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Viel erlebt - viel verpasst


Viel erlebt - viel verpasst

Erinnerungen
1. Auflage

von: Rudi Czerwenka

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 03.11.2015
ISBN/EAN: 9783956555619
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 168

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Manchmal braucht es einen Anstoß von außen, um ein Buch zu schreiben. Das gilt auch für diese Erinnerungen von Rudi Czerwenka. Und das kam so, wie er gleich zu Beginn seiner Memoiren berichtet, die er eigentlich erst gar nicht schreiben wollte:
Als mein 75. Geburtstag heranrückte, meldete sich bei mir ein junger Journalist, um eine Würdigung für mich zu fabrizieren. Sein Chefredakteur hatte sich meiner erinnert, weil ihm, wie er mir später erzählte, bei seinem Berufsstart vor etlichen Jahrzehnten sein damaliger Vorgesetzter einen meiner Artikel vor die Nase gehalten und empfohlen hatte: „So musst du schreiben. So was wollen die Leute lesen.“
Der Volontär hatte eine moderne Kamera mitgebracht, lichtete mich in meinem engen Arbeits-, Raucher- und Schlafzimmer ein paarmal ab und begann, mich auszuquetschen: Was ich so alles getrieben, geschrieben, geleistet und verbrochen hätte. Dann stellte er mir eine Frage, die mich ein bisschen überraschte. „Und Ihr nächstes Buch?“
„Meine Memoiren“, antwortete ich, ohne lange zu überlegen.
Es war mehr eine Gedankenlosigkeit, eine Art Ausrede. Doch warum eigentlich nicht? Einen größeren Leserkreis würde er mit diesem Werk zwar nicht erreichen. Doch einige Leute aus dem Kreis der Verwandten und Bekannten wären sicher neugierig darauf. Aber damit hatte Czerwenka tiefgestapelt. Denn auf den folgenden 70 Seiten lässt der Autor auf sehr persönliche Weise ein Leben und ein Vierteljahrhundert deutscher Geschichte lebendig werden, in dem er tatsächlich viel erlebt und auch manches verpasst hat. Dieses Leben begann am 4. April 1927 in ehemaligen Breslau, wo er wegen häufiger Krankheit in eine gesündere Gegend ausquartiert wurde. Er berichtet von seiner Schulzeit und vom Führerschein seiner Mutter und vom Leben auf dem Lande. Aber auch eine Frau Engelke, eine entfernte Verwandte von Karl May, dem Indianer-Schriftsteller kommt in seinen Memoiren vor.
Dann kommt der Krieg, dessen Ende er am 17. April 1945 als Gefangener erlebt. Mit einem Trick schenkt er sich selbst die Freiheit und gelangt auf abenteuerliche Weise bis nach Jena, wo für Czerwenka ein neues, ganz anderes Leben beginnt, das ihn zunächst in eine amerikanische Feldbäckerei und in ein Hotel und dann zu zwei beruflichen Alternativen in Thüringen führt - Erzbergbau oder Polizei. Czerwenka ging zum Kreispolizeiamt und wurde bald darauf Volkspolizist und Kriminalist und dann Neulehrer und für drei Jahrzehnte Lehrer und schließlich Schriftsteller. Viel erlebt …
Geboren am 4.4.1927 in Breslau, aufgewachsen im dörflichen Umfeld der Stadt, Abbruch der Schule in der 11. Klasse infolge Einberufung, Flakhelfer, Soldat, amerikanische Kriegsgefangenschaft, nach der Entlassung Kochlehre in Jena, Volkspolizist, Kurzausbildung zum Neulehrer, Einsatz in Mecklenburg, zuerst in Kröpelin, dann an der einklassigen Dorfschule Spoldershagen, schließlich in Bad Sülze.
1983 nach dem Tod der Ehefrau Aufgabe des Lehrerberufs, seitdem als freiberuflicher Schriftsteller und Journalist in Rostock, seit 2013 in Ahlbeck. (siehe Biographie "Viel erlebt - viel verpasst" , 2005).
Erste journalistische Versuche ab 1955, Kontakte zum und nachfolgend Mitglied im Schriftstellerverband. Rudi Czerwenka ist am 1. Februar 2017 in Greifswald verstorben.
Kinder- und Jugendbücher:
Magellans Page
Geheimnisvoller Strom
Anker auf

Seit Mitte der 1970er Jahre ausschließlich Arbeiten für Presse, Rundfunk, Theater und Fernsehen (7 Schwänke für DDR-Fernsehfunk).
Durch den Wegfall sämtlicher Auftrag- und Arbeitgeber nach der Wende Rückkehr zum gedruckten Buch, Romane und Erzählungen zur Regionalgeschichte und - gegenwart:
Die Hexe vom Fischland, Wo Kapitäne geboren wurden, Dorfschulmeister Franz Kuhlmann, Störtebekers Erben (Jugendbuch), Achterbahn, Waldschenke, Julias wilde Jahre, Unser täglich Brötchen u. a.
Auf der Suche nach Essbarem stöberte ich in Tornähe an dem dort unweit der Küche liegenden Abfallhaufen, als mich ein Ami am Kragen kriegte und zu seinem Officer schleppte. Das Verhör beim Küchenchef war kurz. Er fragte mich in gebrochenem Deutsch, was ich ohne entsprechende Order am Tor zu suchen hätte. Ich antwortete im bestmöglichen Schulenglisch, dass ich Hunger hätte. Er sperrte mich in einen Nebenraum, ließ die schmutzige Küchenwäsche herbeiholen, dazu Kernseife und eine Rubbelbürste und machte sich davon. Ich tat meine Pflicht und erhielt danach etwas, was ich nie vergessen werde: eine große Portion Kartoffelstäbchen mit drei Bratklopsen, auf einem richtigen Teller mit Messer und Gabel. Anschließend wurde ich zu meinem Block entlassen.
Der Hunger jedoch war nur vorübergehend gestillt. So wagte ich einen erneuten Vorstoß zum Küchentrakt und hatte abermals Erfolg. Als ich wieder mal beim Wäschewaschen war, wurden die Küchenamis, ihr Chef und somit auch ich von einer Kontrolle überrascht. Mein Boss lobte meine Arbeit. Der Kontrolloffizier, Colonel Shrower unterhielt sich ein bisschen mit mir und nahm mich schließlich mit. Ich avancierte zu seinem Washboy, erhielt ein Permit, marschierte damit jeden Morgen vorbei an den Posten zu meinem Colonel und nachmittags, mit Cornedbeef, Cornbread, Schokolade und Kaugummis ausgestattet, zurück zu meinen Kameraden. Auf diese Weise wieder Mensch geworden, wartete ich auf den Termin meiner regulären Entlassung. Doch in dieser Richtung rührte sich nichts.
So beschloss ich, selbst zu handeln. Oberst Shrower lehnte ab, meiner Bitte nachzukommen. Bedenkenlos jedoch schrieb er mir ein Papier aus über meine geleistete Arbeit bei ihm, was mir bei künftiger Jobsuche vielleicht behilflich sein könnte. Meine zerschlissene Wehrmachtsuniform hatte ich längst gegen amerikanische Schnürschuhe, Kakihose und einen bequemen Blouson getauscht. In dieser Aufmachung, meinen Passierschein vorweisend und lässig grüßend, marschierte ich unbehelligt an mehreren Posten vorbei - und war frei!
Von einem Bauern, der mich vermeintlichen Amerikaner auf seinem Erbsenfeld erwischte und dann merkte, dass ich Deutscher war, erfuhr ich, dass ich meinen Plan zur Heimkehr nach Schlesien aufgeben musste. Das Land an der Oder würde den Polen übergeben werden. Dennoch zog ich weiter, immer Richtung Osten.
Ich war so in Gedanken versunken über meine Zukunft, dass ich die ständig aus beiden Richtungen an mir vorbeidonnernden amerikanischen Fahrzeuge kaum wahrnahm. Plötzlich hielt einer und bot mir an einzusteigen. Der Gl war auf der Fahrt nach Thüringen, und ich nahm die Einladung an. Als er im Laufe der Stunden berichtete, dass er im Schwarzwald geboren worden, dort aufgewachsen und erst vor 15 Jahren mit seinen Eltern in die USA ausgewandert sei, gab auch ich meine Identität preis. Er lachte. Er ließ sich Zeit, denn er wollte Deutschland kennenlernen. Wir quatschten, wir aßen und schliefen im Cockpit des Lasters, bis nach Jena. Dort war er am Ziel und verabschiedete sich.
Eine ältere Krankenschwester sammelte mich auf und nahm mich mit nach Hause, in das Siedlungshäuschen ihres greisen Vaters.
Meine ersten Gänge in der fremden Stadt führten mich zu den Ämtern, so auch zum Arbeitsamt. Angesichts meiner englischsprachigen Papiere war man sehr höflich und riet mir, mich direkt an die Kommandantur zu wenden. Das war mir doch zu riskant. Ein Telefonat zwischen Jena und Bad Kreuznach, und ich säße wieder fest. Dagegen nahm ich die mir angebotene Stelle in einer amerikanischen Feldbäckerei an, auf den Bergen am südlichen Stadtrand.

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