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Wer gibt uns die Träume zurück


Wer gibt uns die Träume zurück

Schicksal Ostpreußen

von: Elisabeth Schulz-Semrau

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 18.07.2014
ISBN/EAN: 9783965213937
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 262

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Dieses Buch ist bereits das dritte Buch, mit dem die Autorin zurück führt in die Geschichte und Gegenwart ihrer Heimatstadt Königsberg. Bereits 1984 war „Suche nach Karalautschi“ erschienen und 1990 „Drei Kastanien nach Königsberg“.
Im Titel dieses dritten Buches über Königsberg ist von Träumen die Rede, die zurückgegeben werden sollen. Welche Träume sind da gemeint? Es geht um die Träume aus Kindheit und aus der Zeit der Flucht.
Es sind Geschichten wie die von Rudolf – dieser Name ist allerdings nur ein Ersatz für den wirklichen, den der Gesprächspartner nicht genannt haben möchte (Bruder NAMENLOS). Und beim Beschäftigen mit dem Schicksal anderer Menschen aus Kaliningrad kommt die Autorin fast zwangsläufig auf ihr eigenes Schicksal zu sprechen:
Rudolf jedenfalls hatte es über alle, für normal Lebende kaum nachzuvollziehenden Schwierigkeiten in dieser Stadt, die inzwischen sein Vaterland nicht mehr zu sein hatte (1946 wurde Königsberg in Kaliningrad umbenannt), hinweggerettet. 1947 kam er dann mit jenem Waisenhaustransport im „schönen“ Vaterland - zwar ohne Schuhe, aber mit diesen Versen an.
Vaterland also - aber welches? Das östliche, in das uns der Zufall nach dem Krieg verschlug, dem wir uns gläubig anvertrauten, weil es uns - nun eben - das Himmelreich auf Erden verhieß? Oder das, von dem man uns ein feindliches Bild zeichnete, in dem wir nun mehr oder weniger freundlich aufgehoben sind?
Ich weiß, solche Überlegungen gehen über die Geschichte Rudolfs hinaus, entspringen meinen Grübeleien. Aber tun sie es wirklich, wenn ich mich an Rudolfs anfangs zitierten Brief erinnere? Und ich erwähnte ja schon, dass ein Finden Rudolfs auch ein Suchen nach mir ist.

Dieses Buch erzählt von den Schrecken des Krieges – aus den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges und der folgenden Nachkriegszeit, ungeschönt und grausam: Der Abschied von unserer Heimatstadt Königsberg war ein tiefer, schmerzlicher Zusammenbruch für die meisten von uns. Wie viele Abschiede vermag ein Mensch zu ertragen?
Aber diese Sammlung von Lebensgeschichten produziert auch Hoffnung: Am Ende ihres Buches der Geschichte und der Erinnerungen fasst die Autorin zusammen: Das Jahrhundert geht zu Ende, wir sind dabei, alt zu werden, wissen uns als die Letzten der benachteiligten Generation, die noch leben und möchten wenigstens das hinterlassen: Menschen liebt, achtet, helft einander. Der Krieg ist kein Gesetz der Natur!
Die alten Kinder aus Königsberg
Bruder NAMENLOS
Zu Besuch bei Rita
Uber eine Brücke gehen ...
Die drei Leben der Elisabeth F.
Annäherung an einen Maler in K. - Annäherung an Wiktor Rjabinin
Wolfskind
Auch das war Königsberg ...
Briefe von Professor Dr. Pedro Heller Montevideo, Uruguay
Gesucht wird ...
Vorgestellt: Juri Nikolajewitsch Iwanow
Nachwort
Am 14.7.1931 als Tochter eines Beamten im ehemaligen Königsberg/Preußen (heute Kaliningrad) geboren. Mädchenname: Elisabeth Appe.
Vier Jahre konfessionelle Grundschule, drei Jahre Lyzeum. 1945 Flucht in die Altmark, Tangermünde. Oberschule ohne Abschluss.
1948 bis 1949 Lehrerbildungsinstitut, ab November 1949 Lehrerin.
Fernstudium für 1. und 2. Lehrerprüfung, Fernstudium an der Pädagogischen Hochschule Potsdam.
Bis Ende August 1967 Lehrerin in Rangsdorf bei Berlin. Während dieser Zeit Gedichte geschrieben.
Von 1967-1970 Studium am Institut für Literatur Johannes R. Becher in Leipzig. Zwei Jahre freischaffend, danach 14 Jahre Lehrtätigkeit im Fach Prosa (bei Fernstudenten) an diesem Institut, zuletzt als Dozentin.
Von 1986-1990 für vier Jahre vom Hochschuldienst beurlaubt, in dieser Zeit freischaffend.
Verwitwet, zwei Söhne.
Wohnhaft in Leipzig, Berlin, Rangsdorf, jetzt wieder Berlin.
Auszeichnungen:
Förderpreis des Mitteldeutschen Verlages
Kunstpreis der Stadt Leipzig.
Liste der künstlerischen Arbeiten
Bibliografie (Romane):
Jedes Leben hat auch seine Zeit, Mitteldeutscher Verlag Halle 1974
Ausstellung einer Prinzessin, Mitteldeutscher Verlag Halle 1977
Axel und der Maler Sim, Kinderbuchverlag Berlin 1979
Die Beurteilung, Mitteldeutscher Verlag Halle 1981
Suche nach Karalautschi/Report einer Kindheit, Mitteldeutscher Verlag Halle 1984
Liane und ihr Baby, Kinderbuchverlag Berlin 1988
Küchengespräche mit Frau L. (Portraits und Geschichten), Mitteldeutscher Verlag Halle 1989
Drei Kastanien aus Königsberg, Mitteldeutscher Verlag Halle 1990
Wer gibt uns unsere Träume zurück, Langen Müller Verlag, München 1995
Im Mantel von Allerleirauh, BS Verlag Rostock 1995
Gerda, das Nuschtchen. Drei Erzählungen zwischen Königsberg und Tangermünde, OsirisDruck, Leipzig 2007
Elchritter. Fast ein Märchen aus vergangenen Tagen, OsirisDruck, Leipzig 2008
Auch die Schule blieb von Neuerungen nicht verschont, so musste jede Unterrichtsstunde mit Erheben des rechten Armes begonnen werden, was Lehrern und Schülern anfangs ebenso peinlich wie grotesk erschien. Der Geist der Schule veränderte sich dadurch kaum. Der Lehrkörper war etwas überaltert und wenig dazu angetan, das neue Gedankengut des Nationalsozialismus den Schülerinnen gegenüber wirklich mit Leben zu erfüllen. Diskussionen ergaben sich, als zwei jüdische Mitschülerinnen einer Ausweisung von der Schule zuvorkamen und mit ihren Eltern auswanderten.
Die katholischen Schülerinnen, zu denen Elisabeth gehörte, schlossen sich enger zusammen. Die neue Weltanschauung widersprach offensichtlich der christlichen Lehre von der Gleichheit aller Menschen vor Gott ohne Unterschied der Rassen.
Elisabeth sympathisierte in keiner Weise mit dem tausendjährigen Reich, aber sie fühlte sich auch nicht zu einer bekennenden Gegnerschaft aufgerufen. Ihr Alltag war schwer genug.
Endlich, nach anderthalb Jahren, konnte sie den Geliebten und die Tante wiedersehen.
Diesmal gestand die Tante unter Tränen, sicher durch Roberts Vermittlung, Elisabeths Mutter zu sein. Welch glückliche Erlösung für das Mädchen, alles ließ sie sich genau berichten.
So sehr sie aber an ihrer rechten Mutter hing, eines blieb sie auch in der Folgezeit für sie: Tante Barbara. Es durfte ja auch jetzt noch niemand von ihr wissen. Außerdem scheute sie sich, das vertraute Mutterwort auf zwei Menschen gleichzeitig anzuwenden. Die Mutter blieb doch jene Frau, die sie von klein auf umsorgt und betreut hatte.
Etwas bewegte Elisabeth noch nach diesen Ferien. Robert hatte verlangt, die Sünde ihrer Liebe - wie auch er es getan habe - zu beichten. Elisabeth vermochte nicht einzusehen, wieso ihre Liebe eine Sünde sein sollte. Als sie in Königsberg wirklich in der Propstei-Kirche einem Priester dieses Problem vorstellte und auch er es Sünde nannte, geriet sie zunehmend in Glaubenszweifel.
Ein Vorwurf des Geistlichen allerdings haftete: Warum legitimiert der Mann dann nicht eure Beziehung?
Dazu und zur Entdeckung gegenüber Tante Barbara verstand sich Robert aber nicht. Elisabeth begann, ihr Geheimnis langsam als schmerzhaft zu empfinden. Das Abitur nahte, und sie merkte, dass sie, um es gut zu bestehen, mehr Zeit für sich brauchte.
Sie sagte nach Weihnachten die Nachhilfestunden ab, paukte so intensiv sie nur konnte.
Am Prüfungstag, im neuen Examenskleid, ein Geschenk der guten Tanten, fürchtete sie, längst nicht genug getan zu haben.
Und - erhielt am Abend ihr »Mit GUT bestanden«!
Atemlos eilte sie mit der Nachricht zuerst zu den beiden Tanten. Wie stolz waren beide!
Eine Abiturientin hatte es noch nie in ihrer Mitte gegeben. Ein Onkel hielt eine gemächlich dahinzockelnde Droschke an und verfrachtete die Heldin des Tages darin zu einer Fahrt durch die Königsberger Altstadt. Dann kamen, von Verwandten und Bekannten geschenkt, die Albertinen. Man trug sie an einem goldbestickten Käppchen als Zeichen für die würdige Anwartschaft auf ein Studium an der Albertina Universität.
Dieses Glück ließ Elisabeth ein wenig überschäumen, und sie tat etwas, das ihr den Unmut der Tante und den zeitweiligen Liebesentzug Roberts einbrachte. Sie hatte gemeint, das Recht zu haben, den in Mitteldeutschland lebenden Großvater, Vater ihres richtigen Vaters, brieflich von ihrer Existenz zu informieren. Erst als der Brief als unzustellbar zurückkam, schrieb sie den beiden in der Tuchler Heide davon. Postwendend antwortete die Tante mit dem Verbot, sich dem Großvater erneut zu nähern.
Mein Name darf nie genannt werden! Und - ich bereue, Dir alles erzählt zu haben!
Ein zweites Mal verstieß eine Mutter ihr Kind. Womöglich schmerzhafter war, Robert schien es zu akzeptieren.
Als Elisabeth Robert bat, sich mit ihr in Danzig zu treffen, damit er sie bei ihrer Studienwahl berate, erreichten sie ein paar nichtssagende Zeilen, die nicht auf ihren Vorschlag eingingen. Da ahnte Elisabeth, dass sie allein war!
Und sie begriff dazu, ihrem Herzenswunsch, Philologie zu studieren, müsse sie entsagen; ihre Mutter war nicht mehr bereit, vielmehr nicht mehr in der Lage, der Tochter freie Pension zu gewähren ...
Also irgendeine Arbeit. Diesmal verhalf das Abitur zu einer Lehrstelle als Buchhändlerin. Zwölf Mark fünfzig erhielt Elisabeth monatlich im ersten Lehrjahr ausgezahlt, zehn Mark gehörten der Mutter, zwei Mark fünfzig ihr.
Nach einem Lehrjahr erfuhr sie, dass sie nach dreijährigem Abschluss sechzig Mark verdienen würde und es nach fünf Gehilfenjahren auf neunzig Mark bringen könnte.
Elisabeth trainierte erneut Schreibmaschine und Stenografie. Als sie sich sicher genug fühlte, ging sie zum Leiter der obersten Finanzbehörde und bot mit Erfolg ihre Fähigkeit an. Sie verließ nach genau einem Jahr den Buchhandel und vermochte endlich, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Welch ungeheure Erleichterung, nicht mehr auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein! Allerdings schmerzte, es ohne Übereinstimmung mit Robert und ihrer richtigen Mutter schaffen zu müssen.

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