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Nr. 2651

 

Rettet die BASIS!

 

Entscheidung in der Werft – Rhodans Häuflein gegen die Heerscharen einer Superintelligenz

 

Leo Lukas

 

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Wir schreiben das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Auf eine bislang ungeklärte Art und Weise verschwand das Solsystem mit seinen Planeten sowie allen Bewohnern aus dem bekannten Universum.

Die Heimat der Menschheit wurde in ein eigenes kleines Universum transferiert, wo die Terraner auf seltsame Nachbarn treffen. Die Lage spitzt sich zu, als die Planeten von fremden Raumfahrern besetzt und die Sonne Sol »verhüllt« wird. Seither kämpft die solare Menschheit um ihr Überleben. Von all diesen Entwicklungen weiß Perry Rhodan nichts. Auch ihn hat es in einen fremden Kosmos verschlagen: Mit dem gewaltigen Raumschiff BASIS gelangt er in die Doppelgalaxis Chanda. Dort wird ein bislang unbekanntes Programm in Gang gesetzt, das die BASIS Stück für Stück zerlegt und in zwei autarke flugfähige Kugeln umbaut.

Eine dieser Kugeln ist das geheimnisvolle Multiversum-Okular, hinter dem die Superintelligenz QIN SHI her ist, die auch die Entführung des Solsystems zu verantworten hat. Um das Okular vor ihr zu bewahren, gibt es nur eines zu tun: RETTET DIE BASIS!

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Aktivatorträger wird gezwungen, um sein Leben zu spielen.

Kaowen – Der Protektor sieht eine Chance, seinen Auftrag endlich zu erfüllen.

Gucky – Der Ilt bekommt es mit überaus gefräßigen Gegnern zu tun.

QIN SHI – Die Superintelligenz greift persönlich an vorderster Front ein.

Hier durch die Schanz und Stadt

Rinnt allzeit frisches Blut.

Dreimal sind schon sechs Jahr,

Als unser Ströme Flut,

Von Leichen fast verstopft,

Sich langsam fort gedrungen.

Doch schweig ich noch von dem,

Was ärger als der Tod,

Was grimmer denn die Pest

Und Glut und Hungersnot –

Dass auch der Seelen Schatz

So vielen abgezwungen.

Andreas Gryphius,

Tränen des Vaterlands

 

 

Prolog:

Auswurf

 

Es geschah so unvermittelt, dass wir zu schreien vergaßen.

Aus der Fülle stürzten wir ins Nichts. Nein, schlimmer: in eine Ödnis, eine Kargheit, an die wir uns vage erinnerten, jedoch nicht mehr ans ungeheure Ausmaß dieser Trostlosigkeit.

Auch fielen wir nicht, obwohl die Schwere uns zu Boden zog. Sondern wir wurden weggestoßen, ausgewürgt, in körperliche Einzelheit gequetscht, in eine ewig lang nicht mehr gewohnte, triste Enge.

Wir fühlten uns betrogen und verschmäht; herabgestuft, zurückgeworfen in die alten, plumpen, steifen Leiber. Zwar erkannten wir sie wieder – und uns in ihnen.

Aber diese Unbeholfenheit!

Dieses grässliche, schlaffe, schlappe Phlegma, physisch wie psychisch: Träge, tranig schleppten Glieder und Gedanken sich dahin.

Bleierne Zeit. Armseliger Raum, verknappt auf bloß drei Dimensionen ...

Zur Mühsal der Bewegung aus eigener Muskel- und Willenskraft kam die furchtbare, kaum zu ertragende Einsamkeit.

Als unzählbar viele waren wir eins gewesen. Nun mussten wir, völlig unvorbereitet, jäh getrennt, als wenige bestehen – in einer eingeschränkten Umwelt, der wir längst entwöhnt waren.

Den Auswurfschock zu überwinden fiel nicht leicht. Wir litten unter einem Verlust, so gigantisch, dass wir nicht mehr wussten, was wir überhaupt verloren hatten.

Nur eine Ahnung war geblieben von unstillbarer Sehnsucht nach Vollkommenheit.

 

*

 

Und Wut.

Und Hass auf Unbekannt. Wer immer Schuld an dieser Scheidung, dieser Krise hatte, sollte alsbald dafür büßen!

An diesem Schwur richteten wir uns auf. Allmählich schüttelten wir die Lähmung ab. Noch während der Verstofflichung versuchten wir instinktiv, beisammenzubleiben. Um einander gegenseitig zu kräftigen. Um eine neue, kleinere mentale Einheit zu bilden, mochte sie auch lächerlich gering ausfallen im Vergleich zum Großen, Ganzen, aus dem wir verstoßen worden waren.

Nicht einmal das gelang. Unaufhaltsam setzte sich die Aufspaltung fort. Zu verschieden waren wir, zu gegensätzlich unsere Vorgeschichten, zu individuell die ererbten und anerzogenen Eigenschaften.

Die ausgleichende, schlichtende, uns in tröstlich strenge Ordnung zwingende Autorität fehlte. Oh, wie wir sie vermissten!

An den Nachhall, den verblassenden Abglanz dieser Herrlichkeit klammerten wir uns, verzweifelt ringend um Bestand – und konnten doch nicht verhindern, dass wir weiter und weiter auseinanderdrifteten. Die Einheit, ohnehin nur eine Parodie der früheren Gesamtheit, zerbrach, ehe sie sich hätte festigen können.

Das Wir zerfiel zusehends in ich und ich und ich.

 

*

 

Namen drängten sich auf, Rangbezeichnungen, Funktionsumschreibungen.

Sie brachten etwas mehr Klarheit, gewiss, erkennbare Linien, Konturen im diffusen Schattendunkel. Zugleich separierten sie uns und entfremdeten uns voneinander.

Da waren die Rokasto Ndeddo; die schwarze Horde, das geile, unersättliche Gewimmel der Vorkoster. Ihre Mittelbeine trommelten auf den Chitinpanzern, »ratt-tatt-tatt, ratt-tatt-tatt!«

Die Mandibeln klickten dazu, den uralten Marschrhythmus synkopierend. Lang würden sie nicht mehr zu halten sein, die Zibanitu, Chelai, Gish-rin und wie sie alle hießen. Sie wollten ausschwärmen, wuchernd sich vermehren, ausbeuten, was ihren Weg kreuzte.

Da waren weiterhin die Aufschneider, das fadenscheinige, rötlich lumineszierende Gezücht der Phölser Fileure. Sie verstanden sich als loyal, unserer Gemeinschaft zugehörig und verpflichtet. Trotzdem war jede Hoffnung auf tief greifende Harmonie vergeblich, sobald sie sich ihres Erbes besannen.

Denn schon vor Urzeiten hatten die Phölypaminos das Geschäft der Entzweiung betrieben. Eine kurze Berührung im Vorbeifliegen genügte, dass sich Freund gegen Freund wandte, Sohn gegen Vater, Mann gegen Frau.

Während sich Horde und Schwarm formierten, entstand an der anderen Flanke der Oikolamppas, die Metamaschine der Abschmecker. Eifrig schraubten die Beinernen daran herum, fügten immer noch einen Spieß und noch eine Klinge und noch ein Sägeblatt hinzu.

Nachzehrer, Draugar, Grachtkälber und Aufhocker gesellten sich zu ihnen, fahle Schemen von vielfältiger Gestalt, manche stählern hart und manche obszön schwabbelig, doch allesamt Stiefbrüder in Blutdurst und Mordlust. Sie würden im wahrsten Wortsinn über Leichen gehen. So viel stand fest.

Disziplin war allerdings nicht die Stärke der bisher Aufgezählten.

Aber zum Glück gab es außerdem noch die Anrichter: mich und meine Königin.

 

*

 

»Schichtmeister, walte deines Amtes!«, befahl Kand'ak Sarshaktin.

Ich verzichtete darauf, über die widrigen Bedingungen zu klagen. Meine Königin wusste ebenso gut wie ich, dass an eine vernünftige, den strengen Gesetzen der Iunetischen Kriegslogik gehorchende Schichtung nicht zu denken war.

Wie sollte ich einer Ansammlung von Völkern und Funktionsträgern, die in dieser Form noch nie Seite an Seite gekämpft hatten, Struktur verleihen? In meinem gewiss lückenhaften Gedächtnis fand ich keinen Präzedenzfall, auf den ich hätte aufbauen können.

Sowieso war ich, wie wir alle, schrecklich desorientiert. Wenn ich etwas wusste, dann dass ich zu wenig wusste: über die Umgebung, in die es uns verschlagen hatte, über unseren Auftrag ...

Wir hatten doch einen Auftrag, oder etwa nicht? Sonst wäre die Qual der Auswerfung sinnlos gewesen.

Oder handelte es sich um eine Bestrafung? Hatten wir gefrevelt? Gegen ... wen?

Ich erinnerte mich nicht. Eine Umschau über die rapide schwächer werdende Mentalverbindung ergab, dass die anderen gleichermaßen im Dunkeln tappten.

Gemeinsam waren uns die Wut und der Hass, die Sehnsucht und die Gier. Wonach? Nach Rehabilitation.

Nach Begnadigung. Nach Wiederaufnahme in die Allheit. Darauf konnten wir uns einigen, trotz der Unterschiede: Wir alle wollten zurück, wollten so schnell wie möglich heimkehren unter den Schutzmantel von ...

QIN SHI!

 

*

 

Als habe sich eine Schleuse geöffnet, flossen mir weitere Kenntnisse zu.

Nach wie vor handelte es sich bloß um Stückwerk, rudimentär und nackt, eines umfassenden Verständnisses ermangelnd. Gleichwohl sah ich mich nun in die Lage versetzt, meine Aufgabe in Angriff zu nehmen.

Als Schablone benutzte ich die traditionelle Ämterverteilung am Königshof der Iuneti. Analog zu den Erzämtern Mundschenk, Truchsess, Kämmerer und Marschall berief ich je einen provisorischen Knechthuter:

Allkorruptor für die Vorkoster.

Alldivisor für die Aufschneider.

Allobliterator für die Abschmecker.

Die Titel waren frei erfunden und ungenau definiert, ärgerlich skizzenhaft, schwammig und unvollkommen wie alles auf dieser niedrigen Existenzebene. Aber sie erfüllten einigermaßen ihren Zweck, also musste ich damit leben lernen.

Zum Allfactor der Anrichter erklärte ich mich selbst. Wer sonst sollte als ausführendes Organ der Kriegsherrin fungieren? Ich hatte, so weit ich zurückdenken konnte, immer schon als die rechten Hände meiner Königin gedient.

»Wohlgetan, Schichtmeister«, spendete mir Kand'ak Sarshaktin Lob. »Nun spute dich, den nächsten Schritt zu setzen.«

Dass die Zeit drängte, merkte ich ebenfalls. Obwohl wir beide unsere Kräfte vereinten, würden diese nicht genügen, um die eben etablierte Ordnung dauerhaft aufrechtzuerhalten.

Nach wie vor strebte auseinander, was eigentlich zusammengehörte. Ich konnte bestenfalls den Schaden begrenzen und der Gier eine Richtung verleihen – indem ich ein gemeinsames Ziel formulierte, das sich getrennt erreichen ließ.

 

*

 

Es gab nur eine Chance, der ekelhaft kümmerlichen Hölle, in die wir verbannt worden waren, wieder zu entfliehen: QIN SHI musste uns erneut in sich aufnehmen.

Wir alle spürten die machtvolle Präsenz der Superintelligenz. Aber sie kommunizierte nicht mit uns. Sie war da, zeigte sich jedoch unzugänglich, verschlossen, gänzlich uninteressiert.

Weil wir gefehlt und uns ihrer nicht länger würdig erwiesen hatten? Oder weil sie ihre Konzentration auf wichtigere Dinge richten musste?

Oder vielleicht, weil QIN SHI sich von uns einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der aktuellen Probleme erwartete?

Dies erschien mir die wahrscheinlichste Erklärung: Wir sollten unsere Schwäche überwinden, aus eigener Kraft, und damit auch das große Ganze stärken!

Als ich an diesem Punkt meiner Überlegungen angekommen war, teilte ich sie mit der Königin und den anderen Knechthutern.

»Ihr habt den Allfactor, euren Schichtmeister, vernommen«, formulierte Kand'ak Sarshaktin einen abschließenden Appell. »Lasst eure kampfeswütigen Truppen ausschwärmen, doch bewahrt die Kontrolle. Lenkt die allgemeine Lüsternheit auf herausragende, wahrhaft ertragreiche Ziele. Nicht die Menge, sondern die Qualität der Trophäen zählt. Und nun gehet hin, bringet Krieg und machet reiche Beute für QIN SHI!«

So geschah es. Unter meiner Anleitung bündelten wir zum vorerst letzten Mal sämtliche verfügbaren Energien.

Mit einem gewaltigen Schlag zersprengten wir uns in vier verschiedene Richtungen. Den Trennungsschmerz, so grauenhaft er war, nahmen wir in Kauf, um ein paramentales Fangnetz aufspannen zu können.

Unser Opfer wurde belohnt.

1.

Unheil im Anzug

18. November 1469 NGZ, 20.53 Uhr

 

Man nannte Perry Rhodan nicht umsonst einen Sofortumschalter.

Seine Begleiter waren sichtlich gezeichnet von den Erlebnissen der vergangenen Minuten. Vor ihren Augen war gerade Samburi Yura, eine leibhaftige Beauftragte der Kosmokraten, gestorben!

Offenbar hatte sie QIN SHIS Erscheinen nicht verkraftet. Einen Arm nach Rhodan ausgestreckt, hatte die schlanke Frau mit den riesengroßen schwarzen Augen, die an den bodenlosen Abgrund eines Zeitbrunnens erinnerten, ein letztes Wort geflüstert: »Anaree ...«

Dann war ihr Körper zerfallen, buchstäblich zerflossen – ein erschütternder, albtraumhafter Anblick, der nicht leicht zu vergessen sein würde.

Neben den Überresten, einer Lache aus amorpher Biomasse, kniete Nemo Partijan, um Fassung ringend. In einer beinahe anklagend wirkenden Geste hielt er Rhodan entgegen, was er aus der formlosen Masse geborgen hatte.

Auf der Handfläche von Partijans SERUN-Handschuh lag ein etwa eineinhalb Zentimeter durchmessender, blauweiß funkelnder, reich facettierter Kristall.

Ein Sternjuwel, glaubte Rhodan zu wissen. Genauer: ein Sternsaphir.

Zumindest entsprach der Edelstein haargenau Atlans Beschreibungen. Der Arkonide hatte mit solchen hyperkristallinen Kraftballungen, die eine interaktive Verbindung zum Kosmischen Informationspool knüpfen konnten, bereits zu tun gehabt.

»Samburi Yuras Vermächtnis?«, fragte der Hyperphysiker mit belegter Stimme, die Augen weit aufgerissen.

»Möglich.« Rhodan nahm ihm den Sternsaphir aus der Hand. »Damit beschäftigen wir uns später eingehend. Widme dich zuerst den biologischen Resten.«

»Aber das ist nicht mein Fachgebiet ...«

»Egal. Benutz deine Analysegeräte. Vielleicht erhalten wir weitere Aufschlüsse. Keine Widerrede, mach schon, bevor sie sich unwiederbringlich verflüchtigen!«

Partijan gab sich einen Ruck und ging gehorsam an die Arbeit. Perry Rhodan steckte den Kristall ein, wobei er in sich lauschte. Aber vom Anzug der Universen, den er über dem SERUN trug, kam keinerlei Reaktion.

Er blickte sich um. Gucky lag nach wie vor zusammengekrümmt am Boden. Der Ilt war in Ohnmacht gefallen, als QIN SHI sein Gesicht gezeigt hatte, und hatte seither das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt.

Die kurzzeitige, furchterregende, grausame mentale Präsenz der Superintelligenz schien auch in Ennerhahl nachzuklingen. Der an die zwei Meter große, muskulöse Humanoide, dessen Proportionen einem zeitlosen männlichen Schönheitsideal recht nahekamen, wirkte wie vor den Kopf geschlagen.

Für gewöhnlich bewegte er sich beeindruckend geschmeidig. Nun aber stand Ennerhahl, der sich so gern geheimnisvoll, überlegen und unantastbar gab, stocksteif wie eine Schaufensterpuppe. Die Lider waren zugeklappt. Nichts regte sich in dem ebenmäßigen, pechschwarz glänzenden Gesicht.

Der Vierte im Raum, Raphael, erweckte ebenfalls einen weggetretenen, geistesabwesenden Eindruck. Das Formenergie-Geschöpf, seinerzeit von NATHAN, dem lunaren Großrechner, auf Anweisung von ES erschaffen, verharrte mitten im Schritt, wie eingefroren, den vorderen Fuß leicht angehoben.

In diesem Augenblick erklang Alarm.

 

*

 

Als wäre ein Bann von ihm abgefallen, schlug Ennerhahl die Augen auf, drehte sich mit einer fließenden Bewegung zu Raphael und fuhr ihn an: »Was ist los?«

Das Kunstwesen setzte fast gemächlich den Fuß auf. »Ich erhielt soeben die Mitteilung, dass die Phanes-Schaltung in die nächste Phase eingetreten ist.«

»Und das bedeutet?«

Er rief Holos auf. Aus den zahlreichen Fragmenten des riesigen Trägerraumschiffs waren endgültig zwei kugelförmige Objekte geworden; das größere durchmaß laut Einblendung 12,6 Kilometer, das kleinere 5,9 Kilometer.

Um Details scherte Perry Rhodan sich momentan nicht. Ihm war etwas Wichtigeres aufgefallen: »Der Energieschirm ist erloschen!«

Zuvor hatte eine undurchdringliche, bläulich leuchtende Schutzschirmsphäre von dreißig Kilometern Durchmesser die zwei neu entstandenen BASIS-Elemente eingehüllt.

»Das entspricht der plangemäßen Ausführung der Konfiguration Phanes«, sagte Raphael ungerührt. »Beide Kugelteile verfügen über eine autarke Basisenergieversorgung. Diese ist bereits angelaufen und gestattet ihnen, sich jeweils mit einem eigenen Paratronschirm zu schützen.«

Die kleinere Kugelzelle, in der sich Rhodan und seine Gefährten befanden, sollte später das Multiversum-Okular in der großen Kugel energetisch speisen. Bei einer früheren Gelegenheit hatte Raphael erläutert, dass beide Elemente autonom konzipiert worden waren, damit der Energieerzeuger-Teil, falls zur Hyperraum-Zapfung nötig, seine Position verändern konnte.

»Werden konventionelle Paratrons ausreichen?« Sorgenvoll dachte Rhodan an die Versuche der Gegenseite, in die BASIS einzudringen.

»Derzeit finden keine Angriffe statt. Aber selbst wenn die violetten Transitblasen wieder in rascher Folge entlang der Schirmoberflächen entstehen und vergehen, müssten die Paratronschirme den Transitadern eine Weile standhalten.«

»›Müssten‹, aha. Und was genau verstehst du unter ›eine Weile‹?«, fragte Ennerhahl spitz.

Raphael ging nicht darauf ein, sondern ließ zusätzliche Holos projizieren. »Noch immer herrschen in der und um die Werft APERAS KOKKAIA chaotische Zustände«, kommentierte er emotionslos. »Was eure Flucht mit Samburi Yura aus dem weitgehend zerstörten Bereich wohl begünstigt hat. Auch die Ankunft von QIN SHI dürfte das Ihre zur Verwirrung beigetragen haben.«

Ennerhahl warf den Kopf mit der schwarzen, bis zu den Schultern reichenden Haarmähne zurück. »Ich werde meiner Lichtzelle für alle Fälle den Befehl erteilen, den Standort zu wechseln und an ›unserer‹ Kugel anzudocken.«

»Das kann nicht schaden«, pflichtete Rhodan ihm bei. Zu Raphael sagte er: »Liegen dir signifikante Messergebnisse aus der Werft vor?«

»Allerdings.« Zahlenkolonnen erschienen. »Zahlreiche Aggregate, Energiespeicher und dergleichen sind beschädigt oder in Gefahr zu übersteuern. Einige stehen knapp vor der Explosion. Die Auswirkungen könnten fatal sein.«

»APERAS KOKKAIA droht die Vernichtung?«

Das Kunstwesen bejahte.

»So oder so bleibt uns also nicht mehr viel Zeit«, stellte Perry Rhodan fest. »Nemo, wie sieht es bei dir aus?«

»Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich glaube, ich habe da etwas Sensationelles entdeckt.«

 

*

 

»Bitte in Kurzfassung«, sagte Rhodan. »Erspar uns Fachausdrücke und aktuell nicht relevante Hypothesen, ja?«

»Wenn's sein muss.« Der Wissenschaftler verzog die Lippen zu einem Schmollmund. »Obwohl euch da einiges entgeht. – Je nun, die Zellzusammensetzung von Samburi Yuras kärglichen Überresten wirkt sonderbar instabil.«

»Inwiefern?«

»Fast so, als habe es sich nicht um eine natürlich, nach herkömmlicher biologischer Weise entstandene Person gehandelt, sondern eher um eine Art Androidin oder Ähnliches.«

»Willst du damit zu verstehen geben, wir hätten nicht die echte Samburi Yura befreit?«

»Nein. Ich meine, ja. Mit einer Wahrscheinlichkeit von circa dreiundsiebzig Prozent war die Gefangene vielmehr eine, wie soll ich das simpel ausdrücken ... sagen wir, ›Pseudo-Enthonin‹. Eine Vorstufe oder Nachbildung, was immer. Das war's auch schon, eine exaktere Analyse gibt meine Gerätschaft nicht her.«

»Trotzdem danke, Nemo!«

 

*

 

Die erwähnte Beobachtung deckt sich mit meiner Beurteilung, meldete sich überraschend der Anzug der Universen. Jene gerettete, dann jedoch einer galoppierenden Altersschwäche erlegene Frau war nicht die Person, für die ich letzten Endes bestimmt bin. Sie hatte lediglich eine sehr große Ähnlichkeit mit ihr.

Elektrisiert wartete Rhodan auf weitere Eröffnungen. Aber die telepathische Stimme fügte kein Sterbenswörtchen mehr hinzu, sondern ließ ihn mit seinen Spekulationen allein.

Sollte das heißen, dass der Anzug der Universen ursprünglich für Samburi Yura bestimmt gewesen war? Aber wer hatte ihn hergestellt, fragte sich Perry, und wie war der Anzug an Bord der BASIS gekommen?

Wer zeichnete dafür verantwortlich: ES – oder Delorian?

Raphael hatte behauptet, Rhodans Sohn Delorian nicht zu kennen. Das war vor etwa einer Stunde gewesen und hatte alle Anwesenden reichlich verblüfft. Raphael, ein Geschöpf von ES, kannte den Chronisten der Superintelligenz nicht?