cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

Kommentar

Leserkontaktseite

Risszeichnung Space-Jet der ROMULUS-Klasse

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

 

Nr. 2739

 

Die Sternenrufer

 

Perry Rhodan im System der Vidriten – er will ein interstellares Zeichen setzen

 

Uwe Anton

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

img2.jpg

 

Seit die Menschheit ins All aufgebrochen ist, hat sie eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Die Terraner – wie sich die Angehörigen der geeinten Menschheit nennen – sind längst in ferne Sterneninseln vorgestoßen.

Immer wieder treffen Perry Rhodan und seine Gefährten auf raumfahrende Zivilisationen und auf die Spur kosmischer Mächte, die das Geschehen im Universum beeinflussen.

Im Jahr 1516 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Milchstraße seit nunmehr zwei Jahren unter dem Einfluss des Atopischen Tribunals, einer noch immer weitgehend rätselhaften Organisation, die vorgibt, im Rahmen der »Atopischen Ordo« für Frieden und Sicherheit zu sorgen.

Welche Auswirkungen die Atopische Ordo haben kann, erfährt Perry Rhodan am eigenen Leib: Ihn hat es in die Galaxis Larhatoon verschlagen, die Heimat der Laren, die vor über eineinhalb Jahrtausenden als Mitglieder des Konzils der Sieben Galaxien eine beträchtliche Zeitspanne in der Milchstraße herrschten.

In Larhatoon machen sich Perry Rhodan und Bostich ein Bild von der Lage und suchen nach Verbündeten gegen das Tribunal. An Bord eines Raumschiffes des Feuervolks besuchen sie nun DIE STERNENRUFER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Unsterbliche ist für die Vidriten unsichtbar.

Neacue – Der Benetah leiht sich mehr als nur ein Ohr.

Vassanar Ghesscy – Der Onryone glaubt, leichtes Spiel zu haben.

Khild und Thiajin – Zwei Raumfahrer begeben sich auf das ultimative Abenteuer.

Osueo – Der Lucbarni begreift, dass Rhodans Mission gefährlicher ist, als er zunächst annahm.

1.

 

Pethpar ging langsam am Horizont hinter Thej Bego unter. Im Osten erschienen die ersten Chiffren des Anderlichts, das seit Jahrzehnten den Himmel färbte.

Khild ließ vom Vhemejat aus den Blick über die Hauptstadt schweifen. Die versinkende blaue Sonne tauchte die würfelförmigen Gebäude in ein unwirkliches Licht aus indigofarbenen Schattierungen, die ihm wunderschön vorkamen. Die Straßen waren voller Vidriten, die auf den Höhepunkt des Fests warteten.

In diesem Augenblick spürte Khild lediglich Stolz. Stolz und Zuneigung für sein Volk, das kurz vor dem Sprung zu den Sternen stand. Vor wenigen Generationen erst waren die Vidriten in den Weltraum vorgestoßen. Nun waren sie bereits drauf und dran, die Grenzen ihres Sonnensystems hinter sich zu lassen. Ihre ersten Entdeckungen in der Hyperraumforschung hatten sie vor etwa dreißig Jahren gemacht, und nun würde er, Khild, es sein, der die kühnen Pläne in die Tat umsetzte. Pläne, von denen vor dreißig Jahren nur wenige Vidriten auch nur geträumt hätten. Die Visionäre.

Er schaute zu Thiajin hinüber. Sie war nackt, wie der Ferne Jene sie geschaffen hatte. Was Khild sah, gefiel ihm sehr, doch er unterdrückte umgehend die Begierde nach ihr. Es war seine Pflicht, sie nicht als Frau, sondern als Astronautin zu sehen, als Kollegin und Gefährtin. Und genau so sollte es auch sein, wie er fand. In diesem erhabenen Augenblick hatten seine Gedanken nur dem bevorstehenden Flug zu gelten.

Er nickte ihr zu. Sie bedachte ihn mit einem Blick ihres reizvollen Auges, der ihm durch Mark und Bein ging. Dann schritten sie langsam zu den Abschiedsthronen. Thiajin interessierte sich genauso wenig für seine Nacktheit wie er für die ihre. Jedenfalls nicht in diesem Augenblick. Ihre zweite Geburt stand unmittelbar bevor.

Sie blieben vor den Thronen stehen, legten die Hände an die Hüften und warteten. Khild sah sich wieder verstohlen um. Die wichtigsten Würdenträger hatten sich versammelt, um dem Abschied beizuwohnen. Chanpaja, der Vhemej von Vi, dazu fünf Cethco, die im Himmelsspiegel saßen, und sogar der Höchstkurier des Fernen Jenen. Sobald der Vhemej das Zeichen gab, konnte die Zeremonie beginnen.

Der Vhemej trat an die Mikrofone. Er nickte den fünf Cethco aufmunternd zu.

Das Quintett erhob sich und stimmte sich mit einem leisen Summen ein. Khilds Blick glitt zum Himmelsspiegel. Sein Name kam nicht von ungefähr. In ihm spiegelte sich der Himmel, nur dass man ihn auf diese Weise unter sich hatte.

Schon das Summen der Cethco erhöhte Khilds Stimmung. Einen Moment glaubte er wirklich, mitten im Himmel zu stehen, die Füße fest verankert im Firmament, den Kopf hochgereckt in unermessliche Weiten. Er reckte ihn immer höher, ins benachbarte Sonnensystem und darüber hinaus.

Der Augenblick war perfekt.

Dann sandte das Quintett der Cethco das Cedej.

Ein perfekter Augenblick wurde noch perfekter. Alle Vidriten im gesamten Pethpar-System vernahmen das Cedej, auch der Vhemej Chanpaja. Es wurde ganz still auf dem Forum des Vhemejats, in der Stadt Thej Bego, ja, auf ganz Vi und wohl im ganzen Sonnensystem.

Khild war ebenfalls ein Cethco, und als solcher fühlte er sich eins mit seinem Volk, auf das er so stolz war.

Natürlich kannte er die Herkunft des Cedej, die Hintergründe. Das Cedej war ein telepathischer Impuls, ein paranormaler Ruf, der allerdings bei einem einzelnen Cethco sehr schwach und kaum artikuliert blieb. In der Frühzeit ihrer Existenz hatten die Vidriten das Cedej während der Jagd benutzt, um die Jagdgesellschaft zu koordinieren, was akustisch wegen der Stürme, die fast immer über die Ebenen ihrer Jagdgründe zogen, kaum möglich war.

In jenen Tagen waren etwa ein Prozent der Vidriten Cethco und damit fähig gewesen, ein Cedej auszustoßen. Empfangen konnte ihn damals wie heute jeder Vidrit. Die Zahl der Cethco war jedoch beträchtlich zurückgegangen. Gegenwärtig war nur einer von einer Million Vidriten ein Cethco. Bei einer Gesamtbevölkerung von 900 Millionen existierten also noch etwa 900 von ihnen. Und fünf hatten sich an diesem Ort und an diesem Tag versammelt. Gleich fünf!

Das zeigte deutlich, für wie wichtig der Vhemej dieses Ereignis hielt. Pro Zeremonie sang im Regelfall nur ein Cethco. Er konnte sich an keinen Eintrag in den Geschichtsdateien erinnern, in dem mehr als einer gesungen hatte

Langsam verklang das Cedej, ebbte ab. In Khild blieb nur Leere zurück.

Aber sie füllte sich umgehend wieder, als er an die Mission dachte, die Thiajin und er schon bald antreten würden.

 

*

 

Chanpaja ließ die Stille nach dem Cedej in seinem Inneren wirken. Sieben Atemzüge dachte er an das Ereignis, das er mit dieser Feier in die Wege leitete. Dann öffnete er weit und unfokussiert das Auge. Er nahm das matte Blau des späten Nachmittags in sich auf, ohne dass ihn die seitlich stehende Sonne blendete.

Seine Rede war, von ihm persönlich längst nachformuliert, auf dem Lesebrett eingeblendet. Der Chronobalken am Rand verriet ihm, wann er beginnen sollte. Er hob die Arme weit auseinander, hielt die Finger wie offene Schalen gen Himmel und grüßte den Fernen Jenen, wie es die Tradition gebot. Er neigte den Kopf zur Seite und warf den fünf Cethco im glänzenden Himmelsspiegel einen dankenden Blick zu.

»Völker der Vidriten! Morgen um diese Stunde werden Thiajin und Khild unterwegs ins All sein. In unser aller Namen beginnen sie eine Mission, die einen großartigen Schritt in die Zukunft bedeutet.

Ich brauche euch die beiden Astronauten nicht vorzustellen. Es gibt wohl niemanden, der ihre Namen nicht kennt. Wir alle sind Kinder des Planeten Vi, auch wenn manche von uns nicht mehr auf diesem Planeten geboren wurden. Wir alle sind Wesen unseres Sonnensystems und damit in gewisser Weise einmalig. Aber wir sind auch Geschöpfe dieser Galaxis.

In jedem unserer Körper steckt mehr als ein kosmisches Staubkörnchen, wie die Astrophysiker gern erzählen. Nun werdet ihr, Thiajin und Khild, mit der PATHADD die erste Transition eines bemannten Raumschiffs durchführen und damit so weit ins All vorstoßen, wie noch nie ein Vidrite gekommen ist.«

Der Regierungschef drehte sich mit einem Seitschritt um und eröffnete den zahlreichen Kameras den Blick auf die beiden Astronauten. Thiajin und Khild saßen nackt und völlig aufrecht auf den Abschiedsthronen. Er schritt zu ihnen, griff unterwegs von einem Hocker ein nachtblaues Tuch und legte es der Kommandantin sorgsam um. Während aus der Menge ein tiefes Beifallssummen ertönte, nahm Chanpaja den zweiten bereitgelegten Stoff und umhüllte damit den Körper des Ingenieurs.

»Ihr tragt nun das Blaue Tuch der Reisenden. Diese Reise wird für euch zu einer zweiten Geburt ... stellvertretend für unser ganzes Volk! Ihr wart wie Neugeborene, nackt und ohne Wissen über die Welt. Bald werdet ihr uns den Weg hinaus in das Universum öffnen. Es ist ein erster kurzer Schritt, aber er wird den Beweis erbringen, dass wir diesen Weg in den Kosmos beschreiten können!«

Der zum zweiten Mal in seinem Amt bestätigte Vhemej der Vidriten war erfahren genug, die Balance zwischen der Spannung und der traditionellen Zeremonie zu erhalten. Er geleitete die Astronauten zum Portal, hinter dem die festlich illuminierte Raumbarkasse nach Celld wartete. Dann hob er noch einmal die Stimme.

»Kommandantin Thiajin und Bordingenieur Khild, nehmt unsere besten Wünsche mit ins All, denn ihr seid die Botschafter der Vidriten! Botschafter für andere galaktische Völker, von denen wir bereits ahnen, dass es sie gibt! Botschafter aber auch für den Fernen Jenen, von dem wir von alters her wissen, dass er uns in seinem Schlaf hört, versteht und beschützt.«

Er schaute zu den ausgewählten Cethco an der Himmelsschale hinüber, die aufmerksam seiner Rede gelauscht hatten. Dann richtete er den Blick auf den amtierenden Höchstkurier des Fernen Jenen.

Der Höchstkurier hatte ihn gebeten, die Kuriere der Schlafenden Gottheit zurück zum Cedejat zu schicken, damit sie von dort aus den Fernen Jenen über den Start der PATHADD unterrichten konnten. Obwohl er nicht gerade als religiöser Vidrit bekannt war, hatte er dem Wunsch des Priesters gern entsprochen. »Nun geht«, wandte er sich an die Cethco im Himmelsspiegel. »Geht und berichtet Ihm, was ihr gesehen und gehört habt, und bittet Ihn um seinen Beistand!«

Die Cethco erhoben sich, verbeugten sich demütig und wandten sich ab, um ihren Auftrag zu erfüllen.

 

*

 

Der erste überlichtschnelle Raumflug!, dachte Thiajin, als sie die Raumbarkasse betrat, mit der sie nach Celld fliegen würden. Dort wartete die PATHADD auf sie. Ein gewaltiger Schritt der Vidriten in den Kosmos! Mit ihr würden sie die erste Transition eines bemannten Raumschiffs durchführen. Der Sprung sollte das Schiff ohne Zeitverlust in die Umlaufbahn von Peetint versetzen, hinaus zum 17. und äußersten Planeten des Systems. Zwölf Milliarden Kilometer war er von Vi entfernt, eine Strecke, für die selbst das Licht etliche Stunden brauchte.

Zwei unbemannte Vorgängerschiffe hatten diesen Sprung bereits vollzogen und waren unversehrt zurückgekehrt.

Khild sah sie an.

Thiajin erwiderte sein Lächeln. Sie wusste, dass mehr dahintersteckte als nur Stolz über das Erreichte, Freude über ihren Aufbruch oder simple Zuneigung für eine Kollegin. Er liebte sie, auch wenn er es nie ausgesprochen hatte. Sie erwiderte dieses Gefühl, brachte es aber ebenfalls nicht zum Ausdruck.

Bislang nicht. Vielleicht später, wenn ihre Mission vollendet war. Wenn sie Geschichte geschrieben hatten und aus dem aktiven Dienst ausschieden. Dann war Zeit genug, eine Familie zu gründen.

Sie waren die einzigen Passagiere in der Kabine. Nur der Gepäckcontainer, der die persönlichen Sachen enthielt, die sie mitnehmen wollten, wartete auf sie.

Wortlos legten sie die Druckanzüge an und schnallten sich auf ihren Sitzen fest. Obwohl der Start einer Raumbarkasse seit Jahrzehnten Routine war, klappten sie die Helme hoch und schlossen sie.

Die elegante Mischung aus Flugzeug und Raumschiff beschleunigte, erreichte schnell die obersten Schichten der Atmosphäre und verließ den Schwerkraftbereich des Planeten. Sie öffnete den Helm wieder, genau wie Khild.

»Kommt es dir nicht seltsam vor, dass der Vhemej die Kuriere zum Cedejat geschickt hat? Er versucht energisch, die strikte Trennung von Kirche und Staat durchzusetzen, und dann solch eine Geste?«

»Du sagst es, Kommandantin.« Khild grinste. »Eine Geste, nicht mehr. Der Vhemej weiß genau, was er tut. Außerdem hat die Anwesenheit des Höchstkuriers nicht der Staatsräson widersprochen. Man kann ein treuer Staatsbürger und trotzdem gläubig sein. Oder etwa nicht?«

»Werd nicht frech, Ingenieur. Natürlich glaube auch ich an den Fernen Jenen, der die Welt erschaffen hat und sich in seinem tiefen Schlaf von diesem Schöpfungsakt erholt. Ich habe nichts dagegen, dass die Cethco ihm in regelmäßigen Abständen per Cedej Berichte in den Schlaf senden, um ihn über die Entwicklung seines auserwählten Volkes auf dem Laufenden zu halten. Schließlich ist das Cedejat nicht sehr weit von Thej Bego entfernt. Und das Stets der Zeiten erscheint mir genauso erstrebenswert wie dir.« Sie verstummte und zeigte aus der Sichtluke. »Ist das Anderlicht nicht wunderschön?«

Thiajin biss sich auf die Zunge. Fast hätte sie erwartet, dass Khild so etwas wie »So schön wie dein Auge!« sagen würde.

Aber er tat es nicht. Er sah nur aus dem Fenster und seufzte leise.

Das Anderlicht tauchte den Himmel im Pethpar-System in einen Traum aus ineinander übergehenden Pastellfarben. Sie verschmolzen, bildeten immer neue Schichten, in denen plötzlich Wirbel erschienen und die Färbungen neu ordneten.

»Es ist wunderschön«, sagte er schließlich.

Wenigstens lässt er mein Auge aus dem Spiel, dachte Thiajin.

»Das Anderlicht ist auch hier, im freien Weltraum, zu sehen«, fuhr er dann fort. »Es kann also nicht nur ein atmosphärisches Phänomen sein.«

Der alte Romantiker ... Natürlich kannte Thiajin das Anderlicht, genau wie Khild auch. Sie waren erfahrene Astronauten und hatten es schon hundertmal außerhalb der Atmosphäre gesehen. Dennoch wirkte es bisweilen hypnotisch auf sie.

Aber sie wollte das Thema Romantik auf keinen Fall vertiefen. »Noch elf Stunden bis nach Celld. Wir sollten versuchen, uns etwas auszuruhen.«

»Wie kannst du jetzt an Schlaf denken?«

Sie zuckte mit den Achseln.

»Wo du recht hast, hast du recht.« Khild seufzte erneut.

Diesmal klang das Geräusch noch trauriger als gerade eben.

 

*

 

Der Mond Celld wurde in der Sichtluke immer größer. Khild hielt Ausschau nach der PATHADD, doch es würde noch eine Weile dauern, bis sie es mit bloßem Auge ausmachen konnten, das wunderbare, erhabene Schiff, das in einem niedrigen Orbit um den Trabanten flog. Es war eine gewagte Konstruktion, zerbrechlich und trotzdem mutig, ein Symbol für ihr gesamtes Volk.

Schließlich war es so weit. Voller Anspannung betrachteten Thiajin und Khild aus den Sichtluken der Barkasse das Schiff, von dem sie jede Strebe und jeden Verbindungsflansch kannten. Sanft leuchteten die hauchdünnen Schutzfolien in den changierenden Farben des widerspiegelnden Anderlichts.

Khild versuchte, das matte Rohr in der Dunkelheit des Alls zu erkennen, an dem die gesamte Konstruktion fixiert war, doch nur an einigen Stellen ließ sich das schwarze Metall erahnen. Das Innenleben der Ballone und des neuen Triebwerks verdeckte die doppellagigen, straff gespannten Folien, schützte die Aggregate vor Temperaturunterschieden und unterstützte zugleich die Energieversorgung des Schiffes.

Die beiden Astronauten schlossen ihre Raumanzüge und öffneten die Schleuse. Langsam trieben sie hinaus ins All. Je näher sie der PATHADD kamen, desto besser konnten sie sie im Anderlicht erkennen. Das Schiff war fast genau 14 Meter lang. Zwei zur Tropfenform verzogene Kugeln von jeweils 3,50 Metern Durchmesser bildeten die beiden Endpunkte. Sie waren durch eine sieben Meter lange Säule von anderthalb Metern Durchmesser miteinander verbunden. Darüber hinaus waren sie an einer Seite an einem 14 Meter langen, schlanken Rohr befestigt, das er nun auszumachen versuchte.

Dieses schwarze Rohr bildete nicht nur das stabilisierende Rückgrat für die beiden tropfenförmigen Gebilde, es erfüllte auch weitere grundlegende Funktionen: Am hinteren Ende war in einer kurzen Verdickung die Triebwerksöffnung des Magnetfeldoszillationsantriebs untergebracht, und seitlich an der Spitze befand sich eine Halterung, die einen schmalen, goldfarbenen Antennenring trug, der zentral vor der Achse der Tropfen ausgerichtet war. Immer, wenn Khild ihn sah, glaubte er, der Ferne Jene persönlich habe das Schiff in einen Schein gehüllt, der es behüten würde. Und so ähnlich war es auch. Der Ring erzeugte den einfachen, aber soliden Prallschirm, der das fragile Schiff beim Flug gegen Asteroiden und kosmischen Staub schützte.

Die gesamte Energieversorgung der PATHADD war im hinteren ballonartigen Tropfen untergebracht. Von dort aus wurden der Ionenantrieb und der Prallschirm versorgt sowie die vordere Wohnkugel. Dort befanden sich ebenfalls die Strukturfeldkonverter des Sprungtriebwerks.

Das Sprungtriebwerk selbst war im mittleren Säulenstück zu finden. Unmittelbar vor dem Sprung würde dort eine flirrende Leuchterscheinung entstehen, die sich ausdehnen und Sekunden später die gesamte Konstruktion umfassen würde.

Im vorderen Ballon war die Zentrale mit ihren Rechnern und Instrumenten eingebaut. Dazwischen waren die winzigen Lebensbereiche der Astronauten eingezwängt.

Khild schwang sich als Erster hinüber zur PATHADD. Er entriegelte die Schleusenkammer, die unterhalb der Halterung angelegt war. Der Ingenieur drückte sich an die Innenwand, holte mit der Sicherungsleine den Gepäckcontainer zu sich herein und verstaute ihn in der Nische gegenüber. Er schloss das Außenschott und wartete, bis das blaue Licht ihm den Druckausgleich signalisierte.

Schnell öffnete er die Luke, stieg aus, zog das Gepäck in den Lagerraum und verriegelte die Innenschleuse erneut für seine Kommandantin. Er zog den Raumhelm ab und hörte die dumpfen Anschlaggeräusche, als sie ihr Gepäck in die schmale Schleuse wuchtete. Als die blaue Leuchte den Druckausgleich anzeigte, zog er sich in den Gang zur Zentrale zurück, um ihr Platz zu machen.

Die Luke schwang zur Seite, und Thiajins Kopf erschien. Sie grinste Khild an, während sie ihren Container aus der Schleuse in das vorgesehene Regal manövrierte.

»Ich weiß, es ist gegen die Vorschrift, aber ich vertraue voll meinem Bordingenieur!«, sagte sie lächelnd zu ihrem Partner. »Wenn uns die PATHADD schon vor dem Start im Stich lassen würde, bräuchten wir gar nicht erst loszufliegen.«

Seufzend hangelte sich Khild nach vorn in die Zentrale, um die Schiffsaggregate hochzufahren und mit der künstlichen Schwerkraft Boden unter die Füße zu bekommen. Dann würde er mit den Checks beginnen, damit seine Kommandantin das erste bemannte Sprungschiff startbereit melden konnte.

 

*

 

Khild machte es sich in der Schlafkoje bequem und rief das Licht aus. Dann ging er in Gedanken sein Schiff noch einmal von Heck bis Bug durch. Er war überzeugt, dass alles in Ordnung war.

Die Teams hatten sämtliche Elemente der PATHADD bereits auf dem Mond zweimal getestet und erneut demontiert, bevor das Schiff in der Umlaufbahn endgültig zusammengebaut worden war. Zu seiner Beruhigung waren dabei keine Schraube und kein Kabel übrig geblieben, obwohl man ihn bei seinen Besuchen gern damit aufgezogen hatte.

Auch bei der Endmontage war er immer wieder vor Ort gewesen, hatte sich selbst durch die Energiespeicher und die flaschenförmigen Strukturfeldkonverter des Sprungtriebwerks gehangelt, als der Heckballon noch nicht mit Folien verkleidet war. Es beruhigte ihn, dass dieselben Teams bereits an dem Schiff gearbeitet hatten, das die ersten beiden unbemannten Sprünge erfolgreich gemeistert hatte.

Die Dauer ihrer Reise würde der des Tests entsprechen. In fünf Tagen würde Thiajin das Schiff bis auf gut fünfzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit bringen, dann konnten sie den Sprung einleiten. Auf Höhe des äußeren Planeten lag der Punkt der Rematerialisation.

In zehn Tagen werden wir Helden sein!, dachte der Bordingenieur, bevor er in einen sanften Schlummer hinüberdämmerte.

 

*

 

Khild sah durch den Gang, wie seine Kommandantin im Pilotensessel intensiv mit dem Bordrechner kommunizierte. Sie rief Daten und Tabellen auf, formulierte Fragen und erhielt neue Ergebnisse. Er richtete sich von seiner Koje auf, in der er seine Ruhezeit verdöst hatte, und kletterte nach vorn. »Probleme, Thiajin?«

Sie waren bereits zwei Tage unterwegs und befanden sich in der Beschleunigungsphase. Sollten sich zu diesem Zeitpunkt Unregelmäßigkeiten oder Abweichungen einstellen, war das gar nicht gut.

»Uns fehlt Geschwindigkeit. Die PATHADD müsste bereits schneller unterwegs sein. Ich habe unsere Flugdaten mit dem Testschiff verglichen. Dessen Werte waren um 0,3 Prozent besser. Mir ist das zu viel Differenz!«

»Vielleicht haben sie unten vergessen, unser Gepäck einzuberechnen. Oder hast du zugenommen? Ich hatte schon bei der Feier so einen merkwürdigen Eindruck, als wärest du ...«

»Schraubendreher Khild, du solltest dich nicht für meinen Hintern interessieren, sondern für die Müdigkeit deiner PATHADD! Bitte, check die Antriebstechnik durch. Ich nehme inzwischen mit der Bodenstation Kontakt auf.«