Liebe einfach ...

 

 

 

 

Renate Götz Verlag

 

Harville Hendrix, Ph.D. Helen LaKelly Hunt, Ph.D.

 

Liebe einfach ...

... und eure Partnerschaft blüht auf

 

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Margit Schröer

Renate Götz Verlag

 

Copyright © 2013 by Helen LaKelly Hunt and Harville Hendrix Illustrations copyright © 2013 by Elisabeth Perrachione First published in the United States by Harmony Books, an imprint of the Crown Publishing Group, a division of Random House, Inc., New York Titel des amerikanischen Originals: Making Marriage Simple

Umschlagabbildungen Harville Hendrix und Helen LaKelly Hunt © by Andy Peterson

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Margit Schröer Alle Rechte an der Übertragung ins Deutsche bei Renate Götz Verlag, A-2731 Dörfles

Deutsche Erstausgabe, November 2013 Copyright © by Renate Götz Verlag A-2731 Dörfles, Römerweg 6 e-mail: info@rgverlag.com 

Layout, Cover- und Gesamtgestaltung © Coverbild „Sonnenauge“ by outLINE|grafik Eva Denk, A-2340 Mödling . www.outlinegrafik.at

Produktion: C.E.Z.-Software HgmbH www.cezsoft.com

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

BUCH: ISBN 978-3-902625-41-0

 

Wir widmen dieses Buch fünf ganz besonderen Paaren
Ray und Nancy
Scott und Teresa
Kanya und James
Eric und Jennifer
Dan und CarolineInhalt

 

Danksagungen

Kein Buch entsteht ohne Inspiration von außen – für ein Buch über Part nerschaft gilt das in besonderer Weise. Viele großartige Menschen halfen uns, die Konzepte dieses Buches einerseits zu vereinfachen, andererseits spannend zu formulieren. Unser besonderer Dank geht daher an Elizabeth Perrachione, die wir bereits seit mehr als 25 Jahren kennen (und nie hätten wir uns vorstellen können, eines Tages gemeinsam an einem Buch wie diesem zu arbeiten). Sie unterstützte uns nicht nur inhaltlich, sondern entwarf auch die Illustrationen, die wir für äußerst passend hal ten. Wenige Menschen sind so begabt wie du. Danke, Elizabeth!

Große Wertschätzung wollen wir unserem Verleger aussprechen – und speziell auch unserer Herausgeberin, Sydny Miner, für ihre umsich tige Unterstützung der Vision dieses Buches. Noch bevor das Manu skript fertig war, hatten sich bereits viele Menschen eingebracht und das Buch durch ihre neutralen Vorschläge bereichert. Sanam Hoon und Joan Denniston achteten auf die Details – aus ihren Vorschlägen war ersicht lich, wie gut sie sich in die künftigen Leser dieses Buches hineinversetzten. So wie jene, die während eines Marathons am Rand der Laufstrecke stehen und den Läufern frisches Wasser reichen, lasen Bernadette Gallegos und Rachel Meltzer zahlreiche Entwürfe für dieses Buches und gaben uns weises Feedback. Bob Kamms und Jill Fein Bakers hilfreiche Anregungen waren wie ein Geschenk des Himmels, das genau zur rech ten Zeit kam. Auch unserem Agenten, Doug Abrams, möchten wir herzlich danken – er teilt unser begeistertes Engagement für gesunde Part nerschaften. Deshalb vermochte er unsere Vision in ihrer Weite und Tiefe zu verstehen. Seine Beiträge im Endspurt der Fertigstellung die ses Buches waren außerordentlich wertvoll. Wir hatten großes Glück, so unglaubliche Menschen zu kennen, die unsere Vision mit solcher Leiden schaft und derart großem Einsatz unterstützten.

Große Wertschätzung möchten wir dem globalen Netzwerk von Imago-TherapeutInnen aussprechen – wir sind schon seit langem tief beeindruckt von ihrem Engagement für Paare überall auf der Welt. Und last but not least möchten wir jedem einzelnen Paar unsere tief emp fundene Dankbarkeit bekunden, das ehrlich genug ist zuzugeben, dass seine Partnerschaft besser sein könnte. Sie sind Menschen, die sich frei willig entscheiden, alles zu tun, um die Partnerschaft Ihrer Träume zu verwirklichen. Jedem und jeder einzelnen von Ihnen sei dieses Buch gewidmet!

 

Anmerkung der Übersetzerin

Das Wort Partner zählt zu den am häufigsten verwendeten Ausdrücken dieses Buches.

Im Sinne einer guten Lesbarkeit haben wir die Formulierung „der Partner“ gewählt, selbstverständlich bezieht sich das auf beide Geschlechter. Es liegt uns besonders am Herzen zu betonen, dass wir dabei stets weib liche wie männliche Partner gleichermaßen im Blick hatten.

Bei den Übungsanleitungen, die Sie als Frauen und Männer, als Part nerin und Partner in besonderer Weise motivieren möchten, an positi ven Veränderungen für Ihre Partnerschaft zu arbeiten, entschieden wir uns bewusst für beide Formen, die männliche wie auch die weibliche. Es liegt uns am Herzen, jeden Leser und jede Leserin hier persönlich anzu sprechen!

Der Originaltitel dieses Buches lautet Making Marriage Simple, also in etwa „Wie Ehe einfach gelingt“. Im Arbeitsteam waren wir uns jedoch sofort einig, aufgrund zahlreicher kultureller und sozialer Unterschiede zwischen den USA und Europa für den deutschen Sprachraum das Wort „verbindliche Partnerschaft“ zu wählen.

Verbindliche Partnerschaft ist eine auf Dauer ausgerichtete, intime Liebesbeziehung, in der tiefe Heilung im psychologischen Sinn mög lich ist, weil die Partner grundsätzlich bereit sind, Probleme und Krisen gemeinsam zu bewältigen, anstatt die Partnerschaft zu beenden.

Der Begriff „verbindliche Partnerschaft“ inkludiert selbstverständlich auch vor dem Staat und/oder einer Religionsgemeinschaft geschlossene Ehen, soll aber wesentlich weiter gefasst sein.

 

Einleitung

Wir gratulieren Ihnen – Sie haben eine große Vision!

Sie haben dieses Buch gekauft, weil Sie Ihre Partnerschaft zum Guten verändern möchten. Und Sie können sicher sein, dass es Ihnen eine unglaublich wertvolle Unterstützung sein wird! Dieses Buch ist wie ein Destillat der essenziellsten Gedanken aus unserem ersten Buch So viel Liebe wie Du brauchst – Der Wegbegleiter in eine erfüllte Beziehung. Zusätzlich finden Sie auch all jene „Beziehungsweisheiten”, die uns das Leben seit unserem Erstlingswerk schenkte. Was wir selbst lernen durften, möchten wir Ihnen in klaren, prägnanten Kapiteln nahebringen. Die Erkenntnisse und Entwicklungsschritte, die wir im vorliegenden Buch beschreiben, können auch Sie darin unterstützen, von Konflikten zu tiefer Verbundenheit zu finden – und wahre, tiefe und dauerhafte Liebe kennenzulernen.

Aber mehr noch, beim Lesen der folgenden Seiten und Kapitel wer den Sie erleben, wie sich eine neue Art von Partnerschaft und Ehe ver wirklichen lässt. Sie sind eingeladen, zu einer Entwicklung beizutra gen, die wir „Revolution der Partnerschaft” nennen. Ein kurzer Streifzug durch die Geschichte der Ehe soll erklären, wie wir das meinen.

Partnerschaft und Ehe im Wandel der Zeit

Liebe gibt es, seit es Menschen gibt. Die Institution Ehe ist jedoch weit aus jünger. Und dass Ehe etwas mit Liebe zu tun hat, ist noch gar nicht lange der Fall. Um Ihnen einen kurzen Einblick in die Geschichte der Institution Ehe zu geben, möchten wir deren komplexe Entwicklung in drei unterschiedliche Abschnitte gliedern:

  1. In der prähistorischen Zeit bildeten unsere Vorfahren Zweckgemein schaften (was im Prinzip bedeutete: Zusammenleben, um Nahrung und Behausung miteinander zu teilen). Paarweise zu leben verringerte die Gefahr, von einem Säbelzahntiger überwältigt zu werden oder zu verhungern, wenn die Nahrung knapp war. Ein gutes Funkti onieren des Zusammenlebens und der Fortpflanzung war ausschlag gebend für das Überleben von umherziehenden Familienverbänden.
  2. Vor ungefähr 11.000 Jahren wurden die Jäger und Sammler langsam sesshaft und begannen als Bauern die Landschaft zu bewirtschaften. Der Begriff des Eigentums entwickelte sich. Zuerst besaß man Land, aber später besaß man leider auch Frauen, Kinder und Sklaven. Ehe war eine Abmachung, um das abzusichern, was man besaß, in der Hoffnung, durch eine bessere gesellschaftliche Stellung noch mehr Besitz zu erlangen. Deshalb wurden Ehen oft arrangiert (und zwar meist durch die Eltern – für manche eine schreckliche Vorstellung). Liebe spielte in diesem System noch kaum eine Rolle.014
  3. Im 18. Jahrhundert wurde die Liebesheirat geboren. Der Ehepart ner wurde nicht mehr zwingend von den moralischen Vorstellungen der patriarchalischen Gesellschaft bestimmt, sondern manche Menschen konnten bereits frei wählen. Sie brachten bislang unbekannte Bedürfnisse in die Ehe mit. Es gab jedoch keine Benutzerhandbücher für Eheleute und auch keine Selbsthilfegruppen. (Ehe)-Partner tappten im Dunkeln bei dem Versuch, ihre Bedürfnisse zu erkennen und dem Partner nahezubringen. Sie schlitterten in bedrohliche Konflikte. Bis zum Jahr 1970 war die Scheidungsrate in den USA auf ungefähr 50 Prozent angestiegen und ist seither fast unverändert hoch.015

Zur Liebesehe bekam man, wie schon gesagt, kein Benutzerhandbuch mitgeliefert, dafür aber ein Relikt aus der Zeit der arrangierten Ehen: das Ungleichgewicht der Geschlechter. So kam es zum Fortbestehen jener unausgeglichenen Machtverhältnisse, die typisch für das althergebrachte Ehemodell waren. Wir wollen es das Ehemodell von Dominanz und Unterwerfung nennen. Je mehr Chancen sich jedoch für Frauen öffneten, desto mehr wurde „Unterwerfung” in Frage gestellt – und zum Auslaufmodell. Beide Partner wollten dominieren und beide vertraten die Ansicht: „Du und ich sind eins – und der eine, die eine bin ich!”

Nun folgte das Modell der partnerschaftlichen Ehe, für dessen Verwirklichung wir in den letzten Jahrzehnten vielen Paaren den Rücken zu stärken versuchten. Bei der partnerschaftlichen Ehe sind beide Partner frei und gleichwertig. Sie fördern bewusst das psychische und geistige Wachstum des jeweils anderen Partners. Dadurch können sie die höchste Form der Nähe und Vereinigung erfahren, die zwischen menschlichen Wesen möglich ist.

Aufgrund unserer jahrzehntelangen Erfahrungen als Ehe- und FamilientherapeutInnen wissen wir zweifellos, welch große Herausforderung die Verwirklichung einer partnerschaftlichen Ehe darstellt. Wir sind nun schon mehr als 30 Jahre miteinander verheiratet und mussten uns selbst riesigen Herausforderungen stellen.

Vor ungefähr zehn Jahren öffnete uns ein unerwarteter und beängstigender Absturz die Augen. Obwohl wir offiziell Experten für Ehe und Partnerschaft waren, erlebten wir plötzlich selbst das Gefühl, unsere Ehe sei ein einziger Scherbenhaufen. Wir hatten das Konzept der Imago-Therapie begründet. Wir hatten Tausenden von Paaren in vielen Ländern der Erde geholfen, Heilung für ihre Partnerschaft zu finden. Aber selbst wendeten wir nicht an, was wir predigten. Daheim verhielten wir uns ganz anders, als wir es in der Öffentlichkeit vermittelten. Wir stritten oft Tag und Nacht miteinander. Oh Gott, fühlten wir uns scheinheilig ...

So entschieden wir uns dafür, all die Übungen und Methoden, die wir für andere Menschen entwickelt hatten, nun auch selbst anzuwenden. Oft schon hatten wir miterlebt, wie andere Menschen magische Veränderungen erleben durften – und nun wurde dieses Geschenk auch uns zuteil. Wir konnten unsere anfängliche Nähe wieder erreichen, aber auf einer tieferen und ganzheitlicheren Ebene. Unsere Ehe entwickelte sich endlich zur Partnerschaft unserer Träume.

Wir glauben daran, dass in jedem Menschen die Fähigkeit liegt, diese Art von Partnerschaft zu verwirklichen. Das vorliegende Buch wird Ihnen dabei helfen. Sie stehen an der Schwelle zum nächsten Evolutionsschritt in Partnerschaft und Ehe – ein Schritt, der unglaubliche Möglichkeiten für uns als Einzelpersonen aber auch für die Gesundung unserer Welt öffnet. Erst jetzt, an dieser Stelle der Geschichte der Menschheit, kann partnerschaftliche Ehe tatsächlich verwirklicht werden. Wir sind überzeugt davon, dass auch Sie die Ehe oder Partnerschaft Ihrer Träume verwirklichen können, wenn Sie die Gedanken und Methoden umsetzen, die wir in diesem Buch vorstellen. Dabei können Sie sich mit Tausenden anderen Paaren verbunden wissen, die an einer Revolution von Ehe und Partnerschaft mitwirken.

Helen LaKelly Hunt und Harville Hendrix

 

Wie Sie am besten mit diesem Buch arbeiten

Harville und Helen

Jedes Kapitel in diesem Buch enthält eine wesentliche Einsicht bzw. Erkenntnis über Partnerschaft, die wir während der Jahrzehnte unserer Arbeit mit Paaren gewinnen konnten. Jedes Kapitel endet mit einer ein fachen Übung, die Ihnen helfen wird, die gelernte Theorie in die Praxis umzusetzen. Und am Ende dieses Buches finden Sie alle Übungen noch einmal zu einem übersichtlichen Übungsprogramm zusammengefasst.

Ihre Partnerschaft zu verwandeln erfordert echten Einsatz auf Ihrer Seite. Manchmal werden Sie rasche Veränderungen erleben, manch mal werden Sie den Eindruck haben, dass gar nichts vorwärts geht. Das Allerwichtigste ist aber, „dranzubleiben”. Als unsere Partnerschaft in ernsten Schwierigkeiten steckte, verbrachten wir jeden Tag eine bestimmte Zeit damit, die Übungen, die Sie in diesem Buch finden, durchzugehen. Wenn Sie Erfolg haben möchten, ist es wichtig, einen Weg zu finden, wie Sie als Paar täglich üben und weiterkommen können.

Wenn Sie nun die Augen verdrehen, anstatt begeistert zu lächeln, so können wir dies voll und ganz verstehen. Es braucht schließlich viel Zeit und Energie, um den perfekten Partner zu finden. Viele, wenn nicht die meisten von uns, sind der Ansicht, dass alle Mühe vorbei ist, sobald man während der Hochzeitszeremonie das entscheidende „Ja” geflüstert oder gesagt hat. Der Gedanke, weiterhin Zeit in unsere wichtigste Beziehung zu investieren, kann seltsam und vielleicht auch bedrückend erscheinen – ganz besonders dann, wenn wir unsere Partnerschaft bereits als belastend empfinden.

020Als wir damit begannen, Schritte zur Heilung unserer Partnerschaft zu unternehmen, war sie bereits völlig aus der Balance geraten. Wir wussten zwar beide eine Menge über Partnerschaft und Ehe – aber nur in der Theorie. Wir wussten damals nicht, wie man diese Theorie für unser Leben anwenden konnte. Wenn wir eine Meinungsverschiedenheit hat ten, wollte keiner von uns auch nur im Geringsten nachgeben. In Diskussionen analysierten wir das Verhalten unseres Partners und beschuldig ten einander gegenseitig.

020-2Unter dem Stichwort „störrischer Esel” hätte man uns beide im Lexikon abbilden können. Oft waren wir so unglaublich wütend aufeinander! Und das Letzte, worauf wir Lust hatten, war, jeden Abend gemeinsam Übungen für unsere Partnerschaft zu absolvieren.

Anders als erwartet waren wir bald sehr positiv überrascht! Es fiel uns bei weitem nicht so schwer, mit den Partnerschaftsübungen zu beginnen, als wir gedacht hatten. Und jeden Abend hatten wir das Gefühl, im Vergleich zum Vorabend einen kleinen Fortschritt für unsere Partnerschaft erreicht zu haben. Und eines schönen Tages erlebten wir so etwas wie einen richtigen Durchbruch: Zum ersten Mal seit langer Zeit spürten wir, dass wir das Zusammensein miteinander wieder richtig genießen konnten.

Eine neue Art des Umgangs miteinander zu entwickeln, ist ähnlich wie das Aufbauen und Trainieren stärkerer Muskeln. Es erfordert festen Willen und tägliches Training. Sie können zum Beispiel damit beginnen, dieses Buch zuerst einmal von vorne bis hinten zu lesen. Eine andere Möglichkeit wäre, gleich mit Übung 1 zu beginnen. Sie können die Übungen direkt nach den entsprechenden Kapiteln ausführen oder nach dem Lesen des ganzen Buches das vollständige Übungsprogramm am Ende des Buches machen. Es wäre eine sehr gute Sache, eine Mappe anzulegen, um sich dort Notizen zu Ihrem Partnerschaftstraining zu machen. Sie könnten auch zwei Ausgaben von diesem Buch besorgen (schließlich wäre es kontraproduktiv, wenn Sie Auseinandersetzungen darüber führen, wer wann darin lesen darf!).

Wir möchten Ihnen sehr ans Herz legen, dieses Buch öfter als ein Mal zu lesen – und auch die Übungen öfter zu wiederholen. Sie können ent weder neuerlich am Beginn des Buches starten oder jene Kapitel bzw. Übungen auswählen, die Ihnen zu einem bestimmten Zeitpunkt besonders passend für Ihre Partnerschaft erscheinen. Warum legen wir so viel Wert darauf, Sie zu ermuntern, diese Übungen immer wieder neu aufzunehmen? Weil Sie beim Wiederholen jedes Mal etwas Neues erkennen und trainieren werden. Durch diesen Einsatz kann die wahre Liebe in Ihrem Leben aufblühen – und die Partnerschaft Ihrer Träume kann endlich Wirklichkeit werden.

Aber seien Sie unbesorgt, mit einem kräftezehrenden Marathon hat diese Art von Training nichts zu tun. Wenn Sie auch nur zehn oder zwanzig Minuten pro Abend investieren und ein Kapitel dieses Buches lesen oder eine der Übungen absolvieren, summiert sich das zu großen Fort schritten. Sie müssen ein begonnenes Kapitel nicht am selben Abend fertig lesen, Sie können sich über einen Zeitraum von mehreren Tagen damit befassen. Wählen Sie jenes Tempo, das für Sie persönlich am bes ten passt.

Sie haben Ihre Partnerschaft gemeinsam aufgebaut – und deshalb sind wir der Ansicht, dass die Gedanken und Übungen dieses Buches am besten wirken, wenn Sie sich gemeinsam damit beschäftigen. Seien Sie jedoch nicht enttäuscht, wenn Ihr Partner oder Ihre Partnerin (noch) nicht bereit ist, mitzutun. Auch ein Partner KANN die Dynamik in einer Partnerschaft VERÄNDERN. Sollten Sie sich also für dieses Buch interessieren, Ihr Partner jedoch nicht, so lautet unsere Meinung dazu: „Tun Sie’s – es lohnt sich!“

 

Erkenntnis 1

Romantische Liebe ist ein Trick der Natur

Helen

Obwohl Harville und ich aus unterschiedlichen Lebenswelten stammen, hatten wir, als wir uns ineinander verliebten, unglaublich viel gemeinsam: Wir waren beide geschieden, hatten jeweils zwei Kinder, waren beide leidenschaftlich an Psychologie interessiert und wir liebten Grillfeste. Und unsere Vorstellung von einem idealen Urlaub war exakt dieselbe: mit einem geliehenen Wohnmobil samt unserer neuen Patchwork-Familie quer durch die USA zu reisen. Sehen Sie nur, wie gut wir zusammenpassten (zumindest in unserer eigenen Wahrnehmung)!

Ich kann mich an keinen einzigen Punkt erinnern, in dem wir uns nicht einig gewesen wären.

Frisch verliebt zu sein ist einfach unbeschreiblich schön!

Mitten in unserem gewohnten Leben erblicken wir plötzlich unseren Traumpartner! Unsere Augen begegnen einander (sogar in einem über füllten Raum). Unser Herz schlägt schneller. Und das Märchen der romantischen Liebe beginnt. Blumen, kokette Augenaufschläge, gemeinsame Candle-Light-Dinners, Tuscheln und Lachen. Spaziergänge bei Sonnenuntergang und kleine Geschenke der Liebe. Stundenlange Vorfreude auf das nächste Wiedersehen. Ein gemeinsamer Kinofilm oder ein glücklicher Abend, an dem man sich so viel zu sagen hat oder einfach gern mit einander schweigen möchte.

024

Jeder von uns denkt insgeheim: „Seltsam, ich habe das Gefühl, dich schon ewig zu kennen ...” Und in gewisser Hinsicht stimmt das auch. Denn der neue Mensch in unserem Leben hat starke Ähnlichkeiten mit den ersten und wichtigsten Bezugspersonen in unserer Kindheit.

Nicht jeder erlebt den Prozess des Verliebens derart intensiv. Bei manchen Menschen ist dies ein eher schrittweiser Prozess. Aber irgendwann sind auch sie so weit, dass sie an nichts anderes mehr denken können als an die geliebte Person. Es ist unerträglich, voneinander getrennt zu sein. Man sendet einander unaufhörlich SMS und telefoniert stundenlang, bis man wieder zusammen sein kann. Es scheint, als könne man die Gedanken des anderen lesen. Man kann Sätze zu Ende sprechen, die der Partner beginnt. Man weiß ganz genau, was der andere gerade möchte – und seltsamerweise will man selbst exakt dasselbe!

Diese frühe Phase der romantischen Liebe bringt unsere allerbesten Seiten zum Vorschein. Die Wohnung ist stets schön aufgeräumt. Wir investieren viel mehr Zeit in unsere Körper- und Schönheitspflege als bisher. Niemand von uns würde jemals in Anwesenheit des geliebten Partners rülpsen. Wir wissen nicht recht, wie uns geschieht – aber ganz ohne Zweifel haben wir uns Hals über Kopf VERLIEBT!

Romantische Liebe ist ...

... eine unerklärliche Anziehungskraft zwischen uns und unserem Partner. Wir erleben Momente absoluter Ekstase!

Aber leider hält der Zustand des großen Glücks nicht auf Dauer an.

 

Von der Ekstase zum Frust

Die romantische Liebe hält lange genug an, um zwei Menschen aneinander zu binden. Danach reitet sie auf einem stolzen Pferd in Richtung Sonnenuntergang davon. Und oft haben wir dann den Eindruck, dass sich die Partnerschaft unserer Träume fast über Nacht in unseren schlimmsten Albtraum verwandelt.

025

Solange wir uns mitten in der Phase der romantischen Liebe befinden, kann unser Partner einfach nichts falsch machen. Ist diese Phase dann vorbei, kann er einfach nichts richtig machen. Jener Mensch, der einmal mein größter Fan war, wird zu meinem schärfsten Kritiker. Statt einander anzubeten, machen wir einander nun nieder. Wir ertappen uns dabei zu denken: „Ist das noch der Mensch, den ich geheiratet habe? Wir waren doch wie geschaffen füreinander. Wir waren ein Herz und eine Seele.” Und mit einem schmerzvollen Stich in die Magengrube fragen wir uns: „Wie kann mein Partner nur so denken, so handeln und solche Dinge sagen? Ich habe mich getäuscht, ich habe ihn für einen ganz anderen Menschen gehalten!”

Sehr unsanft erwachen wir aus dem wunderschönen Traum, dass wir füreinander wie geschaffen schienen. Dieses Erwachen kann uns äußerst verdrießlich stimmen. Viele Paare entscheiden sich für eine rasche Trennung bzw. Scheidung, damit sie den großen Schmerz und die schlimme Enttäuschung nach der Phase der romantischen Liebe bald hinter sich lassen können. Andere fürchten die Belastungen einer Trennung und bleiben zusammen – leben aber eine Art von Parallelleben, in dem sie kaum mehr miteinander verbunden sind. Sie denken, es wird schon irgendwie weitergehen. Aber insgeheim haben sie das Gefühl, dass irgendetwas total schiefläuft.

026

Wir persönlich sind zutiefst überzeugt, dass hier gar nichts schiefläuft. Die Phase der romantischen Liebe ist einfach nur die erste Phase jeder Partnerschaft. Es ist also vorgesehen, dass sie vorübergeht.

Die Phase der romantischen Liebe ist eine starke Kraft, die uns mit einem Menschen verbindet, der dieselben positiven und negativen Eigenschaften besitzt wie unsere Eltern oder andere sehr wichtige frühe Bezugspersonen (dazu zählen neben den Eltern auch ältere Geschwister, Großeltern, Kindermädchen und ähnliche Personen). Als Sie Ihren Partner zum ersten Mal sahen, hatten Sie vielleicht den Ein druck, ihn schon ewig zu kennen, weil er ganz ähnliche gute Eigenschaf ten besaß wie Ihre Eltern. Da er aber auch ganz ähnliche negative Eigen schaften besitzt, wird es laufend schlimmer mit ihm und Sie fühlen sich nun irritiert und enttäuscht. Das ist der Grund dafür, dass die anfängliche Ekstase durch Frust oder Langeweile abgelöst wird – und dass Partnerschaft oft hart und schmerzvoll werden kann.

Natürlich stimmt uns der Gedanke, dass unser Partner in Wahrheit ein Ebenbild unserer Eltern ist, anfänglich recht ärgerlich. Obwohl wir unsere Eltern meist lieben, haben wir den Wunsch, einen Elternteil zu heiraten, zumindest auf der bewussten Ebene bereits im Alter von fünf oder sechs Jahren überwunden. Als wir dann Teenager wurden, wünsch ten wir uns in erster Linie Freiraum von unseren Eltern. Trotzdem ist es eine Tatsache, dass wir uns unbewusst zu einer bestimmten Person hin gezogen fühlen, die in sich selbst die besten und schlechtesten Charakterzüge unserer Eltern vereint. Wir nennen es unsere persönliche Imago – ein „Abziehbild” der positiven und negativen Eigenschaften unserer primären Bezugspersonen aus der Kindheit.

Wenn Sie beim Lesen dieser Gedanken sagen: „Seltsam, ich erkenne so gar keine Ähnlichkeit zwischen meinem Partner und meinen Eltern!”, so möchten wir entgegnen, dass Ihr Partner Ihren Eltern keineswegs ähnlich zu sehen braucht und sich oberflächlich betrachtet auch gar nicht so verhalten muss, wie Ihre Eltern sich verhielten. Das Spannende ist jedoch, dass durch die Verhaltensweisen Ihres Partners in Ihnen die selben Gefühle wach werden, die auch Ihre Eltern bei Ihnen wachriefen. Dazu gehört das Erleben von Liebe und Geborgenheit. Und ebenso die Erfahrung, dass nicht alle Ihre Bedürfnisse erfüllt wurden und dass dies Ärger, Enttäuschung oder Schmerz in Ihnen hervorrief.

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Unsere Kindheit ein zweites Mal durchleben

Wenn wichtige Bedürfnisse in unserer Kindheit nicht erfüllt werden können, führt das zu sogenannten „Kindheitsverwundungen”. Als Erwachsene reagieren wir besonders in jenen Punkten empfindlich, wo unsere Bedürfnisse offen bleiben mussten. Unser Unterbewusstsein ist der Ansicht, dass diese Verwundungen am besten heilen können, wenn wir einen Menschen mit ähnlichen Eigenschaften finden wie unsere primären Bezugspersonen aus der Kindheit – und wenn jener lernt, uns zu schenken, was wir damals bereits gebraucht hätten. Obwohl es uns oft sehr hart erscheint, die schmerzlichen Aspekte in einer Partnerschaft auszuhalten, versteckt sich doch ein großartiger Plan dahinter: Wir sind dazu berufen, entscheidend zur gegenseitigen Heilung unserer Kindheitsverwundungen beizutragen.

Es ist uns wichtig zu betonen, dass es keineswegs darum geht, unseren bzw. Ihren Eltern Schuld zuzuweisen, wenn wir von Kindheitsverwundungen sprechen. Realistisch betrachtet ist es unmöglich, die Eltern rolle perfekt zu erfüllen. Würden Sie eines unserer sechs Kinder fragen, ob wir beide perfekte Eltern waren, wird deren Antwort sicherlich „Nein!” lauten. Nicht einmal den großartigsten Eltern gelingt es, sich in allen Situationen großartig zu verhalten. Die Elternrolle „perfekt” zu erfüllen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Ob Ihre Eltern in manchen Punkten ziemlich versagt haben oder ob die Verwundungen, die sie verursachten, eher nebensächlicher Natur waren, die Folgen ihres Verhaltens lassen sich im Allgemeinen in zwei Kategorien einteilen. Entweder waren Ihre Eltern zu stark engagiert in ihrer Elternrolle, sodass Sie sich manchmal kontrolliert und eingeengt fühlten.

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Oder Ihre Eltern engagierten sich zu wenig, sodass Sie sich manchmal vernachlässigt oder im Stich gelassen fühlten.

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Als junges Mädchen lasteten die Erwartungen anderer oft als starker Druck auf mir. Meine Eltern erwarteten von mir, dass ich anderen gegen über immer meine freundliche und hilfsbereite Seite zeigte, egal wie ich mich gerade wirklich fühlte. Ich wurde im Süden der USA geboren und wuchs dort auf, und in meiner Kultur war es üblich, dass junge Mädchen zierliche Schönheiten waren, die andere erfreuen sollten. Man brachte mir sogar bei, wie man einen echten Knicks macht – ich lernte, mich im wahrsten Sinn des Wortes anderen unterzuordnen. Meine Mutter war selten da, wenn ich von der Schule heimkam, denn sie engagierte sich über die Maßen als ehrenamtliche Mitarbeiterin in einem Krankenhaus. Und auch von mir wurde erwartet, dass ich wie sie den Großteil meiner Frei zeit mit ehrenamtlichen Tätigkeiten füllte.

Und nun im Schnelldurchlauf weiter zu meiner Ehe.

Sie meinen, ich wäre eigentlich die perfekte Ehefrau gewesen und hätte mich in jeder Hinsicht für Harvilles Wohl aufgeopfert.

Ehrlich gesagt, so war es auch – ... aber nur in gewisser Hinsicht.

Als wir heirateten, schwor ich mir, für Harville die beste Ehefrau der Welt zu sein. Mit Stolz und Hingabe war ich bestrebt, jedem einzelnen Detail seines Lebens meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Und bald schon hatte ich das Gefühl, ich kannte ihn besser als er sich selbst. (Gefahr im Verzug!)

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Wenn Freunde eine Frage an Harville richteten, mischte ich mich oft voll Stolz ein und antwortete an seiner Stelle. Ich bereitete sein Früh stück zu und kochte das Abendessen, ohne ihn jemals zu fragen, was er gern essen wollte. Ich brauchte ihn nicht zu fragen, denn ich wusste es doch ohnehin. Ich wusste, dass er ein großer Fan der Serie Star Trek war, also war ich überzeugt, dass er sich riesig freuen musste, wenn ich ihn mit Kaffeetassen oder Handtüchern mit dem Logo von Star Trek überraschte. Ich konzentrierte mich dermaßen auf Harvilles Befindlichkeit, dass man nur mich fragte musste, wenn man wissen wollte, wie es ihm gerade ging.

völliggefragt