt bitte sofort in die Zentrale!«

Lloyd/Tschubai erschien umgehend. Das Konzept wankte leicht. Tschubais Gesicht sah abgekämpft aus, aufgedunsen, der Blick ging wie gehetzt von einem der Anwesenden zum anderen.

»Wir waren auf Wanderer, als … es geschah, Perry«, kam es aus dem Mund des Konzepts. War es Fellmer Lloyd, der da sprach? »Wir sind uns nicht sicher, ob es nur eine Vision war oder ob wir den Angriff VATROX-VAMUS tatsächlich körperlich mitverfolgt haben.«

»Ras, Fellmer«, sagte Rhodan eindringlich. »Gibt es irgendeinen Grund zu hoffen, dass ES den Angriff überstanden hat? Kann es sein, dass der Todesschrei nur eine List war, um VATROX-VAMUS Angriff zu stoppen?«

Das Konzept starrte ihn mehrere Atemzüge lang schweigend an, dann schüttelte es den Kopf.

Ein Kopfschütteln, dachte Rhodan entsetzt, besiegelt alles, was nicht sein darf.

Wieder glaubte er ES' Lachen in seinen Gedanken wahrzunehmen. »Hört ihr es auch? Das Gelächter unseres alten Freundes?«

Rhodan spürte, wie sich Mondras Hand enger um die seine schloss. »Nein, Perry.« Die Blutung an ihrer aufgesprungenen Lippe hatte mittlerweile aufgehört. »Das Lachen ist verstummt.«

Rhodan nickte entschlossen.

»Ab jetzt gilt es, das Schlimmste abzuwenden. Vielleicht haben wir wenigstens eine Chance, VATROX-VAMU daran zu hindern, auf das PARALOX-ARSENAL zuzugreifen.« Rhodan sog noch einmal tief Luft ein. »Wo bleiben die Zustandsmeldungen?«

»Pral meldet sich«, berichtete Mikru.

»Durchstellen!«

In der Holosphäre erschien das Abbild des Schattenmaahks. »Ah, Rhodan. Wir tun, was wir können«, stieß er sofort aus. »Als wir begriffen, dass das Wunder von Anthuresta im Standarduniversum materialisierte, haben wir umgehend begonnen, die Zerstörung in der Sphäre rückgängig zu machen.«

»Rückgängig?«

»Das Wort ist nicht ganz zutreffend«, gab Pral zu. Seine Tentakelarme wedelten indifferent. »Wir wollen die Sphäre reparieren, bevor gegnerische Einheiten direkt in das Wunder vorstoßen können!«

»Verstehe. Wie weit seid ihr?«

»Gemeinsam mit Clun'stal versuchte ich zuerst, die Gefahr mit den beiden Psi-Materie-Dispenser zu beseitigen. Auf diese Art und Weise gelang es uns, via Sonden neue Psi-Materie in die Bruchstelle zu schicken. Aber ES hat die neu eingetroffene Materie augenblicklich aufgesaugt. Sie verschwand in der rotgoldenen Energiekugel!«

Rhodan seufzte. ES hatte in seinem Fresswahn die Situation stetig verschlimmert – bis er ihm unterlegen war.

»Weiter!«

»Die Lage wurde immer verzweifelter«, fuhr Pral fort. »Nicht einmal Agrester wusste Rat. Dann hat sich aber Clun'stal an die sogenannten Hüllen-Taucher erinnert. Die Geräte, die an überdimensionierte Psi-Materie-Sonden erinnern, wurden ursprünglich zum Bau der Sphäre verwendet; sie erledigten die Grobarbeit, während die Sonden für den Feinschliff hinzugezogen wurden.«

»Verstehe. Weiter!«

»Wir konnten einen Hüllen-Taucher reaktivieren. Er hat den Vorteil, dass er die Psi-Materie bereits an Bord so stark modifiziert, dass sie in ihrer neuen Form für ES nicht so ohne Weiteres verzehrbar ist. Per raumtemporalem Saugtunnel hatten wir den Hüllen-Taucher an die Kante der Abrissstelle transportiert und sofort mit der Reparatur der Hülle begonnen. Und tatsächlich: Kaum fügten wir die modifizierte Psi-Materie an den Bruchkanten an, stellte ES seine Bemühungen ein und verließ die Sphäre.«

Rhodan nickte. »Gut gemacht, Pral! Wie lange wird es dauern, bis ihr das Loch geflickt habt?«

Wieder erfolgte eine unverständliche Tentakel-Geste des Schattenmaahks. »Wir wissen nicht, ob wir dazu genügend Materie haben«, sagte er bedauernd. »Im besten Fall werden wir einige Tage deiner Zeitrechnung benötigen; im schlimmsten Fall werden wir an anderen Stellen Psi-Materie abtransportieren müssen. Dann verschlechtert sich aber die Stabilität der gesamten Sphäre – und wir müssen von einem Zeitraum von mehreren Wochen Arbeit ausgehen!«

»Danke für den Bericht!«, sagte Rhodan. »Ich werde zusehen, dass wir TALIN ANTHURESTA lange genug beschützen, damit ihr eure Arbeiten abschließen könnt.«

Rhodan unterbrach die Verbindung.

Nachdenklich betrachtete er das riesige Gebilde, wie es von Mikru in der Holosphäre unter Zuhilfenahme von Falschfarbendarstellungen gezeigt wurde. TALIN ANTHURESTAS Durchmesser betrug unglaubliche 228 Millionen Kilometer. In seiner relativen Mitte prangte das 120.000 Kilometer große Loch, durch das Rhodan den orangefarbenen Schein des zentralen Handelssterns erkannte.

Schon vor dem tragischen Tod von ES war es zu einer Versetzung gekommen: Der Planet Markanu mit seiner Endlosen Stadt hatte den Platz von Wanderer in der Sphäre eingenommen. Die Heimatwelt der Halbspur-Changeure wurde dadurch zum einzigen echten Planeten des Wunders – unter 19.999 Scheibenwelten.

»Soeben kommt der Bericht des Zellaktivatorträgers Icho Tolot herein!«, gab Mikru durch. »Eine Aufzeichnung!«

»Abspielen!«

2.

Die Schlacht um das PARALOX-ARSENAL

11. Mai, 18.39 Uhr

 

Als die ersten Jaranoc-Schiffe in der Nähe des PARALOX-ARSENALS materialisierten, nahm ich Kontakt mit Kardo Tarba in der Silberkugel B auf. Wir vereinigten uns zu einer Doppelkugel und informierten die übrigen Silberkugeln, dass sie sich vorerst zurückhalten und als Eingreifreserve fungieren sollten.

Die bloße Anwesenheit unserer kombinierten Silberkugel erzeugte in den Reihen der Kegelstumpfraumer Unruhe: Hastige Formationswechsel, abgebrochene Flugmanöver und unmotiviertes Hochfahren der Schirmfeldstaffeln einiger weniger Schiffe zeugten davon, dass VATROX-VAMUS Krieger die Machtmittel einer Silberkugel durchaus richtig einschätzten.

Dazu kam, dass die Kegelstumpfraumer der Jaranoc aufgrund der Emissionen des PARALOX-ARSENALS gehandicapt waren.

Trotz allem veranschlagte mein Planhirn angesichts des Kräfteverhältnisses unsere Chancen gegen die drückende Übermacht auf unter zwei Prozent – bei gleichzeitigen taktischen Mängeln aufseiten des zentralen Jaranoc-Kommandos.

Da sich die Anzahl der ankommenden Jaranoc-Schiffe rasch vergrößerte, nahm unsere Erfolgswahrscheinlichkeit überproportional rasch ab. Damit stieg die Wahrscheinlichkeit, dass es doch zu Kämpfen kommen würde.

Ortungsalarm.

125 Perlkugelraumer der Elfahder und 150 Stardust-Schiffe materialisierten im Gefolge – oder sollte ich besser sagen: »Windschatten«? – zweier Netzweber. Damit veränderte sich das Kräfteverhältnis angesichts der mehreren Tausend Jaranoc-Kegelstumpfraumer nicht signifikant – dafür wertete ich aber die Anwesenheit der Elfahder als überaus gefährliches Element.

Ich berechnete eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass von den 125 Raumschiffkommandanten einer dabei war, der angesichts der Geplänkel Eigeninitiative ergreifen würde. Und hatte nicht jede Schlacht, jeder Krieg mit dem ersten Schuss begonnen?

Je mehr Minuten ohne Kampfhandlungen verstrichen, desto besser wurden die Wahrscheinlichkeitswerte. Die Psi-Materie-Emissionen beeinträchtigten die Kegelstumpfraumer in ständig höherem Maße, wie die Simulationen des Bordrechners und meines Planhirnes aufzeigten.

Neu materialisierte Jaranoc-Schiffe fanden nur auf Umwegen in ihre Formation oder nahmen völlig sinnlose Stellungen ein.

Über sechstausend Kegelstumpfraumer standen 276 Schiffen gegenüber, aber Kampfhandlungen blieben weiterhin aus. Selbst die Elfahder schienen die Jaranoc angesichts ihrer Probleme als nicht akut gefährlich einzustufen.

Ich ergriff die Gelegenheit und bat Kardo Tarba, Funkkontakt mit den Jaranoc-Verbänden aufzunehmen. Ich verlangte den Geschwaderführer zu sprechen.

135 Sekunden später blickte mich ein Jaranoc an, dessen Gesicht und der Nackenschild von einem Geflecht aus weißen, narbenähnlichen Linien überzogen waren. Eines der chamäleonartigen Augen blickte starr, während das andere mich und meine unmittelbare Umgebung aufmerksam musterte. Einblendungen gaben ihn als Geschwaderkommandanten Turak Efrin aus.

»Mein Name ist Icho Tolot. Ich biete Verhandlungen an.«

»Ich weiß, wer du bist!«, herrschte mich der Jaranoc an. »Deine Bitte ist abgelehnt!«

In diesem Moment erhielt ich die Meldung, dass Betty Toufrys Silberkugel am PARALOX-ARSENAL zerschellte. Ich unterbrach die Verbindung mit dem Geschwaderkommandanten.

 

*

 

11. Mai, 18.52 Uhr

 

Während die Einschnürung am PARALOX-ARSENAL fortschritt und VATROX-VAMU in Form eines Riesenrubins in dessen Nähe trieb, unternahm ich einen weiteren Anlauf, um mit den Jaranoc in Kontakt zu treten.

Diesmal hatte ich Turak Efrin bereits nach zwölf Sekunden in der Sichtwand. Sein mächtiger Schädel zitterte.

Bevor Efrin etwas sagen konnte, schlug ich mir mit den Handlungsarmen vor die Brust. Eine Drohgebärde, die der Jaranoc hoffentlich verstand.

»Sie kennen das Vernichtungspotenzial der Silberkugeln«, begann ich. »Sie wissen, dass eine einzige Kugel es problemlos mit Hunderten Ihrer Schiffe aufnehmen kann. Sie benötigen exakte Flugmanöver von mehreren Tausend Schiffen, falls Sie meine oder eine der anderen Silberkugeln zerstören wollen. Dazu kommt, dass wir in der Lage sind, gezielten Einfluss auf die Raum-Zeit-Struktur zu nehmen. Da diese Eingriffe aber unabsehbare Folgen für Ihre Flotte zeitigen, haben wir bisher auf ihren Einsatz verzichtet – abgesehen von ein paar wenigen Testläufen.«

»Ein Trick!«, stieß Efrin sogleich aus. »Nur ein Trick, mit dem du uns mit dem Schwert der Unsicherheit schlagen willst!«

Wieder hämmerte ich mit meinen Handlungsarmen gegen die Brust. »Haben Sie etwa keine Unregelmäßigkeiten im Raum-Zeit-Gefüge festgestellt?«, brüllte ich. Mein Gesprächspartner zwinkerte mehrmals mit seinem gesunden Auge und nahm den Kopf leicht zurück.

»Diese Unregelmäßigkeiten sind einzig und allein dem Hypersturm geschuldet!«

»Sind sie das?«, fragte ich mit einem beabsichtigten süffisanten Unterton. Selbstverständlich hatte der Jaranoc recht. »Sie wären ein nachlässiger Geschwaderkommandant, wenn Sie die Wahrscheinlichkeit, dass Sie falsch lägen, nicht in Ihre Überlegungen einschlössen. Hören Sie an, was ich zu sagen habe!«

Turak Efrins Schnabelmund zitterte. Ein Schleimfaden löste sich. Mit einer unwirschen Bewegung der rechten Hand forderte mich der Jaranoc auf, fortzufahren.

»Ich danke Ihnen«, sagte ich feierlich. »Als Erstes spiele ich Ihnen eine Nachricht ab, die Ihnen möglicherweise bereits bekannt ist. Es ist mir aber wichtig, dass Sie sie an dieser Stelle unserer Verhandlung hören!«

Efrin reagierte nicht. Stillschweigend hatte er akzeptiert, dass wir offizielle »Verhandlungen« führten. Damit hatte ich einen ersten wichtigen diplomatischen Sieg errungen.

Ich nahm eine Schaltung vor und spielte die Aufzeichnung jener Botschaft ab, die Kardo Tarba nach dem Zweikampf mit Rekner Lurrio den Jaranoc hatte zukommen lassen.

»Rekner Lurrio ist im Zweikampf unterlegen. Er hat der Ehre genüge getan und einen fairen Kampf geliefert. Dennoch hat sich nun bewiesen, dass meine Botschaft an Sie wichtig und bedeutend ist. Deshalb möchte ich ihr noch etwas hinzufügen. Ich habe VATROX-VAMU aufgesucht, und er hat mich aus seinen Diensten entlassen! Ich bin frei, weil ich einem anderen Herren untertan sein muss und werde. Weil die Ehre es so verlangt. Als erster Jaranoc seit Ewigkeiten bin ich VATROX-VAMU nicht mehr verpflichtet. Dies ist der Beginn einer neuen Zeit. Einer Ära der Freiheit, die uns lange verwehrt wurde. Wir sind fähig, unsere eigenen Pläne zu schmieden – unsere eigenen Entscheidungen zu treffen!«

Währenddessen die Botschaft abgespielt wurde, überprüfte ich wiederholt die Geschehnisse auf der anderen Seite des PARALOX-ARSENALS. VATROX-VAMU griff gerade die Kunstwelt Wanderer an. Mir blieb nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass Perry Rhodan den Angriff abzuwehren verstand – wie er es bisher immer getan hatte.

»Deshalb hört gut zu!«, fuhr Tarba in seiner Botschaft fort. »Mit Rekner Lurrio ist auch die alte Anschauung der Dinge untergegangen. Sein Ende steht nicht für sich allein – es ist ein Symbol dafür, dass das Alte vergangen ist … seht, Neues ist geworden! Ich biete euch an, meinem Beispiel zu folgen! Sagt euch los von VATROX-VAMU, der euch in den Krieg führt! Eine neue Zeit wartet auch auf euch!«

»Was willst du mir damit sagen?«, fragte Efrin.

»Ich will Ihnen damit sagen, dass ich mich bald mit den anderen Silberkugeln zurückziehen werde und unsere Flotte Ihnen ihre Kapitulation vorschlagen wird!«

»Und was hat das mit der Botschaft zu tun?«

»Es bleibt Ihnen und Ihrem Ehrgefühl überlassen, ob Sie die Kapitulation annehmen wollen oder ob Sie eine Schlacht schlagen, die nicht die Ihre ist!«

Ich wusste ganz genau, dass die Entscheidung in Anthuresta nicht von der Schlacht zwischen Verteidigern und Jaranoc-Angreifern abhing, zumal Perry Rhodan mit den Silberkugeln nur das PARALOX-ARSENAL verteidigen wollte.

»Wo befindet sich Ihr Herr, VATROX-VAMU?«, fragte ich geradeheraus. Ich wusste, dass nun der gefährlichste Teil dieses Gesprächs folgte. Aus der chronologischen Abfolge der Dinge wusste ich, dass der Moment der bestgeeignete war.

Der Jaranoc reagierte nicht auf meine Frage.

»VATROX-VAMU lässt Sie seine Kriege führen, kümmert sich dabei aber überhaupt nicht um Sie!«, stieß ich aus. »Er setzt Sie ab am gefährlichsten Punkt des Schlachtfeldes. Sie sind durch die immensen Emissionen beeinträchtigt. Er überlässt Sie dem Schicksal …«

»Es ist nicht an dir zu beurteilen …«, brach es aus dem Jaranoc heraus.

»Damit haben Sie recht, Turak Efrin!«, unterbrach ich ihn brüsk. »Aber fällt Ihnen nicht auf, dass offenbar nicht alle dem Ehrenkodex der Jaranoc folgen? Weder ihr Herr noch die Jaranoc selbst!«

»Was erlaubst du dir?«, schrie Efrin.

»Betrachten wir noch einmal die Situation!«, gab ich zurück, während ich kurz die Gesamtsituation überprüfte. VATROX-VAMU war mit Wanderer beschäftigt. Das war perfekt für mich und meine Ziele. »Derzeit ist die stolze Flotte der Jaranoc nur bedingt manövrierfähig, weil sie von ihrem Herrn sich selbst überlassen wurde. Ein ehrloses Vorgehen – selbst für mich als Nicht-Jaranoc eindeutig zu bestimmen!«

Der Geschwaderkommandant öffnete den Schnabel und schloss ihn sogleich wieder, ohne ein Wort gesagt zu haben.

Barihch!«