„Deine Schatztruhe der Erfahrungen füllt sich
von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag.
Sie bildet einen Reichtum, der mit nichts vergleichbar ist.
Würdest du all deine Erfahrungen und Erlebnisse
in Geld umtauschen, wärst du zwar ein reicher Mann,
aber in deiner Gefühlswelt wärst du bettelarm.
Teile deinen Schatz der Erfahrungen und Geschichten
mit den Menschen. Sei nicht geizig damit.
Alles, was du gibst, bekommst du zurück.
Das ist unser Gesetz.“

Mutter Erde

Für meine geliebte Tanja, die für mich die Wärme der Sonne und das Licht des Lebens bedeutet, und Brigitte und Carsten, meine geliebten Eltern.

Inhalt

Vorbemerkungen:

Unbekanntes, gefährliches Russland?

Erklärung der großen Reise

Deutschland:

Tag 01 Aus Fiktion wird Wirklichkeit

Tag 02 Wissen Sie überhaupt, wo Burma liegt?

Tag 03 Krise schon am dritten Tag!

Tag 04 Ein versöhnlicher Morgen

Tag 05 Trubel auf dem Campingplatz

Tag 06 Paradiesische Ufer

Tag 07 Berauschende Talfahrt

Tag 08-14 Erholungsphase und Verbesserung der Radtechnik

Tag 15 Leere im Kopf und Frust

Wieder unterwegs

Tag 16 Bauerncamp

Tag 17 Rennfahrt Richtung Schlammbad

Tag 18 An der Donau

Tag 19-21 Begegnungen mit Land und Leuten

Tag 22 Gewitterfront

Tag 23 Jauchedusche

Tag 24 Gegenwind

Tag 25 Eigenartiger Besuch

Tag 26 Mount Everest

Tag 27-29 Dauerregen

Tag 30 Aufflammende Zwiegespräche mit Mutter Erde?

Erklärungsversuch der Zwiegespräche

Tag 31 Eine Fahrt im goldenen Ei

Duschakrobatik

Tag 32 Hungrige Fluten

Das erste Bett

Tag 33 Zwangsurlaub

Tag 34 Ich fühle mich wie neugeboren

Tag 35 Gute Tipps und schlechte Zähne

Österreich:

Tag 36 Rekordstrecke und Besuch bei Freunden

Kirchturmglocken

Tag 37 Tanjas Geburtstag

Tag 38-40 Stolz auf meinen Freund

Tag 41 Ruft uns das schwarze Meer?

Tag 42 Selbstzweifel und Bestätigung

Letzte Vorbereitungen vor dem Aufbruch

Ärgerlicher Versicherungsfall

Unterwegs

Tag 43 Müde

Tag 44 Neuer Rekord

Tag 45 Kamelreitschule

Tag 46 Kameltreiben im Privatwald

Das Brüllen des Löwen

Entfesselte Kraft

Tag 47-50 Mittelpunkt eines Weltreiches

Tag 51 Ungarn ruft

Tag 52 Schlechter Plan für gute Fotos

Tag 53 Motivationstraining mit Hexenschuss

Tag 54 Kurz vor der Grenze

Tag 55 Schnell umdisponiert

Slowakei:

Tag 56 Schlagartige Veränderung

Tag 57-58 Moskitoinvasion

Tag 59 Miese Laune trotz günstiger Umstände

Das Verstehen des Wasserfalls

Ungarn:

Tag 60 Erste Eindrücke von Ungarn

Brutale Fahrt nach Budapest

Tag 61 Als Traveller in Budapest

Tag 62 Ticketkontrolle

Tag 63 Verkehrswahn

Tag 64 Ungarn zaubert sich aus dem Hut

Tag 65 Ein Walross in der Therme

Tag 66 Wertvolle Gespräche und rumänischer Schnaps

Tag 67-68 Ungarisches Fernsehen

Tag 69 Einheimische öffnen ihr Herz

Tag 70 Viel Gastfreundschaft und Teamgeist

Das Hotelsuchteam

Serbien:

Tag 71 Serbien empfängt uns mit offenen Armen

Inspirierende Atmosphäre

Tag 72 Flanieren durch Subotica

Der Tanzlehrer Davor Dulic

Tag 73 100 Kilometer Gegenwind

Tag 74 Unter Truckern

Tag 75 Belgrad

Tag 76 Sturmböen

Tag 77 Erleichterndes Lachen

Tag 78 Rocky Spezial

Rumänien:

Tag 79 Karpaten

Tag 80 Atemberaubend schöne Uferstraße

Tag 81 Tanja stürzt

Tag 82 Berge

Wolkenbruch

Diebe

Tag 83-85 Hotel Dracula

Tag 86 Glück gehabt

Tag 87 Rekordstrecke und Horrortrip durch die Nacht

Tag 88-89 Kurzzeitparadies

Tag 90-92 Goldener Herbst zum Abschied

Tag 93 Wir vermissen die Natur

Kleine Spendenaktion

Tag 94 Korrupte Beamte

Raubende Banditen

Deutschland:

Tag 95 Man muss nicht reisen, um vom Leben geprägt zu werden!

Aufbruch zur zweiten Etappe Rumänien:

Tag 96-97 Deja-vu-Erlebnis

Tag 98 Ehemaliger Glanz! Gefährliches Fotografieren!

Tag 99-100 Pläne schmieden, schnüffelnde Straßenkinder

Tag 101 Ein Schlag in den Rücken

Mit dem Fahrrad auf der Autobahn?

Zu Gast bei einem Engel

Tag 102 Was ist, wenn ich an einem einsamen Ort einfach zusammenbreche?

Tag 103 Ein Alptraum wird Realität

Wir müssen unsere Reise abbrechen!

Entblößt und erniedrigt

Gedanken an den Tod kommen auf

Tag 104 Mit Blaulicht ins Krankenhaus

Blut an der Wand

Tag 105 Einer Horde blutrünstiger Hyänen entkommen

Tag 106 Schwerer Bandscheibenvorfall

Tag 107-110 Langes Zögern

Tag 111 Operation

Tag 112 Zweite Geburt

Tag 113-117 Die Sonne scheint wieder für mich

Anhang:

Epilog

Resümee

Weitere Pläne

Danksagung

Danksagung Sponsoren

Danksagung Ausrüster

Danksagung Partner

Ausrüstung

Präsentation unserer Partner

ARTIACH Deutschland GmbH

Brettschneider Fernreisebedarf

GDC Graphics – design – conception

Hauser Exkursionen International

Leica Camera AG

Rapunzel Naturkost AG

Riese und müller GmbH

Rohloff AG

Simpert Reiter GmbH

Sanatur GmbH

ZARGES GmbH & Co KG

Buch Red-Earth-Expedition Teil 1

Unbekanntes, gefährliches Russland?

„Sie werden euch erschlagen, zerstückeln und vergraben“, erzählte uns die russischstämmige Putzfrau unseres Fitnesscenters. Ein guter Freund warnte uns mit wissendem Blick: „Was wollt ihr? Mit dem Fahrrad durch Russland fahren? Ihr seid ja verrückt! Die Mafia wird euch ausrauben und umbringen!“ Andere wohlmeinende Kommentare gingen in Richtung wie: „Die können dort alles gebrauchen und werden euch die Räder unterm Hintern wegstehlen“. Wir wurden nachdenklich - haben wir uns auf ein zu riskantes Vorhaben eingelassen?

Und es hörte nicht auf: „Nach Russland und Sibirien? Mein Gott, wie wollt ihr die Kälte überleben?“, bekamen wir des Öfteren zu hören. Oder Statements wie: „Passt bloß in den Städten auf. Die Kriminalität dort ist geradezu unglaublich“, brachten unsere festen Vorsätze ins Wanken. Es war ja auch kein Pappenstiel, den wir uns vorgenommen hatten: Wir wollten 25.000km mit dem Fahrrad von Deutschland über Österreich, die Slowakei, Ungarn, Serbien, Rumänien, die Ukraine, Russland, Sibirien, die Mongolei bis nach China radeln und schließlich auf einem Elefanten Burma erkunden.

Es nahm kein Ende: „Wisst ihr, dass Moskau die teuerste Stadt der Welt ist? Auch die anderen Städte in Russland sollen unglaublich teuer sein. 200 bis 400 Euro pro Nacht könnt ihr schon mal einkalkulieren. Wie wollt ihr das finanzieren? Also, ich würde mir das noch mal überlegen“, war die skeptische Einstellung eines guten Freundes.

Auch auf professioneller Seite stießen wir auf Unverständnis: „Was, mit dem Fahrrad durch Russland? Das ist unmöglich“, stellte die Dame in der Visabehörde sofort fest. „Aber es soll schon erfolgreiche Fahrradreisen durch Russland gegeben haben“, wand ich vorsichtig ein und fügte hinzu: „Alles ist machbar, wenn man nur will.“ Entnervtes Schnaufen durch die Leitung: „Ihrer Willenskraft alle Ehre, ich befürchte aber, dass Sie nicht wissen, wovon Sie sprechen. Aber gut - wenn Sie unbedingt Ihren Kopf durchsetzen wollen, benötige ich von Ihnen die genaue Route. Einige Bereiche des Landes sind für Ausländer gesperrt. Da dürfen Sie nicht hin. Verstehen Sie? Militärische Sperrgebiete! Es wäre nicht gut, wenn man Sie dort erwischt. Wenn ich von Ihnen die exakte Routenplanung bekomme, werde ich bei unseren Kontaktadressen nachfragen, welche Art von Visa für Sie in Frage kommt.“

Meine Beharrlichkeit zeigte langsam Wirkung. Nach längerem Hin und Her erfuhr ich, dass unsere geplante Russlandetappe der Trans-Ost-Expedition schon alleine an der benötigten Länge der Visa scheitern würde. Meiner Planung nach würden wir mit dem Rad mindestens ein Jahr allein durch Russland bis zur mongolischen Grenze unterwegs sein. Außerdem wäre da noch der zugefrorene Baikalsee, den wir im Winter mit den Rädern überqueren wollen, ganz zu schweigen vom Pferderitt bis zur sibirischen Taiga im Norden der Mongolei. Dort leben die Tsaatan - ein Volksstamm, der noch heute Lasten mit Rentieren transportiert.

Trotz aller Horrorgeschichten blieben wir weiter standhaft, doch die wohlmeinenden Ratschläge nahmen kein Ende: „In Russland darf man nicht zelten, sondern muss sich jede Nacht in einem Hotel registrieren lassen.“ Oder: „Auf meiner Russlandtour sind mir mitten im Wald schwer bewaffnete Gestalten begegnet. Zum Glück konnte ich gute Kontakte zur Mafia vorweisen und es lief auf ein Wodkabesäufnis hinaus.“ Und weiter: „Passt bloß auf die Zecken auf. Die sind noch viel gefährlicher als die Mafia. Es dürfte unmöglich sein, auf eurer Tour von der Borreliose (Lyme Krankheit) verschont zu bleiben. Stellt euch schon mal auf die Symptome ein: Rheuma, Lähmungen der Gesichtsnerven, Herzmuskel- und Rückenmarksentzündungen und Gelenkzerfall. Der gesamte Osten ist mit Zecken verseucht!“ Wir mussten uns zunehmend fragen, ob es nicht wirklich unverantwortlich ist, trotz aller Ratschläge und Warnungen in ein von Zecken, Moskitos, Fliegen und der Mafia geplagtes Land zu reisen. Ganz zu schweigen von den unendlich vielen Vorschriften, die sich uns in den Weg stellten.

Aber Tanja und ich ließen uns nicht klein kriegen. Viele der Warnungen hatten mit Sicherheit einen wahren Hintergrund. Doch konnten wir die Vorurteile nicht teilen, dass Russland nur von Unmenschen, Kriminellen und Geziefer bewohnt sein soll. Letztendlich ist es wie vor jeder Expedition: Unsere Mitmenschen warnen uns aus purer Angst, uns zu verlieren. Manche wissen, wovon sie sprechen, doch die meisten erlangen ihr Wissen von anderen und aus den Medien, also sind ihre Aussagen selten fundiert. Oft ist es auch so, dass manche Menschen grundsätzlich Schwierigkeiten damit haben, wenn ihnen Nahestehende den gemeinsamen Lebensraum verlassen, um in der großen weiten Welt nach Abenteuern und Erfahrungen zu suchen.

Manchmal kommt es mir so vor, als gälte der Spruch: „Wenn ich es nicht schaffe, mich von meinen täglichen Verpflichtungen zu lösen, dann soll es Dir auch nicht gelingen.“ Wir machen es uns gegenseitig nicht leicht, den gewohnten Rhythmus aufzugeben oder den eingefahrenen Lebensraum zu verlassen. Doch gerade darin liegt für Tanja und mich der Reiz! Wir wollen die Freude, das Neue, das Lernen am eigenen Leib erleben und dabei vor allem Erfahrungen sammeln, die weit entfernt von jeglicher Oberflächlichkeit liegen. Wir sind auf der Suche nach den Tiefen des eigenen „Ichs“, der eigenen „Seele“ – im Einklang mit der Natur.

Es geht dabei auch immer um mehr als um unser kleines „Ich“. Beim Reisen wollen wir Vorurteile abbauen. Die Menschen zu Hause, die sagen: „Die dort drüben auf der anderen Seite der Grenze sind gefährlich“, wollen wir durch unsere Erfahrungen eines Besseren belehren. Wenn wir trotz aller Warnungen auf der anderen Seite angekommen sind, wird einsehbar, dass die Menschen, denen wir begegnet sind, uns nicht betrogen, beraubt oder gar erschossen haben. Es ist doch so: Jeder schimpft gern auf jeden und die eigene Kultur oder Religion ist immer die Beste. Doch so leicht darf man es sich nicht machen! Schon während unserer Nachforschungen und Vorbereitungen hörten wir viel Gutes über die Länder im Osten. Über die herzliche Gastfreundschaft, die Hilfsbereitschaft, die Freundlichkeit, die Lebensfreude, die fantastischen Landschaften und vieles mehr.

Mit unserer großen Reise möchten Tanja und ich Brücken zwischen Kulturen und Ländern bauen. Wir möchten aufklären und Missverständnisse ausräumen. Besonders liegt es uns am Herzen, auf Mutter Erde aufmerksam zu machen. Der Planet, auf dem wir leben, ist selbst lebendig, er ist keine tote Materie und deshalb absolut schützenswert! Unsere Kinder sollen morgen noch Bäume sehen und Vögel zwitschern hören können. Für uns gibt es nichts Schöneres und Sinnvolleres, als mit unserem Lebensprojekt, der 30-jährigen Expedition (Die große Reise), aus unserer persönlichen Sicht über Menschen und Kulturen zu berichten, die sonst kaum wahrgenommen werden. Wir möchten unsere Leser so authentisch wie möglich an unserer Lebensgeschichte und den damit verbundenen Abenteuern und Erfahrungen teilhaben lassen. Vor allem wollen wir stellvertretend für Menschen unterwegs sein, die in ihrem Leben, aus welchen Gründen auch immer, nicht reisen können. Es beglückt uns, ein positives Steinchen im Mosaik des Lebens sein zu dürfen.

Erklärung der großen Reise

Nach einem längeren Aufenthalt in Deutschland und nicht enden wollenden Vorbereitungen soll unsere große Reise jetzt endlich wieder weitergehen. Bevor ich aber von unseren neuesten Erlebnissen berichte, liegt es mir am Herzen, denjenigen, die bislang noch nichts von uns gehört oder gelesen haben, unser Projekt zu erklären:

30 Jahre lang wollen wir auf dem Land- und Seeweg von Deutschland bis nach Südamerika reisen, und zwar mit landesüblichen Verkehrsmitteln. In den letzten 16 Jahren waren wir mehrmals über mehrere Monate, manchmal bis zu zwei Jahre am Stück unterwegs. Spätestens nach zwei Jahren Reise müssen wir aber immer wieder nach Deutschland zurück, um den Kontakt zu unseren Sponsoren, zu den Medien und vor allem zu unserer Familie nicht zu verlieren. Wenn wir dann die sozialen Beziehungen wieder aufgefrischt, die Finanzierung und vieles weitere Organisatorische geklärt haben, begeben wir uns wieder genau an den Ort, an dem wir zuletzt unser Lebensprojekt unterbrochen hatten und setzen von dort aus unsere Expeditionsreise fort. So soll im Laufe der Jahrzehnte die längste dokumentierte Expedition der Geschichte entstehen. Durch die wichtigen Zwischenaufenthalte in Deutschland wird die 30jährige Expedition, die unter dem Namen „Die große Reise“ bekannt ist, entschieden länger als 30 Jahre dauern. Unser ganzes Leben fließt hier ein.

Natürlich können wir nicht wissen, ob wir unseren Traum - die längste dokumentierte Expedition der Geschichte -je verwirklichen können. Das hängt nicht von uns allein ab - viele Aspekte und Unwägbarkeiten spielen hier mit hinein. Eine wichtige Voraussetzung ist natürlich, dass Tanja und ich unsere gemeinsamen Interessen bewahren und über die Jahrzehnte hinweg beide das gleiche Ziel verfolgen. Enorm wichtig ist auch die Gesundheit, die uns nicht im Stich lassen darf. Auch hatten wir immer wieder Unfälle oder Überfälle, ja sogar Naturkatastrophen oder sonstige Schicksalsschläge zu überstehen. Natürlich dürfen wir bei alledem auch nicht die Lust, die Energie, den Willen, die Kraft und unsere Zuversicht verlieren. Ganz „nebenbei“ muss auch die Finanzierung geregelt sein. Angesichts knapper Budgets ist es schon ein spannendes Abenteuer für sich, die richtigen Förderer zu finden, die zu uns passen, sie dauerhaft für unser Projekt zu begeistern und sie auch langfristig an unserer Expedition teilhaben zu lassen.

Alles in allem ist heute nicht absehbar, was morgen sein wird. Von Anfang an haben wir unsere Lust an der großen Reise, am Entdecken und Forschen nicht verloren - am wenigsten die Liebe zu den Menschen und zur Mutter Erde. Ungebremst und vielleicht mehr denn je suchen wir das Unbekannte, um jeden Tag mehr und mehr Teil eines großen Ganzen zu werden.

Oft werden wir gefragt, ob es uns schwer fällt, nach den langen Reisen wieder in unser Heimatland zurückzukommen. Die Antwort ist eindeutig: Nein! Wir fahren immer wieder gerne nach Hause. Allerdings müssen wir zunehmend feststellen, dass uns lange Abwesenheiten von unserer eigenen Kultur entfremden. Nicht die Sprache ist es, sondern die veränderte Denkweise. Doch den Kontakt zu unseren kulturellen und auch sozialen Wurzeln werden wir sicher nie verlieren, zumal wir daran arbeiten, Brücken der gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz zu bauen.

Seit 1991 sind wir jetzt schon auf unserer großen Reise unterwegs und haben dabei 266.000 Reisekilometern zurückgelegt - die Flüge nicht mitgerechnet. Das sind Hunderte unvergessliche Erlebnisse. Vor allem unsere letzte Expedition „7.000 Kilometer zu Fuß und mit Kamelen durch Australien“ bleibt für immer in unserem Gedächtnis.

Mit Spannung, Neugier und Erwartung tauschen wir nun das erste Mal in unserem Leben die uns vertrauten Pferdesättel, Kamelsättel oder die Hauda, also den Lastensattel eines Elefanten, mit dem Fahrradsattel. Für viele ist das Fahrradfahren nichts Besonderes, doch für uns stellt es eine neue Herausforderung dar. Das letzte Mal bin ich als Jugendlicher Rad gefahren und jetzt wollen wir gleich 25.000 Kilometer auf dem Drahtesel zurücklegen. Radfahren - besonders auf langen Strecken - ist etwas völlig Neues für uns. Alles, was wir zuvor auf Kamelen geladen hatten, müssen wir jetzt in Satteltaschen und auf einem Radanhänger verstauen. Da wir in Sibirien, vor allem in der Mongolei, für Wochen nur schwer an Lebensmittel kommen werden, laden wir bis zu 25 Kilogramm Nahrung und warme Zusatzkleidung auf Tanjas Anhänger. Mein Anhänger ist für die Technik zur Live-Berichterstattung ausgelastet: Mit Batterie, Solarpaddel, Laptop, Satellitentelefon, wichtigen Kabeln, Speicherchips, CDs und anderen Kleinigkeiten bringt er ca. 56 Kilogramm auf die Waage.

Nach dem Wiegen der Satteltaschen und der Räder trifft uns fast der Schlag: Mein Fahrrad wiegt mit Hänger knapp 110 Kilogramm, Tanjas Rad knapp 88 Kilogramm. Ein ungeheures Gewicht und für Fahrradprofis unverständlich: „Mit so einem Übergewicht möchte ich nicht mal für viel Geld unterwegs sein“, bekommen wir zu hören. Oder: „Wisst ihr überhaupt, was ihr da vorhabt? In Russland gibt es nur selten Asphaltstraßen. Eure Räder werden mit dem Gewicht im Matsch versinken. Ihr werdet schon nach den ersten Tagen alles Überflüssige nach Hause schicken!“ „Wir haben nichts Überflüssiges dabei“, korrigiere ich und werde im Gegenzug mit weiteren Realitäten konfrontiert: „Mit diesem ganzen Technikkram kommt ihr nicht den kleinsten Berg hinauf.“ Aber was sollen wir tun? Wenn wir über unser Abenteuer berichten wollen, haben wir keine andere Chance. Die Technik alleine - inklusive Kameras - wiegt knapp 40 Kilogramm. Ohne diesen Ballast können wir keine Diashows vorbereiten, keine Bücher schreiben und keine Live-Berichterstattung durchführen.

Gerne würden wir mit deutlich geringerem Gewicht reisen. Es würde vieles erleichtern. Auf der anderen Seite aber ist gerade die Dokumentation unserer Abenteuer eine Herausforderung, der wir uns schon seit Jahren stellen. Wir werden sehen, wie weit wir mit unserem technisch bedingten Übergewicht kommen und was wir womöglich durch diese zugegebenermaßen unpraktische und unkonventionelle Form des Reisens erleben.

„Warum argwöhnst du so viel?
Verkrampfe nicht.
Hab Vertrauen in dich und deine Zukunft.
Vor allem lasse zu, was nicht zu ändern ist.
Wehr dich nicht dagegen.
Lass es fließen und du wirst sehen:
Dein Leben wird leichter werden!“

Mutter Erde

Aus Fiktion wird Wirklichkeit

Deutschland
Tag 01
Camp 01
55 Kilometer
Ort: Park Camping
Breitengrad 47° 32’195”
Längengrad 009°43’858”

„Allmächd, das Wasser fließt unter unserem Innenzelt durch!“, rufe ich entsetzt und richte den Lichtstrahl meiner Stirnlampe auf das unwillkommene Nass. „Die Zeltnähte sind auch nicht dicht. Du hättest sie letzte Woche doch noch versiegeln sollen“, bemerkt Tanja erstaunlich gefasst. Der dunkle Himmel bebt in tiefem Grollen. Lichtfetzen erhellen für Sekundenbruchteile unser Zeltinneres. Ein für den Bodensee nicht seltenes Sommergewitter bricht mit aller Gewalt aus und über uns hernieder. Starke Windböen reißen an der Außenhaut unserer neuen Behausung. Wuuuummmm! Donnert es in immer kürzeren Abständen. „Das kann doch nicht sein, dass wir gleich in der ersten Nacht absaufen!“, ärgere ich mich und schnappe mir die Tube mit dem Nahtabdichter. Im Vorbereitungsstress unserer Trans-Ost-Expedition hatte ich das Abdichten der Zeltnähte vergessen. Es hilft nichts - trotz der Nässe schmiere ich die Dichtungsmasse auf die Nähte und hoffe, dass sie eine Verbindung mit der Zeltbahn eingeht.

Von den ersten 35 Radkilometern und den Anstrengungen der letzten Tage geschafft, lege ich mich dann neben Tanja auf die Isomatte und beobachte das grelle Aufzucken der Blitze. Nahezu ungebremst dringt das gleißende Licht durch den Zeltstoff. Die Luft ist warm und feucht. Sie liegt wie eine dichte Masse auf unseren Körpern. Im Zucken der Blitze sehe ich die wenigen Ausrüstungsgegenstände, die wir zum Schutz vor dem Gewitter im Innenzelt verstaut haben. Ab jetzt beginnt also wieder ein neuer Lebensabschnitt, denke ich und weiß nicht, ob mir diese Perspektive wirklich gefällt.

Vorgestern waren wir noch auf der Outdoormesse in Friedrichshafen und stellten bei verschiedenen Pressekonferenzen und während einer Show unsere Trans-Ost-Expedition vor. Bis dahin war alles nur in unseren Köpfen - eine Fiktion, ein Wunschbild auf einer weiteren Etappe der großen Reise. Monate hatten wir an unserer Idee gefeilt und die Zeit ist rasend schnell vergangen. Jetzt also liege ich hier im nassen Zelt, ärgere mich über die undichten Nähte und über mich selbst. Wieder einmal sind wir der Natur ausgesetzt. Auch wenn wir hier auf einem Zeltplatz bei Lindau nicht wirklich bedroht sind, ist die Realität im Augenblick nicht angenehm.

Noch ein Interview für N24 und dann geht’s los.
Noch ein Interview für N24 und dann geht’s los.

Gleich am ersten Tag nach der Messe wollten wir aufbrechen. Wegen der anhaltenden Regenfälle sind wir dann aber doch einen Tag länger bei unseren liebenswerten Gastgebern, der Familie Bodenmüller, geblieben. Aber auch am Montag, also heute, hat es unaufhörlich weitergeregnet. „Ihr könnt gerne noch eine Nacht in unserer Ferienwohnung bleiben“, bot uns Ingrid Bodenmüller an. Beinahe wären wir auf ihre verlockende Einladung eingegangen, zu schön war die Vorstellung von netten Gesprächen im Trockenen, dazu eine leckere Vesper und ein paar Bier. Doch Tanja und ich sahen uns an und waren uns einig: Wenn wir uns schon jetzt von dem bisschen Regen einschüchtern lassen, wie wollen wir dann einen ganzen Winter in Sibirien überleben? Auch wenn bis dahin noch ein Jahr vergehen wird, müssen wir uns überwinden - mag es am Anfang noch so schwer fallen. Ab sofort müssen wir die Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten der Zivilisation über Bord werfen. Die Fortsetzung unserer Reise beginnt. Ingrids Mann Alfred hat uns noch mit seinem Fahrrad ein wenig begleitet. Wenn ihn das Unwetter nicht von seinem Fahrrad gespült hat, müsste er mittlerweile wieder daheim sein. Ich lausche den Regentropfen, wie sie mittlerweile weitaus weniger bedrohlich - fast schon freundlich - auf die Zeltbahn trommeln.

1 Nürnberger Ausdruck für „Oh Gott”

Wissen Sie überhaupt, wo Burma liegt?

Am frühen Morgen spielt der Regen ein Trommelkonzert auf unserer Zeltbahn. Nacktschnecken kriechen im Innenzelt, auf den Ortliebtaschen und unseren Schuhen herum. Sie hinterlassen klitschige Streifen und sind bei der Feuchtigkeit ganz in ihrem Element. „Auwei, das fängt ja gut an“, Tanjas schläfrige Stimme mischt sich in das Stakkato des Regens ein. „Wenn´s weiter so schüttet, bekommen mich hier keine zehn Pferde raus“, murre ich und drehe mich demonstrativ zur Seite. Um 10:00 Uhr hört es zu regnen auf. Dunkle Wolken ziehen gespenstisch über uns hinweg. „Wir sollten jetzt weiterfahren“, gibt uns Tanja einen Ruck. Zwei Stunden später haben wir unser gesamtes Hab und Gut auf den Rädern und Anhängern verstaut. Noch finden wir nicht die optimale Gepäckverteilung und brauchen viel zu lange. Bald aber werden wir wie im Schlaf wissen, welcher Ausrüstungsgegenstand in welcher Tasche seinen Platz hat.

Unsere Räder schnurren mit ca. 10 bis 15 Stundenkilometern über den wunderschönen Radweg. Obwohl das ziemlich langsam ist, müssen wir uns richtig anstrengen. „Hast du auch schon Muskelkater?“ frage ich Tanja. „Na klar. Ich glaube, wir hätten vorher doch etwas mehr trainieren sollen“, antwortet sie schnaufend. „Ich mag gar nicht daran denken, wie wir mit unserem Monstergepäck am ersten Hügel hängen bleiben“, beginne ich mir unser kommendes Leid auszumalen. Doch schon bald verfliegen die dunklen Gedanken. Ich muss mich auf den Verkehr konzentrieren. Unentwegt kommen uns Radfahrer entgegen. Wir sind überrascht, wie frequentiert diese Strecke ist.

Eigentlich liegt der Bodensee ja nicht auf dem direktesten Weg nach Burma. Da wir aber wegen der Pressekonferenzen sowieso in Friedrichshafen waren, dachte ich, es wäre eine gute Idee, unseren Trip langsam angehen zu lassen und diesen bekannten Radweg um das Schwäbische Meer als Trainingsetappe zu beginnen. Da lacht jeder eingefleischte Radfahrer, aber für uns Neulinge, vor allem mit den schwer beladenen Anhängern, ist das eine sinnvolle Sache. Wir haben gerade die unsichtbare Grenze nach Österreich hinter uns gelassen, als ich auf ein gemütlich aussehendes Restaurant aufmerksam werde. „Da kehren wir ein“, rufe ich und brauche Tanja gar nicht erst zu fragen, was sie davon hält, nach fünf Kilometern bereits eine Pause einzulegen. „Lasst es langsam angehen“, rieten uns einige Radprofis. Ein verdammt guter Ratschlag. Bei Wiener Schnitzel mit Salat, gefolgt von Nusskuchen und Capuccino, pflegen wir unseren beginnenden Muskelkater.

Wir stärken uns mit Nusskuchen und Capuccino.
Wir stärken uns mit Nusskuchen und Capuccino.

Unsere Räder lehnen an einem Geländer direkt am Ufer des Sees. Immer wieder bleiben Touristen und andere Radfahrer stehen, um die schwer beladenen Fernlastzüge zu betrachten. „Was macht ihr denn mit den Solarpaddeln auf euren Anhängern? Betreibt ihr damit einen Motor?“, fragt einer. „Ach, ihr benötigt die Dinger um euer Satellitentelefon zu betreiben. Da seid ihr bestimmt länger unterwegs?“ „Ja, wir fahren nach Burma“, antworte ich lässig. Der ältere Herr zuckt zusammen. „Wie? Burma?“, stottert er. „Ja, Burma“, wiederhole ich. „Meinen Sie Burma in Asien?“ „Ja.“ „Wissen Sie überhaupt, wo das ist?“ „Klar, diese Richtung, grob Südosten.“ Ich deute amüsiert über den See. „Da wünsche ich Ihnen viel Glück“, verabschiedet sich der Mann mit ungläubigem Gesichtsausdruck. Kaum ist das Gespräch beendet, fragt ein anderer: „Was machen Sie denn mit den Solarpaddeln? Betreiben Sie damit eine Kühlbox für Ihr Bier?“ „Nein, das ist für unseren Computer und das Satellitentelefon.“ „Satellitentelefon? Wozu brauchen Sie denn ein Satellitentelefon am Bodensee?“ „Wir radeln nach Burma.“ „Nach Burma? Welches Burma?“ „Na Burma, gleich hinter China.“ Der Herr blinzelt uns an. Sicher glaubt er, ich wolle ihn auf den Arm nehmen. Kopfschüttelnd geht er weiter. Als wir uns wieder auf die Räder schwingen wollen, stehen wieder Leute um uns herum. „Sie wollen mit dem Solar doch nicht Ihr Wasser zum Kochen bringen?“ „Nein, nein, wir laden damit unsere Batterien für die Kameras und das Satellitentelefon.“ „Ach so, dann sind Sie bestimmt auf einer längeren Reise unterwegs?“ „Ja, wir fahren nach Burma.“ „Mit dem Fahrrad?“ „Fahrrad, Pferd und Elefant“, antworten wir und erklären unseren Reiseplan. Mittlerweile versammeln sich weitere Touristen und lauschen unseren Erzählungen. Es dauert ziemlich lange, bis wir unsere Radreise fortsetzen können. Auch wenn es gut tut, so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und sich auszutauschen -schon aus Zeitgründen werden wir wohl künftig etwas zurückhaltender kommunizieren müssen.

Im Gespräch mit anderen Radfahrern.
Im Gespräch mit anderen Radfahrern.

Wir lassen Bregenz hinter uns und werden auf unserem Weg immer wieder von Radfahrern überholt. „Was macht ihr denn mit den Solarpaddeln?“, hören wir erneut und antworten wahrheitsgemäß, aber kurz. Die Reaktionen sind immer wieder ähnlich - verdutzt, ungläubig, amüsiert. Am Nachmittag endet der Radweg an einer steilen Treppe. „Jetzt haben wir uns verfranzt“, schätze ich. Neben der Treppe ragt grobes Felsgestein aus der nassen Erde. Ich überlege, ob es nicht besser wäre umzukehren und den richtigen Radweg zu suchen. Man könnte die Treppe aber auch als kleine Herausforderung für unser Training sehen - eine Simulation für die unbefestigten russischen Straßen. Gedacht, getan: Ich entkopple die Anhänger von den Rädern und bin überrascht, wie stark ihr Gewicht die steile Böschung hinunter schiebt. Nur mit großem Kraftaufwand kann ich sie halten. Eigentlich bräuchte ich jetzt Tanjas Hilfe, doch sie ist anderweitig beschäftigt: Sie hält meinen Kampf mit unserem ersten Hindernis filmisch fest. Doch irgendwas funktioniert nicht, Tanja stutzt: „Ich glaube, das Teil ist kaputt. Die Farben sehen recht seltsam aus“, meint sie und reicht mir die Filmkamera. Wir sind gerade mal 40 Kilometer weit gekommen und das erste Ausrüstungsteil hat sich bereits verabschiedet. „Meine Mutter soll uns die Ersatzkamera zu den Bodenmüllers schicken. Wir können dort auf dem Rückweg vorbeischauen“, grummle ich und packe das nutzlos gewordene Gerät weg.

Schon nach wenigen Kilometern die erste Herausforderung.
Schon nach wenigen Kilometern die erste Herausforderung.

Kaum sind wir wieder startklar, fragt uns eine Spaziergängerin, was wir da unten wollen. „Das ist ein Fußweg. Mit den Rädern werden Sie nicht weit kommen. Am besten sie kehren da vorne wieder um“, rät sie uns.

Eine Stunde später überqueren wir eine Brücke über den Altrhein und kommen in die Schweiz. Auf einem unbefestigten Weg radeln wir durch einen dunklen Wald direkt an der steilen Uferböschung des Altrheins entlang. Häufig drehe ich mich nach hinten, um zu schauen, wo Tanja bleibt. Sie ist im Laufe des Tages immer langsamer geworden. Oft muss ich alle paar Kilometer stehen bleiben und auf sie warten. Offensichtlich ist die Ladung ihres Hängers für ihre 58kg Lebendgewicht viel zu schwer. Wieder drehe ich mich um und als ich nach vorne sehe, verreißt es mir den Lenker. „Huuuaaahhh!“ - auf meinem schwer beladenen Rad jongliere ich nur wenige Zentimeter am Abgrund der Uferböschung vorbei. Keine fünf Meter weiter unten strömt der vom Hochwasser angeschwollene Fluss mit beängstigender Kraft dahin. Zum Absteigen ist es zu spät. Rudernd versuche ich, das Gleichgewicht wieder zu gewinnen. Noch ein weiterer Zentimeter nach rechts und ich würde mit allem Drum und Dran in den gurgelnden Fluss rauschen. Ich hätte kaum ein Problem, aus dem Fluss mit heiler Haut herauszukommen - sofern ich an keinem der Baumstümpfe da unten hängen bliebe. Aber das Rad samt Anhänger und Ausrüstung würde in den Fluten untergehen. In letzter Sekunde schaffe ich es, meinen Roadtrain wieder auf sichere Spur zu bringen. „Puhh“, schnaufe ich erleichtert und halte an. Mein Herz rast wie wild vor Aufregung. Beinahe hätte ich unsere gesamte Technik im Altrhein versenkt - und das an einem gut ausgebauten Radweg am Bodensee. Wie peinlich. Ich male mir spöttische Überschriften in den Zeitungen aus: „Fünfjährige Fahrrad-Expedition am zweiten Tag abgebrochen.“ Oder: „Denis Katzer mit Fahrrad in Altrhein gestürzt.“

Krise schon am dritten Tag!

Mit warmen Strahlen küsst uns die Sonne wach. „Ach, habe ich gut geschlafen!“ Tanja räkelt sich im Schlafsack. Leicht und beschwingt verlassen wir unser Zelt. Mit dem kleinen Primuskocher erhitzen wir Wasser für unseren Tee. Nachdem wir unser leckeres Rapunzel-Müsli gegessen haben, packen wir unser Lager zusammen. Um 11:00 Uhr treten wir wieder in die Pedale. Die Sonne setzt uns stark zu. Das Thermometer zeigt 35° C im Schatten - also schätzungsweise 55 Grad Celsius in der Sonne! Schon kleine Hügel sind eine Tortur. An manchen lächerlichen Erhebungen müssen wir sogar absteigen, um unsere Böcke hochzuschieben. Uns läuft der Schweiß in Strömen herunter. Beim Schieben meines 110 Kilo schweren Gefährts spüre ich, wie sich meine Schulter verspannt. „Verdammte Schinderei!“ Am liebsten würde ich jetzt das Rad in den Graben schmeißen. Der Gedanke an die vor uns liegenden 25.000 Kilometer wird zum Alptraum. Vor jedem Hügel bringen wir unsere Lastenzüge auf Höchstgeschwindigkeit, um Schwung für so viel Höhenmeter wie nur möglich mitzunehmen. Meine Oberschenkel fühlen sich an, als würden sie jeden Moment platzen und ich bin kurz davor, meine Lunge auf den heißen Asphalt zu spucken.

Für die wunderschöne Landschaft des Bodensees haben wir keinen Blick mehr. Unsere Stimmung sinkt minütlich. Als wir am späten Nachmittag kurz vor Konstanz auf einem völlig überfüllten Zeltplatz gleich neben dem Kinderspielplatz für 29 Franken (ca. 18 Euro) ein kleines Stückchen Rasen angeboten bekommen, ist von unserer Moral nichts mehr übrig. Die Stimmung ist aufs Äußerste gereizt. Schon am dritten Tag unserer Reise ist die erste Krise da! Nur ein Funken und alles fliegt hier in die Luft!

„Hier bleiben wir auf keinen Fall! Wir müssen umkehren. Die nächsten 20 Kilometer kommt keinen Zeltplatz mehr“, stelle ich frustriert fest. Wir besteigen unsere Räder und treiben sie frustriert über die bereits besiegten Bodenerhebungen zurück. Endlich, nach 50 Tageskilometern, erreichen wir völlig erschöpft einen recht hübschen Campingplatz bei Ruederbronn. Wir bauen unsere Behausung auf, kochen Wasser für unsere gefriergetrocknete Fertignahrung und lassen freudlos den Tag Revue passieren. Sonnenverbrannt kriechen wir schon früh ins Zelt und schlafen erschöpft ein.

Ein versöhnlicher Morgen

Der Tag beginnt wieder sonnendurchflutet. Tanja und ich sehen uns versöhnlich an. „War ein blöder Tag gestern.“ „Ja, aber heute wird es besser“. Wir umarmen uns und setzen unsere Reise mit neuer Zuversicht fort. Jetzt geht es schon viel flotter - eine Stunde später erreichen wir Konstanz. Die Route nötigt zu einem kleinen Grenzverkehr: Wir verlassen die Schweiz und reisen nur wenige Augenblicke später wieder von Deutschland in die Schweiz ein. Am Seeufer finden wir ein Restaurant und genießen den Blick auf das schwäbische Meer, das von hier aus recht mickrig aussieht. Doch der Eindruck täuscht: Mit 570 Quadratkilometern ist der Bodensee nach dem ungarischen Plattensee und dem Genfer See der drittgrößte See Mitteleuropas und führt an seinen Ufern gleich drei Staaten zusammen.

Tanja am Grenzübergang von der Schweiz nach Deutsehland.
Tanja am Grenzübergang von der Schweiz nach Deutschland.

Da wir heute wieder deutlich mehr Energie in uns spüren, genießen wir die traumhafte Landschaft. Die Temperaturen steigen auf 38 Grad Celsius im Schatten. Um uns nicht erneut auszupowern, schieben wir unsere Räder bereits am frühen Nachmittag auf einen Zeltplatz. „Ich kühle mich im See ab!“ Tanja geht mit BH und einer kurzen Radlerhose bekleidet baden. Einen Bikini hat sie nicht dabei, das wäre zu viel Ballast.

Ich würde liebend gern zu Tanja ins Wasser springen, doch leider geht das nicht. Einer von uns muss immer beim Camp bleiben und auf die Ausrüstung aufpassen. Wir können es einfach nicht riskieren, so wertvolle Gegenstände wie ein Satellitentelefon, einen Laptop von Itronix oder mehrere Hightech-Kameras unbeobachtet zu lassen. Wenn nur ein Teil der teuren Apparaturen gestohlen wird, ist die Dokumentation der Reise gefährdet - vom materiellen Schaden gar nicht zu reden.

Stein am Rhein in der Schweiz.
Stein am Rhein in der Schweiz.

Trubel auf dem Campingplatz

Die Serie der Sonnentage reißt nicht ab. Erneut steigen die Temperaturen auf 38 Grad - im Schatten! Wir radeln über immer höher werdende Hügel und wundern uns, dass es an einem See so viele Steigungen geben kann. „Das liegt nur an unserer Ladung“, meint Tanja. „Wie?“ „Na ja, bestimmt spüren die anderen Radfahrer die Steigungen nicht so wie wir.“ „Wenn du nicht 88 sondern nur 18 Kilo den Berg hinaufbringen müsstest, würdest du wahrscheinlich die Hügel hochfliegen“, scherze ich schnaufend. Die Radlerei fällt uns jetzt nicht mehr so schwer wie die letzten Tage. Unsere Körper stellen sich auf den neuen Bewegungsablauf ein. Das hoffe ich zumindest, denn mein Muskelkater ist enorm. Noch immer habe ich mit jedem Tritt ins Pedal das Gefühl, als würden sich meine Oberschenkel zu Elefantengröße aufblasen. Wenn wir abends an einem Zeltplatz ankommen und ich über den Platz zur Dusche laufe, komme ich mir wie Django vor, so breitbeinig schlürfe ich dahin.

Wieder in Deutschland: Nach 40 Kilometern erreichen wir einen Campingplatz bei Radolfzell. Kaum sind die Zeltheringe in den Boden geschlagen, ziehen dunkle Gewitterwolken auf. „Da kommt wohl was Größeres“ vermutet Tanja. „Sieht ganz danach aus. Es war schon den ganzen Tag so drückend schwül. Der Luftdruck will sich durch ein Gewitter entladen.“ Die ersten Sturmböen fegen über den Platz. Tanja und ich setzen uns vors Zelt und sehen einigen Neuankömmlingen zu, wie sie beim Zeltaufbau mit den Windböen kämpfen. „Du musst die Stange von vorne durchschieben!“, schreit ein Sachse seine Freundin an. „Schnell, komm her, ich kann das Zelt nicht mehr halten!“, brüllt ein anderer. „Das Vorzelt!“, ruft ein älterer Herr, worauf sich seine korpulente Frau aus der Stoffbehausung walzt und mit einem beherzten Griff an eine Zeltstange das Tuch vom Wegfliegen bewahrt. Tanja und ich amüsieren uns über das Durcheinander. Wir wollen nicht zu schadenfroh sein und bieten unsere Hilfe an. „Da vorne ist noch ein Platz frei. Ihr solltet weiter vom Seeufer weg. Wenn der Wind zunimmt, wird es euer Zelt zerfetzen“, warne ich ein paar junge Leute. Ohne mich nur eines Blickes zu würdigen, stemmen sich vier von ihnen gegen ein zum Ballon aufgeblasenes Gebilde. „Stellt doch das Zelt nicht mit der Breitseite zum Wind!“, rufe ich gegen das Getöse an.

Die Campingurlauber kämpfen gegen die zunehmenden Sturmböen.
Die Campingurlauber kämpfen gegen die zunehmenden Sturmböen.

Plötzlich blitzt und donnert es. Der Wind zerreißt die Wellenkämme auf dem See zu weißer Gischt. Erschrocken sehe ich, wie zwei Jungs in den aufgewühlten Fluten spielen. Die Eltern nehmen von ihren Kindern keine Notiz. Wenn jetzt ein Blitz ins Wasser einschlägt! Doch halb so wild: Als ich gerade zum Ufer laufe, um sie zu warnen, kommen mir die Knirpse gerade entgegen. Sie zittern vor Kälte.

Alles schreit durcheinander. Überall hämmert und klopft es, jeder will noch ein paar extra Schnüre spannen. Soeben beginnt das für heute Abend angekündigte Fest. Musikfetzen wehen zu uns herüber. Eine Kapelle spielt gegen den Sturm an, doch die Gäste werden zusehends weniger. Der Duft von gebratenem Spanferkel wirbelt über die Zeltstadt. Ganz in der Nähe singt jemand falsch zur Gitarre und wird von seinen Gefährten nicht weniger schräg begleitet. Andere prosten sich in Bierlaune zu und heben ihre Gläser tapfer in den Wind. Der Sturm ist da, doch niemand scheint sich Sorgen zu machen. Das Unwetter wird wohl als Programmteil eines Abenteuerurlaubs verbucht. Selbst als es zu regnen beginnt, lässt sich die ausgelassene Urlaubsgesellschaft nicht die Stimmung vermiesen. Als wir uns in unser Zelt zurückziehen, kämpfen die Jungs noch immer mit ihrem Zelt und stellen es längs zum Wind. Der Sachse und seine Freunde haben ihr nagelneues Hauszelt zum stehen gebracht. Die pummelige Frau sitzt mit ihrem Mann vor ihrer künftigen Behausung, die sie erst einmal nur flach vor sich hingelegt haben.

Als hätten die Urlauber mit ihrer Wetterfestigkeit das Gewitter in die Flucht geschlagen, hat es seine Wassermassen einige Kilometer vom Zeltplatz entfernt abgeladen. Eine Stunde später klopfen nur noch leichte Regentropfen gegen unsere Zeltbahn. Das Gegröle am Festplatz nimmt wieder zu. Die Band dreht voll auf, die Gäste sind in Hochstimmung und der Gitarrenspieler nebenan läuft ebenfalls zu Höchstform auf: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an!“ Wir dürfen an seinem Rausch aus nächster Nähe teilhaben. Nachts um zwei hat sich der Lärmpegel noch lange nicht gesenkt. Um drei liege ich immer noch wach und lausche der ungehemmten Performance des Sachsen. Sein lautes Organ hämmert durch jedes Zelt und alle Nachbarn dürfen mehrmals die Geschichte hören, wie es dazu kam, dass ein Sachse seinen Urlaub am Bodensee verbringt.

Gegen vier fallen mir endlich die Augen zu, ganze zwei Stunden Ruhe: Um sechs ist der Sachse schon wieder auf den Beinen und spielt mit seinen Kindern direkt vor unserem Zelt Fußball. „Es lebe der Campingurlaub“, flüstere ich Tanja zu. Mein Muskelkater erfordert langsame und bedächtige Bewegungen. Es dauert eine Weile, bis ich mich aus dem Schlafsack schäle.

Paradiesische Ufer

Urplötzlich hat sich der Sommer verabschiedet - für uns glücklicherweise: Wolken und leichter Wind stellen sich als optimales Radfahrwetter heraus. Das Schwitzen der letzten zwei Tage hat endlich ein Ende. Wir kommen gut voran und suchen am frühen Nachmittag eine Kneipe auf. Obwohl Essengehen hier am Bodensee sündhaft teuer ist, wollen wir es uns wenigstens einmal am Tag leisten. „Es ist wie im Urlaub“, freue ich mich und schütte einen großen Schluck Radler herunter. „Stimmt. Aber wir müssen auf unser Budget aufpassen“, gibt Tanja zu bedenken. „In einer Woche gibt es nur noch Wasser und Brot“, scherze ich. „Wie viele Kilometer haben wir heute geschafft?“ „Fünfundzwanzig. Wenn wir diese Geschwindigkeit beibehalten, erreichen wir Burma in etwa zehn Jahren“, male ich mir aus. „Wie auch immer. Hauptsache, wir kommen dort heil an.“

Romantische Abendstimmung am Bodensee.
Romantische Abendstimmung am Bodensee.

Gegen 15:00 Uhr erreichen wir den fast ausgebuchten Campingplatz Klausenhorn bei Dingelsdorf. „Zwei Plätze haben wir noch. Wenn Sie bleiben wollen, müssen Sie sich schnell entscheiden“, sagt die freundliche Dame an der Rezeption. „Was kostet der Platz?“ „Zwei Erwachsene 10 Euro 40 plus ein Zeltplatz 7 Euro 40. Duschen ist extra, drei Minuten 50 Cent.“ „Ihr habt ja gesalzene Preise! Da kann man ja bald ein Zimmer nehmen“, rufe ich entsetzt. „Tut mir leid. Ich mache die Preise nicht.“ Tanja und ich schauen uns an und überlegen, ob wir weiterfahren sollen. Bis zum nächsten Zeltplatz sind es noch 12 Kilometer und die höchste Hügelkette des Bodenseeradwegs liegt direkt vor uns. Ich blicke in den Himmel. „Es wird bald wieder regnen“, vermute ich. „Und wer weiß, ob der nächste Zeltplatz nicht ausgebucht ist oder ähnliche Preise hat.“ „Hm, stimmt. Also bleiben wir.“

Kaum haben wir unser Zelt aufgebaut, öffnet der Himmel seine Pforten. Am frühen Abend klart es wieder auf und wir schlendern an der Uferpromenade entlang. Das warme Licht der untergehenden Sonne schimmert auf der feuchten Rinde einer ehrwürdigen Baumallee. Lindgrünes Moos, dunkle Astlöcher und die hellbraune, glänzende Borke der Bäume ergeben ein wunderschönes Farbenspiel. Die Silhouette eines Anglers ziert das Ufer des Sees. Kinder spielen am Ufer und beladen mit kleinen Schaufeln ein Leiterwägelchen. Ein junger Hund rennt kleinen Steinen hinterher, die ihm Feriengäste zuwerfen. Ein Ruderboot liegt am Strand. Auf der anderen Seite des Sees schwebt ein Zeppelin über Überlingen. Als wir im letzten Licht des Tages die Promenade entlang flanieren, spüren wir ein tiefes Glücksgefühl. Gut, dass wir hier geblieben sind.

Berauschende Talfahrt

Nach einer ruhigen Nacht brechen wir um 10:00 Uhr auf. Schon nach wenigen Minuten beginnt ein Höhenzug und das Brennen in unseren Oberschenkeln lässt nicht lange auf sich warten. Meine Knie beginnen zu schmerzen und ich mache mir Sorgen, ob meine durch vier Operationen und mehrere Bänderrisse vorbelasteten Gelenke die kommenden Strapazen überstehen. Die Steigung wird teilweise so steil, dass wir unsere Räder nur durch fortwährendes Schieben nach oben bringen. Die Radfahrer, die uns überholen, wundern sich über unsere Expeditionsausstattung, mancher von ihnen schüttelt den Kopf. „Was die alles dabei haben!“ „Was müssen die auch ihren gesamten Hausstand mitnehmen!“ „Selber schuld, wenn man so viel Gepäck auf seine Räder lädt!“ Viele Gesprächsfetzen dieser Art dringen in unsere vor Anstrengung pochenden Köpfe. Nach etwa zwei Stunden haben wir gerade mal sieben Kilometer und 150 Höhenmeter geschafft. „Wie lange geht es noch bergauf?“, frage ich einen Obsthändler am Straßenrand. „Ihr seid oben. Ab jetzt geht es bis Bodman nur noch bergab.“ Selten ist eine Auskunft so schön.

Erschöpft und zugleich hocherfreut rollen wir bergab. Das Gewicht schiebt und beschleunigt so stark, dass wir immer wieder heftig bremsen müssen. Aber es ist wenig Verkehr und wir brauchen das Tempo immer nur vor den Kurven zu drosseln. Ein großes Glücksgefühl erfüllt mich. Es rauscht und pfeift, die Räder surren und immer schneller geht es dahin. „Hurraaaaa!!!“, jauchze ich aus purer Lust. Ein Blick auf meinen Tacho lässt mich zusammenzucken. Nie hätte ich gedacht, dass mein Gefährt so schnell werden kann. Instinktiv zügele ich das Tempo, aber die Freude an der Geschwindigkeit lässt mich wieder schneller werden und weiter geht es im rasenden Sturz nach unten. Viel zu schnell erreiche ich die Ebene. Ich halte an, um zu sehen, wo Tanja bleibt. Erleichtert sehe ich sie den Berg hinabschießen. Freudestrahlend stoppt sie neben mir. „Wow! Das war fantastisch! Von mir aus könnte es nur noch bergab gehen. So macht das Radfahren Spaß“, jubelt sie. Nachdem wir uns aus über 500 Höhenmetern auf etwa 380 Meter zum Bodenseeufer hinuntergestürzt haben, geht es mit leichten Auf- und Abfahrten weiter Richtung Überlingen.

Auf dem Radweg ist die Hölle los. Tausende von Menschen nutzen den schönen Sonntag, um ihre Zweiräder auszuführen. Wir müssen höllisch aufpassen, nicht mit einem Raser oder einem Kinderanhänger zu kollidieren. Unser heutiges Ziel ist Ailingen bei Friedrichshafen - unser Startpunkt. Wir haben uns telefonisch bei unserer Gastgeberfamilie Bodenmüller angemeldet. In Gedanken bin ich schon in der netten Gesellschaft unserer Gastgeber und schmecke das kühle Bier und die gute Brotzeit auf der Zunge.

Um halb acht, nach genau 70 Tageskilometern, stehen wir bei den Bodenmüllers vor der Tür. Der Empfang ist herzlich. „Kommt rein, trinkt ein Bier und erzählt uns von euren Erlebnissen!“

Erholungsphase und Verbesserung der Radtechnik

Die folgenden Tage ruhen wir uns aus. Wir aktualisieren unser Tagebuch, überprüfen unsere Räder und führen viele Gespräche. „Wenn ihr über Tschechien nach Polen weiterfahrt, müsst ihr über die Karpaten. Das ist ein ziemlich hoher Gebirgszug. Ob ihr da eure schweren Räder rüberbringt…“, zweifelt Alfred, der Hausherr. „An eurer Stelle würde ich Ulm ansteuern und dann der Donau entlang über Passau nach Wien fahren. Dann könnt ihr nach Ungarn weiterfahren und von dort in die Ukraine. Auf dem Weg von hier nach Ulm werdet ihr noch einige Berge meistern müssen“, erfahren wir.

Später stimme ich mich mit Tanja ab. Wir kommen zu dem Schluss, dass wir die Ratschläge von Alfred und einigen anderen Radfahrern, mit denen wir in der Zwischenzeit gesprochen haben, beherzigen. Ich besorge Straßenkarten für die Strecke nach Budapest. Obwohl der Radweg dorthin mit höchster Wahrscheinlichkeit stark frequentiert ist, wollen wir unseren Körpern die Chance geben, sich weiter ans Radfahren zu gewöhnen. Die Landschaft soll berauschend schön sein und Berge gibt es an der Donau wohl kaum.

Nach der Bodenseeumrundung muss die Radtechnik verbessert werden.
Nach der Bodenseeumrundung muss die Radtechnik verbessert werden.

Ich führe Gespräche mit einigen Sponsoren und erzähle Heiko Müller von riese und müller von unseren Schwierigkeiten, die kleinsten Höhenzüge zu meistern, ohne absteigen zu müssen. „Ihr solltet eure Übersetzung umbauen lassen und vorne einen kleineren Zahnkranz einsetzen. Wenn ihr wollt, mache ich einen unserer Händler in der Gegend ausfindig. Ich schicke die Teile hin und er wird das für euch erledigen“, schlägt er vor.

Beim Überprüfen der Räder stelle ich fest, dass eine Schraube der Anhängerkupplung die Radaufhängung beschädigt hat. „Noch einige hundert Kilometer und der Hinterbau unserer Räder wäre kaputt.“ Auch Bob Giddens von der Firma Used ist sehr entgegenkommend und schickt uns sofort eine andere Anhängerkupplung. Durch die 14 Gang Rohloff-Nabe ergeben sich besondere Voraussetzungen an der hinteren Radaufhängung, die mich jetzt zu den Umbauarbeiten zwingen.

Gut, das wir den Testtrip um den Bodensee gemacht haben. Durch die schwere Ladung sind die Räder und auch die Anhängerkupplung äußersten Belastungen ausgesetzt. Bevor wir weiterfahren, muss alles perfekt sein. Kurz vor Aufbruch stelle ich fest, dass durch die neue Anhängerkupplung der Schnellverschluss des Hinterrades zu kurz geworden ist. riese und müller und Used schicken per Express längere Schnellverschlüsse. Heute Nachmittag werde ich alles montieren. Wenn jetzt alles nach Plan läuft, können wir am Sonntag, spätestens am Montag aufbrechen. Wie mit Alfred besprochen, werden wir erst über die Schwäbische Alb nach Ulm fahren, um von dort nach Passau zu gelangen. Dann wird sich zeigen, ob wir die Route nach Wien nehmen oder ob wir direkt nach Tschechien weiterfahren.

Leere im Kopf und Frust

Der Regen hat den Tag fest im Griff. In einer kurzen Regenpause haben wir unser Frühstück eingenommen. Es ist richtig ungemütlich und das miserable Wetter nagt an unserer Moral.