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Nr. 188

 

OCCUNOSTA

 

von Hans Kneifel

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Mythors Weg auf der durch ALLUMEDDON veränderten Welt ist verschlungen. Da geht es um die Gründung von Inseln des Lichts und um die Abwehr von Invasionen durch Xatan und seine finsteren Horden. Es geht um das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie.

Und es geht schließlich um die drohende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um das BUCH DER ALBTRÄUME, deren einzelne Kapitel in Verstecken ruhen.

Diese Verstecke waren nicht sicher genug. Jedenfalls gelang es Trillum, dem Dämon, und Xatan, je ein Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME an sich zu bringen. Dann aber nimmt Gorgan, der Ewige Krieger, den Kampf mit dem Wolfling auf und bringt ihm eine schwere Schlappe bei.

Während Gorgan nun die Auseinandersetzung mit Vanga, seiner Intimfeindin, sucht, trachtet Mythor danach, das dritte Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME vor dem Zugriff Unberufener zu sichern.

Mythors Weg führt dabei von Tahokum zu den Ruinen von Ptaath und zum Hexenstern. Dort bildet sich der Kreis der Zaubermütter, und Vanga hat das Sagen.

Die Hexe lässt Mythor und Ilfa verfolgen. Der Mann und das Mädchen sind dem Tode nahe, als Rocara erscheint, die Traumbewahrerin. Sie leistet den Flüchtlingen Hilfe, denn ihr geht es um OCCUNOSTA ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor und Ilfa – Der Gorganer und seine Gefährtin auf der Flucht.

Rocara – Eine Traumbewahrerin.

Gherana – Kommandantin der Jellina.

Trillum – Der »Dreischreck« greift wieder ein.

Mhari und Lichtkind – Die Hexe und Mythors Tochter behüten OCCUNOSTA.

1.

 

Längst hatten sie den Regenbogendom und mindestens zwei Paläste hinter sich gelassen. Ihre verzweifelte Flucht ging weiter.

Vor Ilfa und Mythor baute sich ein gewaltiges Hindernis auf. Eine riesige dunkle Mauer, die zugleich mit eisiger Kälte eine Flut düsterer Gedanken und Visionen ausstrahlte. Mythor hatte diese Wand voller winziger, unregelmäßig angebrachter Fenster, gespickt mit Dutzenden schwarzer Kanzeln und Vorsprüngen, schon während seines Eindringens überwunden. Er wusste, welche Schwierigkeiten sich vor ihnen auftürmten.

Für einen langen Moment hielt er Ilfa an den Schultern fest und zog sie an sich.

»Wir werden es schaffen«, flüsterte Mythor schweißüberströmt. »Ich sage dir, wir erreichen die Jellina!«

Sie keuchten, und ihre Glieder zitterten. Einen rasenden Lauf hatten sie hinter sich. Seit Vanga regierte, würde es für Mythor den unausweichlichen Tod bedeuten, in einem Bauwerk des Hexensterns gefasst zu werden.

»Ich kann es nicht glauben«, antwortete Ilfa mit trockenen Lippen. »Wir müssen weiter, Liebster.«

»Natürlich. Hier – die Treppen. Wir müssen sie hinauf, bis nach ganz oben. Schau sie genau an. Die Hexen werden uns zu täuschen versuchen.«

»Ich verstehe«, sagte Ilfa leise und schüttelte sich. Dann begann sie wieder zu laufen. Nicht sehr schnell, denn die Rufe der Amazonen und Hexen klangen noch weit entfernt.

Mythor und Ilfa standen am Rand eines tiefen Abgrunds. Es war ein Riss, der von zwei unregelmäßigen Mauern gebildet wurde, von Mauern, die jede einen Palast abgrenzte. Zwischen ihnen spannte sich eine Brücke. Sie bestand aus schwarzem Stein, der höchst filigran bearbeitet war. Übergangslos führte sie von Mauer zu Mauer.

Mythor hetzte hinter Ilfa her.

Nur dreißig oder fünfunddreißig weite Schritte waren die beiden Mauern voneinander getrennt. Der Abgrund zwischen ihnen schien bis in das Herz der Welt hinabzuführen. Jeder weitere Schritt rief eine Anzahl wilder, neuer Schrecken hervor. Aus der Schwärze des Schluchtbodens kamen zugleich mit furchtbaren, ächzenden Schreien verschiedenfarbige Nebel hervor. Mythor und Ilfa rannten weiter. Der kurze Aufenthalt hatte ihnen einen Teil ihrer Kraft und Ausdauer zurückgegeben.

Blitze zuckten aus der Tiefe hervor, spalteten sich mehrfach, und ihre Enden schlugen in Erker und Türmchen ein. Ilfa und ihr Gefährte verschwanden in einem schwarzen Tor, in das die Oberfläche der Brücke mündete. Es war eine großartige, steinerne Landschaft einer Schreckensphantasie, durch die sie sich, klein wie Ameisen, bewegten.

Der Tunnel endete blind. Rechts begannen endlose Stufen. Die Schritte auf dem Stein riefen hallende, langgezogene Echos hervor. Stufe um Stufe ging es aufwärts, und nach drei Dutzend Stufen schwang sich die Treppe kühn an die Außenseite der gewaltigen Mauer hinaus.

Schräg aufwärts führte sie, bis zu einem Sims, das den Flüchtenden winzig klein erschien und unerreichbar weit oben war.

Ilfa sollte lebend gefangen werden. Mythor würde von den aufgebrachten Amazonen erschlagen werden. Das Luftschiff lag wohl noch immer an Zaems Zacke des Hexensterns, und Kommandantin Gherana würde in steigender Ungeduld warten.

Wie eine Leiter waren die Treppenstufen an die Mauer geheftet. Es gab kein Geländer, an dem man sich festhalten konnte. Schweigend und schnell kletterten die Flüchtenden höher und höher.

Warum habe ich nur abgelehnt, Zaubermutter zu werden?, fragte sich in steigender Verzweiflung Ilfa.

Durch die hintereinander gestaffelten Paläste müssen wir, sagte sich Mythor immer wieder. Sie sind voller Fallen und Labyrinthe, und die Hexen werden andere Trugbilder schaffen.

»An den Weg hierher erinnere ich mich immerhin noch«, murmelte er abgehackt und sah zu seinem Erstaunen, wie Ilfa auf dem kleinen Absatz, nicht größer als die Fläche eines Sattels, stehenblieb. Ihre Hand flog in den Nacken; raschelnd zog sie einen Pfeil aus dem Köcher.

Eine breite Bank purpurfarbenen Nebels kroch aus der Tiefe. Krachend und klirrend stießen die Blitze nach oben, und immer wieder erschienen in der Mauer kleine Trichter und Krater. Gesteinssplitter surrten umher, bösartig wie giftige Hornissen.

Der Lärm betäubte sie fast, aber Ilfa spannte in aller Ruhe ihren Bogen.

Als die erste Verfolgerin die Brücke betrat, heulte unhörbar ein Pfeil durch das Inferno aus Dampf und Blitzen. Er traf die Frau in die linke Schulter.

Die Verfolger liefen nicht mehr weiter. Sie scharten sich um die Amazone und versuchten, den Pfeil herauszuziehen. Mythor packte Ilfa am Handgelenk und zog sie weiter mit sich. Sie hatten wieder einen winzigen Vorsprung vor den anderen geschafft.

»Schneller! Sie werden uns Fallen stellen«, sagte Mythor entschlossen. »Jetzt sind sie wütend und hasserfüllt.«

»Du hast recht.«

Der zweite Teil der langen Stufenreihe war nicht ungefährlicher als das erste Stück. Wieder versuchten sie, mehrere Stufen auf einmal zu nehmen und entlang der Mauer so schnell wie möglich nach oben zu klettern. Bald keuchten sie wieder und rammten mit der Schulter die Ziegel der Mauer.

Das Tageslicht, das zwischen den Mauern in die Tiefe fiel, wurde von dem Rauch verschluckt. Das Knattern der Blitze übertönte alle Geräusche. Die lange Treppe verschwand nach dem nächsten Absatz wieder in dem Innenbereich des Palasts.

Zaems Palast, der Palast der Namenlosen, schien noch unendlich weit entfernt. Dahinter erst, hinter den Grundmauern des neuen Bauwerks, wartete die Freiheit.

Weder Mythor noch Ilfa hatten die Illusion, dass die Flucht leicht sein würde.

Sie hasteten jetzt durch einen leeren, hallenden Gang. Durch runde Öffnungen in der Decke fiel Licht herein. In den schrägen Lichtsäulen tanzte der schwarze Staub. Auch dieser Teil des verlassenen Palasts verströmte Kälte und die Düsternis toter Gedanken und verwunschener Träume. Jeder einzelne Schritt brach sich als mehrfaches Echo an den leeren Quaderwänden. Am Ende des Ganges zeichneten sich ein paar Säulen ab, dahinter ein Portal, das schief in den Angeln hing. Mythor erkannte seine eigenen Spuren in dem Staub vor sich. Und als er sich umdrehte, sah er, dass das Gewölbe erfüllt war vom aufgewirbelten feinen Staub.

»Wir werden mitten in die offenen Fallen laufen!«, rief Ilfa unterdrückt hinter seiner Schulter.

»Vielleicht erkennen wir sie rechtzeitig.«

Vier oder fünf Hexen hatten sich auf ihre Fährte gesetzt. Sie wurden von mehr als einem Dutzend Amazonen begleitet. Vielleicht zählten die Verfolger auch weitaus mehr. Mythor hatte sie einige Male nur von fern gesehen und nicht genau zählen können. Es war auch unwichtig; auf jeden Fall waren die Verfolger weitaus mächtiger als die zwei erschöpften Flüchtenden.

Überdies würden die Hexen keinen Augenblick lang zögern, ihre magischen Kräfte anzuwenden.

Warum sie es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht getan hatten, begriff Mythor nicht. Er war ohnehin dem Tode geweiht. Er würde sich – vielleicht half ihm der Helm der Gerechten – dann den Hexenkräften stellen, wenn es nottat.

Wie immer hatte er die Hoffnung, auch diese schlimmen Stunden lebend zu überstehen.

Nebeneinander erreichten sie das Ende des Gewölbegangs. Das Krachen der Blitze war leiser geworden. Nur noch dumpfe Schläge erschütterten die Mauern des wuchtigen, vielverzweigten und übereinandergetürmten Bauwerks.

Erst im letzten Moment erkannten Ilfa und Mythor weit vor sich zwei Angreifer. Sie liefen ebenso schnell wie sie selbst, aber sie kamen ihnen entgegen.

Mythors Gedanken wirbelten wild durcheinander. Einer der beiden war ein Mann! Kein Mann aber hatte Zutritt zu diesen Palästen.

Er duckte sich und rannte weiter. Seine Hand fuhr zum Schwertgriff. Hinter ihm keuchte Ilfa erschreckt auf. Nach zwanzig Schritten fuhr die Waffe aus der Scheide, und der Linkshänder vor Mythor tat dasselbe.

»Ilfa!«, rief Mythor. »Ein Spiegel. Ein Trugbild.«

Er warf sich zurück und hielt seinen rasenden Lauf auf. Sein Gegenüber tat dasselbe – das war der letzte Beweis. Langsam gingen Ilfa und Mythor weiter, und vor ihnen löste sich der Spiegel in wirbelnde Schatten auf.

»Das waren die Hexen«, sagte Ilfa und wischte den Schweiß aus ihrem Gesicht.

Sie durchquerten die grauen Nebelschwaden, zwischen denen jetzt eine Reihe schwarzer, glattpolierter Säulen auftauchte. Vor den Flüchtenden erstreckte sich ein runder Saal, zu dessen Boden eine Handvoll Stufen aus schwarzem Marmor hinunterführten. Durch eine kreisförmige und viele kleine, eckige Öffnungen kam strahlendes Licht herein. Es wurde von der kalten Schwärze aufgesogen, noch bevor es den Boden erreichte. Aber die vage Helligkeit genügte, um das Ausmaß dieser Halle erkennen zu lassen. Mythor machte an der obersten Stufe halt.

»Diesen Teil des Palasts kenne ich nicht«, stellte er enttäuscht fest.

»Wahrscheinlich ist jeder Weg gleich falsch oder gleich richtig«, meinte Ilfa mutlos.

»Weiter! Wir versuchen es!«, forderte Mythor seine Gefährtin auf.

Hinter sich hörten sie jetzt die Schreie, mit denen sich die Amazonen gegenseitig anfeuerten.

Wahrscheinlich befanden sich die Verfolger bereits in dem steinernen Korridor, den Mythor und Ilfa eben verlassen hatten. Mit großen Sprüngen, aber von der Anstrengung gezeichnet, liefen sie hinunter auf die spiegelnde schwarze Fläche.

Mhari, Gherana und Lichtkind warteten an Bord des Luftschiffs. Mu stand bereit, ihnen zu helfen.

Aber auch er würde sich nicht in die leeren Paläste hineinwagen. Nichts wusste er von Mythors verzweifelter Flucht. Er ahnte auch nichts von Ilfas Schicksal – ihn traf keinerlei Schuld, was auch immer geschah. Wieder hinterließen die Flüchtenden eine deutliche Doppelspur im schwarzen Staub. Ihre Aufregung verhinderte noch, dass die Ausstrahlung der Einsamkeit, die aus jeder Mauerfuge und jedem Quader sickerte, sie ergriff und lähmte. Aber bei zunehmender Müdigkeit würde sich auch diese Gefahr deutlicher zeigen.

Trockene Lippen, heißer Atem, Schmutz und Durst ... sie vergaßen alles und kletterten die Stufen wieder hinauf. Dort, hinter den Säulen, zeichnete sich ein helleres Tor ab, eine Öffnung, die irgendwohin führte.

»Verdammter Hexenstern!«, fluchte Mythor und schüttelte den Staub aus seinem langen Haar. Es war von Schweiß getränkt; einige Strähnen klebten an den Schläfen und im Nacken.

Einige Atemzüge lang hielt Mythor inne. Schließlich sagte er:

»Ein leerer Palast geht in den anderen über, ohne sichtbare Grenze. Ich weiß nicht mehr, wo ich bin.«

Er deutete geradeaus. Eine gewundene Treppe erstreckte sich jenseits der Halle. Sie war von Hunderten Säulen gesäumt und mit einem Fachwerk überdacht, das aus dicken Holzbalken gezimmert schien. Die Treppe führte durch einige Portale in ein würfelförmiges Gebäude hinein.

»Dort hinten ist das Ende der Zacke«, meinte Ilfa. »Wir sind stets geradeaus gerannt.«

»Nichts anderes bleibt uns übrig.«

Sie betraten die Treppe. Hinter ihnen war es verdächtig still. Stufe um Stufe ging es abwärts. Zweimal erhaschten sie zwischen Türmen, Mauerflanken oder Balustraden hindurch einen Blick auf das ferne Ende der Zacke. Aber sie erkannten nur schemenhaft andere Gebäudeteile, halb verborgen im Dunst, dahinter noch undeutlicher Formen des flachen Landes und Wolken. Aber der Ausblick bestärkte sie in ihrer Sicherheit, dass sie in die rettende Richtung flohen.

In der Mitte der Treppe merkten sie, dass die Stufen nach rechts führten, dass es dunkler wurde, und dass die Säulen enger standen. Sie brachten noch rund hundert steinerne Stufen hinter sich, dann wurde aus der Treppe ein gerader Gang. Er führte durch einen Park, einen verwüsteten und verdorrten Garten.

Knorrige Bäume mit grauen, blattlosen Ästen schoben dünne, brüchige Zweige durch die Säulen. An den Stämmen und den Säulen hatten sich einst blühende Ranken hochgewunden. Jetzt waren sie vertrocknet und brachen durch den Luftzug in braunen, krümeligen Staub. Blumen lagen verdorrt am Boden, pergamenttrockene Blätter raschelten unter den Fußtritten. Die Kolonnade zeigte geradeaus, auf eines der einst prunkvollen Portale zu. Riesige Vorhänge baumelten in verstaubten, zerrissenen Fahnen abwärts und bewegten sich in einem kalten Windhauch. Mythor und Ilfa stürmten weiter, denn es war das Sicherste, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und die Verfolger zu bringen.

Mythor spürte die Anstrengungen in seinen Muskeln. Sein Atem ging keuchend, die Lungen brannten. Aber er zwang sich, nicht stehenzubleiben und Ilfa an der Hand mit sich zu ziehen. Sie wechselten kein Wort miteinander, um ihren Atem zu sparen. Aber immer wieder wandten sie sich kurz um und suchten mit den Augen ihre Verfolger.

Dann verließen sie den verlorenen Park, duckten sich unter den Fetzen des schweren Stoffes und tauchten in eine Reihe dämmeriger Säle ein. Die linke Seite dieser Hallen mit gewölbten Decken bestand aus Fenstern und Toröffnungen, vor denen abermals Säulenpaare standen.

War es ein Trugbild? Sahen sie die Wirklichkeit?

Hinter den Fenstern ging es fast senkrecht abwärts. Der Boden schien unglaublich weit entfernt. Aber auf dieser Seite gab es keine Mauern mehr, keine Gebäude. Der Fuß dieses Bauwerks mündete in hügelige Landschaft der Zaem-Zacke.

Durch leere Räume eilten sie weiter. Irgendwo stießen Vögel kreischende Schreie aus. Ein Tor zeigte sich am Ende dieser Flucht aus Hallen und Zimmern, Gängen und Kammern. Alles war trostlos, grau, öde und schien tausend Jahre alt zu sein.

Der Schwung ihrer Schritte trug sie eine kurze Treppe hinauf.

Sie stolperten weiter, auf purpurfarbene Vorhänge zu. Vor ihnen rauschte der Stoff zur Seite – schwarze Säulen erschienen, schwarze, gekrümmte Stufen und in ihrem Mittelpunkt jene schwarzpolierte Fläche der runden Halle, die sie eben verlassen hatten.

Genau über der großen Öffnung der Decke hing ein feuerroter, narbenübersäter Mond. Er tauchte ungefähr zwanzig Amazonen und drei einzelne Gestalten in sein gefährliches Licht.

»Zurück«, keuchte Mythor auf.

Sie waren schon vier oder sechs Stufen hinuntergesprungen.

Ein Chor wütender Frauenstimmen schlug ihnen entgegen. Mythor wirbelte herum und riss Ilfa mit sich. Das Ende ihres Bogens traf ihn schmerzhaft am Kinn.

»Im Kreis gerannt ...«, stammelte sie. Sie zog die Luft pfeifend in die Lungen.

»Magie!«, sagte Mythor und rannte die Stufen wieder aufwärts. »Eine Falle.«

Es war schlau eingefädelt, sagte er sich. Die Hexen hatten ihnen eine Illusion vorgegaukelt, die so vollkommen war, dass er trotz des wunderbaren Helmes die Wirklichkeit nicht vom Schein unterscheiden konnte. Also waren sie an irgendeiner Stelle in die falsche Richtung gerannt und zum Ausgangspunkt zurückgekommen. Hierher, in die Halle.

»Komm mit mir. Ein anderer Ausgang ...«, rief Mythor unterdrückt und zog seine Freundin mit sich.

Er hatte, etwa dreißig Schritte entfernt, einen schmalen Durchgang erspäht. Auch er war hinter einem Gewirr von Säulen halb versteckt. Das war die Rettung!

Im Zickzack wanden sie sich zwischen den Säulen hindurch und sprangen förmlich durch die kantige Öffnung der schwarzen Mauern. Unter ihnen erscholl ein Wutgeheul. Die Amazonen stürmten in breiter Linie die Stufen hinauf.

Die Pforte führte auf eine Galerie hinaus, die seitlich der Dächer und auf den Kronen breiter Mauerstücke verlief.

In den Winkeln des steinernen, von Zinnen gesäumten Ganges lagen Reste körnigen Schnees. Einige Bodenplatten waren von einer dünnen Eisschicht bedeckt. Mythor und Ilfa hatten keine Augen für die Umgebung – wieder liefen sie um ihr Leben.