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Gabriele Anderl / Alexandra Caruso (Hrsg.)

NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen

Gabriele Anderl / Alexandra Caruso (Hrsg.)

NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen

StudienVerlag

 

 

Internet: www.studienverlag.at

Buchgestaltung nach Entwürfen von Kurt Höretzeder

Satz: StudienVerlag/Karin Berner

Umschlag: Kurt Höretzeder

Umschlagbild: Rückseite des Gemäldes „Attersee“ von Gustav Klimt, Öl/Leinwand, 111 x 110 cm, Foto: U. Ghezzi.

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN 3-7065-5818-1

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

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Inhaltsverzeichnis

Hubertus Czernin

Vorwort

Gabriele Anderl / Alexandra Caruso

Einleitung

Birgit Kirchmayr

Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“ und seine Bedeutung für den NS-Kunstraub in Österreich

Gottfried Fliedl

Die negative Utopie des Museums. Museums- und Ausstellungspolitik in der NS-Zeit 1933-1945

Monika Mayer

Bruno Grimschitz und die Österreichische Galerie 1938-1945.

Eine biographische Annäherung im Kontext der aktuellen Provenienzforschung

Maren Gröning

Fluchtpunkte der „entarteten Kunst“ in Wien

Alexandra Caruso

Raub in geordneten Verhältnissen

Sabine Loitfellner

Die Rolle der „Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Geheimen Staatspolizei“ (Vugesta) im NS-Kunstraub

Claudia Sporer-Heis

Zur Frage der Restitution jüdischen Eigentums am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Martin Kofler

Albin Egger-Lienz und Osttirol.

Die Sammlung im „Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck“ zwischen Aufbau und Restitution (1938 bis zur Gegenwart)

Thomas Trenkler

Das Gieren nach Albin Egger-Lienz am Beispiel der Sammlungen Bernhard Altmann und Georg Duschinsky

Gert Kerschbaumer

Gutgläubiger Erwerb oder institutionelle Habgier?

Gabriele Anderl

„Am Wiener Platz“: Schlaglichter auf die Rolle des Wiener Kunsthandels während der NS-Zeit

Walter Schuster

Facetten des NS-„Kunsthandels“ am Beispiel Wolfgang Gurlitt

Esther Tisa Francini

Berlin, Wien, Paris: Zentren des internationalen Kunstmarkts und die Beziehungen zur Schweiz 1933-1945

Ingo Zechner

Zweifelhaftes Eigentum.

Fußnoten zur Kunstrestitution in Österreich

Michael Wladika

Die acht gotischen Bildtafeln des Univ. Prof. Dr. Victor Blum – eine Fallstudie

Gerhard Plasser

Untersuchung und Dokumentation von Gemälderückseiten am Beispiel der Landesgalerie Salzburg

Evelyn Adunka

Raub und Restitution von Büchern

Michael Franz

Wider das Vergessen:
Deutsch-österreiche Zusammenarbeit über www.lostart.de

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Sachregister

Personenregister

Vorwort

Das Zerstörungswerk hatte lange vor 1938 begonnen. Es betraf eine Kunstsammlung, die in ihrer Einzigartigkeit sogar jene der Brüder Rothschild übertraf und zu den bedeutendsten Sammlungen des alten Europa zählte: die des Wiener Bankiers Albert Figdor (1843-1927) in der Löwelstraße 8, einem palaisartigen Patrizierhaus, von dem man uneingeschränkten Blick auf den Volksgarten hatte. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts hatte Figdor begonnen, eine Sammlung anzulegen, aus „Freude am schönen Gegenstand, am schönen Gebrauchsgegenstand und Hausrat“, wie einer seiner Gäste, der deutsch-jüdische Germanist und Claudel-Übersetzer Edwin Maria Landau einmal schrieb: „Bis in die intimsten Kabinette, bis in Küche, Vorratskammer und Bedienstetengemächer war die Sammlung eingedrungen. Jeden Augenblick des Tages sah sich der Sammler konfrontiert mit seinen Kostbarkeiten.“

Mehr als 5.000 Objekte umfasste die Kollektion, die Figdor in nicht einmal 40 Jahren – bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs – zusammengetragen hatte. In der Ära des alles überbordenden Historizismus versuchte der Bankier, dessen im Wollhandel tätige Familie in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts von der jüdische Gemeinde in Kittsee nach Wien übersiedelt war, mithilfe des originalen historischen Vorbilds den Blick auf das Echte zu lenken. Wie Landau schreibt, ging es Albert Figdor bei seinen Erwerbungsreisen quer durch Europa nicht primär um das kunsthistorisch Bedeutsame, sondern das kulturhistorisch für eine Lebensweise, für eine Epoche Zeugende.

Figdor muss ein ungewöhnlich gutes Auge für Kunst gehabt haben: Nicht nur einmal erwarb er Gemälde, die bis dahin lediglich Werkstätten oder dem Umfeld großer Meister zugeschrieben worden waren. So kam er etwa in den Besitz des Bildnisses „Der verlorene Sohn“ von Hieronymus Bosch und eines Porträts von Albrecht Dürer.

Es würde hier zu weit führen, die gesamte Sammlung in ihrer Struktur zu beschreiben, all die Prunksessel, italienischen Renaissancetüren, die Truhen, Kommoden, die Lese- und Schreibpulte, Kinderstühle, Wiegen, Schatullen und Brautschachteln, die Plastiken in Stein, Ton, Majolika und Bronze, die gotischen Samtstoffe, die altdeutschen Keramiken, Renaissancezahnstocher, Elfenbeinschnitzereien, Lederarbeiten, Kinderspielzeug, die Gemälde und Stiche. Dieses scheinbare Sammelsurium, in Wahrheit wohldurchdacht erworben, würde eine eigene Fallstudie verdienen.

Hier geht es aber um die anfangs erwähnte Zerstörung dieser sagenhaften Sammlung durch die Kunstbürokratie. Albert Figdor hatte nämlich noch vor dem Ersten Weltkrieg Kaiser Franz Joseph angeboten, die Sammlung als Ganzes dem damals kaiserlichen Kunsthistorischen Museum zu schenken, allerdings unter einer Bedingung: Die tausenden Kunstwerke sollten zusammen bleiben und die für die Aufstellung nötigen Säle den Namen „Sammlung Albert Figdor“ tragen. Der Kaiser soll einverstanden gewesen sein, nicht aber die Hofbürokratie, die es als unzumutbar empfand, in einem kaiserlichen Museum dem Namen eines Juden einen Ehrenplatz einzuräumen. Die Kunstkamarilla wollte aber andererseits auf eine derartige Erwerbung nicht verzichten und versuchte, den Bankier mit einer anderen Ehre zu locken – dem Adelsprädikat „Baron“. Figdor wies dieses Anbot kühl lächelnd zurück, er wollte den Fortbestand seiner Sammlung sicherstellen.

So fiel noch vor Ausbruch des Weltkriegs seine Entscheidung, als Erbin eine Nichte, die Ehefrau des Heidelberger Oberbürgermeisters, einzusetzen. Sie besaß eine repräsentative Villa im Empirestil, in der die Sammlung als Ganzes untergebracht werden sollte.

Vier Jahre später war die Monarchie zerschlagen und die Kunstbeamten der neuen deutsch-österreichischen Republik fürchteten um die besten Privatsammlungen des Landes. So hatte etwa der Herzog von Cumberland seine Kollektion nach Interventionen des englischen Königshauses mit nach England nehmen können. Die österreichische Bundesregierung erließ ein strenges Kunstausfuhrgesetz, wichtige Sammlungen wurden von Beamten des Bundesdenkmalamtes inventarisiert.

Albert Figdor starb 1927. Seine Erbin wurde mit der Forderung nach Bezahlung einer zehnprozentigen Erbschaftssteuer konfrontiert, die sie in Zeiten von Inflation und Vermögensverlust nicht aufbringen konnte. Um aber den Wunsch des Onkels zu erfüllen, machte sie der Republik Österreich einen großzügigen Vorschlag: Die Bundesmuseen sollten die Austriaca der Sammlung erhalten. Aber die Kunstbürokratie lehnte ab.

So sah sich Figdors Nichte gezwungen, sich vom Erbe loszusagen und sich von einem österreichisch-deutschen Kunsthändlerkonsortium mit einer Summe, die einem Bruchteil des Sammlungswertes entsprach, abfinden zu lassen. Die Kunsthändler verfügten übrigens nicht über die nötigen Mittel und nahmen daher ein Darlehen auf. Zwei Auktionen wurden anberaumt, eine in Wien im Juni 1930, die andere in Berlin im September desselben Jahres. Die namhaftesten Kunsthistoriker jener Zeit – Otto von Falke, Theodor Demmler, Max J. Friedländer, Leo Planiscig, August Schestag – zeichneten für die fünf Kataloge verantwortlich, in denen 1382 Nummern, als nur ein kleiner Teil der Kollektion, feilgeboten wurden.

In den Katalogen findet sich folgender Satz: „Durch besondere Vereinbarungen mit den staatlichen Behörden sind sämtliche Gegenstände des Kataloges ausfuhrfrei und können kostenlos aus Österreich ausgeführt werden.“

Wie war dieser Meinungsschwenk möglich? Einer der Wiener Kunsthändler hatte zuvor in einer reduzierten Form das angeboten, was Albert Figdor zwei Jahrzehnte zuvor verweigert worden war: Ein größerer Teil der Sammlung sollte der Republik geschenkt und als „Sala Figdor“ im Kunsthistorischen Museum präsentiert werden.

Der großzügige Kunsthändler hatte allerdings übersehen, dass er zu einer solchen Schenkung nicht verfügungsberechtigt war, solange das Darlehen noch nicht zurückgezahlt war.

Zur Schenkung kam es auch nicht. Die Auktionen gerieten mitten in die Wirtschaftskrise, das meiste blieb unverkauft. In Deutschland kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Da das Darlehen nach wie vor zum Großteil offen war, legte die neue Staatsführung ihre Hand auf die Sammlung Figdor. Was aus ihr wurde, ist unbekannt. Vermutlich wurde sie in alle Winde verstreut.

Was sagt uns nun diese Geschichte, außer über den Antisemitismus der kaiserlichen Hofkamarilla? Sie zeugt nicht nur von der Dummheit der Kunstbürokratie, sondern vor allem von deren Grundhaltung, private Sammlungen und Einzelstücke möglichst billig zu verstaatlichen. Der private Sammler war den Museumsleitern und Denkmalamtbeamten stets ein Dorn im Auge, weil in seinen Häusern oft die bedeutenderen Kunstwerke hingen. Das gilt für die Zwischenkriegszeit ebenso wie für die Nachkriegsjahre, genau genommen bis zur Gegenwart. Denn jener Satz über die freie Ausfuhr in den Figdor-Katalogen findet sich auch im Katalog der Mauerbach-Auktion Mitte der 1990er Jahre. Dort waren viele vorgeblich herrenlose Kunstwerke versteigert worden, deren einstige Besitzer ohne größeren Aufwand hätten ermittelt werden können.

Den meisten Kunstbeamten hätte ab 1938 gar nichts Besseres geschehen können als die „Arisierungs“-Politik des Nationalsozialismus. Nie zuvor konnten die öffentlichen Sammlungen so billig und unkompliziert erweitert werden wie in den Jahren nach dem „Anschluss“ Österreichs.

Deshalb ist die Herausgabe des hier vorliegenden Buchs unter Leitung der beiden ausgewiesenen Expertinnen Gabriele Anderl und Alexandra Caruso so bedeutsam. Nur durch fortgesetzte Auseinandersetzung mit dem Thema des Kunstraubs können die Sinne der Öffentlichkeit geschärft werden. Der von den Behörden organisierte Kunstraub war nämlich kein Bagatelldelikt, wie manche meinen. Er war ein elementarer Teil der existentiellen Vernichtung des europäischen Judentums.

Die Unfähigkeit zu lernen, aus der Geschichte und aus deren Moral, wird im Übrigen nach wie vor im Kunsthistorischen Museum bezeugt. Trotz der nunmehr sechs Jahre währenden Debatte über Raub und Rückstellung findet man in der Eingangshalle unter dem Titel „Das Kunsthistorische Museum dankt für Förderung und Vermehrung seiner Bestände“ eine Tafel mit den Namen so genannter Donatoren – unter ihnen auch jener, die nach 1945 genötigt worden waren, das Museum zu beschenken, um andere Kunstwerke ausführen zu können. Hervorragende Sammler und Experten wie Stefan von Auspitz, August Lederer, Richard von Lieben, Rudolf von Gutmann, die Rothschilds, Moriz Lindemann, Anton Graf Lanckoronski und andere.

Nirgends findet sich ein Hinweis auf den Zwang zu schenken, auch nicht bei jenen, die in den Nachkriegsjahrzehnten nach demselben Muster zu Schenkungen genötigt worden waren.

Man will sich offenbar nach wie vor mit den Namen der großen Sammler der österreichischen Geschichte schmücken.

Hubertus Czernin

„Die Verkörperung dieser eigentlichen Tendenz zur instrumentellen Rationalität der westlichen Welt ist der ‚Fachmann‘, der ‚ganz sachlich‘ und gleichzeitig ‚indifferent gegenüber den menschlichen Geschäften‘ handelt.“

Enzo Traverso1

Gabriele Anderl / Alexandra Caruso

Einleitung

In den vergangenen Jahren erregten immer wieder Ereignisse, die mit dem nationalsozialistischen Kunstraub in Verbindung standen, große Aufmerksamkeit. Zunächst war es die so genannte „Mauerbach-Affäre“, dann um die Jahreswende 1997/98 der Konflikt um zwei Schiele-Bilder, die die Stiftung Rudolf Leopold für eine Ausstellung nach New York verliehen hatte und die von den amerikanischen Behörden als ehemals jüdisches Eigentum beschlagnahmt wurden. Nach wie vor höchst brisant ist der Fall jener Gemälde von Gustav Klimt aus dem ehemaligen Besitz des Ehepaares Ferdinand und Adele Bloch-Bauer, die sich heute in der Österreichischen Galerie im Belvedere befinden und von der Erbin, Maria Altmann, seit Jahren zurückverlangt werden.2

Während anfangs in der Öffentlichkeit noch der Eindruck vorgeherrscht hat, es handle sich um „Eintagsfliegen“, so ist mittlerweile klar geworden, dass hier ein Problem von beträchtlichen Dimensionen tangiert wird, das sich nicht so einfach aus der Welt schaffen lässt. Dazu waren die Ausmaße des NS-Kunstraubes zu groß, die personellen und institutionellen Kontinuitäten nach dem Krieg zu vielfältig. Zu viele unterschiedliche Interessen, aber auch schmerzliche Erinnerungen sind an die Kunstobjekte als einzigartige Bedeutungsträger geknüpft. Alle Versuche, dieses Kapitel endgültig ad acta zu legen, müssen daher auch in Zukunft scheitern.

Journalisten spielten in diesem Prozess der öffentlichen Bewusstwerdung eine nicht zu unterschätzende Rolle. 1984 war es der Artikel A Legacy of Shame von Andrew Decker in der amerikanischen Kunstzeitschrift ARTnews, ab 1998 waren es die Serien und Artikel von Hubertus Czernin und Thomas Trenkler in der Tageszeitung Der Standard sowie die Beiträge von Stephan Templ in der heimischen und internationalen Presse, die wesentliche Impulse auch für die politische Diskussion gaben.

Mit der in seinem eigenen Verlag herausgegebenen Buchreihe Bibliothek des Raubes hat Czernin eine noch tiefer gehende Auseinandersetzung mit der Materie ermöglicht.

Es waren die durch die erwähnte Beschlagnahme der Schiele-Bilder in Gang gekommenen politischen und öffentlichen Debatten sowie der immer stärker werdende internationale Druck, die 1998 zur Einrichtung der Kommission für Provenienzforschung und zur Verabschiedung des Kunstrückgabegesetzes geführt haben.3 Damit ist Bewegung in dieses wichtige, aber von der Forschung lange Zeit vernachlässigte Kapitel der österreichischen Zeit- und Kulturgeschichte gekommen. Doch kann das Thema NS-Kunstraub in Österreich keineswegs als systematisch wissenschaftlich aufgearbeitet gelten.4 Öffentliche Forschungsgelder wurden dafür bisher nicht explizit zur Verfügung gestellt, andererseits kann es nicht primär Aufgabe der Provenienzforschung sein, die zahlreichen Forschungslücken zu schließen und die fehlende historische Grundlagenforschung voranzutreiben.

Das vorliegende Buch entspringt dem Wunsch, das vorhandene Wissen zu bündeln und zu weiteren Forschungen anzuregen.

Unsere bereits früher entstandene Idee zu diesem Sammelband nahm im Anschluss an den Österreichischen Zeitgeschichtetag 2003 in Salzburg konkrete Gestalt an. Dort befassten sich zwei Panels und weitere Referate mit dem NS-Kunstraub. Unser Vorhaben, die Salzburger Referate in erweiterter Fassung sowie Beiträge anderer Forscherinnen und Forscher als eigenes Buch herauszubringen, fand auch die Zustimmung der Tagungsveranstalter, denen wir für ihre Kooperationsbereitschaft herzlich danken.5

Ziel des nun vorliegenden Sammelbandes ist es, aktuelle Erkenntnisse zum NS-Kunstraub in Österreich und seinen Folgen zu präsentieren. Obwohl sich unser Buch auf die Vorgänge in Österreich konzentriert, sind die hier beschriebenen und analysierten historischen Ereignisse und deren langfristige Folgeerscheinungen bis in die Gegenwart auch für Leser außerhalb der Landesgrenzen relevant. Zum einen war es trotz zahlreicher spezifischer Entwicklungen im annektierten Österreich wesentlich auch durch die Aktivitäten des Kunsthandels zu einer engen Verschränkung mit dem NS-Kunstraub im so genannten „Altreich“ gekommen. Zum anderen hatte, wie schon Petropoulos festgestellt hat, „Österreich, genauer gesagt Wien“, nach dem „Anschluss“ „als Testgelände für die Behandlung von Kunstbesitz so genannter Volks- oder Staatsfeinde“6 – vor allem von jüdischem Besitz – gedient. Obwohl bereits vor 1938 in Deutschland jüdische Kunsthändler ihrer Lebensgrundlage beraubt worden waren und sich zahlreiche jüdische Sammler zur Verschleuderung ihrer Sammlungen gezwungen gesehen hatten, spielte Österreich wie in vielen anderen Bereichen der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Enteignungspolitik auch auf diesem Gebiet eine traurige Vorreiterrolle: Die systematische Enteignung jüdischer Sammlungen wurde hier unmittelbar nach dem „Anschluss“ vor allem auf Initiative lokaler Kräfte in Angriff genommen, während in Deutschland eine vergleichbar radikale Entwicklung erst nach dem Novemberpogrom einsetzte.

Die Tatsache, dass die Autorinnen und Autoren dieses Bandes aus ganz unterschiedlichen Fachgebieten kommen – der Zeit- und Kunstgeschichte, der Provenienzforschung, den Rechtswissenschaften, der Museologie und der Publizistik – gewährleistet einen interdisziplinären Zugang, der dieser komplexen Thematik wohl am ehesten gerecht wird.

Zwei Beiträge aus dem Ausland – von Esther Tisa Francini und Michael Franz – ermöglichen einen Blick über die Grenzen Österreichs hinaus. Da wir mit einer relativ weit gefassten Definition von „Kunstwerken“ operieren, die nicht nur Erzeugnisse der bildenden Künste, sondern Kunst- und Kulturgut in einem umfassenderen Sinn einschließt, gehört auch der Raub von Bibliotheken aus jüdischem Besitz, wie von Evelyn Adunka in ihrem Beitrag beschrieben, durchaus in den Rahmen dieses Buches.

Aufgrund seiner spektakulären Ausmaße und seiner weit reichenden Vernetzungen zieht Hitlers Projekt zur Schaffung eines Museums in Linz, der so genannte „Sonderauftrag Linz“, bis heute besondere Aufmerksamkeit auf sich. Gerade durch die Forschungen der letzten Jahre ist deutlich geworden, dass der „Sonderauftrag“ als wichtiger „Motor“ des damaligen Kunstmarktes angesehen werden muss. Er ist jedoch, wie Kirchmayr in ihrem Beitrag ausführt, in der Forschung wie in der öffentlichen Wahrnehmung lange Zeit als das ausschlaggebende Moment für die Beschlagnahme und Sicherstellung von Kunstwerken in Österreich während der NS-Zeit angesehen worden und hat damit den Blick auf andere, ebenfalls maßgeblich involvierte Interessensgruppen und deren Motive verstellt.

Der am 18. Juni 1938 erlassene „Führervorbehalt“ zielte einerseits darauf ab, Hitlers Erstzugriff auf sichergestellte und beschlagnahmte Kunstwerke im besetzten Österreich zu gewährleisten: „Hitler reagierte damit auf den Umstand,“ schreibt Birgit Schwarz, „dass es in Österreich unmittelbar nach dem ‚Anschluss‘ zu umfangreichen Konfiszierungen von Kulturgut gekommen war, und zwar nicht nur von der Gestapo, sondern vor allem von Stellen und Organisationen der Partei sowie städtischer und staatlicher Museen.“7 Gleichzeitig ging es jedoch auch darum, die Vorgänge am Kunststandort Wien in geordnete Bahnen zu lenken und dem unkontrollierten Abfließen von Werten – unter anderem in private Kanäle – entgegenzuwirken.

Eine weitere Intention des Führervorbehaltes war es, die Museen der Landeshauptstädte und kleinere Regionalmuseen aufzuwerten: „Er [der Führer] erwägt dabei, Kunstwerke in erster Linie den kleineren Städten in Österreich für ihre Sammlungen zur Verfügung zu stellen“, hieß es in einem Schreiben des Chefs der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers.8 Es ging also darum, einen Gegenpol zum bis dahin kulturell „überfütterten“ Wien – wie es Hitler gegenüber Posse ausgedrückt haben soll – zu schaffen.9 Zwei Beiträge in diesem Band zeigen an konkreten Beispielen, wie von der Beraubung der überwiegend in Wien lebenden österreichischen Jüdinnen und Juden nicht nur die Museen der Bundeshauptsstadt, sondern vor allem auch die der Landeshauptstädte profitiert haben: Claudia Sporer-Heis befasst sich mit dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck, Martin Kofler mit der Egger-Lienz-Sammlung im „Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck“.10 Dass aber ungeachtet der Umverteilungspläne Hitlers und der verschiedenen NS-internen Diskussionen über den kulturellen Status dieser Stadt innerhalb des „Deutschen Reiches“ Wien auch nach 1938 mit einem üppigen Kulturbudget ausgestattet worden ist, führen die Beiträge von Monika Mayer und Maren Gröning vor Augen.11

Während in Deutschland die Museen 1937 systematisch von Werken so genannter „entarteter Kunst“ gesäubert worden waren, kam es – wie Mayer und Gröning ebenfalls zeigen – im annektierten Österreich zu keiner vergleichbaren Entwicklung. Eine wesentliche Ursache dafür ist in der konservativen Sammlungspolitik österreichischer Museen bis zum Jahr 1938 und in der Tatsache zu suchen, dass es eine radikale Avantgarde wie in Deutschland im österreichischen Kunstschaffen vor 1938 nur in Ansätzen gegeben hat und auch die in Deutschland als „entartet“ stigmatisierten Künstler in den öffentlichen und privaten Sammlungen Österreichs nur peripher vertreten gewesen sind.

In internationalen Publikationen12, aber auch seitens der österreichischen Provenienzforscherinnen und -forscher wird seit geraumer Zeit immer wieder auf die Bedeutung des Kunsthandels im Gesamtkomplex des NS-Kunstraubes und auf die Tatsache hingewiesen, dass der Handel von der Judenverfolgung massiv profitiert hat. Angesichts der Pogromstimmung der ersten Wochen der NS-Herrschaft in Österreich und der raschen und konsequenten Zerstörung ihrer materiellen Lebensgrundlagen hatten sich Jüdinnen und Juden vielfach dazu gezwungen gesehen, Kunstschätze aus ihrem Besitz weit unter dem tatsächlichen Wert zu veräußern, um ihr Überleben zu sichern oder die für die Flucht nötigen finanziellen Mittel aufzubringen. Auch ein großer Teil der im Zuge der Vertreibungen und Deportationen enteigneten Kunst- und Kulturgüter gelangte in den Kunsthandel.

Trotz seines zentralen Stellenwerts gehört der österreichische Kunsthandel während der NS-Zeit zu jenen Themenkomplexen, die bisher nie systematisch untersucht worden sind. Dies gilt auch für die intensiven Kontakte zwischen den Vertretern des „Sonderauftrags“ Linz auf der einen und einer Reihe von Wiener Kunsthändlern, lokalen Auktionshäusern (allen voran dem Dorotheum) und Museumsfachleuten auf der anderen Seite. Zu erwähnen sind aber Gert Kerschbaumers Buch über den Kunsthändler Friedrich Welz sowie Walter Schusters im Internet zugängliche Ausführungen zu Wolfgang Gurlitt – Arbeiten, die sich mit konkreten Händlerpersönlichkeiten und deren Beziehungsnetzen auseinandersetzen.13

In diesem Band beschäftigen sich mehrere Beiträge mit wichtigen Teilaspekten dieses Themas: Am Beispiel einiger Kunsthändler und Museumsfachleute – namentlich Bruno Grimschitz, Franz Kieslinger, Oskar Hamel, Otto Schatzker und Eugen Primavesi sowie abermals Wolfgang Gurlitt und Friedrich Welz – wird unter anderem die enge Kooperation zwischen Kunsthandel und Museen deutlich gemacht. Auch unter den spezifischen Bedingungen des Nationalsozialismus und den Vorzeichen des groß angelegten Kunstraubes wurden Kommissions-, Tausch- und Vermittlungsgeschäfte in großem Stil abgewickelt. Künftige Beachtung verdient die Verbindung zwischen der Sammlungspolitik der einzelnen Häuser, der Förderung und Propagierung bestimmter Kunstrichtungen oder einzelner Künstler sowie den Preisentwicklungen und Aktivitäten des Handels.

Die zahlreichen Erwerbungen der Museen aus dem Kunsthandel machen für die Provenienzforschung eine Rückverfolgung der Spuren heute vielfach sehr schwierig.

Besonders kompliziert sind, wie Sabine Loitfellner in ihrem Beitrag ausführt, jene Fälle, in denen Objekte über die „Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Geheimen Staatspolizei“ (Vugesta) beziehungsweise in deren Auftrag durch das Dorotheum veräußert worden sind. Das Wien Museum hat in jüngster Zeit im Umgang mit dieser Kategorie von Erwerbungen eine Vorreiterrolle gespielt: Es hat alle Erwerbungen aus dem Kunsthandel während der Jahre 1938 bis 1945 als potentiell fragwürdigen Ursprungs ins Internet gestellt. In einigen wenigen Fällen hat dieser offensive Umgang mit der Materie tatsächlich zu Restitutionen geführt, wie Michael Wladikas Beitrag zu entnehmen ist. Sein Aufsatz sowie jener von Gerhard Plasser über oft schwer entschlüsselbare Anmerkungen auf den Rückseiten von Gemälden beweisen, dass es manchmal dürftigste Hinweise sein können, die auf die Spur zu den rechtmäßigen Eigentümern führen.

Viele der betroffenen Menschen wussten nach Kriegsende noch sehr genau, welche Kräfte bei ihrer Beraubung zusammengespielt hatten, und sie hatten dringendes Interesse daran, die Erhebungen rasch und zielführend voranzutreiben. So wandte sich auch der inzwischen in New York City ansässige ehemalige Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer, Siegfried Kantor, im Zuge der Nachforschungen nach seiner teilweise 1941 durch das Dorotheum versteigerten Kunstsammlung im November 1946 an die amerikanischen Behörden – und zwar an das Hauptquartier der „Vienna Area Command Military Government, Section Property Control“. Er versuchte, konkrete Maßnahmen anzuregen, die er für die Aufklärung des gigantischen Kunstraubes während der NS-Zeit für notwendig erachtete. Es ging ihm vor allem darum, die Fortsetzung dieses Raubes nach dem Ende der NS-Herrschaft und die systematische Verwischung von Spuren zu unterbinden. Gezielt versuchte er, die Aufmerksamkeit der Militärbehörden auf das Wiener Dorotheum und die Vorgänge im Kunsthandel zu lenken. Er betonte, dass das Dorotheum „stets Aufzeichnungen über die Verkäufe bei Auktionen und die Namen der Einbringer und Käufer geführt“ habe. „Außerdem“, so Kantor weiter, würden

„(…) alle Auktionen durch Aussendungen und Anzeigen in der offiziellen ‚Wiener Zeitung‘ und anderen Zeitungen angekündigt: Die Käufer mussten Empfangsbestätigungen für alle ihnen vom Auktionator oder den Sensalen des Dorotheums übergebenen Objekte unterzeichnen. Dennoch lehnt es das Dorotheum ab, irgendwelche Informationen über die Identitäten der Käufer preiszugeben, mit der Begründung, die Namen der Einbringer werden in den Unterlagen zur Versteigerung nicht verzeichnet.“

Im Konkreten schlug Kantor, der erfahrene Jurist, den US-Behörden folgende Vorgangsweise vor:

„Für eine Untersuchung über die Zusammenarbeit des Dorotheums mit der Gestapo und anderen Profiteuren von geplündertem und geraubtem Gut, die gewohnheitsmäßig ihr Diebesgut über einen Auktionator als Zwischenhändler verkaufen, könnte die Beschlagnahme der Akten und Archive des Dorotheums und seiner Sensale äußerst dienlich sein. Dies wäre umso dringlicher, als das Dorotheum, wenn auch unter etwas schwierigeren Bedingungen, damit fortfährt, seine Auktionen abzuhalten, in denen Nazi-Diebe und Profiteure ihre Beute loswerden können.“ 14

Kantors sehr plausible Vorschläge blieben ungehört. Dem Dorotheum war es bereits unmittelbar nach dem Krieg gelungen, sich durch die Übernahme neuer Aufgaben auch im Nachkriegsösterreich seine Stellung zu sichern, und vor allem auch, sich einer gründlichen Untersuchung zu entziehen. Während der NS-Zeit gestohlenes Gut wurde weiter über das Dorotheum vertrieben. Auch in diesem Punkt hatte Kantor Recht behalten.

Erst nach der Privatisierung im Jahr 2001 und nach einigen Skandalen im Zusammenhang mit zu Auktionen eingebrachten Objekten aus ehemals jüdischem Besitz erkannte das Dorotheum 2003 zumindest die Notwendigkeit, eine ständige Provenienzforschung im Hause zu etablieren, wie es bei internationalen Auktionshäusern schon seit geraumer Zeit üblich ist. Mit einer Aufarbeitung der NS-Geschichte des Hauses hat diese Provenienzforschung, die sich ja primär mit der Herkunft gegenwärtig zur Versteigerung vorgesehener Objekte zu befassen hat, allerdings nur in eingeschränktem Maße etwas zu tun.

Durch die öffentliche Diskussion um NS-Raubkunst unter Druck geraten, hatte das Dorotheum vor einigen Jahren eine Forscherin mit der Rekonstruktion seiner NS-Geschichte beauftragt. Angesichts dieser Tatsache wurde das zentrale Thema „Dorotheum“ auch aus den Projekten der Historikerkommission der Republik Österreich ausgeklammert. Die Kommission erhob allerdings den Anspruch, die Forschungsergebnisse der vom Dorotheum Beauftragten einer Evaluierung zu unterziehen. Ein erster Bericht wurde als unzureichend verworfen. Daraufhin setzte das Dorotheum ein neues Team ein. Inzwischen ist die Arbeit der Österreichischen Historikerkommission längst beendet, ein Bericht über die Vorgänge rund um das Dorotheum aber nach wie vor ausständig. Während dies lange Zeit damit begründet wurde, dass die Arbeit noch nicht abgeschlossen sei, wird inzwischen vor allem auf die Involvierung des Dorotheums in eine laufende Sammelklage verwiesen. Der nationalsozialistische Kunstraub in Österreich lässt sich jedoch nicht befriedigend darstellen, ohne die Rolle des Dorotheums eingehend zu beleuchten. Das Recht der Öffentlichkeit auf Information und die offenen Fragen der Provenienzforscherinnen und -forscher werden in dieser Hinsicht seit Jahrzehnten eklatant missachtet.

Der Sammler Siegfried Kantor ist längst in der Emigration verstorben. Doch seine Tochter Alice, inzwischen selbst über 80 Jahre alt, hat zumindest ein Erbe ihres Vaters angetreten: Bis heute ist auch sie auf der Suche nach den Kunstwerken, die ihrer Familie von den Nationalsozialisten gestohlen und vom Nachkriegsösterreich nicht rückerstattet worden sind. Als sie eines Tages herausfand, dass sich in der Sammlung Essl in Klosterneuburg ein Bild des österreichischen Malers Anton Kolig befindet, dessen Beschreibung auf das von ihr seit vielen Jahrzehnten gesuchte Bild Akte am Feuer passt, wandte sie sich an die Sammlung Essl15. Dort erfuhr sie, dass Agnes Essl dieses Bild, bei dem es sich de facto nur mehr um das Fragment eines ursprünglich ungefähr viermal so großen Gemäldes handelt,16 in den 1980er Jahren im Wiener Dorotheum auf einer Auktion erstanden hatte. Auf eine diesbezügliche Anfrage bei der Provenienzforschung des Dorotheums erhielt Alice Kantor als Antwort ein Fax aus dem Rechtsbüro, in dem ihr weder der Name des Einbringers genannt, noch vom Haus angeboten wurde, im Hinblick auf eine mögliche Kontaktaufnahme mit den ursprünglichen Einbringern zu vermitteln. Als einzige schriftliche Auskunft17 wurde ihr im Spätherbst 2003 lapidar mitgeteilt, das Bild sei in den 1980er Jahren „von einer jüdischen Familie ins Dorotheum eingebracht“ worden. Mit dieser völlig deplatzierten Zuordnung hoffte das Dorotheum offenbar, jeden Verdacht von sich ablenken zu können. Für Alice Kantor freilich war wieder nichts geklärt.

Auch die Herausgeberinnen dieses Sammelbandes waren bei ihrem Vorhaben, die Rolle des Dorotheums während und nach der NS-Zeit zum ersten Mal ausführlicher einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren, nur bedingt erfolgreich. Obwohl sich in fast allen Beiträgen Hinweise auf die zentrale Rolle dieses Versteigerungshauses finden und sich der Aufsatz von Alexandra Caruso mit einer bestimmten Auktionsform, die auch im Dorotheum praktiziert wurde, auseinandersetzt, ist der geplante Dorotheumsschwerpunkt nicht zustande gekommen. Einen bereits zugesagten Beitrag der vom Dorotheum mit der Aufarbeitung seiner NS-Geschichte beauftragten Historiker haben wir bis zur Fertigstellung des Gesamtmanuskripts nicht erhalten. Überraschend zurückgezogen wurde auch der Beitrag einer Mitarbeiterin18 der „Anlaufstelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien für jüdische NS-Verfolgte in und aus Österreich“, der uns verbindlich versprochen worden war und sich explizit mit den internen Vorgängen im Dorotheum während der NS-Zeit und dem Aufstieg des Hauses von einer Pfandleihanstalt zum führenden Auktionshaus im deutschsprachigen Raum in dieser Zeit befassen sollte. Die Sprecherin des Präsidiums der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Erika Jakubovits, begründete diesen Schritt damit, dass eine Publikation über das in ein laufendes Verfahren verwickelte Unternehmen19 nicht den Regeln des Anstands entspreche.

Nach dem Dafürhalten der Herausgeberinnen ist es jedoch an der Zeit, nicht Rücksichtnahme, sondern Offenlegung einzufordern – geht es doch um eine Institution, die wie keine zweite nachhaltig vom NS-Kunst- und Kulturgutraub profitiert und es bis heute vermieden hat, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.

Zahlreiche Einzelbeispiele zeigen, dass ein Großteil der Kunstfachleute, die während der NS-Zeit angesehene Positionen im Bereich der bildenden Kunst bekleidet hatten, nach dem Krieg weiterhin im öffentlichen Kulturbetrieb, oft neuerlich in wichtigen Funktionen, tätig gewesen sind. In einigen wenigen Fällen wurden Verfahren wegen ehemaliger Parteimitgliedschaft während der Verbotszeit vor 1938 eingeleitet. Es lässt sich jedoch an verschiedenen Beispielen zeigen, dass während der NS-Zeit die Mitgliedschaft in der NSDAP etwa für renommierte Kunsthändler keineswegs eine unabdingbare Voraussetzung gewesen ist, um selbst mit hohen Parteifunktionären ins Geschäft zu kommen.

Es hat auch den Anschein, als wären bei einigen Kunsthändlern weniger strenge Maßstäbe im Hinblick auf ihre „rassische“ Zugehörigkeit angelegt worden, als dies sonst während der NS-Zeit der Fall war. Auf den Umstand, dass sich das NS-Regime im Kunstbereich auch solcher Personen bedient hat, die zu den als „Juden“ Verfolgten gezählt haben, wird in mehreren Beiträgen hingewiesen (Anderl, Francini, Schuster). Es scheint, als hätten gute Geschäftskontakte der betroffenen Händler, vor allem ins Ausland, sowie die spezifische Bedeutung, die der Kunst im NS-Staat beigemessen wurde, in dieser Hinsicht den Ausschlag gegeben.

In einigen Fällen wurden nach dem Krieg gegen Kunsthändler Ermittlungen wegen „missbräuchlicher Bereicherung“ (§ 6 Kriegsverbrechergesetz, KVG) eingeleitet. Dieser Tatbestand war gegeben, wenn jemand „in der Absicht, sich oder anderen unverhältnismäßige Vermögensvorteile zuzuwenden, durch Ausnützung der nationalsozialistischen Machtergreifung oder überhaupt durch Ausnützung nationalsozialistischer Einrichtungen und Maßnahmen fremde Vermögensbestandteile an sich gebracht oder anderen Personen zugeschoben“ hatte. Im Zuge von Verfahren nach dem KVG wurden Wertgegenstände aus dem Besitz der Angeklagten – unter denen sich häufig auch Objekte aus geraubtem jüdischem Besitz befanden – von den Behörden sichergestellt beziehungsweise beschlagnahmt und bis zur endgültigen Klärung des Tatbestands in Depoträumen des Dorotheums gelagert, wovon dieses Haus einmal mehr profitierte.

Zu den gängigen Rechtfertigungsstrategien der in Verfahren involvierten Händler zählte die Behauptung, sie hätten verfolgten Juden durch den Ankauf von Wertgegenständen bei der Flucht oder der Existenzsicherung geholfen. Nicht selten gelang es ihnen, sich für diesen Zweck Entlastungsschreiben einzelner Überlebender zu beschaffen, deren Inhalt sie gegenüber den Behörden auf unzulässige Weise verallgemeinerten.

Auffallend ist auch, dass vielfach dieselben Personen, die während des Krieges etwa für das Dorotheum als Schätzmeister oder Experten fungiert hatten, auch in der Nachkriegszeit diese Funktionen ausübten und sogar in Gerichtsverfahren gegen „Kollegen“ als Gutachter und für Schätzungen herangezogen wurden. Sie haben, wie im Beitrag von Anderl gezeigt wird, mit ihren Stellungnahmen mitunter den Ausgang von Verfahren beeinflusst.

In der Mehrzahl der Fälle kamen die Verfahren über das Stadium der Voruntersuchungen nicht hinaus. Der Großteil der Kunsthändler, gegen die Ermittlungen beziehungsweise Verfahren eingeleitet worden waren, ging letztlich straffrei aus. Auch die Tatsache, dass jemand als „Ariseur“, Treuhänder oder „Abwickler“ – etwa von jüdischen Kunsthandlungen – tätig gewesen war, galt nicht per se als strafbarer Tatbestand. Wenngleich es im Zuge von „Arisierungen“ auch sehr häufig zu „missbräuchlicher persönlicher Bereicherung“ gekommen war, musste diese im Einzelfall immer erst eindeutig nachgewiesen werden. So ging es auch im Verfahren gegen Karl Herber weniger um dessen Rolle als Geschäftsführer der Vugesta als um den Umstand, dass ihm diese Tätigkeit die Möglichkeit zum billigen Erwerb „arisierter“ Gegenstände geboten hatte (siehe dazu den Beitrag von Sabine Loitfellner).20

Auf ein anderes kompliziertes Kapitel der österreichischen Nachkriegsgeschichte, die Rückstellungsgesetzgebung und -praxis im Zusammenhang mit entzogenem Kunst- und Kulturgut, wird in mehreren Beiträgen eingegangen: bei Ingo Zechner in allgemeiner Form, bei Walter Schuster, Gert Kerschbaumer, Michael Wladika und Gabriele Anderl anhand konkreter Beispiele.

Auf fast unüberwindbare Schwierigkeiten stießen Rückstellungswerber, wenn es um Objekte ging, die über den Kunsthandel, vor allem über die Auktionshäuser, veräußert worden waren. Denn das Dritte Rückstellungsgesetz hatte den aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch abgeleiteten Begriff des „gutgläubigen Erwerbs“ eingeführt und angeordnet, dass unter anderem derjenige, der eine entzogene Sache in einer öffentlichen Versteigerung „gutgläubig“ erworben hatte, keinen Rückstellungsansprüchen ausgesetzt sein sollte.

Der Erwerber musste die entzogene Sache daher dann nicht zurückgeben, „wenn er nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass es sich um entzogenes Vermögen gehandelt hatte“, schreibt der Salzburger Universitätsprofessor für Zivilrecht Georg Graf.21

Die Judikatur interpretierte das Gesetz großzügig zugunsten des Erwerbers. Graf verweist auf ein Urteil der Obersten Rückstellungskommission im Jahr 1952. Gemäß diesem „genügte es für den Beweis der Schlechtgläubigkeit nicht, dass der Antragsgegner wusste, dass der geschädigte Eigentümer eine politisch verfolgte Person war; es musste darüber hinaus auch bewiesen werden, dass ihm auch bekannt war oder bekannt sein musste, dass der Verkauf ohne nationalsozialistische Machtergreifung nicht erfolgt wäre“.22

Für die Urteilssprüche war dann meist die Tatsache entscheidend, dass bei öffentlichen Versteigerungen, „vor allem im Dorotheum, in der Regel bereits entzogene Gegenstände veräußert“ worden waren.23

Auffallend ist für Graf auch die Tatsache, dass es nur zu wenigen Urteilssprüchen durch die Oberste Rückstellungskommission im Hinblick auf Erwerbungen aus dem Dorotheum gekommen ist. Er schließt daraus, dass es viele Betroffene von vornherein für aussichtslos gehalten haben, in solchen Fällen überhaupt einen Rückstellungsprozess anzustrengen.24

Die Realität der Rückstellungspraxis illustriert Walter Schuster am Beispiel von Daisy Hellmann. Diese hatte gegen die Abweisung ihres Rückstellungsbegehrens eingewendet, dass nach 1938 „allgemein bekannt war, dass im Dorotheum Gegenstände aus jüdischem Besitz versteigert wurden“. Ihr Einspruch machte auf die Rückstellungskommission – wie in vielen ähnlich gelagerten Fällen – keinen Eindruck.

Einen großen weißen Fleck bei der Erforschung des NS-Kunstraubes stellt die Rolle der Gestapo dar. Außer Frage steht, dass diese Einrichtung von allem Anfang an am Raub von Kunstgegenständen und vollständigen Sammlungen an vorderster Stelle aktiv gewesen ist. Von einer engen Kooperation der verschiedensten am NS-Kunstraub beteiligten Institutionen, allen voran der Auktionshäuser, mit der Gestapo muss ausgegangen werden. Da das Aktenmaterial der Wiener Gestapo größtenteils nicht erhalten ist, wird sich eine künftige Arbeit über ihre Rolle im NS-Kunstraub auf die zahlreichen verstreuten Hinweise stützen müssen.

Ein weiteres interessantes Thema für künftige Forschungen, bei dem es ebenfalls um ein Gesetz und dessen Auslegung und Anwendung in der Praxis geht, ist das österreichische Ausfuhrverbotsgesetz. Ingo Zechner weist in seinem Beitrag in diesem Band darauf hin, dass dieses Gesetz eine Grauzone geschaffen hat, „in der Gegenstände nicht mehr ganz Privateigentum sind, ohne dadurch zu öffentlichem Eigentum zu werden“. Theodor Brückler hat bereits Mitte der 1990er Jahre eine ausführliche Darstellung der Genese dieses Gesetzes als Notgesetz nach dem Ersten Weltkrieg verfasst, die allerdings bei der – von Brückler als „legistische Begleit- und Reparaturmaßnahmen“ bezeichneten – Novellierung im Jahr 1923 endet. 25 Zu den spezifischen Hintergründen der Instrumentalisierung dieses Gesetzes durch die Denkmalbehörde im Wechselspiel von nationalen Interessen, Eigentumsrechten geschädigter Individuen und partikularen Begehrlichkeiten von Museen in Perioden unterschiedlichen staatlichen Selbstverständnisses – nämlich in der Ersten Republik, während der NS-Zeit und, unter teilweise ganz anderen Prämissen, nach dem Zweiten Weltkrieg – gibt es bisher keine gründlichen Forschungen.26

Zu den besonderen Maßnahmen, die im Ausfuhrverbotsgesetz theoretisch vorgesehen waren, gehörte die Sicherstellung von Kunstgegenständen, wie sie vor allem in den Jahren nach 1938 gang und gäbe war. Nach 1945 missbrauchten die österreichischen Behörden das Ausfuhrverbotsgesetz in vielen Fällen, um den von den Nationalsozialisten begangenen Raub zu besiegeln: Als Resultat von Rückstellungsverfahren restituierte Objekte wurden ihren Besitzern abgepresst und gingen – beschönigend als „Widmungen“ bezeichnet – in den Besitz der Republik über. Michael Wladika illustriert diese Vorgänge in seiner Fallstudie über das Schicksal von acht gotischen Bildtafeln aus dem Besitz des Wiener Urologen Victor Blum. Er schildert dabei auf anschauliche Weise, welchen Demütigungen ehemalige NS-Opfer nach dem Krieg erneut ausgesetzt gewesen sind. Der in die USA geflüchtete Blum hatte nach 1945 keine Mühe gescheut, um zumindest einige der ihm während der NS-Zeit entzogenen Kunstschätze zurückzuerhalten. Während seitens des österreichischen Staates praktisch keine Anstrengungen unternommen wurden, den Vertriebenen eine Rückkehr zu ermöglichen, fürchtete man den Verlust für die Kulturnation, sollten repräsentative Kunstobjekte das Land verlassen. Die von den Nationalsozialisten durchgeführte Beraubung wurde durch konsensuelles Handeln der Verantwortlichen in der Politik und im Kunstbereich in vielen Fällen erst nach dem Krieg besiegelt.

In den letzten Jahren ist in akademischen Publikationen gelegentlich die Frage aufgeworfen worden27, ob die Verwendung des Begriffes „Raub“ im Zusammenhang mit den gewaltsamen und systematischen Vermögensentziehungen durch die Nationalsozialisten angemessen ist oder nicht. Auch Ingo Zechner nimmt im Hinblick auf den NS-Kunstraub in seinem Beitrag zum vorliegenden Sammelband auf diese Diskussion Bezug. Ohne hier ausführlicher auf die Debatte eingehen zu wollen, sei festgehalten, dass angesichts der Komplexität und Tragik der hier angesprochenen historischen Vorgänge die verfügbaren Begriffe notgedrungen zu kurz greifen. Deshalb kann eine simple Benennung, wie wohl gewählt der Terminus auch sein mag, kaum eine ausführliche und differenzierte Darstellung der Vorgänge ersetzen. Einige gelungene Begrifflichkeiten – wie „Raubgut“ oder „Fluchtgut“, die sich auf relativ klar abgrenzbare Phänomene beziehen, – haben Tisa Francini / Heuss / Kreis in ihrer Studie über die Rolle des Schweizer Kunsthandels in den Jahren 1933-1945 geprägt.28

Es stellt sich die Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, den Begriff „Kunstraub“ durch einen wesentlich schwächeren wie etwa „Entziehung“ oder einen in seinen Bedeutungen sehr komplexen wie „Enteignung“ zu ersetzen. Das Argument, dass die Verwendung des Begriffes „Raub“ bei heutigen Generationen romantische Vorstellungen von Seeräubern und Wegelagerern oder Assoziationen von bildungsbürgerlichen Ikonen wie Friedrich Schillers „Räubern“ evozieren und damit den Blick auf die umfangreiche, systematische und gewalttätige Beraubung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten verstellen könnte, erscheint uns wenig überzeugend. Einem derartigen Mangel an historischem Bewusstsein lägen wohl gravierende Defizite anderer Art zu Grunde, die kaum durch eine Begriffskorrektur behoben werden könnten.

Ein Anliegen der Herausgeberinnen dieses Bandes war es, bei den Untersuchungen auch die Täter – Beamte, Museumsleute und Kunsthändler – ins Visier zu nehmen. Bereits Jonathan Petropoulos hat die zentrale Bedeutung der Kunstexperten im Zusammenhang mit dem NS-Kunstraub erkannt und analysiert.29 Sein Hauptinteresse galt dabei vor allem der Rolle deutscher Museumsdirektoren und prominenter deutscher Kunsthändler. Eine Ausnahme stellt dabei die Darstellung der Aktivitäten des aus Salzburg stammenden Kunsthistorikers Kajetan Mühlmann dar, wobei das Hauptaugenmerk allerdings auf dessen Tätigkeiten in den besetzten Gebieten (in Polen und den Niederlanden) gelenkt wird.

In den einzelnen Beiträgen dieses Bandes wird versucht, nicht nur die Beziehung von Kunstexperten zum „Sonderauftrag Linz“ sowie ihre Rolle bei der Versorgung von NS-Granden mit geraubten Kunstschätzen zu thematisieren, sondern auch auf den Beitrag der Fachleute zur breitflächigen Versorgung von Museen und privaten Abnehmern mit Kunstobjekten hinzuweisen. Es kam ihnen eine Art Relaisfunktion zwischen den zu beraubenden „Kunstbesitzern“, den Machthabern, bestimmten Institutionen wie etwa den Museen, der Denkmalbehörde und der Vermögensverkehrsstelle (der zentralen „Arisierungsbehörde“ im besetzten Österreich) sowie – in besonderem Maße – dem Kunsthandel zu. Die Kunstexperten verdankten ihren Einfluss zum einen ihrer fachlichen Autorität, zum anderen ihrer auffälligen Umtriebigkeit.

In den Beiträgen zu Bruno Grimschitz, Franz Kieslinger, Friedrich Welz, Wolfgang Gurlitt, Oskar Hamel und Otto Schatzker, die hier stellvertretend für eine Vielzahl renommierter Kunstfachleute dieser Zeit stehen, wird deutlich, wie sehr Kunstwissen und Sinn für das „Schöne“ mit opportunistischem Karrierestreben und einer Bereitschaft zur Mitwirkung an systematischem Raub Hand in Hand gehen konnten. Die Aura, die die Experten dank ihres Umgangs mit den „schönen Dingen“ umgab, verschaffte ihnen Machtpositionen und Handlungsspielräume – oft über enge ideologische Grenzen hinweg.

Es ist kein Zufall, dass gerade dem Kunsthistoriker und Direktor der Österreichischen Galerie im Belvedere während der NS-Zeit, Bruno Grimschitz30, in mehreren Beiträgen ausführlich Beachtung geschenkt wird. Grimschitz war Leiter eines Hauses, dessen Sammlungsschwerpunkte zu einem Teil mit den während des Nationalsozialismus favorisierten Kunstströmungen übereinstimmten, zum geringeren Teil jedoch Richtungen entsprachen, die durch die NS-Kunstpolitik der vorangegangenen Jahre inkriminiert waren. In ihrem Beitrag „Bruno Grimschitz und die Österreichische Galerie 1938 – 1945“ setzt sich Monika Mayer mit der Frage auseinander, inwieweit Grimschitz als ein „Retter der Moderne“ zu betrachten ist. Auch Maren Gröning analysiert, wie die offiziellen Stellen der „Ostmark“ mit der vorgegebenen Linie der NS-Führung im Hinblick auf die Moderne umgegangen sind.31

Ob Grimschitz nun tatsächlich das Verdienst zukommt, die moderne Kunst vor dem Zugriff ideologischer Hardliner in Sicherheit gebracht zu haben, soll sehr wohl diskutiert werden. Fragwürdig bleibt dennoch die Tatsache, dass durch seine nachträgliche Stilisierung zur Retterfigur der „gefährdeten“ Kunst – wie dies in einigen früheren Publikationen32 geschehen ist – und den stets wiederholten Hinweisen auf sein hervorragendes Fachwissen bis heute erfolgreich versucht worden ist, von Grimschitz’ tiefer Verstrickung in die NS-Kulturpolitik und den NS-Kunstraub abzulenken.

Grimschitz war es auch gewesen, der die Übernahme der mittlerweile weltberühmten Klimt-Gemälde aus der Sammlung des Industriellen Ferdinand Bloch-Bauer durch die Österreichische Galerie bewerkstelligt hatte. Der Aufsehen erregende Rechtsstreit zwischen der 1938 aus Wien vertriebenen Erbin des Ehepaares Bloch-Bauer, Maria Altmann, und der Republik Österreich beschäftigt seit einigen Jahren wie kein anderer NS-Kunstraubfall weltweit die Öffentlichkeit. Weil dieses wohl prominenteste Beispiel einer Rückgabeforderung durch breite mediale Berichterstattung gut dokumentiert ist, haben wir auf eine ausführlichere Darstellung in diesem Sammelband verzichtet.33

In der österreichischen Kulturpolitik und den Medien werden die Werke Gustav Klimts zu einem „unbestrittenen Teil der österreichischen Identität“34