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Nr. 56

 

Die Toten leben

 

Der Regent von Arkon erfährt die Wahrheit – und Gucky findet einen neuen Freund ...

 

von CLARK DARLTON

 

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Trotz geschickter Schachzüge im galaktischen Raum musste Perry Rhodans Streben nach Macht und Anerkennung der Menschheit im Universum letztlich Stückwerk bleiben, denn die der Menschheit seinerzeit zur Verfügung stehenden Mittel waren, an den Maßstäben des Universums gemessen, zu klein.

Seit der angeblichen Vernichtung der Erde im Jahre 1984 sind inzwischen 56 Jahre vergangen.

Eine neue Menschengeneration ist herangewachsen. Wie sich seinerzeit aus der »Dritten Macht« die terranische Weltregierung entwickelte, so ist aus eben dieser Weltregierung inzwischen längst die Organisation des Solaren Imperiums entstanden.

Andere Intelligenzen sind im Solsystem nicht entdeckt worden. Die Terraner sind somit die unbestrittenen Beherrscher eines kleinen Planetenreiches, dessen Mittelpunkt die Erde bildet.

Dieses technisch und zivilisatorisch hochstehende Planetenreich besitzt natürlich eine schlagkräftige Raumflotte, die in der Lage sein sollte, auch dem mächtigsten Angreifer die Stirn zu bieten.

Perry Rhodan, der Administrator des Solaren Imperiums, ist trotzdem noch nicht bereit, den schützenden Mantel des Vergessens von der Erde abzuziehen.

Als er sich aber selbst zum Krisenpunkt Heperés begibt, will es der unberechenbare Zufall, dass Talamon, der alte Überschwere, die schockartige Erkenntnis gewinnt, dass DIE TOTEN LEBEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Erster Administrator des Solaren Imperiums.

Gucky – Er beweist, dass »Mäuse« vor »Katzen« keine Angst zu haben brauchen.

André Noir – Ein altes und treues Mitglied des Mutantenkorps.

Fellmer Lloyd – Die »Allweise Mutter« schützt ihn.

Gregor Tropnow und Nomo Yatuhin – Zwei Verschwörer, die ihre Heimat verraten wollen.

Mansrin – Der arkonidische Gouverneur auf Volat.

Talamon – Der Überschwere sieht einen Mann, den er längst für tot hielt.

1.

 

»Die einfachste Lösung wäre, sie alle umzubringen – meinetwegen mit Rattengift!«

Reginald Bull, Rhodans Freund und Stellvertreter, ballte die Hand zur Faust und schlug sie auf den schweren Eichentisch, der neben dem breiten Fenster stand. Von hier aus hatte man einen weiten Überblick auf Terrania, den Sitz der Weltregierung.

»Jawohl, Rattengift!«, piepste nun auch Gucky, der mitten auf dem Eichentisch hockte.

Perry Rhodan schüttelte langsam den Kopf und sah auf das Meer der mächtigen Steinbauten hinab, die in einem fruchtbaren Gebiet standen, das früher alles andere als fruchtbar gewesen war – früher, als das Gebiet die »Wüste Gobi« genannt wurde.

»Gewalt löst unser Problem auch nicht, Freunde. Wir würden uns nur neue Feinde schaffen. Wenn diese Menschen sich nicht mit unseren Plänen und Handlungen einverstanden erklären können, so müssen wir ihnen eben vorschlagen, sich eine neue Heimat zu suchen. Auf der Erde jedenfalls ist kein Platz mehr für sie, denn die Erde gehört der geeinten Menschheit. Außenseiter zählen nicht dazu.«

»Sollen sie vielleicht auf den Mond?«, wunderte sich Bully und warf seinem Busenfreund Gucky einen aufmunternden Blick zu. Er meinte es mit dem Vergiften natürlich nicht so ernst, wie er tat, aber immerhin schien er radikaler gesinnt als Rhodan. »Selbst die Venus wäre nicht weit genug, finde ich.«

»Schießen wir sie zur nächsten Milchstraße«, schlug Gucky vor. »Dort können sie keinen Schaden anrichten.«

Wieder schüttelte Rhodan den Kopf. »Ihr kommt von einem Extrem ins andere. Sucht den goldenen Mittelweg, dann ist allen geholfen. Denkt einmal nach: Diese so genannten freien Siedler wollen sich nicht unseren Bestimmungen unterwerfen. Sie lehnen es ab, Terraner in unserem Sinne zu sein. Sie erkennen einfach die Weltregierung nicht an. Sollen wir Krieg gegen sie führen? Sollen wir Zehntausende von Menschen töten, nur weil einige Fanatiker nicht logisch genug denken können? Nein, wir müssen das Gegenteil tun: Wir müssen ihnen helfen!«

»So, so«, machte Gucky und sah gelangweilt zur Decke hinauf, als gäbe es dort etwas Interessantes zu entdecken. »Den armen Feinden muss geholfen werden.«

»Was hast du vor?«, fragte Bully und neigte sich vor, Rhodan entgegen, der ihm genau gegenübersaß. Gucky hockte ein wenig abseits. Seine ein Meter große Mausgestalt war ein wenig zusammengesunken, denn als Telepath erkannte er Bullys Kompromissbereitschaft Rhodan gegenüber.

»Sie werden ausgesiedelt«, sagte Rhodan. »Ich stelle ihnen eins der großen Kugelschiffe zur Verfügung, gebe ihnen zweihundert Mann Besatzung und schicke sie auf die Reise. Sie können die Erde verlassen und sich einen neuen Planeten suchen, auf dem sie tun und lassen können, was sie wollen. Wir werden uns nicht mehr um sie kümmern. Findest du nicht, dass das die beste und einfachste Lösung wäre?«

Langsam nickte Bully, aber Gucky sagte schrill: »Vergiften wäre immer noch besser – aber bitte, ich bin kein Untier. Wenn wir die Rebellen so gut loswerden, soll es mir recht sein. Hoffentlich begegnen ihnen nur keine Springer, denen sie die Position der Erde verraten können.«

»Die werden sie dann selbst nicht mehr wissen«, versprach Rhodan und erkannte, dass seine beiden Freunde im Prinzip mit seinem Entschluss einverstanden waren. Der massige Bully mit den roten Borstenhaaren war leichter zu überzeugen gewesen als Gucky, der störrische aber ungemein intelligente Mausbiber, einer der fähigsten Mutanten, die es jemals gegeben hatte. »Ich werde den Wortführern der freien Siedler unseren Vorschlag unterbreiten lassen.«

»Warum sagst du immer ›freie‹ Siedler? Sind denn alle anderen Kolonisten der Erde nicht frei, nur weil sie der Weltregierung unterstellt sind?« Bully stützte sein Kinn auf die Hände. »Ist doch irgendwie paradox, oder ...?«

»Sie nennen sich selbst so«, klärte Rhodan ihn auf. »Offiziell werden sie in unseren Akten als ›asoziale freie Siedler‹ bezeichnet und geführt. Die einfachere Abkürzung lautet: AFS.«

»Sehr sinnig«, grinste Bully und sah zu Gucky. »Wie gefällt dir das, alter Rübenknabberer?«

Der Mausbiber zeigte seinen einzigen Nagezahn und verriet damit, dass er zu einem kleinen Scherz aufgelegt war und die Anspielung auf seine vegetarischen Ambitionen nicht übelnahm.

»Nicht schlecht, Bully, wirklich nicht. Die Abkürzung könnte direkt vermuten lassen, es handele sich um einen neuen Vornamen von dir ...«

Bully schlug zu, aber Gucky war flinker. Er hatte sich zum anderen Ende des Tisches und damit in Sicherheit teleportiert. In seinen blanken Mausaugen stand die Absicht, auch seine dritte Fähigkeit, die Telekinese, einzusetzen, wenn Bully nicht artig blieb.

Aber Bully hatte heute keine Lust, schwerelos gegen die Decke zu schweben. Er winkte lässig mit der Hand.

»Freundschaft, Gucky! Zanken wir uns nicht wegen solcher Lappalien. Was also gedenkst du zu tun, Perry?«

Gucky kehrte beruhigt an seinen alten Platz zurück.

Rhodan sagte: »Die Mannschaft wird bereits ausgesucht. In wenigen Wochen wird das Schiff starten können, dann sind wir die Sorge mit den Rebellen los – hoffe ich. Alle, die mit den Verhältnissen auf der Erde unzufrieden sind, können mitfliegen.«

»Hoffentlich sind das nicht zu viele«, brummte Bully und zwinkerte mit den Augen. »Sonst müssen wir eine ganze Flotte schicken.«

»Kaum. Was ist, Gucky?«

Der Mausbiber hielt den Kopf merkwürdig schräg geneigt und schien in sich hineinzulauschen. Es war offensichtlich, dass er eine telepathische Botschaft empfing. Vielleicht hatte er aber auch durch reinen Zufall etwas aufgefangen, das ihn sehr interessierte. Auch Rhodan war inzwischen Telepath geworden, aber er musste zugeben, dass der kleine Mausbiber ihm in dieser Beziehung weit überlegen war. Während Rhodan meist nur gebündelte und ›gezielte‹ Gedanken aufzunehmen vermochte, verstand es Gucky, jeden gedachten Gehirnimpuls zu entdecken und zu verstehen. Auch dann, wenn er nicht für ihn bestimmt war.

»Augenblick!«, piepste Gucky und wartete. Dann sah er auf. »Gleich wird die Nachrichtenzentrale dich verlangen, Rhodan. Eine wichtige Meldung aus dem Weltraum. Ich habe keine Ahnung, worum es sich handelt.«

Rhodan sah auf den leeren Bildschirm, der die schmale Seitenwand des Raumes bedeckte. Er verband ihn direkt mit dem Funk-Zentrum von Terrania. Wenn man etwas von ihm wollte, dann würde ...

Da war es auch schon!

Der Schirm glühte plötzlich auf, und dann entstand ein plastisches Bild. Ein Mann in Lebensgröße saß hinter einem Schaltpult und sah genau in den Raum hinein, als sei die Wand verschwunden und die trennenden Mauern mit ihr. Automatisch schalteten sich die verborgenen Kameras und Mikrophone ein. Die Verbindung zwischen Rhodans Arbeitszimmer und der Funkzentrale war hergestellt.

»Chef, eine wichtige Meldung von der LOTUS. Kommandant Captain Markus hat das Notsignal gesendet. Die LOTUS kehrt sofort zur Erde zurück. Sie kann noch heute eintreffen. Die Funkverbindung brach sofort wieder ab, ich konnte nicht mehr bestätigen.«

Rhodans Gesicht wurde sehr ernst.

»Keine Hinweise sonst, Miller?«

»Keine, Chef. Die Sendung war in Kurzimpuls und dauerte nur eine Zehntelsekunde. Ich hatte keine Möglichkeit, eine Peilung vorzunehmen.«

»Danke«, nickte Rhodan. »Bleiben Sie weiterhin auf Empfang und geben Sie mir sofort Bescheid, wenn die LOTUS sich noch einmal melden sollte.«

Der Schirm wurde wieder dunkel.

»Nun?«, machte Bully und sah ebenfalls besorgt aus. »Was soll das bedeuten?«

Rhodan sah an ihm vorbei.

»Das bedeutet, dass viertausenddreihundert Lichtjahre von hier, genauer gesagt im System Heperés, irgend etwas nicht ganz stimmt. Was, das werden wir dann ja bald erfahren. Vielleicht noch heute.«

»Und die AFS?«, zwitscherte Gucky. »Was ist mit denen?«

»Die haben Zeit, Gucky. So wichtig sollen wir sie nun auch wieder nicht nehmen. Im Augenblick scheint mir nur Captain Markus wichtig zu sein.«

Bully stand auf.

»Ich gehe zum Raumhafen. So lange kann Markus für die läppischen viertausend Lichtjahre ja nicht benötigen. Ein Katzensprung durch den Hyperraum.«

Gucky schüttelte sich und teleportierte auf den Boden herab.

»Dass Bully immer so taktlos ist, in meiner Gegenwart von Katzen zu sprechen – ob man ihm das jemals abgewöhnen kann ...?«

Rhodan sah den beiden nach, aber auf seinem Gesicht fehlte das gewohnte Lächeln, für das er immer Zeit erübrigte, wenn die beiden Freunde aneinandergerieten.

Und das war jetzt der Fall, wenn auch draußen auf dem Korridor, und nicht mehr in Rhodans Arbeitszimmer.

 

*

 

Captain Jim Markus landete erst zwanzig Stunden später.

Er erklärte die Verzögerung mit einem zusätzlichen Warten auf weitere Nachrichten von dem kosmischen Agenten Fellmer Lloyd, der auf dem geheimnisvollen Planeten Volat verschollen war. Als diese Nachrichten ausblieben, entschloss er sich zur sofortigen Rückkehr zur Erde, um Rhodan Bericht zu erstatten.

Neben Bully und Gucky wohnte der Unterredung noch der Mutant André Noir bei, ein ausgezeichneter Hypno und neuerdings auch Telepath.

»Sie haben also unseren Agenten Lloyd programmgemäß abgesetzt?«, vergewisserte sich Rhodan noch einmal, nachdem Markus mit der Schilderung begonnen hatte. »Und was geschah dann?«

»Viel weiß ich nicht«, gab der Captain zu. »Lloyd gab sich als Preboner aus und versuchte, mit unserem Mann Sikeron, der später ermordet wurde, in Verbindung zu treten. Dabei lernte er Kuri Oneré kennen, die Tochter eines dort ansässigen galaktischen Händlers. Die Ureinwohner von Volat sind Insekten, die nach unbekannten Riten leben und deren Anführer eine Frau ist, die so genannte ›Allweise Mutter‹. Mit ihrer Hilfe gelang es ihm, eine Gruppe von Intelligenzen um sich zu scharen, um sie gegen zwei geheimnisumwitterte Männer einzusetzen. Die beiden Unbekannten mit übernatürlichen Fähigkeiten sind zwei Angehörige Ihres Mutantenkorps, Sir. Zwei Rebellen.«

Rhodan beugte sich vor. Sein Gesicht blieb unbewegt.

»Wiederholen Sie das, bitte!«

»Es sind Nomo Yatuhin, ein Telepath; und Gregor Tropnow, ein schwacher Hypno. Beide fühlen sich benachteiligt, weil sie auf dem Kunstplaneten Wanderer nicht die lebensverlängernde Zelldusche erhielten. Auf Volat gründeten sie den Widerstand gegen die Erde. Zusammen mit Springern und anderen Angehörigen des arkonidischen Imperiums planen sie, Terra bei günstiger Gelegenheit zu verraten und zu überfallen.«

»Meine eigenen Leute«, murmelte Rhodan immer noch fassungslos. Er schien es nicht glauben zu wollen. Bully schwieg verbissen.

»Es gibt immer Verräter«, tröstete Markus. »Sikeron wurde von ihnen gefunden und ermordet, ehe er sein Wissen an die Erde weitergeben konnte. Auch Fellmer Lloyd scheint nun erledigt worden zu sein, wenigstens konnte ich kein Lebenszeichen mehr von ihm auffangen. Sein letzter Funkspruch besagte etwa folgendes: Dreimal Glockenschlag – Großalarm! Yatuhin und Tropnow sind Verräter. Angriff auf die Erde geplant. Vorsicht!«

»Was ist mit Fellmer Lloyd?«

»Niemand weiß es. Zusammen mit dem Mädchen Kuri ist er verschwunden. Die Eingeborenen jedenfalls haben sie nicht umgebracht, soviel ist sicher. Sie haben ihnen vorher geholfen.«

Rhodan blieb für einige Minuten still. Auch die anderen schwiegen, um ihn nicht zu stören. Noir und Gucky als Telepathen konnten die Überlegungen ihres Herrn in aller Ruhe verfolgen, denn er schirmte sein Gehirn nicht extra ab.

Dann sagte er: »Die LOTUS ist startklar, Captain Markus? Gut. Dann werden Noir, Gucky und ich mit Ihnen fliegen – und zwar noch heute.«

Das eintretende Schweigen währte nur eine Sekunde, dann rief Bully empört: »Was ist mit mir? Du willst doch nicht etwa ohne mich ...?«

»Leider doch, mein Freund«, nickte Rhodan gelassen. »Wer soll mich denn hier vertreten, wenn nicht du?«

»Viel Amt, viel Ehr'«, dozierte der Mausbiber und grinste hämisch mit seinem einzigen Nagezahn. »Wenigstens besteht hier keine Lebensgefahr für dich. Außerdem schaffen Noir, der Chef und ich die Kleinigkeit allein.«

»Halbe Portion!«, knurrte Bully böse und hielt sich am Tischrand fest, aber der Mausbiber verzichtete darauf, seine telekinetischen Begabungen unter Beweis zu stellen. Mit einem blitzschnellen Satz sprang er in Rhodans Schoß, schaute treuherzig zu ihm hoch und piepste: »Ich bin weg, Chef. Bevor wir starten, will ich mir noch etwas besorgen. Bis dann ...«

Ehe Rhodan etwas sagen konnte, entmaterialisierte Gucky. Niemand ahnte, was er sich noch besorgen wollte.

»Ein nettes Kerlchen«, konstatierte Markus, worauf Bully in ein fast hysterisches Gelächter ausbrach.

Rhodan sah zu Noir hin, der ihm gegenübersaß.

»Sorgen Sie dafür, dass Anne Sloane eine entsprechende Nachricht erhält. Sie weilt in Venusport und muss über den Aufenthalt der Mutanten unterrichtet sein. In einer Stunde treffen wir uns bei der LOTUS auf dem Raumflughafen. Markus, Sie begleiten mich.«

Bully sah zu, wie sie nacheinander den Raum verließen. Dann erhob er sich langsam, ging auf die andere Seite des Tisches und nahm in dem schweren Sessel Platz, in dem für gewöhnlich Rhodan saß.

Die vorübergehende Regierungsumbildung in Terrania war ohne großes Aufsehen vor sich gegangen.

Im Augenblick hielt Bully alle Fäden in der Hand – alle Fäden, die das Solare Imperium Rhodans zusammenhielten.

 

*

 

Der Schock kam wenige Minuten nach dem Start der LOTUS.

Der Kleine Kreuzer ruhte noch auf seinen drei Teleskopstützen. Hundert Meter im Durchmesser hatte die schimmernde Metallkugel, aber was war das schon gegen die Kugelraumer mit achthundert oder gar fünfzehnhundert Meter? Nein, die LOTUS war ein kleines Schiff, aber auch sie verstand es, sich im Notfall ihrer Haut zu wehren. Außerdem waren an Bord die übliche Hyperfunk-Anlage und der Struktur-Kompensator installiert worden, wie er neuerdings in fast allen Schiffen des Imperiums vorhanden sein musste. Er machte es unmöglich, dass Hypersprünge geortet werden konnten. Gewissermaßen lautlos konnten Rhodans Schiffe durch den Raum eilen, ohne von den überall vorhandenen Ortungsstationen der Arkoniden oder anderer intelligenter Rassen aufgespürt zu werden.

Die Mannschaft begab sich auf ihre Start-Stationen.

In der Zentrale hatten sich die Passagiere versammelt. Rhodan saß neben Markus auf dem Sessel des Kopiloten. Gucky hockte wie gewöhnlich in liegender Stellung auf einer der Couches und schien Bully sehr zu vermissen. Der Hypno André Noir hatte auf einem Reservesitz Platz genommen.

Die Bildschirme glühten. Nebenan im Navigationsraum spie das Positronengehirn die Daten für den bevorstehenden Hypersprung aus.

Markus legte die Hand auf den Fahrthebel.

Und dann versackten der Raumhafen, die Stadt Terrania, der asiatische Kontinent und schließlich der Planet Erde in der Tiefe des Alls.

Die Beschleunigung war derart, dass die LOTUS innerhalb von zwanzig Minuten die Lichtgeschwindigkeit erreichen würde. Schon im Raum zwischen den äußeren Planeten konnte man in Transition gehen.

Es war mehr aus einer Ahnung heraus, dass Rhodan plötzlich sagte: »Ist die Funkstation auf Empfang?«

Markus war erstaunt.

»Warum, Sir? Innerhalb des Sonnensystems ist fast nur normaler Funkverkehr gebräuchlich. Die Wellen erreichen uns bald nicht mehr.«

Rhodan hatte eine steile Falte auf der Stirn.

»Ja, fast! Im Notfall ist Hyperfunk gestattet.«

»Sie rechnen mit einem Notfall? Mit welchem?«

»Weiß man stets, welcher Notfall eintreten kann? Ich halte es für richtig, bis zum letzten Augenblick die Verbindung zur Erde aufrechtzuerhalten.«

Markus zuckte die Achseln und griff nach dem Interkom.

»Funkzentrale! Gehen Sie auf Empfang, bis wir die Transition vornehmen. Ja, Befehl vom Chef.«

Rhodan ließ sich in die Polster zurücksinken. Nur mit halbem Ohr lauschte er auf die einkommenden Funksignale, die durch den Interkom in die Kommandozentrale geleitet wurden. Sein Blick lag auf den Reihenbildschirmen, die das umliegende Weltall in den Raum zauberten.

Da war die Erde; sie versank immer schneller und wurde zusehends kleiner. Ihr Anblick war allen Raumfahrern wohlvertraut, aber es hatte noch niemals einen Menschen gegeben, der sich an dem herrlichen, grün-blauen Planeten satt gesehen hätte. Dicht neben der grellen Sonnenscheibe stand die Venus, eine hell erleuchtete Sichel. Seitwärts schob sich der rote Mars vorbei und glitt schneller werdend dem Heck zu – wenn man die Kugelfläche des Schiffes so bezeichnen wollte.

Die Statik im Lautsprecher nahm zu, obwohl man sich von der Sonne entfernte. Die normalen Funkwellen wurden vom Asteroidengürtel reflektiert und von den Antennen aufgefangen.