Buchinfo

Sommerferien zum Verlieben

Die Sonne brennt vom Himmel, das Eis schmilzt in der Hand und die Glücksgefühle fahren Achterbahn – endlich wieder Sommer! Und wenn selbst der Sprung ins kühle Nass keine Linderung mehr verschafft, dann bringen diese romantisch-spritzigen Geschichten unserer Erfolgsautoren die nötige Ablenkung für heiße Tage: die perfekte Urlaubslektüre zum Wegträumen, egal ob auf dem heimischen Balkon oder am Strand – verlieben kann man sich schließlich überall!

Autorenviten

© privat

Sabine Both, Jahrgang 1970, lebt und arbeitet als freie Autorin in Neuss. Eine rabaukige Kindheit, eine rebellische Pubertät und ein paar turbulente Jahre als Sozialarbeiterin haben genügend Stoff für jede Menge frecher Jugendromane angehäuft. Wenn Sabine Both gerade nicht auf den Spuren frisch verliebter Mädchen oder hormongesteuerter Jungen ist, küsst sie ihren Mann, beackert ihren Garten und bekocht ihre Freunde.

© Sven Heubes

Anja Kömmerling wurde 1965 in München geboren und ist dort auch aufgewachsen. Nach dem Abi wollte sie vor allem nichts Kreatives werden – davon gab es in ihrer Kindheit genug – und machte eine Friseurlehre. Das war aber nicht das Richtige, deshalb ging sie nach Frankfurt zum Studieren. In dieser Zeit machte sie bei einem Praktikum ihre erste Bekanntschaft mit dem Kinderfernsehen.

Thomas Brinx (geboren 1963) ist in Ringenberg am Niederrhein groß geworden, wo er vor allem viel Fußball gespielt hat. Die Schule schaffte er nebenbei mit links und ging danach nach Landshut, um Keramiker zu werden. 1988 lernten sich Anja Kömmerling und Thomas Brinx im Urlaub in Südfrankreich kennen; seitdem schreiben sie zusammen Geschichten, zuerst fürs Radio, für die Augsburger Puppenkiste und dann vor allem fürs Fernsehen; zudem sind schon etliche Kinder- und Jugendbücher von ihnen erschienen, insbesondere natürlich in der Reihe »Freche Mädchen – freche Bücher!«. Anja Kömmerling lebt heute in Düsseldorf, Thomas Brinx in Bonn.

© privat

Hortense Ullrich hat über 60 Bücher für Kinder und Jugendliche geschrieben, von denen es 140 Übersetzungen in 25 Sprachen gibt; mit einer Gesamtauflage von über 4 Millionen Exemplaren. Zuvor hat sie als Journalistin und Drehbuchautorin gearbeitet. Acht Jahre verbrachte sie mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in New York. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Bremen.

© Heinz Hudelist

Chantal Schreiber, in Wien geboren, wollte eigentlich Sprachen studieren. Doch an der Uni erkannte sie: Danke, aber nein danke. Stattdessen entschloss sie sich zu einigen Lehr- und Wanderjahren als Fotomodell, Flugbegleiterin und Kellnerin. Immer wieder lebte sie längere Zeit im Ausland, zum Beispiel in Griechenland, Spanien, Australien und Japan. Dort lernte sie viele Flughäfen und einige neue Sprachen kennen und vor allem, dass Liebe und Freundschaft nicht an geografische Nähe gebunden sind. Dann schließlich hat sie ihren Traumberuf gefunden: Sie schreibt Liedtexte, Drehbücher fürs Fernsehen und Kinder- und Jugendbücher. Chantal Schreiber lebt heute mit ihrer Tochter Hannah in Wien.

© privat

Irene Zimmermann lebt in Baden-Baden und ist seit den neunziger Jahren erfolgreich auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt vertreten, zuerst mit Kinderkrimis, dann in der Kultserie »Freche Mädchen – freche Bücher!«, in der sie diverse Bestseller schrieb. Viele ihrer Bücher wurden übersetzt, u. a. ins Türkische, Italienische und Chinesische, insgesamt in 14 Sprachen.

© privat

Sissi Flegel ist in eine quirlige Schwäbisch Haller Großfamilie hineingeboren und damit Kindertrubel von Anfang an gewohnt. Seit 1982 setzt sie ihre täglichen Erfahrungen und Vorlieben auch in Jugendbücher um, die ganz nahe am Alltag und an den Träumen von Kindern und Jugendlichen im Schulalter sind. Will sie aber Neues erleben, packt sie Koffer oder Rucksack und verreist. 1988 wurde sie mit dem Jugendliteraturpreis der Stadt Dinkelsbühl ausgezeichnet.

© privat

Christamaria Fiedler wurde in Berlin geboren und lebt heute in Schöneiche bei Berlin. Seit 1967 arbeitet sie als freie Autorin für Verlage, Presse, Rundfunk und Fernsehen in Sachen Kinderliteratur.

Sternschnuppenküsse

»Also, mich hat noch niemand geküsst«, sagte ich stolz. »Das wäre auch das Allerletzte!«

»Du bist echt ein Problemfall, Jale.« Kati löffelte den Milchschaum aus der Cappuccino-Tasse.

Ich schüttelte den Kopf. »Bin ich nicht. Aber ich kenne mich aus mit Jungs, deshalb will ich nicht geküsst werden.«

Marie schnaubte. »Das sagst du nur so. Aber es stimmt garantiert nicht.«

Ich wurde sauer. »Klar stimmt das!«, rief ich empört.

Wir hatten am Nachmittag Sportunterricht gehabt und saßen jetzt in unserer Lieblingskaffeebar: Kati, Marie, Tina, Silja und ich, Jale. Wir sind seit ewigen Zeiten befreundet und wohnen alle in der Langen Straße, die so heißt, weil sie lang ist; sie zieht sich vom Fluss unten bis zur Hügelkuppe hinauf.

Seit der Weihnachtsaktion unserer Schule »Hilfe für den Nachbarn« ist Kati mit Flo und Marie mit Felix befreundet. Silja hat ihren Oliver auf einer Faschingsfete kennengelernt und Tina ist schon seit dem Kindergarten mit Eddi zusammen. Ihr wurde vor vier Monaten eine fest sitzende Zahnspange verpasst, Eddi bekam seine vor drei Monaten, und ich muss sagen, die Zahnspangengeschichte hat die beiden stark zusammengeschweißt.

Ich habe keinen Freund, und, ganz ehrlich, ich will auch keinen. Ich spiele Klavier, ich habe ’ne Eins in Sport, bin Mitglied in unserem Schwimmverein und räume dort regelmäßig alle Preise ab, die es in meiner Altersklasse gibt. Mir reicht das.

Außerdem habe ich drei ältere Brüder: Till, Markus und Matti.

Wer mit drei älteren Brüdern gesegnet ist, kennt sich aus mit Jungs. Ich weiß, wie sie morgens ins Bad schleichen und so tun, als würden sie sich waschen. Ich weiß, dass sie ihre dreckigen Socken und ihre verschwitzten Sporttrikots überall rumliegen lassen. Ich weiß, welche Ausreden sie erfinden, wenn sie ein Mädchen nicht sehen wollen – UND ich weiß, wie sie sich stylen, wenn sie es auf eines abgesehen haben. Meine Brüder sind große Angeber, geniale Ausredenerfinder und coole Schleimer mit wahnwitzigen Anmachsprüchen. Ich schätze, alle Jungs sind so. Aber bei uns ist es krasser; meine drei Brüder tauschen nämlich immer ihre Erfahrungen aus. Das kann ziemlich nerven.

Außerdem muss ich ständig auf der Hut sein, dass sie mich nicht gnadenlos unterbuttern. Manchmal ist das echt anstrengend; passe ich ein Mal nicht auf beschweren sie sich: »Aber Jale, wie kann man nur so dusslig sein! Aber klar, du bist ein Mädchen. Sei froh, dass du uns hast, wir sagen dir schon, wo es langgeht.«

Na ja, drei ältere Brüder zu haben ist kein reines Vergnügen. Weil mich meine Freundinnen aber um sie beneiden, haben sie kein Verständnis für die Nachteile, die ich als Jüngste von vier Geschwistern habe. An diesem Nachmittag regte mich das dermaßen auf, dass ich beschloss, endlich mal Klartext zu reden.

»Ich kenne mich aus mit Jungs«, wiederholte ich. »Deshalb will ich nicht geküsst werden und ich will auch keinen Freund. Es ist nämlich so, dass –«

»Kapier ich nicht«, fiel mir Silja ins Wort. »Du siehst von uns fünf am besten aus, du bist keine Zicke und kein Jammerlappen und außerdem bist du die Frechste von uns allen.«

»Stimmt«, bestätigte Tina. »Und du kannst es dir leisten – bei deinen Noten!«

»Aber«, sagte Marie zu Tina, »sie wurde noch nie geküsst.«

»Das liegt an meinen drei älteren Brüdern!« Ich verdrehte die Augen. »Wenn ich nur an meinen Matti denke …!«

Ich mag meinen Bruder Mattias. Matti ist zwei Jahre älter als ich und ein klasse Sportler. Vor einem Jahr erfuhr er zufällig, dass eine angesagte Snowboardfirma einen Jungen für einen Werbespot suchte, und weil er so gut Snow- und Skateboard fährt, als wäre er auf einem Brett zur Welt gekommen, nahm er heimlich am Casting teil – und wurde engagiert. Klar, man sieht eigentlich nur stiebenden Schnee und nichts von seinem Gesicht, aber mein Opa hat im ganzen Ort die Werbetrommel gerührt. Kann man verstehen, nicht jeder hat jemanden wie Matti in der Familie, aber seitdem stehen die Mädchen Schlange und versuchen fast alles, um mit ihm mal ausgehen und ’ne Cola oder so trinken zu können. Tja, und anschließend berichtet er mir dann so einiges über die Mädchen. Till und Markus tun das auch, aber Mattis Berichte sind besonders krass. Dadurch ist mir die Lust auf einen Freund echt vergangen.

Ich meine, wenn der Junge über mich so reden würde wie Matti, Till und Markus über die Mädchen, die sich an sie ranmachen, bekomme ich, wenn ich nur dran denke, schon einen knallroten Kopf. Nee, ich will keinen Freund und küssen lasse ich mich schon gar nicht. Ich nicht!

»Wieso? Dein Matti ist doch einfach super«, schwärmte Silja. »Wenn ich nicht meinen Oliver hätte, würde ich mir überlegen, ob –«

»Vergiss es!«, rief ich entsetzt.

»Ich weiß, er kann jedes Mädchen an Land ziehen«, bestätigte Silja. »Trotzdem hat er keine feste Freundin, oder?«

»Nicht trotzdem. Deshalb.«

»Wie bitte?«

»Kapierst du nicht? Seit er den Werbespot gemacht hat, gibt es so viele Mädchen, die mit ihm ausgehen wollen, dass er jetzt alle blöd findet.«

»Uns auch?«, wollte Marie wissen.

»Wir fünf sind die Ausnahme«, erklärte ich.

»Sagst du das nur so oder stimmt das?«, erkundigte sich Kati.

»Ehrlich, es stimmt. Ihr habt eure Freunde und macht euch nichts aus Matti. Matti findet das voll in Ordnung, er hätte ja auch nichts dagegen, wenn ich einen festen Freund hätte. Es muss nur der Richtige sein. Aber wie finde ich den Richtigen? Den, der nicht denkt, ich würde mich an ihn ranschleimen? Sich Ranschleimen ist das Schlimmste, was ein Mädchen tun kann. Es ist noch schlimmer als knallrote Krallenfingernägel oder Girlie-Gekicher oder wenn man auf Highheels herumschlingert wie die Titanic kurz vorm Untergang, sagen meine Brüder.«

Alarmiert hob Tina ihre Augenbrauen. »Was sagen sie denn noch alles?«

Ich runzelte die Stirn. »Sie sagen: ›Pass auf, Jale, solange du nicht weißt, wie der Junge tickt, lässt du dich besser nicht mit ihm ein. Es könnte sein, dass er etwas über dich austratscht, was total uncool ist. Zum Beispiel, dass er dich komplett öde fände, aber du hättest das nicht bemerkt und dich an ihn rangemacht. Das kann erstunken und erlogen sein, aber wer weiß das schon? In den Augen der Jungs bist du damit erledigt.‹ Das sagen sie und natürlich haben sie recht, schließlich gibt es nichts Nervigeres als Mädchen, die klammern oder unbedingt geküsst werden wollen.«

»O. k., das kapiere ich«, stimmte Tina mir zu. »Aber wie willst du wissen, wie ein Junge tickt, wenn du gerade mal ›Guten Tag‹ zu ihm gesagt hast? Das ist doch das Problem.«

»Klar. Das Risiko, sagen meine Brüder, ist enorm. Deshalb passen sie ja auch auf mich auf. Sobald sie fürchten, einer hätte es auf mich abgesehen, warnen sie mich: ›Jale, lass bloß die Finger von dem! Mit so ’nem Loser kannst du dich echt nicht abgeben!‹«

»Das ist gemein!«, protestierte Tina, die anderen stimmten ihr zu und Marie setzte noch eins drauf: »Du hast ein weiteres Problem, Jale, das allerdings nicht mit deinen Brüdern zusammenhängt. Weil du nämlich in der Schule so gut bist, machen die meisten Jungs sowieso einen Bogen um dich. Was beweist, dass auch Klassefrauen ihre Probleme haben.«

»Stimmt. Du hast wirklich jede Menge Schwierigkeiten: Du hast drei ältere Brüder, du bist eine Klassefrau und hast in Matti auch noch einen Klassebruder – das ist für die meisten Jungs einfach zu viel Klasse«, bestätigte Kati. »Wer kann da schon mithalten!«

»Aber wegen der Sache mit deinen Brüdern –« Marie schüttelte die Haare nach hinten. »Ich glaube, dass sie dir keinen Freund gönnen. Deshalb spielen sie die richtig fiesen Liebeskiller.«

»Hey! Leute!«, rief ich verblüfft. »So habe ich das noch nie gesehen! Und, ehrlich gesagt, glaub ich das auch nicht.«

Meine Freundinnen prusteten los. »Klar, deshalb finden wir ja auch, dass du ein echter Problemfall bist!«

Drei Tage lang dachte ich darüber nach, konnte aber nicht glauben, was meine Freundinnen über meine Brüder gesagt hatten.

Dafür fiel mir etwas anderes auf: dass nämlich einer aus der Klasse von meinem Bruder Markus in den Pausen gerne mal zu uns Mädchen rüberschlenderte oder im Flur vor unserem Klassenzimmer an der Wand lehnte. Eigentlich sah der Typ ganz nett aus; ich wunderte mich nur darüber, dass er fast immer eine kleine Knipskiste dabeihatte. Ein bisschen komisch fand ich das schon. Aber ich dachte mir nichts dabei.

Mitte Juni hat Silja Geburtstag. Seit unsere Clique besteht, lädt sie uns an diesem Tag zum Blaubeerpfannkuchen-Essen ein. Ihre Mutter ist nämlich Schwedin und Blaubeerpfannkuchen sind so was wie ein schwedisches Nationalgericht.

Wir hatten gerade die letzten Pfannkuchen verdrückt, als Britta, Siljas Mutter, sich zu uns setzte und fragte: »Geht ihr am Samstag zur Sonnwendfeier? Ich habe in der Zeitung gelesen, dass oben auf dem Berg ein großer Holzstoß angezündet wird, man kann etwas essen und trinken, und tanzen kann man auch. Es ist dann fast so wie in Schweden, da wird die Mittsommernacht nämlich immer ganz groß gefeiert.«

»Wie denn?«, fragte ich neugierig.

Britta schüttelte ihre langen weißblonden Haare nach hinten. »Die Mittsommernacht ist die wichtigste Nacht des Jahres; es gibt kein schwedisches Mädchen, das sich von dieser Nacht nicht etwas Besonderes erhofft.«

»In Bezug auf Jungs?« Ich winkte ab. »Ätzend.«

»Kein bisschen ätzend. Es ist die Nacht der Nächte.«

»Was ist das Besondere daran? Ist es wie Weihnachten? Bekommt man was geschenkt?«

Britta lachte. »Ja, wenn man alt genug ist und wenn man es sich wirklich wünscht … Als ich so alt war wie ihr, ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen, und die Wünsche meiner Freundinnen auch.«

Ich grinste. »O Gott, ich kann mir denken, was ihr euch gewünscht habt.«

»Hey, Ma, du bringst mich auf eine Idee! Das wäre doch die perfekte Nacht für Jale!«, rief Silja.

»Ich wünsche mir aber nichts.«

»Na klar wünschst du dir was!«, entgegnete Silja. »Gib’s zu, ganz im Geheimen wünschst du dir doch einen Freund!«

»Dann ist die Mittsommernacht genau das Richtige«, meinte Siljas Mutter.

Bevor ich protestieren konnte, erklärte sie: Wenn man am Abend vor der Mittsommernacht sieben verschiedene Blumen von sieben verschiedenen Wiesen pflückt, über sieben verschiedene Zäune klettert, einen Kranz aus den siebenerlei Blumen flicht und diesen unters Kopfkissen legt, sieht man im Traum unweigerlich das Gesicht dessen, den man in der Mittsommernacht küssen und später vielleicht sogar heiraten wird.

»Das ist wirklich die perfekte Nacht für dich, Jale. Irgendwann musst du schließlich geküsst werden. Außerdem solltest du endlich deinen Brüdern klar machen, dass sie sich gefälligst aus deinen Angelegenheiten rauszuhalten haben«, rief Silja.

Meine Freundinnen stimmten ihr natürlich zu aber mir ging das Ganze einfach zu schnell. »Wie kommt ihr nur auf die Idee, dass ich geküsst werden will? Ich hab euch das doch erklärt: Ich will nicht geküsst werden«, redete ich mich raus.

»Na, komm! Trau dich, Feigheit gilt nicht«, meinte nun auch Kati.

»Mit Feigheit hat das nichts zu tun«, verteidigte ich mich. »Ich kenne einfach niemanden, von dem ich geküsst werden will.«

»Du kennst jede Menge Jungs, die –«

»Ja, und jeder hat ’ne Macke, das sagen auch meine Brüder. Entweder ist er todlangweilig, eingebildet und eitel oder pickelig, fetthaarig, schüchtern und unsportlich. Oder er ist nur sportlich und hat sonst nichts zu bieten … soll ich noch mehr aufzählen?«

»Pah! Kapierst du nicht? Das sagen deine Brüder nur, um dich abzuschrecken!«, rief Tina. »Wenn ich an unsere Freunde denke –«

»O. k. Die sind in Ordnung. Ich schätze, die wollt ihr behalten, was?«

»Klar, das sind keine Jungs zum Fremdküssen«, meinte Kati entschieden. »Trotzdem – es gibt tausend andere.«

Ich winkte ab. »Ich will wirklich nicht.«

»Und wenn du nur mal so zum Spaß küsst?«, fragte Tina.

»Dann kann ich ja gleich eure Freunde abküssen. Ich meine, wenn’s nur zum Spaß sein soll, könnt ihr ja daneben stehen und zuschauen.«

Da rastete Kati aus. »Du hast sie wohl nicht alle!«, rief sie empört.

»Warum regst du dich auf? Können eure Freunde nicht küssen?«

»Darum geht es nicht«, meinte Silja hitzig. »Soll ich Däumchen drehen, während du meinen Oliver abknutschst? Vielleicht sogar ’nen Zungenkuss riskierst? Nee, so weit geht meine Freundschaft nicht, nicht mal bei dir, Jale.«

Ich kapierte, dass meine Freundinnen wild entschlossen waren, mir in der Mittsommernacht einen Freund zu verpassen. Ehrlich gesagt war ich gar nicht mehr so abgeneigt: Vielleicht wollten mir meine Brüder das Küssen tatsächlich vermiesen? Wenn ja, warum eigentlich? Wenn ich meinen Freundinnen glauben sollte, und das tat ich, dann war das Küssen doch eine tolle Sache.

Allerdings sah ich ein paar Schwierigkeiten.

Erstens: Um endlich an einen Kuss zu kommen, wollte ich nicht einfach irgendeinen blöden Typen abknutschen. Meine Brüder würden mich ohne Ende auslachen, sie würden Dinge zu mir sagen, die ich um keinen Preis der Welt hören wollte, und hätten Oberwasser bis zum Gehtnichtmehr; alles in allem eine riesengroße Peinlichkeit.

Zweitens: Klar, meine Freundinnen wollten mir helfen. Aber wenn sie hinterher sagen: O ja, wir haben Jale zu ihrem ersten Kuss verholfen – also dann würde das gewaltig gegen meinen Stolz gehen. Irgendwie musste ich mein Kuss-Objekt selbst auftreiben.

Drittens: Wie konnte ich das bis zur Mittsommernacht, also innerhalb einer knappen Woche, schaffen?

»Wir treffen uns am Abend davor«, platzte Silja in meine Gedanken. »Wir helfen dir beim Blumen pflücken, helfen dir, einen Kranz zu flechten, sehen zu, wie du über sieben Zäune hüpfst, und dann schau’n wir mal, was passiert.«

»Und wenn ich den depperten Kranz nicht unters Kopfkissen lege?«

»Dann ist dir nicht zu helfen«, meinte Tina. »Eine Gelegenheit wie die Mittsommernacht lässt man einfach nicht ungenutzt verstreichen, stimmt’s?«

»Stimmt. Also abgemacht, wir holen dich am Freitagabend ab. Vor deiner Haustür«, sagte Kati. »Du kommst doch, ja? Drei Worte genügen: Ich bin dabei.«

»Drei Worte genügen?«, wiederholte ich lachend. »Mir reichen zwei: Ich komme.«

O. k., ich hatte mich entschlossen, ein geeignetes Kuss-Objekt zu finden. Deshalb ließ ich vor dem Einschlafen alle Jungs, die ich kannte, vor meinem inneren Auge vorüberziehen: die Freunde meiner Freundinnen, die Kumpel meiner Brüder und die Typen, die ich vom Schwimmverein und aus der Schule kenne. Der mit der Knipskiste war auch darunter, aber von ihm kannte ich ja noch nicht mal den Namen … Vielleicht träumte ich ja jetzt schon von demjenigen, der der Richtige für mich sein würde. Ich schlief ein und hatte einen so komischen Traum, dass ich am Morgen sofort zu Tina raste.

»Stell dir vor, was ich heute Nacht geträumt habe! Dein Eddi holt mich am Abend ab, wir gehen an den Fluss, er nimmt mich in den Arm und meint: ›Jale, ich möchte dich küssen. Weißt du, ich bin seit dem Kindergarten mit Tina befreundet und kenne nur Tinas Küsse. Es wird Zeit, mal Küsse von anderen zu bekommen. Macht es dir was aus, dass ich ’ne Zahnspange trage?‹ Das habe ich geträumt, Ehrenwort.«

»Waaas?« Tina war außer sich. »Eddi würde so was nie sagen! Nie, nie, nie! Nicht mal im Traum würde er daran denken, dich zu küssen!«

»Hat er aber. In meinem Traum hat er mich geküsst«, versicherte ich.

»War’s wenigstens schön?«, wollte Marie wissen.

Ich lächelte träumerisch. »Schön? Es war super! Schade, dass Eddi dein Freund ist, Tina.«

»Und es auch bleiben wird!«

»Klar, meinst du, ich spanne ihn dir aus? Niemals.«

»Wir wären Feindinnen bis ans Lebensende«, versicherte Tina.

»Eben. Das will ich nicht riskieren.«

In der nächsten Nacht hatte ich wieder einen Traum. Der war wirklich sehr schön, nur leider sah ich das Gesicht des Jungen ganz undeutlich – ich vermute aber, der Junge war Flo, Katis Freund. Am nächsten Morgen war ich noch wie benommen und so schweigsam, dass es meinen Freundinnen sofort auffiel.

»Ist was?«, fragte Kati.

»Nein, nein.« Ich setzte mich aufs Schulhofmäuerchen und schloss die Augen.

»Bist du krank, Jale?«, erkundigte sich Silja.

»Krank? Nö.«

»Eben. Du bist ja dermaßen sportlich, hast ein gesundes Herz und überhaupt – du bist dreizehn. Mit dreizehn ist man selten krank«, beruhigte mich Kati. »Also hast du Sorgen. Ärgern dich deine Brüder? Willst du uns nicht sagen, worum es geht?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Wir sind doch Freundinnen«, beharrte Kati. »Wir haben keine Geheimnisse voreinander.«

»Wenn du meinst … Ich hatte wieder einen Traum. Diesmal –« Ich legte die Hand auf die Stelle, wo mein Herz schlug.

»Ja und?«

»Flo … Wir trafen uns am Fluss, wir zogen uns aus, schwammen bis zu dem Baum, der im Wasser liegt, und da …«

»Nein!«, jaulte Kati auf. »Das glaube ich dir nicht, Jale! Du erfindest das nur, um mich zu ärgern!«

Ich schüttelte den Kopf. »Es war ja bloß ein Traum«, flüsterte ich.

»Ich sag dir was!«, schrie Kati. »Du hörst sofort zu träumen auf!«

»Was kann ich dafür, wenn ich von euren Freunden im Traum geküsst werde?!«, verteidigte ich mich. »Und überhaupt – vielleicht war der Junge gar nicht dein Flo. Vielleicht war es jemand ganz anderes. Ich hab nämlich das Gesicht nicht genau gesehen!«

Das war am Dienstagmorgen gewesen. In der großen Pause und nach der Schule lungerte der Junge mit der Kamera wieder in unserer Nähe herum, aber ich schaffte es nicht, ihn anzusprechen – die Gelegenheit dazu ergab sich einfach nicht.

Am Mittwochmorgen dann erkundigten sich Kati und Tina, ob ich wieder geträumt hätte.

»Gott sei Dank, diese Nacht habe ich geschlafen wie ein Murmeltier«, versicherte ich, was meine Freundinnen sehr beruhigte.

Nach dem Schwimmtraining am Nachmittag traf ich, wie fast jede Woche, Siljas Freund Oliver vor dem Hallenbad.

»Hey, Jale, war wieder ein super Training, was?«

»Stimmt.« Wir gingen zu unseren Rädern.

»Hör mal.« Oliver grinste. »Ein Kumpel von mir will mal mit dir ein Eis essen.«

Ich horchte auf. »Nur zu«, sagte ich. »Wo liegt das Problem? Kann er das Eis nicht bezahlen? Hat er kein Geld?«

»Er hat das Geld. Aber du hast die Brüder. Die sind das Problem.«

»Wer sagt das?«

»Na, wer wohl? Mein Kumpel natürlich. Er meint, er hätte schon ein paarmal in der Langen Straße auf dich gewartet, aber weil deine Brüder ihn rumstehen sahen, haben sie wohl vermutet, das sei nicht ganz zufällig.«

»In der Langen Straße wohnen einige Mädchen.«

»Na ja, das sagte mein Kumpel auch. Aber deine Brüder haben schließlich Augen im Kopf. Sie haben ihn …«, Oliver grinste, »… sie haben ihn ›verwarnt‹. Aber er sagt, das lässt er sich nicht bieten. Übrigens – Silja meint, du seist noch nie geküsst worden. Stimmt das?«

»Was geht dich das an?«

»Eigentlich nichts.«

»Eben. Aber ich weiß trotzdem, wie’s geht.«

»Ach nee«, spottete Oliver und legte den Arm um mich. Das ist nichts Besonderes, wir beide sind ja schon seit einer Ewigkeit im Schwimmverein, aber dass genau in diesem Augenblick Silja, die meine Traumgeschichten mitbekommen hatte, um die Ecke radeln musste, war natürlich Pech. Sie legte ’ne hitverdächtige Vollbremsung hin, ließ das Rad zu Boden fallen, schoss auf uns zu und brüllte: »Du fieser Kerl! Und du, Jale, bist wirklich die Allerletzte!«

Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang sie aufs Rad und machte die Fliege.

Mit offenen Mündern starrten wir ihr nach. Erst als ich Oliver den Mittsommernachtsplan und meine Träume erklärt hatte, kapierte er, weshalb seine Freundin so ausgerastet war. Als er die Zusammenhänge begriffen hatte, machte er sich auf, um sich mit Silja zu versöhnen und ihr zu versichern, dass es für ihn nur eine einzige Freundin gab: Silja.

Wegen Siljas Ausraster vergaß er ganz, mir zu sagen, wer denn der Typ gewesen ist, den meine Brüder vergraulen wollten. Hatte ich einen heimlichen Verehrer? Ob das wieder der Junge mit dem Fotoapparat gewesen ist?

Am Donnerstag stand unsere Clique nach Unterrichtsschluss auf dem Schulhof. Ich hielt gerade Ausschau nach Oliver, weil ich endlich den Namen seines Kumpels erfahren wollte, um zu sehen, ob dieser ein geeignetes Mittsommernachts-Kussobjekt abgeben könnte, als Felix über den Hof trabte. Felix ist einer der nettesten und angesagtesten Typen der ganzen Schule und, wie bereits erwähnt, Maries Freund seit unserer Weihnachtsaktion »Hilfe für den Nachbarn«.

»Hi«, sagte er zu mir. »Was höre ich da? Du bist noch nie geküsst worden? Stimmt das?«

»Klar stimmt das!«, sagte ich.

»Irgendwie finde ich das cool.« Er grinste und lachte. »Soll ich dir –«

»He, halt du dich da raus!«, rief Marie wütend.

»Ist ja gut …« Felix hob abwehrend die Hände. »Man darf doch wohl noch fragen.«

Nach diesem Zwischenfall fanden meine Freundinnen ihre Idee, mich endlich von einem eigenen Lover küssen zu lassen, aktueller denn je. In jeder Pause löcherten sie mich: »Wie findest du diesen? Was hältst du von jenem? Wie wär’s mit dem da?« Den Kamera-Typ ließen sie aus; kein Wunder, der lief uns nämlich nicht über den Weg. Leider!

An diesem Donnerstagnachmittag musste ich für meine Mutter etwas besorgen. Als ich aus dem Geschäft und auf die Straße trat, stolperte ich fast über ein kleines Mädchen. »Mami!«, brüllte die Kleine. »Mami, wo bist du?«

»Hallo«, sagte ein Junge, der auf der Straße stand, zu ihr, »kann ich dir helfen?«

Die Kleine erschrak, klammerte sich an meine Einkaufstasche – und ich hielt den Atem an. Es war der Typ mit dem Fotoapparat.

»Gehört die Kleine zu dir?«, fragte er mich.

»Nee, ich kenne sie nicht.«

»Sie hat wohl ihre Mutter verloren. Was machen wir denn jetzt?« Er beantwortete seine Frage selbst: »Am besten, wir bringen sie zur Polizei.«

Der Junge hob seinen Apparat vors Auge. »Augenblick mal. Bleibt stehen, ihr beide, ja, genau so! Bitte NICHT lächeln, die Kleine sucht ihre Mami, das ist ’ne ernste Sache!«

Bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte er uns beide im Kasten, dann meinte er munter: »Auf geht’s, bringen wir’s hinter uns.«

Da stürzte plötzlich eine Frau aus dem nahen Drogeriemarkt, die Kleine brüllte: »Mami! Mami, wo warst du?« – und der Fall war erledigt. Erleichtert winkten wir der Kleinen hinterher.

»Ende gut, alles gut«, meinte der Junge cool. »Wie heißt du eigentlich?«

»Jale«, antwortete ich verdutzt. »Wieso?«

»Nur so …«, druckste er herum. »Na, dann … bye-bye.«

»Servus.« Ich schluckte. Soo kurz war ich noch nie abserviert worden; eigentlich war ich fast beleidigt. Ich meine, ein bisschen Höflichkeit kostet schließlich nichts – und überhaupt: Warum lief der immer mit einem Fotoapparat durch die Gegend?

Aber da ich drei ältere Brüder habe und weiß, wie Jungs ticken und wie blöd sie im Grunde sind, straffte ich die Schultern und machte mich auf den Heimweg.

Ich nahm mir vor, meine Brüder nach einem Typ auszuhorchen, der eine Brille trug, blonde Haare hatte und mit einem Knipsapparat unterwegs war.

»Das kann nur Sven sein«, sagte mein Bruder Markus sofort, als ich ihn fragte. »Der hat echt ’ne Macke. Dauernd rennt er mit dem Apparat durch die Gegend. Warum fragst du?«

»Nur so«, antwortete ich ausweichend.

»Lungert der schon wieder vor dem Haus herum?«, erkundigte sich Till misstrauisch.

Ich horchte auf. Dann war der Typ, von dem Oliver erzählt hatte, tatsächlich derselbe gewesen!

»Soll ich ihn mir vorknöpfen?«, fragte er mit grimmigem Blick. »Ich meine, in aller Freundschaft natürlich.«

»Quatsch, aber –«

»Jale, mit dem lässt du dich nicht ein, klar? Ich kapier sowieso nicht, warum er schon wieder vor unserem Haus rumhängt«, meckerte Matti. »Ich meine, der muss echt begriffsstutzig sein, wenn ihm eine Warnung nicht genügt.«

»Wir haben ihm nämlich schon mal höflich erklären müssen, dass wir ihn in unserer Straße nicht gerne sehen«, sagte Till und spielte den Obercoolen. »Und jetzt sagst du, Jale –«

»Ich hab gar nichts gesagt!«, fauchte ich. »Und damit ihr es nur wisst: Getroffen habe ich ihn in der Stadt!«

»Was? Das ist ja noch schlimmer!«, schrie Matti. »Der Typ ist wirklich nichts für dich, Jale!«

Also, da wurde ich aber sauer! Gut, ich muss nicht unbedingt und ausgerechnet in der Mittsommernacht geküsst werden, aber meine Brüder hatten noch lange nicht das Recht, mir jeden Typ zu vermiesen! Vielleicht lagen meine Freundinnen mit ihrer Meinung wirklich nicht so weit daneben … Es war höchste Zeit, meinen Brüdern einen Denkzettel zu verpassen.

Leider hatte ich bis zum Schulschluss am Freitag noch immer kein eigenes Kuss-Objekt gefunden und musste daher notgedrungen auf die Idee meiner Freundinnen zurückgreifen.

»Ich werde die sieben Primeln auf den sieben Grünflächen pflücken, ich werde über sieben Maschendrahtzäune hechten, ich werde den verdammten Kranz basteln und ihn unters Kissen stopfen. Und ich weiß jetzt schon, dass meine Mutter am Morgen beim Bettenmachen die Krise bekommen wird, wenn sie die grünen Flecken auf der sauberen Wäsche entdeckt … Aber eines sage ich euch: Falls mir einer von euren Freunden im Traum erscheint, blase ich das Ganze ab. Eure Freundschaft ist mir nämlich wichtiger als mein erster Kuss, klar?«

»Jale!«, rief Tina ungläubig. »Gibst du’s endlich zu? Du willst also doch geküsst werden.«

»Nee, ich will’s eigentlich nicht, aber ich muss wohl.« Ich berichtete ihnen von meinen Brüdern und davon, dass sie mir bisher noch jeden Jungen mies gemacht hatten. »Vielleicht liegt ihr mit eurer Vermutung gar nicht so daneben. Es ist doch so: Weshalb sollten nur eure Freunde in Ordnung sein? Wenn man mal darüber nachdenkt, kann’s so einen Zufall eigentlich nicht geben, oder?« Ich grinste.

»Genau das sagen wir auch!«, rief Marie. »Endlich hast du kapiert, dass deine Brüder richtig fiese Liebeskiller sind. Es kann nicht sein, dass von allen Jungs dieser Stadt nur unsere Freunde und deine drei Brüder voll in Ordnung sind; es muss mindestens noch einen geben, der dir gefällt und den du küssen kannst, Jale. Wir helfen dir, ihn zu finden – weshalb nicht mit dem Mittsommernachtstrick? Ist doch egal, wie man zu seinem Glück kommt, Hauptsache, du sagst hinterher: Ende gut, alles gut!«

Abends, kurz nach sechs, fuhren wir mit den Rädern runter zum Fluss. Da gibt es Wiesen noch und noch und wir dachten, in null Komma nichts die Blumen abhaken und zum lustigen Teil, nämlich dem Zäunespringen, übergehen zu können. Das Ganze lief aber nicht so locker, wie wir gedacht hatten. Es gibt da nicht mehrere Wiesen, sondern nur eine einzige lange Grasfläche, eine Flussaue nennt man das, und die ist nicht durch Zäune getrennt.

Wir stiegen von den Rädern und schauten ziemlich belämmert auf das viele Grün.

»In Schweden sieht das anders aus«, stellte Silja fest.

»Mensch, in den großen Ferien bist du immer in Schweden, aber wie es hier aussieht, hast du nicht gecheckt«, schimpfte Tina.

»Bin ich eine Kuh und interessiere mich für Wiesen?«, verteidigte sich Silja. »Aber eigentlich sind es doch getrennte Grasflächen, seht ihr das nicht? Nicht durch Zäune, sondern durch Gräben.«

»Klar, damit nach heftigen Regenfällen das Wasser abfließen kann«, erklärte Tina. »Wisst ihr was? Wir können nichts dafür, dass es in Schweden anders aussieht als bei uns. Wir richten uns eben nach den örtlichen Gegebenheiten. Muss Jale die sieben Blümchen eigentlich alleine finden oder dürfen wir ihr helfen?«

»Sie muss sie pflücken, aber wir können sie ihr zeigen«, sagte Silja, und die sollte es schließlich wissen.

Gut, wir zogen los.

Erste Wiese: ein Löwenzahn.

Zweite Wiese: ein Wiesenschaumkraut.

Dritte Wiese: ein Kleeblatt samt Blüte.

Vierte Wiese: eine krumme, zerzauste Margerite.

Fünfte Wiese, wo sie an den Schotterweg anstößt: etwas Ähnliches wie eine Margerite, nur verzweigter und mit kleineren Blüten. Marie meinte, das sei eine Kamille, aber sicher war sie sich nicht. Trotzdem – es war ganz klar eine Blume.

Sechste Wiese: nichts Neues. Wir schwärmten aus, hatten die Nasen fast im Gras, fanden aber einfach keine sechste Blume. Endlich, wieder direkt am Weg, entdeckten wir blaue Blumen. Die waren sehr hübsch, hatten allerdings dermaßen zähe Stängel, dass wir leider eine ganze Pflanze ausreißen mussten. O. k., O. k., wir wissen, dass das nicht korrekt ist, aber wer denkt schon an eine Schere? Eben.

Siebte und letzte Wiese: nichts.

»Wenigstens ein Gänseblümchen müsste zu finden sein«, jammerte Tina. »Oder ein Veilchen!«

»Veilchen sind verblüht. Schlüsselblumen auch«, knurrte ich. »Ich hab die Nase voll. Was soll das Ganze? Ich meine, ich mache das ja eh nur zum Jux. Dass das Ganze dermaßen in Arbeit ausartet, hab ich nicht gedacht.«

»Wir auch nicht«, sagte Silja – und sah die siebte Blume: klein, gelb, Name nicht bekannt. Aber es war eine Blume, und wir hatten die volle Sieben.

Kati krauste die Nase. »Sagt mal, sollen die paar Mickerlinge einen Kranz geben? Die reichen ja nicht mal für ein Armband.«

Sie hatte Recht. Wir kehrten zur ersten Wiese zurück und meine Freundinnen sahen zu, wie ich Löwenzähne pflückte. Ich legte meine Beute in den Fahrradkorb und meinte: »So, der erste Teil ist erledigt. Was kommt jetzt?«

»Jetzt sind die sieben Zäune dran«, sagte Silja zögernd. »Aber ich hab nicht den blassesten Schimmer, wo wir die finden könnten.«

»Aber ich weiß das«, rief Kati triumphierend. »Nehmt die Räder und fahrt mir hinterher!«

Wir fuhren quer durch die Stadt und dort am anderen Ende wieder runter zum Fluss. Vor der Schrebergartenanlage machte Kati Halt.

»Na, gibt’s hier Zäune, oder nicht?«, fragte sie triumphierend.

Es gab Zäune noch und noch. Leider hielten sich einige Leute in den Gärten auf; sie gossen ihren Salat, banden irgendwelche Ranken hoch oder schnitten verblühte Blumen ab.

»Mist«, sagte ich. »Ich mache mich ja voll lächerlich, wenn ich hier den Skippy spiele.«

»Ich schätze, die Leute denken, du willst ihr kostbares Bio-Gemüse klauen«, vermutete Kati. »Was sollen wir tun?«

»Warten«, antwortete ich prompt. »Warten und den Kranz flechten. Silja, weißt du, wie das geht?«

»Keine Ahnung«, gestand sie. Trotzdem holte ich die Blumen aus dem Fahrradkorb. Sie sahen schon recht elend aus, vor allem die Löwenzähne waren voll lasch. Unschlüssig schauten wir uns an und ich ahnte, dass meine Freundinnen den ganzen Plan wieder mal zum Teufel wünschten.

»Na, was habt ihr vor?«, fragte eine ältere Frau die gerade ihr Gartentörchen zuschloss.

»Wir wollen einen Kranz flechten«, gestand ich.

»Mit DEM Unkraut?«, entgegnete die Frau lachend.

»Wir haben keine anderen Blumen.«

»Soll’s ein Geschenk werden?«, erkundigte sie sich.

»Na ja, nicht direkt, aber wir brauchen wirklich einen Kranz. Es ist echt wichtig.«

Die Frau schaute auf ihre Uhr. »Also wenn es eine wichtige Angelegenheit ist, könnte ich euch helfen. Wäre euch das recht?«

»Und wie!«, riefen wir.

Die Frau ging in ihren Garten und kam nach wenigen Minuten mit Blumen, Zweigen und allerlei Gerätschaften zurück. »Macht Platz und schaut zu, dann lernt ihr, wie es geht«, meinte sie. Sie setzte sich zwischen Kati und Silja, legte einen Schurz über die Knie und Oberschenkel, formte dann einen Efeuzweig zu einem Kreis, band die Enden mit Blumendraht zusammen, nahm immer mehrere Blümchen auf, legte die an den Zweig und wickelte den dünnen Draht darum. Wir passten auf, dass sie auch meine sieben nicht vergaß, und staunten nicht schlecht, dass der Kranz in null Komma nichts fertig war.

»So.« Die Frau legte ihn auf Siljas Kopf. »Hübsch siehst du aus.«

»Der ist für Jale«, sagte Silja sofort und gab ihn mir.

Ich stand auf und platzierte ihn vorsichtig auf meinen Haaren.

»Danke! Super Foto!«, rief jemand und kam hinter einer Hecke hervor.

Ich drehte mich blitzartig um. »Sven!«, rief ich. »Wo kommst du denn her?«

»Wow! Du kennst ja meinen Namen, Jale!«

»Wieso folgst du mir ständig?«, fragte ich verwirrt.

»Sag ich nicht!« Sven stieg aufs Rad, grinste verlegen und raste davon.

»Wer ist denn das?«, wollten meine Freundinnen wissen.

»Och, das ist so ’n Typ. Geht in die Klasse von meinem Markus«, sagte ich beiläufig.

»So, so«, meinte die Frau, faltete ihre Schürze zusammen, packte den Blumendraht und die Schere weg und stand auf. »Und wer ist Markus?«

»Mein Bruder.«

»Na!« Sie grinste.

»Ehrlich!«

»Es stimmt«, bestätigte Marie. »Jale hat drei Brüder; einer davon heißt Markus.«

Die Frau lachte. »So, ich muss heim. War nett, euch kennengelernt zu haben.«

Kaum war die Frau gegangen, löcherten mich meine Freundinnen. »Woher kennst du Sven? Und seit wann? Ist er nett? Warum hatte er einen Fotoapparat dabei?«

»Ich weiß fast nichts über ihn«, versicherte ich. »Es war purer Zufall, dass wir uns begegnet sind!«

»Ja, ja, purer Zufall«, spottete Marie.

Wir sahen zu, wie die Sonne unterging, wie es langsam dämmrig wurde und wie die Leute ihre Gartengeräte wegräumten und sich auf den Heimweg machten. Da war es schon fast zehn Uhr und wir hatten auch nicht mehr viel Zeit, schließlich mussten wir nach Hause.

Das Blumenpflücken war eine schwierige Angelegenheit gewesen, aber über die Zäune zu springen entwickelte sich zu einer echten Katastrophe. Der erste Maschendrahtzaun wackelte derartig, dass ich erst hochklettern konnte, während ihn Kati und Marie auf der einen und Silja und Tina auf der anderen Seite festhielten. Als ich oben war, kam der schwierigste Teil: Ich musste mich gleichzeitig drehen und springen und landete fluchend in einem Radieschenbeet.

»Schimpf nicht so! Wärst du mit den Händen auf einem Igel gelandet, könntest du dir jetzt die Stacheln aus der Haut zupfen«, sagte Marie ungerührt.

Ich rappelte mich hoch und hatte Mühe, aus dem fremden Garten wieder herauszukommen.

Zum Glück hatte sich Tina umgesehen und einige Lattenzäune entdeckt.

Der erste war ein Kinderspiel; im Nu war ich hüben und wieder drüben.

Beim dritten trat ich auf eine Hacke, die irgendein schlampiger Gärtner liegen gelassen hatte. Sie schnellte hoch und knallte gegen meine Rippen. Vor Schreck und Schmerz jaulte ich auf.

»Psst, Jale, nicht so laut«, warnten meine Freundinnen und hielten sich die Seiten vor Lachen.

Beim vierten passierte nichts. Ich wurde übermütig, kletterte über den fünften und landete voll in einem Brennnesselbeet. »Autsch!«

Meine Rippen schmerzten, meine nackten Beine und Arme brannten höllisch. Deshalb passte ich beim sechsten Zaun nicht genügend auf, blieb hängen und riss mir die Jeans auf.

»Wie gut, dass es dunkel ist«, trösteten mich meine Freundinnen. »Da sieht niemand deine Unterhose.«

»Und das alles, um an einen Kuss zu kommen und um meinen Brüdern eins auszuwischen«, jammerte ich und biss die Zähne zusammen. »Zum Glück fehlt mir nur noch ein letzter Zaun.«

Ich sprang in den Garten, hörte, wie meine Freundinnen kicherten und lachten – da packte mich plötzlich eine Hand am Arm. »So, Mädchen, jetzt hört der Spaß aber auf!«

Erschrocken starrte ich dem Mann ins Gesicht. »Ich will nichts klauen«, stotterte ich. »Wirklich nicht!«

»Das sagen sie alle.«

»Das ist unsere Freundin!«, rief Marie. »Lassen Sie sie los, bitte!«

»Was hast du in meinem Garten zu suchen?«, blaffte er mich an.

»N-nichts. Ich will wirklich nichts!« Verzweifelt suchte ich nach einer glaubhaften Ausrede. »Es … es ist eine Wette, ich muss über sieben Zäune springen, dann … dann …« O Gott, mir fiel nichts mehr ein!

»… dann bekommt sie von uns ein Eis!«, rief Marie.

»Von jeder von uns bekommt sie ein Eis!«, schrie Kati. »Unsere Freundin ist ganz wild auf Eis! Schokoladeneis, Nusseis, Erdbeereis, sie isst alles!«

»Was Besseres fällt euch nicht ein?«, fragte der Mann höhnisch. Obwohl er wirklich unfreundlich war und uns bestimmt kein Wort glaubte, ließ er mich los. »So, du gehst jetzt durchs Gartentor«, brummte er. »Überhaupt müsstet ihr schon längst zu Hause sein, so spät, wie es ist. Also trollt euch, kapiert?«

Ziemlich belämmert gingen wir zu unseren Rädern. »Mann, war der unfreundlich«, schimpfte Tina leise. »Allein hätte ich dem nicht begegnen wollen.«

Wir stimmten ihr zu. »Zum Glück hatte er keinen Hund«, meinte Silja. »Stellt euch vor, er hätte einen Schäferhund gehabt und den auf Jale gehetzt.«

»Oder einen niedlichen kleinen Kampfhund«, sagte Marie. »Einer, von dem sein Herrchen behauptet: ›Der tut nix, der will bloß spielen!‹– und dann sofort nach deinem Po schnappt!«

Das brachte uns zum Lachen.

»Ich hab’s wirklich geschafft! Sieben Zäune … Ihr seid meine Zeugen.«

»Alles paletti und wie es sein muss«, bestätigte Silja. »Jetzt sollten wir aber los!«

Wir flitzten durch die Stadt, keuchten die Lange Straße hoch, und als Silja als Erste von uns vor ihrem Haus vom Rad stieg, hatte sie es so eilig, dass sie mir nur noch über die Schulter zurief: »Tschüss! Ich wünsch dir den richtigen Traum, Jale!«

Vor unserem Haus stellte ich fest, dass meine Eltern glücklicherweise mit ein paar Nachbarn im Garten saßen. So spät, wie es inzwischen war, hätten sie mich bestimmt ausgequetscht: Wo warst du? Warum kommst du erst jetzt? Du weißt doch, wann du zu Hause sein musst! Sie hätten die üblichen lästigen Fragen gestellt, aber nun konnte ich unbemerkt ins Haus schlüpfen. Drei Brüdern kann man allerdings nicht so leicht entkommen …

»Hey«, sagte Markus und feixte fies. »Ist deine Uhr stehen geblieben?«

»Komisches Krautdingsbums, das du in der Hand hast«, bemerkte Matti. »Was soll das? Und wie siehst du überhaupt aus, Jale!«

»Geht dich nichts an«, fauchte ich und verschwand in meinem Zimmer. Klar, dass meine Brüder mir sofort folgten. Ich konnte gerade noch den Kranz unters Kopfkissen legen, bevor sich Matti vor mir aufbaute. »Du hast doch wohl keinen Lover, was? Ich meine, wir müssen auf dich Acht geben und so.«

»Keine Sorge, ich war mit meinen Freundinnen unterwegs.«

»Gut … Der Fotofreak, dieser Sven, der mit Markus in eine Klasse geht, der war hier.«

»Na und? Der wollte wohl zu Markus, oder?«, fragte ich beiläufig.

»Eben nicht. Er wollte zu dir. Ist doch ’ne komische Sache, was?« Till, Markus und Matti umringten mich misstrauisch.

»Was ist daran komisch, wenn ein Junge mich besuchen will? Ihr bekommt doch auch dauernd Besuch von euren Freundinnen und freut euch darüber«, entgegnete ich cool und setzte hinzu: »Lasst mich in Ruhe und kümmert euch um euren Kram.«

»Jale, du bist unsere kleine Schwester, wir müssen auf dich aufpassen, sonst –«

»Sonst?«, fiel ich Till ins Wort. »Es gibt kein SONST! Tatsache ist, ihr gönnt mir keinen Freund. Warum eigentlich nicht? Verratet mir das mal!«

Ich kreuzte die Arme vor der Brust und funkelte meine Brüder zornig an. Sie schauten erstaunt und irgendwie auch besorgt aus der Wäsche.

Markus meinte: »Jale, du kennst die Jungs nicht. Jungs sind –«

»Fies und blöd und bescheuert und überhaupt komplett unmöglich«, wütete ich. »Das weiß ich alles, schließlich lebe ich seit dreizehn Jahren mit drei älteren Brüdern zusammen. Trotzdem – ihr macht eure Erfahrungen mit euren Freundinnen, ich mache meine eigenen! Dass das mal klar ist, o. k.?«

Meine Brüder waren dermaßen verdutzt, dass sie sich aus meinem Zimmer schubsen ließen.

Als ich hörte, dass sich die Nachbarn verabschiedeten und meine Eltern ins Haus kamen, zog ich mich blitzschnell aus, verzichtete aufs Waschen und schlüpfte unter die Decke – keine Sekunde zu früh, ehrlich! Ich hatte den Kopf noch nicht auf dem Kissen, unter dem ich den Kranz deponiert hatte, als meine Mutter kam und flüsterte: »Jale, Kleines, schläfst du schon?«

Klar, dass ich tat, als läge ich im tiefsten Schlummer!

Auf jeden Fall vergaß ich, den Kranz zwecks Fleckenvermeidung in eine Plastiktüte zu stecken. Stattdessen fragte ich mich, warum Sven mich wohl besuchen wollte. Schon komisch, dass der immer und überall seine Kamera dabei hatte! Ich versuchte mir sein Gesicht vorzustellen und nahm mir fest vor von ihm zu träumen.

Als ich am Morgen früh um sechs aufwachte und mir dämmerte, dass ich nicht mal den allerkleinsten Traum gehabt hatte, war ich ziemlich sauer auf die ganze Mühe des vorigen Tages. Und als ich dann die vielen Flecken auf dem Spannbetttuch und Kissen entdeckte, wurde ich noch viel wütender, fluchte auf Siljas Mutter Britta und den Mittsommernachtstrick – aber vor allem fluchte ich auf mich selbst. Wie kann man nur so bescheuert sein und einen solchen Unsinn glauben! Wäre ich zu Hause geblieben, hätte ich mich mit Sven unterhalten können … Vielleicht machte er sich doch was aus mir, obwohl er mich in der Fußgängerzone so kurz abgefertigt hatte …

Es war Samstag und samstags schlafen wir immer aus. Vor zehn gibt es bei uns kein Frühstück, deshalb schlich ich mich leise in die Waschküche und steckte das Betttuch und den Kissenbezug in die Waschmaschine.

Wenn alles schläft, macht es keinen Sinn, kurz nach sechs als Einzige aufzustehen, also kroch ich wieder ins Bett, dämmerte noch mal weg – und als ich kurz vor zehn vom Lärm meiner Brüder geweckt wurde, hatte ich meinen Traum gehabt. Aber was für einen!!!

Ich hing an einem Stacheldrahtzaun, ein riesiger Dackel hatte sich an meinem Hosenbein festgebissen und eine Stimme, die eindeutig Sven gehörte, sagte in drohendem Ton: »Skippy! Ich verbiete dir, meine Radieschen zu küssen!«

Ziemlich vergrätzt erschien ich am Frühstückstisch. Meine Eltern sahen mich zwar verwundert an, aber weil meine Brüder nichts sagten – das ist Ehrensache, wir vier verpetzen uns nie –, fragten sie nur, ob ich schlecht geschlafen hätte.

»Nö, nur blöd geträumt. Übrigens – kann ich heute Abend mit meinen Freundinnen zur Sonnwendfeier gehen?«

»Wir sind auf jeden Fall da«, sagte mein ältester Bruder sofort. »Wenn ihr wollt, könnt ihr mit uns kommen.«

»Och … ich weiß nicht so recht«, murrte ich. »Die anderen gehen mit ihren Freunden.«

»Abgemacht«, sagte mein Vater in diesem munteren Ton, den ich hasse. »Wer hat schon drei Brüder? Jale geht mit euch und um zehn bringt ihr sie wieder nach Hause.«

»Waaas? Pa, das kann nicht dein Ernst sein!«, rief ich entsetzt.

Auch meine Brüder zogen lange Gesichter. »O. k., Pa«, sagte Markus, der mit unserem Vater am besten auskam. »Einer von uns bringt sie heim, ja?«

»Gute Idee, drei Leibwächter sind zwei zu viel«, sagte ich schnell und stand auf, weil meine Freundinnen über die Terrasse kamen.

»Guten Morgen«, grüßten sie höflich. »Dürfen wir stören?«

»Wenn es unbedingt sein muss«, meinte mein Vater. »Setzt euch doch zu uns und trinkt eine Tasse Kaffee. Wie geht’s denn so in der Schule?«

Meine Brüder und ich verdrehten die Augen. Die Frage ist ja so was von peinlich!

Meine Freundinnen kicherten und Marie sagte rasch: »Vielen Dank, in der Schule ist’s wie immer und Kaffee haben wir gerade getrunken. Wir warten im Garten auf Jale, ja?«

Ich beeilte mich, stopfte die letzten Bissen Brot in den Mund, nahm meinen Becher mit Milchkaffee und setzte mich zu meinen Freundinnen.

»Und? Was hast du geträumt?«, wollte Silja sofort wissen.

»Ein Hund hat mich gebissen und Sven verbietet mir, seine Radieschen zu küssen.« Ich grinste.

»Was für ein Blödsinn!«, rief Marie. »Hast du nichts Romantisches von einem Jungen geträumt?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich.«

»Und was passiert jetzt?«, wollte Tina wissen und schaute Silja fragend an. »Wird Jale nun geküsst oder wird sie nicht geküsst?«

»Hast du den Kranz unters Kissen gelegt?«, forschte Silja. »Und hast du dir fest vorgenommen von einem Jungen zu träumen?«

»Klar, ich habe alles so gemacht, wie es deine Mutter gesagt hat; wahrscheinlich funktioniert die Sache nur in Schweden.«

»Kann sein, kann auch nicht sein. Ich werde meine Mutter fragen.«

Wir machten aus, dass wir uns um sieben bei Tina treffen würden. »Kommen eure Freunde mit?«

»He, was soll die Frage?!«, rief Kati entrüstet. »Denkst du etwa, wir würden die Jungs alleine gehen lassen?«